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Botticellis Zeichnungen zu Dantes Göttlicher Komödie Mehr als nur das Inferno...

Sandro Botticelli, Illustrationen zu Dante Alighieris Divina Commedia, um 1480 - um 1500, Paradiso VI, Detail (Dante und Betrice) (Kupferstichkabinett, Berlin), Foto: Alexandra Matzner.

Sandro Botticelli, Illustrationen zu Dante Alighieris Divina Commedia, um 1480 - um 1500, Paradiso VI, Detail (Dante und Betrice) (Kupferstichkabinett, Berlin), Foto: Alexandra Matzner.

Die Illustrationen von Sandro Botticelli (1444/5–1510) zu Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ (1307–1321), die der Maler wohl zwischen etwa 1480 und 1500 schuf, gehören zu den aufregendsten Dokumenten Florentiner Renaissance-Kunst (→ Florenz und seine Kunst). In insgesamt 93 Zeichnungen, davon 841 im Berliner Kupferstichkabinett und sieben in der Vatikanischen Bibliothek in Rom2, setzte Botticelli die mittelalterliche Vision von Inferno (Hölle), Purgatorio (Läuterungsbereich/Fegefeuer) und Paradiso (Paradies) um. Fantasievoll und moralisch gleichermaßen sie die Illustrationen treue Nacherzählungen des Textes – und gehen doch über diesen hinaus. Ein Drittel des Berliner Bestandes sind parallel zur Schau „Botticelli Revisited“ (im V&A Museum) in London ausgestellt.

Botticellis Zeichnungen zu Dantes Göttlicher Komödie
Botticelli and Treasures from the Hamilton Collection

England / London: Courtauld Gallery
18.2. – 15.5.2016

Der Botticelli-Coup. Schätze aus der Sammlung Hamilton im Kupferstichkabinett

Deutschland / Berlin: Kupferstichkabinett – Staatliche Museen zu Berlin
16.10.2015 – 24.1.2016

Botticelli und der Neo-Platonismus in Florenz

Das Interesse an Dante Alighieri war um 1480 in der Hauptstadt der Toskana mit humanistischer Gelehrsamkeit und Nationalstolz verbunden. Sandro Botticelli, ein Sohn der Stadt und loyaler Anhänger von Lorenzo il Magnifico de‘ Medici, schuf nicht nur heute weltbekannte Mythologien und religiöse Altarbilder, sondern hielt auch die Verurteilten der Pazzi-Verschwörung in einem nicht erhaltenen oder dokumentierten Schandbild fest. Dass er die erste vollständige Dante-Illustration schuf, hängt wahrscheinlich mit dem gestiegenen Interesse der Medici und ihres Kreises an dem Dichter zusammen.

Der Humanist und Neo-Platonist Christoforo Landino (1424–1498) beschäftigten sich mit „dem Florentiner Dante“, der 1301 aus politischen Gründen ins Exil gehen musste und die „Göttliche Komödie“ (1301–kurz vor 1321) daher im Ausland schrieb. Die 1481 als erste Florentiner Dante-Ausgabe herausgebrachten 19 Stanzen des „Inferno“ wurden von Landino bearbeitet, der in seinem Vorwort festhielt, dass Dante die Sprache von allen „Verunreinigungen“ bereinigt hätte und als der Sohn Florenz‘ erkennbar wäre.3 Für die folgenden 100 Jahre wurde diese Ausgabe zur am weitest verbreiteten und meist gebrauchten.4

Baccio Baldini (1436–1487) verwendete für seine Kupferstich-Illustrationen vermutlich Entwürfe von Sandro Botticelli als Vorlagen, wodurch der Beginn für die Arbeit am Projekt mit etwa 1480 fixiert zu sein scheint. Einige Forscher vermuten aber auch in Analogie zur Überlieferung Vasaris, dass Botticelli erst nach den Fresken der Sixtinischen Kapelle mit der Arbeit begann, also 1481/82.5 Wann genau er die Arbeit an dem Illustrationsprojekt beendete, ist ebenfalls nicht zu klären und hängt von der Einschätzung ab, wie sehr Botticelli unter der Regentschaft von Savonarola (zwischen der Vertreibung der Medici 1494 und seiner Exkommunikation 1497) litt, und ob er nach dessen Hinrichtung die Arbeit erneut aufnahm oder nicht. Sicher ist, dass sein vermeintlicher Auftraggeber Lorenzo di Pierfrancesco de‘ Medici (1463–1503) bereits 1494 die Stadt in Richtung seiner Landgüter verlassen musste. Auf jeden Fall sind die nahezu einhundert Zeichnungen Botticellis in das geistige Klima von Florenz der 1480er Jahre zu verorten, an dem in Universität und intellektueller Umgebung der Medici gearbeitet wurde.

Weiters berichtet ein Anonymus im Codex Magliabechiano aus 1540er Jahre, dass Botticelli die Zeichnungen für Lorenzo di Pierfrancesco de‘ Medici geschaffen hätte. Zumindest wusste der Autor, dass es sich um höchst bewunderte Zeichnungen auf Pergament handelte, was den Tatsachen entspricht. Die Botticelli-Illustrationen sind Federzeichnungen auf Ziegenhaut mit Silberstift-Vorzeichnungen und auf wenigen Blättern Kolorierung. Die Fertigung der großformatigen Zeichnungen dürfte den Maler mehrere Jahre in Anspruch genommen haben. Giorgio Vasari, der Botticelli in seinen „Viten“ nicht gewogen war, meinte ihn dafür kritisieren zu müssen: „Dove [Fiorenza] per essere persona sofisticata, comentò una parte di Dante, e figurò lo Inferno el lo mise in stampa, dietro al quale consumò di molto tempo, per il che non lavorando fu cagione di infiniti disordini alla vita sua.“6

Botticellis Zeichnungen und weitere wichtige Handschriften aus der Hamilton Sammlung

Die Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett zeigen Illustrationen zu 83 Stanzen, d. h. von Inferno VIII, Inferno XVII bis zu Paradiso XXX und Paradiso XXXII. Dante durchsteigt in Begleitung des antiken Dichters Vergil zuerst die Hölle und dann das Purgatorium. Da der antike Dichter nicht getauft ist, muss er am Paradiestor, Dante in die Hände von Beatrice übergeben und zurückkehren. Die verehrte und früh verstorbene Dame führt Dante weiter zur Gottesschau. Die einhundert Gesänge wurden von Botticelli minutiös illustriert, wobei auf der Rückseite der Text des vorherigen Canto auf dem Kopf stehend in vier Spalten geschrieben steht. Der Codex muss beim Studium um 90° gedreht werden, dann finden sich die Zeichnungen oben und der dazugehörige Text unten. Wie die Zeichnungen ursprünglich gedacht waren, dafür lassen sich nur Hypothesen aufstellen.7

Alexander Douglas, der 10. Herzog von Hamilton (ab 1819) und Marquess of Douglas und Clysdesdale (1767–1852) hat das Konvolut an Botticelli-Zeichnungen vor 1819 als gebundener Codex gekauft. Der Herzog hatte ein besonderes Interesse an bibliophilen Kostbarkeiten mit italienischer Provenienz. In der Ausstellung im Courtauld Institut werden daher auch die so genannte Hamilton-Bibel (Kupferstich Kabinett, Berlin), ein reich illuminierter Codex aus den 1350er Jahren aus Neapel, gezeigt, den Raffael in seinem berühmten Porträt von „Papst Leo X.“ (1518–1519, Öl auf Holz, 154 x 119 cm, Uffizien) am Tisch liegend eingebaut hat; zudem eine „Histoire du bon roi Alexandre“ (Nordfrankreich, um 1290–1300), die auf Folio 67r einen Tauchgang des Königs und wundersame Wesen – wie ein Menschenpaar oder hunde- und widderähnliche Seetiere – zeigt.

Botticelli und Dantes Inferno: Unvollendete Jenseitsentwürfe, gestenreiche Reaktionen

Auffallend an den Zeichnungen auf Pergament ist, dass Botticelli mit Silberstift vor- und dann mit Feder nachzeichnete. Da die Blätter – nur vier Blätter sind koloriert8 – unvollendet und nicht mit Feder fixiert sind, sind einige von ihnen schwer zu lesen. Auch hätte eine durchgehende Kolorierung den Wiedererkennungswert der beiden Hauptfiguren deutlich gesteigert und dadurch die polyszenische Erzählung leichter rezipierbar gemacht. Dante und Vergil sind in vielen Szenen mehrfach wiedergegeben, ihr Weg durch die ersten zwei Reiche der Nachwelt wird dadurch sinnfällig inszeniert. Dass es sich beim häufigen Auftauchen der Protagonisten (sechs Mal in Inferno XVII und XVIII, acht Mal in Inferno XXXIV – der Darstellung des Teufels) um einen altertümlichen Erzählstil handelt (mit Verweis auf die Theorien von Alberti), sollte noch einmal durchdacht werden, sind doch auch die Fresken für die Sixtina in genau diesem Stil gehalten.

Die „Besucher“ Dante und Vergil werden in Hölle und Purgatorium durch ihre Kleidung von den Sünder_innen unterschieden. Deren Nacktheit ist wohl als moralisch negative zu deuten. Während Vergil als Führer auftritt und mit seinen Gesten auf die wichtigsten „Sehenswürdigkeit“ deutet, ist es Dante, der mit seiner Gestik Erschrecken, Erstaunen, Horror, Angst und Interesse signalisiert. Die Körper aller Beteiligten sprechen im wahrsten Sinne des Wortes, sind die Verurteilten doch mit jenen Strafen konfrontiert, die ihre weltlichen Verfehlungen konterkarieren. Das, was sie zu Gesicht bekommen, ist auch entsprechend skurril, erschreckend und bestialisch. Dante stellt sich die Hölle als einen aus zehn Kreisen bestehenden Trichter vor, in dessen Zentrum Luzifer persönlich sitzt und die drei Erzverräter Judas, Cassius und Brutus quält. Je tiefer die beiden Männer hinabsteigen, desto abscheulicheren Verbrecher_innen9 treffen sie an. Im Sinne der ausgleichenden Gerechtigkeit verwandeln sich die Laster und Sünden in Strafen: Habgierige – an den Dingen klebend – schieben auf ewig Felsbrocken vor sich her, Gewalttäter müssen sich in einem kochenden Blutstrom vor den sie beschießenden Kentauren verstecken, Schmeichler sitzen in der Kloake, Wahrsager tragen ihr Gesicht auf dem Rücken – jetzt ewig der Vergangenheit zugewandt, Heuchler schleppen außen vergoldete Kutten aus Blei, Zwietrachtstifter werden von Teufeln wieder und wieder zerhackt, die Verräter – immer auf eine plötzliche Wendung der Geschichte spekulierend – liegen eingefroren im Eissee Cocytus, dem tiefsten Kreis der Hölle.

Botticellis Selbstkritik vor der Schöpferkraft Gottes

Doch uns interessiert besonders das Blatt Purgatorio X, das auf der ersten von neun Terrassen auf dem Läuterungsberg spielt. Es ist zweifellos eines der wichtigsten – und zwar aus thematischen und theoretischen Gründen. Durch einen engen Felsspalt erreichten Dante und Vergil einen Felsvorsprung, in dessen weiße Marmorwand Reliefs eingehauen sind. Dante ist erstaunt über die Lebendigkeit der Darstellungen, in denen die Vergangenheit zum Leben erwacht, und die Kunstfertigkeit des Bildhauers sie aktuell und wahrhaftig erscheinen lässt. Sie würden, so Dante, „visibile parlare“, sichtbar sprechen, die Sprache sichtbar machen. Gott persönlich sei ihr Schöpfer, wie Vergil erklärt. Die Werke zeigen Szenen der Demut und Bescheidenheit: die Verkündigung an Maria, Davids Tanz vor der Bundeslade, die Gerechtigkeit des Trajan mit einem illusionistischen Rahmen. Vor diesen skulpturalen Bildern kriechen ehemals hochmütige, stolze Künstler auf allen Vieren entlang, auf ihren Rücken riesige Stein löcke schleppend, denn auf dem Läuterungsberg können die Hochmütigen unter der Last von Steinen den Blick nicht mehr vom Boden lösen. Botticelli musste – wie auch Dante – mit der göttlichen Kunst zumindest gleichziehen und als zeichnender Maler einen Kommentar zum Paragone abgeben. Das Konzept des disegno in der italienischen Renaissance bezeichnet nicht nur die Linie, mit der eine Figur umrissen wird, sondern auch die invenzione, die Erfindungskraft eines Künstlers. Es wird vermutet, dass Botticelli mit diesen Darstellungen auf die Zeichnung als Basis der Kunst (Malerei wie Skulptur) anspielen wollte.10 Wäre es weiter denkbar, dass der Maler hier mit der Rahmung der historisch-römischen Begebenheit der Historienmalerei im Vergleich zu den beiden sakralen Reliefs den höheren Stellenwert einräumte?

Im nächsten Canto bzw. in der nächsten Zeichnung trifft Dante auf den einst hochberühmten Miniaturmaler Oderisi da Gubbio, der von seiner Zunft als der beste seines Fachs für alle Zeiten gerühmt wurde. Doch sein Nachfolger übertrumpfte ihn, so wie Cimabue von Giotto in den Schatten gestellt wurde: „Credette Cimabue ne la pittura / tener lo campo, e ora ha Giotto il grido, / sì che la fama di colui è scura.“11 Um sich mit den einst berühmten Männern besser unterhalten zu können, bückt sich Dante und nimmt eine ähnliche Position ein wie die Leidenden. Wer möchte, kann auch das kursorisch gegebene Gesicht des mittleren Büßenden als Selbstbildnis des Künstlers lesen und mit seinem Selbstbildnis aus der „Anbetung der Könige“ (um 1475, Tempera auf Holz, 111 x 134 cm, Uffizien) vergleichen.

Erlösung?

Dante findet auf der Spitze des Purgaotrium-Berges das irdische Paradies und seine verehrte Beatrice, die ihn weiter durch das Paradies, das wie das konzentrische, ptolemäische Weltbild aufgebaut ist, begleitet. Ab nun fehlen Angaben zu Räumen (Straßen, Berge, Vegetation), stattdessen wird das Universum in Form von Diagrammen (Paradiso II) und vor allem Kreisen vorgestellt. Die gerechten Seelen sind als sprechende Flammen dargestellt. Das letzte Blatt zeigt Paradiso XXXIII, in weiter Ferne Christus von Maria und dem Verkündigungsengel flankiert. Der letzte Canto erzählt von der Ende der Reise, ein Gedicht und die Vision der „Liebe, die die Sonne und die anderen Sterne in Bewegung versetzt“.12 Die geistige Erlösung findet ohne Bildbegleitung statt, sie hätte wohl auch die Möglichkeiten eines Renaissancekünstlers bei Weitem überstiegen. Dennoch ist die Leistung von Sandro Botticelli in diesem sich über Jahre entwickelnden Werk mit nahezu filmischem Blick kaum zu überschätzen. Als geheimer Schatz bis ins 21. Jahrhundert gerettet, seit der Wiedervereinigung Deutschlands auch wieder in einer Sammlung verwahrt, werden die Blätter nur alle Jahre in größerer Anzahl zu sehen sein.

Provenienz der Botticelli Zeichnungen zu Dantes „Göttlicher Komödie“

Ende des 18. Jahrhunderts dürften die Zeichnungen in Frankreich gebunden worden sein: Mit 85 Pergamentlaschen wurden die Zeichnungen in einem Einband befestigt. Dazwischen war dünnes Papier eingelegt. Der letzte Text für Paradiso XXX befindet sich nach Entfernen der Zeichnungen noch im Einband.
1803 Am 27.4. beschrieb der Antiquar Giovanni Claudio Molini (1724–1812) den Codex.
1819 Beschreibung des Codex in der Hamilton Sammlung. Zwischen 1803 und 1819 folglich von Alexander, dem 10th Duke of Hamilton, Marquis of Douglas und Clysdale erworben.
1850 oder 1851 von Gustav Friedrich Waagen in der Hamilton Sammlung entdeckt.
1882 Der 12. Herzog hatte so große Schulden, dass er die Bibliotheken der Hamiltons und Bedfords gleichzeitig auktionieren wollte. Die Botticelli Zeichnungen wurden als „Dante Alighieri, Commedia mit 88 exquisit schönen Zeichnungen von Sandro Botticelli“ im Auktionskatalog als Los 201 (Seite 31) gelistet. Am 9. Juni besichtigte Friedrich Lippmann den Codex bei Ellis & White in London. Noch vor der öffentlichen Auktion konnte am 8.12.1882 der Kauf der gesamten Hamilton Sammlung (mit Ausnahme der für England und Schottland relevanten Bücher) für die Königlichen Museen von Berlin fixiert werden. Von diesem Tag datiert eine Bankgarantie über die Summe von £ 82.000, von der £ 8.000 für die englischen Bücher abgezogen wurden. Die bezahlten £ 74.000 entsprachen 1,480.000 Goldmark und entsprachen dem Gegenwert von 692 Manuskripten und seltenen Büchern. Das Hauptinteresse der Käufer lag auf den Botticelli Zeichnungen.
1882/83 wurde der Codex vermutlich auseinandergenommen, um die Zeichnungen einzeln präsentieren zu können. Sie befinden sich heute in Passepartouts.
Nach dem 2. Weltkrieg waren die Zeichnungen zwischen West- und Ostberlin aufgeteilt: Die Blätter zu Inferno VIII, Inferno XVII bis XXXIV und Purgatorio I-VIII waren im Museum in Dahlem (West-Berlin), die Zeichnungen zu Purgatorio IX bis XXXIII sowie Paradise I bis XXX und XXXII lagen im Kupferstichkabinett in Berlin West.

Biografie von Alessandro di Mariano Filipepi, genannt Sandro Botticelli (1445–1510)

Am 1. März 1444 oder 1445 als jüngster Sohn des Lohgerbers Mariano di Vanni d'Amedeo Filipepi in der Via Nuova im Florentiner Arbeiterviertel Ognissanti geboren. Sein Spitzname Botticelli, der sich von „botticello“, dem „Fässchen“, ableitet, stammte laut Vasari von seinem Bruder Giovanni – eigentlich hieß der ältere Bruder so13.
Giorgio Vasari berichtete von mangelndem Fleiß in der Schule, Unruhe und Unzufriedenheit mit dem Unterricht. Der Vater gab ihn zu seinem Bruder Antonio, einem Goldschmied, in die Lehre.
1462/4–1466/7 Lehre bei Fra Filippo Lippi (1406–1469) in Prato. Mitwirkung in der Werkstatt von Andrea del Verrocchio (1435–1488) als Lehrling oder Gehilfe gilt als sicher.
1465–1470 Botticelli malte eine Reihe von Madonnenbildern, darunter die „Madonna mit Kind und zwei Engeln“ (1468/69).
1470 Ungefähr in diesem Jahr machte sich Sandro Botticelli in Florenz selbständig. Tommaso Soderini beauftragte ihn mit der „Fortitudo“ (Uffizien) für das Gericht im Palazzo dei Mercanti.
1474 „Der heilige Sebastian“ (Berlin, Gemäldegalerie).
1475/6 „Anbetung der Könige“ (Uffizien) als Altarbild für die Kirche Santa Maria Novella.
Zusammenarbeit mit den Brüdern Pollaiuolo in Florenz.
1478 Pazzi-Verschwörung. Botticelli hielt einige Verurteilte in einem öffentlichen Schandgemälde fest. Filippino Lippi (um 1547–1504), der uneheliche Sohn seines eigenen Lehrers, arbeitete in Botticellis Werkstatt mit. „La Primavera (Der Frühling)“ (Uffizien).
1481 Freskierung in der Sixtinischen Kapelle in Rom, wo er die „Versuchung Christi durch den Teufel“, die „Bestrafung der Rebellen“ und den „Prozess von Moses“ umsetzte. Im gleichen Jahr wurde die Florentiner Dante-Ausgabe publiziert und Botticellis Zeichnungen als Vorlagen für einigen Höllen-Darstellungen genutzt.
1492 Tod von Lorenzo de’ Medici.
1494–1498 Vertreibung der Medici durch Girolamo Savonarola und Regentschaft desselben.
Nach 1500 konnte Botticelli, möglicherweise wegen einer Behinderung, nicht mehr selbst malen, während seine Werkstatt weiterarbeitete.
1504 Botticelli gehörte einem Komitee an, das über die Aufstellung von Michelangelos „David“ entschied.
Am 17. Mai 1510 wurde Sandro Botticelli in Florenz am Friedhof der Kirche Ognissanti begraben.

  1. Eigentlich sind 85 Blätter von Botticelli gezeichnet worden. Ein Doppelblatt zeigt Luzifer, weshalb es 84 Sujets sind.
  2. Insgesamt waren es 102 Blätter, von denen sieben vor 1632 getrennt worden sind. Über die Sammlungen von Königin Christina von Schweden, den Kardinälen Decio und Pompeo Azzolini sind sie über Papst Alexander VIII. in die Vatikanische Bibliothek gelangt: Inferno II-VII, XI und XIV. Hier wurden sie 1885 wiederentdeckt, nachdem die Berliner Zeichnungen publiziert worden waren. Die noch fehlenden zehn Blätter dürften verloren sein. Die Illustrationen zu Paradiso XXXI und XXXIII haben wohl nie existiert.
  3. Dante Alighieri, Divina Commedia, mit einem Kommentar von Christoforo Landino, Florenz 1481, Fol. z.B. die Folii 13r, 22v.
  4. Michael Caesar (Hg.), Dante: the critical heritage, London/New York 19995, S. 218.
  5. So beispielsweise Dagmar Korbacher, The Jewel oft he Hamilton Collection: Sandro Botticelli’s Drawings for Dante’s Divine Comedy, in: Botticelli and Treasures from the Hamilton Collection (Ausst.-Kat.), London 2016, S. 73.
  6. „Wo [Florenz] er, weil er eine kultivierte (pedantische) Person war, einen Teil von Dante kommentierte und das Inferno darstellte und das drucken ließ, danach verbrachte er viel Zeit [weiterhin] damit, und weil er nicht arbeitete, war das der Grund für unendliche Unordnetlichkeiten in seinem Leben.“ Zitiert nach Giorgio Vasari, Le Vite de‘ più eccellenti architetti, pittori, et scultori italiani da Cimabue, insino a‘ tempi nostri (nach der zweiten Ausgabe von 1550), Bd. 1, Turin 1991, S. 477.
  7. Der Direktor des Berler Kupferstichkabinetts, Heinrich-Th. Schulze Altcappenberg könnte sich vorstellen, dass Botticelli zwischen 1480 und 1494 an den Zeichnungen gearbeitet hat, dann ist die politische Lage für seinen möglichen Auftraggeber so schwierig geworden, dass eine Weiterführung des Projekts wohl kaum vorstellbar war. Er würde auch meinen, dass die Zeichnungen ohne Bindung in einer Mappe verwahrt wurden, um von einer kleinen Gruppe von Betrachtern gemeinsam mit dem Text studiert und diskutiert zu werden. Schulze Altcappenberg in einem Gespräch mit der Autorin am 17.7.2016.
  8. Höllenkarte, Inferno X, XV, XVIII: Ob die Färbung durch Sandro Botticelli persönlich angefertigt wurde oder nicht, lässt sich nach heutigem Kenntnisstand nicht beantworten. Siehe: Ausst.-Kat. S. 75.
  9. Auf die Sünder aus Maßlosigkeit (2.–4. Kreis) folgen in der mittleren Hölle die Sünder aus Bosheit (5.–7. Kreis) und in den zwei untersten die Sünder des Verrats (8. und 9. Kreis).
  10. Siehe Ausst.-Kat. S. 110.
  11. Dante Alighieri, Divina Comedia, Purgatorio, Canto XI, 94-96.
  12. Ausst.-Kat. S. 148.
  13. Siehe Vasari, S. 474.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.