Monet: die Gartenbilder - Seerosen und Glyzinien
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Monet: Die Gartenbilder Kunstmuseum Den Haag zeigt 2019 Monets Seerosen

Claude Monet, Glyzinie, Detail, 1917-1920, Öl/Lw, 50.5 x 200.5 cm (Gemeentemuseum, Den Haag, Inv.-Nr. 0333516)

Claude Monet, Glyzinie, Detail, 1917-1920, Öl/Lw, 50.5 x 200.5 cm (Gemeentemuseum, Den Haag, Inv.-Nr. 0333516)

Claude Monet (1840–1926) ist sicher einer der bedeutendsten Künstler in der Geschichte des Gartenbildes. Doch nicht nur in seiner Malerei, sondern auch als Gärtner beschäftigte sich Monet sein gesamtes Leben mit der Kultivierung von Pflanzen. Überall wo er lebte, in Sainte-Adresse, Argenteuil und Vétheuil bis zu seinem letzten Domizil in Giverny, legte er einen Garten an, der ihm gleichermaßen als Erholungsort und Motiv für seine Gemälde diente.

Dass eine Reihe von Künstlern seinem Beispiel folgte, hing nicht nur mit Monets Vorbildwirkung als Künstler-Gärtner zusammen, sondern mit einem gesteigerten Interesse an dem Thema in der Gesellschaft allgemein: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden Gartenschauen wichtige Bestandteile internationaler Messen. Die wachsende Mittelschicht verfügte über mehr Freizeit, und Gärten stillten das Bedürfnis nach Schönheit und Exotik. Eine wachsende Zahl an Garten-Magazinen und Gartenbaugesellschaften war die Folge. Neu importierte Pflanzenarten aus Afrika, Asien, Nord- und Südamerika, verbunden mit Fortschritten in der Botanik, führten zur Produktion von größeren, intensiver farbigen Hybriden mit variantenreicheren Formen und Größen. Der Chemiker Michel-Eugène Chevreul (→ Farbe in der Kunst) hatte mit seinem hochgelobten Buch „De la loi du contraste simultané des couleurs (Die Prinzipien von Harmonie und Kontrast von Farben)“ (1839), in dem er Grundlegendes zu Farbwirkungen wie den Komplementärkontrast vermittelte, nicht nur großen Einfluss auf Maler, sondern auch auf Gartengestalter. An diesen neuen Gärten entzündete sich die Fantasie der Maler, die in der Darstellung von Gärten neue Wege gingen.

„Er liest mehr Kataloge und Preislisten über Gartenbau als Artikel über Ästhetik.“1 (Maurice Guillemot über Claude Monet, 1897)

Monets Garten in Giverny – Seerosen und Wasser

„Alle von uns arbeiteten im Garten. Ich grub, pflanzte, jätete das Unkraut und hackte selbst; am Abend gossen die Kinder.“2 (Claude Monet)

Der letzte von Claude Monets Gärten, bis heute wohl der berühmteste Künstlergarten der Welt, wurde sein Meisterstück. Der Garten in Giverny besteht aus verschiedenen Teilen und wurde Quelle von bekannten Bildsujets: der Weg zum Haus, die Irisbeete, die japanische Brücke und der Seerosenteich, oder – wie Monet seinen Garten selbst nannte – den „Clos Normand“ (Normannen-Garten). Monet gab viel Geld für seine Leidenschaft aus, konsultierte auch bekannte Fachmänner für Gartenbau und beschäftigte mindestens sechs Gärtner, importierte exotische Pflanzen und zog über 70 verschiedene Pflanzenarten in seinen Glashäusern. Wie in seinen Gemälden beschäftigte sich Monet mit dem Garten aus rein ästhetischer Sicht, indem er die Pflanzen nach Farbe, Form und Höhe aussuchte, und sich auch manchmal mit seiner Ehefrau darüber stritt. Die Pflanzung folgt einem harmonischen Prinzip, wonach im Wechsel der Jahreszeiten die Blumen in verschiedenen Farbharmonien blühen.

Das Jahr 1891 ist von besondere Bedeutung für die Malerei von Claude Monet: Er kaufte sich Haus und Grundstück in Giverny, das er sukzessive in einen Künstlergarten umwandelte. Im März des Jahres schrieb er, dass er von Arbeitern bis zum Hals umgeben sei, in Pflanzungen und alle möglichen Entsorgungen, um Haus und Garten nach eigenen Vorstellungen zu formen. In der Zwischenzeit publizierte Mirabeau einen Artikel, in dem er die Pflanzen aufzählte, die Monet bereits in Giverny hatte: Kapuzinerkresse, Iris in Mauve, Weiß, Lila, Gelb und Blau, Mohnblumen, Dahlien, Astern, Phlox und Gladiolen. Doch die waren nicht genug! Er wollte noch Chrysanthemen und Layias aus Nordamerika, wie er seinem Gärtner-Freund Gustave Caillebotte auftrug, für ihn ausfindig zu machen.

Für Monet bedeutete der Garten eine Möglichkeit, sich persönlich auszudrücken und seine originellen Erfindungen in Farbharmonien und Entwürfen zu erproben. Als im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach und die deutschen Truppen immer näher kamen, konnte er die Kanonenschüsse von seinem Atelier aus hören. Viele Bewohner der Umgebung, wie auch seine eigene Familie, flohen in sichere Regionen. Nur der dickköpfige Künstler harrte aus, um seinen ambitionierten Plan umzusetzen, ein weites Panorama seines Wassergartens zu erschaffen. Wenn auch das Ergebnis nicht an das Leid so vieler in diesem Krieg gemahnt, ja scheinbar selbstsüchtig der Schönheit der Natur frönt, so sind die Briefe des Künstlers in dieser Zeit voll der Sorge und Gedanken mit den Soldanten an der Front. Statt sich den Schrecken des Kriegs hinzugeben, widmete sich Monet dem Gartenbild – und revolutionierte damit die Malerei aufs Neue. Impressionistisch wäre gewesen, die Atmosphäre, das Licht, die Veränderungen in einem kurzen Moment festzuhalten. Monet hingegen arbeitete viele Stunden an seinen Gemälden, um eine Grundstimmung, eigentlich ein Gefühl, einen Sinneseindruck zu formulieren. Dafür stand er täglich um vier Uhr früh auf und studierte das Licht von den ersten Strahlen, zum strahlenden Mittag und bis zum Abend. Indem er den Horizont aus seinen Gemälden verbannte, mehr Andeutung der Pflanzen machte, als sie malte, indem er das Vibrieren der Farben auf der Wasseroberfläche thematisierte, die Spiegelung des Himmels und der Wolken, löste er sich von gängigen Vorstellungen, was das Thema eines Bildes sein könnte, wie Raum im Bild darzustellen wäre. Dezentrale Motive (aus der japanischen Kunst abgeleitet), expressiver Pinselduktus, keine Perspektive3, mit zunehmendem Alter malte Monet aus dem Gedächtnis. Vor allem die Riesenformate entstanden aus der Erfahrung des Künstlers und im Dialog der Werke mit Monet und untereinander.

Monets Seerosen waren seine neue Züchtung, die als „Pflanzen für den wilden Garten“ katalogisiert wurden. Monet ergänzte sie durch Unmengen von verschiedenfarbigen Irisen am Ufer und einer Trauerweide, die Schatten spendet. Die Rose wurde hingegen als „Königin der Dekorpflanzen“ angesehen und zierte den Rosengarten.

Seerosen für Rodin

Monet malte mehrere Seerosen-Triptycha ursprünglich für das Hôtel Brion, das Atelier-Haus von Auguste Rodin, der 1917 verstorben war und es dem Staat vermacht hatte. Im Jahr 1919 wurde es der Öffentlichkeit als Musée Rodin zugänglich gemacht. Der Bildhauer hatte noch zu seinen Lebzeiten einige Skulpturen im Garten aufstellen lassen. Da es sich als zu schwierig herausstellte, im Garten des Gebäudes eine Rotunde aufzustellen, wurde Monet schlussendlich die ovale Orangerie angeboten.

Das Triptychon in der Orangerie zeigt Seerosen, Schmucklilien (Agapanthus), Irise und Trauerweiden. Die Schmucklilie, nach der es benannt ist, heißt auf Latein Agapanthus, was sich vom griechischen Wort Agape ableitet, das wiederum „brüderliche Liebe“ auch für Verstorbene bedeutet. Wie schon zuvor die Chrysanthemen auf den verstorbenen Gustave Caillebotte verwiesen, so waren die Seerosen bzw. Schmucklilien für den impressionistischen Bildhauer bestimmt. Über all die Fragen moderner Formfindung, klingt das doch wieder einfach nach Blumensprache.

Monet. Gartenbilder: Bilder

  • Claude Monet, Glyzinie, 1917-1920, Öl/Lw, 50.5 x 200.5 cm (Kunstmuseum , Den Haag, Inv.-Nr. 0333516)

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  1. Ausst.-Kat. S. 8.
  2. Zitiert nach Ebenda, S. 20.
  3. 1909 schrieb Roger Marx über diese Kompositionen, dass sie die Befreiung vom traditionellen Gartenbild bedeuteten. Sie hätten keinen pyramidalen Aufbau, keine Linearperspektive mit zentralem Sehpunkt mehr. Für Paul Hayes Tucker waren die schimmernden Oberflächen und zerfallenden Formen wichtig, die er mit dem frühen analytischen Kubismus verglich.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.