Per Kirkeby

Wer war Per Kirkeby?

Per Kirkeby (Kopenhagen 1.9.1938–9.5.2018) war vor allem als abstrakter Maler bekannt. Darüber hinaus schuf er ein multimediales Gesamtwerk, das auch Collagen, Plakate, Radierungen, Wandmalereien, Skulpturen, Filme und Bücher (Künstlermonografien) umfasste. Von den 1980er Jahren bis zu seinem Tod war Kirkeby der bekannteste dänische Künstler. Vor allem zu Deutschland pflegte der studierte Geologe eine enge Beziehung lehrte er doch an der Kunstakademie in Karlsruhe (1978–1989) und an der Frankfurter Städelschule (1989–2000).

„Die Welt ist Material, aus dem man Kunst macht, vermittels eines kunsthistorischen Prozesses […] eines Prozesses, der sich im tiefsten Inneren nicht kontrollieren lässt.“ (Per Kirkeby über den Schaffensprozess)

Kindheit & Ausbildung

Per Kirkeby wurde am 1. September 1938 in Kopenhagen, Dänemark, geboren.

Im Jahr 1957 begann er ein Studium der Naturwissenschaften and er Universität Kopenhagen. Im Folgejahr nahm er an einer Expedition nach Narssak, Grönland, teil. Daran schlossen sich in den 1970er Jahren weitere Expeditionen nach Grönland, Mittelamerika und in die Arktis an. Kirkeby beendete das Studium mit arktischer Quartärgeologie als Spezialgebiet im Jahr 1964.

Per Kirkeby trat 1962 in die neugegründete Experimental Art School in Kopenhagen ein. Er arbeitete in den Bereichen Malerei, Grafik, Film und Performance. Als er sein naturwissenschaftliches Studium abschloss, hatte Per Kirkeby 1964 auch seine erste Ausstellung von Zeichnungen und Collagen.

Danach erhielt er ein dreijähriges Stipendium der Art Foundation und veröffentlichte seinen ersten Band mit Gedichten sowie das experimentelle Bändchen "Blue 5, Blue Square" (1965).

Werke

In der ersten Hälfte der 1960er Jahre entschied sich Per Kirkeby gegen die Wissenschaft und für die Kunst. Dennoch blieb die Beobachtung von Formen in der Natur der Ausgangspunkt seiner Malerei. Diese übersetzte er in künstlerische Strukturen. Häufig wurde bereits festgehalten, dass sich deshalb seine abstrakten Gemälde, die sich wie Erd- oder Gesteinsschichten übereinander auftürmten. „Geologische Landkarten“, so beobachtete Lars Morell Kirkebys Gemälde treffend, „zeichnen Strukturen der Landschaften in Form von Verwerfungen, Faltungen, Bruchlinien, Erhebungen und Senkungen“ nach. Diese naturwissenschaftliche Erkenntnis setzte Per Kirkeby in den 1960er Jahren noch mit Hilfe von Collagen, 8-mm-Filmen und Installationen um. Erst 1974 wandte sich der Däne der Malerei zu.

Im Februar 1967 zeigte Per Kirkeby Performances mit Nam June Paik und Charlotte Moormann in New York, später mit Jörg Immendorf und Norgaard unter anderem in Aachen. Er veröffentlichte auch seinen ersten Roman "2,15" in diesem Jahr. Dem folgte 1974 das Buch "Fliegende Blätter".

Auf einer Reise nach Mittelamerika 1971 beschäftigte sich Kirkeby eingehend mit der Kunst der Architektur der Maya. Diese Auseinandersetzung führte zu Kirkebys erster Backsteinskulptur in Form eines kleinen begehbaren Hauses in Ikast, Jütland (1973).

Erste internationale Anerkennung erhielt Per Kirkeby, als er 1976 mit Bildern und Backsteinskulpturen auf der Biennale von Venedig vertreten war. Das Museum Folkwang in Essen, zeigte ein Jahr später eine Ausstellung mit Backsteinskulpturen, Bildern zud Büchern. Daraufhin zog Kirkeby in das ehemalige Haus eines Bildhauers mit großem Atelier in Kopenhagen. Weiderum drei Jahre später, 1980, erwarb der nunmehr international bekannte Künstler ein Haus auf der dänischen Insel Læsø im Kattegat, wo er sich ebenfalls ein Atelier einrichtete.

Malerei

Von 1976/77 bis 2015 schuf Per Kirkeby abstrakte Kompositionen, für die er Farben in Schichten aufträgt. Dadurch erhalten die Leinwände eine reliefierte Oberfläche. Für den dänischen Künstler bot die Welt Inspirationsquelle, wobei er deren Transformation, die „Katastrophe“ der abrupten Veränderung als chaotischer, antiintellektueller Moment beschrieb. Ausgehend von Motiven, die Per Kirkeby bei Spaziergängen oder Expeditionen skizzierte, schuf der Maler seine Werke in jahrelanger Arbeit. Das langsame Arbeiten entspricht dem Werden der Erdoberfläche, die durch Auftürmen (von Farbe) und Abtragen, Aufschichten und Einstürzen geformt wird. Transformation in einem langwierigen, erst spät abgeschlossenen Prozess kennzeichnet daher Per Kirkebys Kunstauffassung. Per Kirkeby bezeichnete seine Gemälde als „zusammenbrechende Strukturen“, eine Metapher, die er sich aus der Geologie entlehnte.

„Ich verstehe, wie gesagt, meine Gemälde als eine Summierung von Strukturen. Eine Sedimentation hauchdünner Schichten.“1

In den frühen 1980er Jahren häufen sich die Einzelausstellungen und Gruppenausstellungen, in denen Per Kirkebys Kunst gezeigt wird: Stedelijk van Abbe Museum, Eindhoven (1982), Documenta 7 in Kassel (1982), "Munch - Jorn- Kirkeby" in Eindhoven (1984), Den Frie Udstillingsbygningen, Kopenhagen (1985), "Skulptur Projekte in Münster (1987), Museum Ludwig in Köln (1987), "Per Kirkeby - Pinturas-esculturas, grabados y escritos" im IVAM in Valencia (1989), "Per Kirkeby. Gemälde, Arbeiten auf Papier, Skulpturen. 1977-90" im Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt a.M. (1990).

Bronze Skulpturen

Kirkebys Bronze Skulpturen zeigen fragmentierte Körper – meist nur Arme, Beine oder Köpfe, häufig miteinander verschmolzen – Reminiszenzen an Auguste Rodins radikale Lösungen von Torsi. Per Kirkeby verbindet seine Skulpturen mit der Natur. Indem er die fragmentierten Extremitäten zu Formen überarbeitet, die kaum eine Figur erahnen lassen, vermeidet er Erzählung oder gar Anekdote.

„Ich denke, dass jedes Bild ein Bild an sich ist. Natürlich gibt es manchmal Elemente von früher, aber die Wiederholung darf nur ein Anlass sein und muss zu einem neuen gültigen Bild führen. Die Wiederholungssache wird für alte Maler oft ein Problem. Wann ist Wiederholung brauchbar und wann einfach nur eine Routine, weil man müde wird? Das Problem kann man in verschiedener Art und Weise attackieren. Meine Wiederholung ist Anlass und wird im Laufe der Entstehungszeit eines Bildes total transformiert.“ (Per Kirkeby über Wiederholungen im Spätwerk)

Lehre

  • 1978–1989: Kunstakademie in Karlsruhe
  • 1989–2000: Frankfurter Städelschule

Auszeichnungen

  • 1982: Mitglied der dänischen Literaturakademie

Tod

Per Kirkeby starb am 9. Mai 2018.

  1. Per Kirkeby, Die Geologie, in: Ders., Bravura, übers. v. Johannes Feil Sohlman, Bern/Berlin 1984, S. 186, zit. nach Kasper König, Hans-Ulrich Obrist (Hg.), Der zerbrochene Spiegel (Ausst.-Kat. Deichtorhallen Hamburg; Museumsquartier Messepalast und Kunsthalle Wien), Murr 1993, S. 90.