Jean Antoine Watteau (Valenciennes 10.10.1684–18.7.1721 Nogent-sur-Marne) war der bedeutendste französische Künstler des beginnenden Rokoko und wurde bereits zu Lebzeiten gefeiert. Durch sein Werk, seine Sujets und seinen Personalstil prägte Watteau die europäische Malerei über seine kurze, nur 36 Jahre währende Lebenszeit hinaus. Er inszenierte als erster Maler des beginnenden 18. Jahrhunderts Feste und Begegnungen in der Natur auf anmutige Weise. Er erschuf arkadische Idylle, um die Herren als Kavaliere auftreten zu lassen und die Damen in elegante Verzückung zu versetzen. Das Motiv der galanten Liebe fand durch Watteau eine Wiederbelebung; der Begriff der fête galante beschreibt seither diese Idyllen ohne Erzählung im klassischen Sinn. Die Akteure seiner Szenerien kleidete er in die zeitgemäße Mode, wodurch er den Bezug zur Gegenwart, den Regierungszeiten von König Ludwig XIV. (1638–1715) und noch mehr des Duc d’Orléans (reg. 1715–1723), herstellte. Sein wichtigster Nachfolger in Paris war François Boucher (1703–1770).
Watteau hinterließ Bilder von Sehnsuchtsorten, die seine Zeitgenossen faszinierten, während der französischen Revolution als Synonym für die Dekadenz des Ancien Régime galten und im 19. Jahrhundert durch Literaten wie Maler – allen voran dem Impressionisten Pierre-Auguste Renoir (1841–1919) – erneut gepriesen wurden. So umfangreich sich Watteaus Werk beschreiben lässt, so gering ist bis heute die Zahl glaubwürdiger und authentischer Nachrichten über sein Leben. Er selbst hinterließ keinerlei Einblicke in seine Gedankenwelt, auch sein Œuvre ist schwer in eine Chronologie zu ordnen, da kaum gesicherte Datierungen vorliegen. Antoine Watteau bleibt bis heute ein geheimnisvoller Künstler von herausragendem Talent, der einen verzauberten Eindruck der Welt des frühen Rokoko hinterließ.
„Antoine Watteau erneuerte die Natur der Anmut.[…] Die Anmut Watteaus ist die Anmut per se. Es ist dieser undefinierbare Hauch, der den Frauen den Charme, eine Koketterie und eine Schönheit verleiht, die mehr sind als die bloße körperliche Schönheit. Es ist dieser Unterschied, der gleichsam das Lächeln der Kontur, die Seele der Form, das geistige Antlitz der Substanz ist.“1 (Edmond und Jules de Goncourt, L´art du XVIIIe siécle, Paris 1874-1874)
„[…] unruhig und wechselhaft […], voller Willenskraft, ein Freigeist, aber bedacht im Benehmen, ungeduldig, zurückhaltend […], immer unzufrieden mit sich selbst und den anderen.“2 (Edme-François Gersaint über Antoine Watteau)
Über das Leben von Antoine Watteau liegen nur wenige Dokumente vor. Es überwiegen anekdotische Erzählungen, die bereits Zeit seines Lebens und kurz nach seinem Tod verfasst worden sind. Unter den einander widersprechenden Autoren befanden sich Freunde Watteaus, wie der Sammler, Grafiker und Kupferstecher Comte de Caylus3 (1692–1765), der Kunsthändler Edme-François Gersaint (1694–1750) und Jean de Jullienne (1686–1766). Sie schilderten den Maler als einzelgängerisch und misanthropisch, ebenso wie als liebenswürdig und zärtlich, wodurch ein uneinheitlicher Eindruck von der Persönlichkeit des Malers entstand.
Antoine Watteau wurde in Valenciennes geboren, sein Vater war Dachdecker, und er trat als Zehnjähriger in die Werkstatt eines dort ansässigen Malers ein. Über seine Ausbildung liegen keine weiteren Informationen vor, doch hielt er sich ab 1702 in Paris auf. Watteau soll in den folgenden Jahren niederländische Gemälde für Kunsthändler kopiert haben und wurde zunächst Schüler bei Claude Gillot (1673–1722) und in der Folge bei Claude Audran III (1658–1734), dem Konservator im Palais du Luxembourg. Hier konnte Watteau den Medici-Zyklus von Peter Paul Rubens studieren, der ihn genauso wie Rubens' dreifarbige Zeichnungen nachhaltig beeinflusste. Gillot, dessen Motive des Theaterlebens den königlichen Hof mit Sarkasmus und Ironie wiedergaben, und Audran, der als Dekorationsmaler tätig war, führten Watteau zu besonderen Bildmotiven. Die Welt der Commedia dell´Arte und die duftig-lieblich gestalteten Szenen auf den Boiserien der Interieurs entwickelten sich zu Themen, derer sich der Künstler weiter bedienen sollte.
Claude Audran III und der Bankier und Sammler Pierre Crozat (1665–1740) boten Watteau die Möglichkeit, seinen Blick an Werken der Alten Meister zu schulen. Audran, einer der Hofmaler von König Ludwig XIV., fungierte als Concierge [Konservator] für die im Palais du Luxembourg verwahrten Gemälde. Crozat beauftragte Watteau einerseits für die Ausstattung seines Hauses in der Rue de Richelieu in Paris und ließ ihn andererseits die Gemälde und Zeichnungen seiner Sammlung studieren (→ Barocke Gemäldegalerien und ihre Kataloge). So konnte der Maler die Werke von Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck erleben und die Zeichnungen der venezianischen Meister Tizian, Paolo Veronese und Domenico Campagnola studieren. In der Folge ließ sich Watteau nicht nur durch die Darstellungen der Landschaft und die Bildmotive der Gesellschaften im Freien inspirieren, sondern auch der Einsatz von zwei bis drei unterschiedlichen Kreidefarben scheint auf das genaue Studium der Zeichentechnik von Peter Paul Rubens zurückzugehen (→ Antoine Watteau. Der Zeichner).
Obwohl Watteau in der Wahl seiner Bildthemen nicht mit den Idealen der „Académie Royale de Peinture et de Sculpture“ konform ging, indem er intime, idyllische Szenen den mythologischen Heldenepen vorzog, hatte er ab 1709 Kontakt zu der bedeutenden Institution. Im Wettbewerb um den Rom-Preis errang er 1709 den zweiten Platz, hatte aber nie die Möglichkeit nach Italien zu reisen. Zunächst blieb seine Bewerbung erfolglos, doch wurde er schließlich mit Unterstützung durch Charles de La Fosse (1636–1716) im Jahr 1712 als agrée [vorläufiges Mitglied] angenommen und die Wahl des Sujets des Aufnahmestückes ihm überlassen. Erst 1717, im Alter von 33 Jahren, wurde Watteau, nach wiederholten Aufforderungen, sein Werk endlich vorzulegen, mit der „Pilgerfahrt auf die Insel Kythera“ (1717, Louvre) als Maler von fêtes galantes in die Akademie aufgenommen.
Erneut war es Pierre Crozat, der ihn in diesen Jahren förderte: Durch ihn wurde Watteau dem damals in Paris weilenden Maler Sebastiano Ricci (1659–1734) vorgestellt. Außerdem erwähnte Crozat sein Protegé in Briefen gegenüber der Künstlerin Rosalba Carriera (1675–1757), die ihn 1720 in Paris persönlich kennenlernte. Von dieser Begegnung zeugen das Pastellporträt aus der Hand der Malerin und eine Zeichnung Watteaus, mit der der die Malerin sitzend an ihrem Toilettetisch festhielt.
In den Biografien über Watteau wurde häufig sein fragiler Gesundheitszustand geschildert, der sich während eines Aufenthaltes in London 1719/1720 verschlechterte und den Edme-François Gersaint als Schwindsucht bezeichnete. Zwei Bildnisse der venezianischen Pastellmalerin Rosalba Carriera belegen die gegenseitige Wertschätzung. Am 18. Juli 1721 verstarb Watteau. Wenige Jahr später ließ der Tuchfabrikant Jean de Jullienne in einem beispiellosen Akt nicht nur die von ihm gesammelten Zeichnungen, sondern auch die Gemälde Watteaus in mehreren Bänden stechen und publizieren: Die vier Bände des „Recueil Jullienne“ erschienen zwischen 1726 und 1728 die Kupferstiche nach Zeichnungen und im Jahr 1735 jene nach den Gemälden.4 Als Titelblatt wurde von dem Kupferstecher Nicolas-Henri Tardieu ein Doppelporträt der Freunde entworfen, das Watteau mit seinen Malutensilien und Jullienne mit einem Cello, in der Lichtung eines Waldes darstellt. Im Hintergrund ist die Rückenansicht einer weiblichen Skulptur zu sehen, die jenen gleicht, die Watteau für seine fêtes galantes verwendet hatte. Mittels der Gestaltung der Landschaft und des Details der Statue zitierte Tardieu die Motive Watteaus, dessen Œuvre bereits einige Jahre nach seinem Tod durch die Edition des „Recueil Jullienne“ gewürdigt und auf vorbildhafte Weise verbreitete wurde.
Mehrere Male hatte Watteau die Einreichung seines Aufnahmestückes in der Akademie hinausgezögert. Am 28. August 1717 vermerkte der Sekretär der Akademie die Aufnahme des Malers in die Institution:
„Sieur Antoine Watteau, Maler von Valenciennes […] hat das genannte Bild gebracht, das bei ihm bestellt worden ist und le pélerinage à Lisle de Citere darstellt […] “5 (Auf dem Dokument findet sich der Titel des Gemäldes durchgestrichen und ersetzt durch die Worte „une fête galante“.)
Watteau, der das Thema des Aufnahmestückes selbst wählen konnte, widmete sich der sagenumwobenen Insel der Venus nicht das erste Mal. Bereits um 1710 beschäftigte er sich mit der Insel der Venus, Kythera (franz. Cythère). Dieses Gemälde „Die Einschiffung nach Kythera“ (um 1709–1712, Städel) stellt eine Gesellschaft von Damen und Herren in einer Landschaft dar. Die Gruppe hat sich am Ufer eines Gewässers eingefunden, um mittels eines von Putti begleiteten Bootes auf das Eiland der Liebesgöttin zu gelangen. Ebendieser Moment wurde von Watteau auch für das Aufnahmestück, das sich heute in Paris befindet, gewählt, wobei er in der späteren Fassung die Figuren bewegter darstellte. Die dritte Version, die vermutlich um 1719 für Jean de Jullienne geschaffen und 1763 von Friedrich II. im Rahmen einer Versteigerung in Den Haag erworben wurde, ist heute in Berlin zu sehen. In dieser Version steigerte Watteau die Bewegung der Figuren und Gewänder und setzte den Pinselstrich duftig und weich.
Mit der Darstellung der pilgernden Liebespaare auf der Reise zu dem Heiligtum der Göttin Venus streifte Watteau das Thema der Mythologie und inszenierte gleichzeitig einen zeitgemäßen Sehnsuchtsort: Elegante Erscheinungen vermitteln subtil die innere Bewegung und zart werden die gegenseitigen Zuwendungen angedeutet. Die Darstellung der Liebe fand bei Watteau ihre Begleitung durch die Zärtlichkeit.
Die Epoche des Rokoko gilt als Zeitalter der Schönheit, der Weiblichkeit und der Galanterien. Der Verwendung dieses Begriffes durch den Sekretär der Akademie setzt voraus, dass eine „galante Feier“ – „une feste galante“ – ein bekannter Terminus war und eine besondere Gegebenheit beschrieb. Im Fall des Gemäldes von Watteau war dies die Darstellung einer anmutigen und eleganten Gesellschaft in der Natur unter der Schirmherrschaft der Liebesgöttin. Bereits im Mittelalter und in der Renaissance waren die Minne, die Huldigung und die Verehrung der Frauen bedeutende Themen der Literatur und der Kunst. Auch war die Sehnsucht nach dem „Pays du Tendre“, nach einem arkadischen und idyllischen Ort in der Natur, der unbeschwert aufgesucht werden konnte, ein Leitmotiv der Poesie und der Malerei. Die Begegnungen von Dame und Kavalier sollten in Höflichkeit und Anstand – „politesse et civilité“ – stattfinden. Watteau waren diese Motive bekannt, nicht nur sein Freundeskreis spiegelte die Hinwendung zum Schönen durch die Leidenschaft für die Kunst wider. Er kopierte die Werke der Leidener Feinmaler wie Gerard Dou (1613–1675), betrachtete die Werke des flämischen Barock von Peter Paul Rubens und studierte die Zeichnungen der venezianischen Meister der Renaissance. Ausgehend von einem feinen Sensorium für Stimmungen gelang es Watteau, das Gesehene vergangener Epochen zu empfindsamen Szenerien seiner Zeit zu wandeln. Hatte bereits Rubens die Liebespaare seiner Kompositionen ungezwungen bewegt in die Natur eingebettet und Tizian sein ländliches Konzert durch rätselhafte Kontraste inszeniert, so erschuf Watteau nach seinen Vorstellungen eine Welt zärtlicher Zwischenmenschlichkeit.
In seinen galanten Gemälden erzielte er besondere Effekte durch einen sinnlich-weichen Pinselstrich, in den vorbereitenden Zeichnungen setzte er die Kreide modellierend ein: Das Sujet der Darstellungen ging mit der technischen Umsetzung Hand in Hand. Watteaus fêtes galantes waren von charmanten Inhalten und wurden ebenso feinfühlig auf die Leinwand und das Papier gebracht. Das unbeschwerte Vergnügen auf dem Lande, fernab des Alltäglichen, erwies sich als überaus beliebtes Sujet. Durch die Zeichnungen der Reisenden der persischen Gesandtschaft, die sich 1715 in Paris aufhielten, die Soldatenszenen und die Studien der armen Bevölkerungsschichten, der Savoyarden, wird deutlich, dass sich Watteau auch für diese Motive interessierte.
„Alles ist Spiel, gespielt von Schauspielern, geworden. […] Nicht mehr ein Welttheater, sondern eine Theaterwelt ist Grund der Kunst…“6
Die Versailler Gartenfeste, die ab den 1660er Jahren stattfanden und unter Ludwig XIV. einen bedeutenden Teil der höfischen Feierlichkeiten darstellten, waren über die Landesgrenzen Frankreichs berühmt. Die Theateraufführungen und das Musizieren waren wesentliche Elemente dieser Feste.
Zeichneten die Galanterien Watteaus jene Szenerien nach, die der Vorstellung von sinnlichen und zärtlichen Begegnungen entsprachen, so erweiterte er diese in einer Gruppe von Werken durch Figuren der Theaterwelt. Bereits in der Werkstatt seines ersten Lehrers, Claude Gillot, erlebte er die Charaktere der Commedia dell´Arte als Möglichkeit, um humorvoll und spielerisch Kritik an der höfischen Gesellschaft zu üben. Das Hofleben glich den Inszenierungen und das Theater war eine wesentliche Form der Unterhaltung, nicht ausschließlich für den König und die Höflinge, sondern auch für die Bevölkerung, die sich auf den Märkten an dem Spiel erfreuten.
Watteau ließ diese Inspirationen in sein Werk einfließen, indem er die verkleideten Komödianten in seine Kompositionen integrierte, ohne dabei den Sarkasmus und die Ironie seines Lehrers einzubringen. Seine Schauspieler fungierten als ruhige, musizierende oder tanzende Figuren, die durch ihre Kleidung und Instrumente die galanten Gesellschaften bereicherten. Sie wurden durch Watteau zu charmanten und dekorativen Bereicherungen der Kompositionen. Galt die französische Komödie als dem höfischen Zeremoniell entsprechend, so wurde das italienische Theater, die „Commedia dell´Arte“ als natürlich und volkstümlich bezeichnet. Diese Truppe musste 1697 Paris verlassen, da sie Madame de Montespan, die damalige Geliebte von Ludwig XIV. beleidigt hatte und kehrte erst nach dem Tod des Königs zurück. Sie hatte ihren Ursprung in Venedig, spielte Stegreif und die Aufführungen fanden auf Jahrmärkten statt. Bereits Jacques Callot (1592–1635) hatte Stiche mit Motiven des Theaters angefertigt, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Watteau setzte sich mit beiden Stilen der Theaterkunst in seinen Gemälden auseinander wobei er sich der Figur des Pierrot besonders widmete. 1712 schuf er das Gemälde „Ley Jaloux“, das durch einen Stich im "Recueil Jullienne" überliefert blieb und führte darin den Pierrot als Motiv in die fête galante ein.
In den beiden Gemälden „Die französische Komödie“ und „Die italienische Komödie“ wurden die Varianten der Schauspielkunst sorgfältig inszeniert, dem Pierrot widmete Watteau schließlich ein lebensgroßes Gemälde, „Gille“.
„Der Erfolg des Gemäldes ist bekannt, das Ganze war nach dem Leben gemacht; die Posen […] waren so wahrheitsgetreu und so natürlich; die Anordnung so ungezwungen…[…]“7 (Edme-François Gersaint)
Neben Watteaus „Gille“ war ein weiteres Gemälde hinsichtlich der Größe des Formats (166 x 366 cm) eine Ausnahme: „L´Enseigne“, auf Deutsch das „Ladenschild des Kunsthändlers Gersaint“, für den Bereich über dem Eingang des Geschäfts seines Freundes Edme-François Gersaint auf dem Pont Notre-Dame aus dem Jahr 1721. Die Umstände der Entstehung wurden von diesem ebenso überliefert, wie die Tatsache, dass das in Paris sehr bewunderte Werk lediglich zwei Wochen an Ort und Stelle zu sehen war. Das Gemälde wechselte kurz danach die Besitzer, wurde schließlich 1744 von Friedrich dem Großen angekauft, weshalb es sich heute in Berlin befindet. Friedrich der Große hatte eine besondere Vorliebe für französische Rokoko-Malerei im Allgemeinen und die Kunst Watteaus im Besonderen und konnte über zwanzig Gemälde erwerben.8
Das „Ladenschild“ überlieferte den Einblick in die Verkaufsräume des Kunsthändlers und war damit eine der wenigen tagesaktuellen Szenen, die Watteau hinterließ. Er hielt das Auspacken, Arrangieren und Begutachten der Gemälde in Gersaints Laden fest, gruppierte potentielle Käufer, Verkäufer und Diener vor den Wänden eines offenen Raumes, die völlig mit Bildern bedeckt waren. Watteau zeigt hier marchand merciers [Kunstexperten in Form von Händler-Sammlern], die mit ihrer Kundschaft über die angebotene Ware zu konversieren verstanden. Eine weibliche Rückenfigur, die die Stufe vom Gehsteig in das Geschäftslokal nimmt, führt den Blick des Betrachters in das Geschehen ein. Das Motiv und auch die Tatsache, dass das Gemälde aus unerfindlichen Gründen in zwei Hälften geschnitten wurde, regte die Forschung zu verschiedenen Mutmaßungen an. Auch zu diesem Gemälde, einem der letzten von Watteau geschaffenen Werke, hinterließ der Künstler keine Erklärung. Als Ladenschild gibt es jedoch nicht nur einen Blick in den Verkaufsraum frei, sondern zeigt auch den angemessenen, weil „kultivierten“ Umgang mit Kunst.9
Am 10. Oktober 1684 wurde Jean-Antoine Watteau in Valenciennes getauft. Sein Vater Jean Philippe Watteau (1660-1720) war Dachdecker und mit Michèle Lardenois (1653–1727) verehelicht. Antoine Watteau war weder verheiratet, noch hatte er Kinder.
1694/1695 Watteau trat vermutlich bei dem Maler Jacques-Albert Gérin in die Werkstatt ein.
1702 Watteau kam in Paris an, die Umstände des Umzuges sind bislang unbekannt. Er kopierte im Auftrag von Kunsthändlern niederländische und holländische Gemälde, darunter auch Werke mit religiösen Motiven.
Um 1703/1705 Watteau trat in die Werkstatt des Malers Claude Gillot (1673–1722) ein.
Um 1707/1708 Watteau wechselte in das Atelier von Claude III Audran (1658–1734), der als Ausstatter und Dekorateur tätig war. Als Kurator (Concierge) der königlichen Gemäldesammlung wohnte und arbeitete er im Palais du Luxembourg. Audran ermöglichte Watteau, die in der Galerie des Palais befindlichen Werke, unter anderem den von Peter Paul Rubens (1577–1640) geschaffenen Zyklus über das Leben der Maria de Medici (1575–1642), Gemahlin des französischen Königs Heinrich IV. (1589–1610) zu studieren.
1709 Watteau wurde zu einem Wettbewerb der „Académie Royale de Peinture et de Sculpture“ zugelassen und gewann den 2. Preis.
1710 In der Folge ging er zurück nach Valenciennes, das zu dieser Zeit Schauplatz des Spanischen Erbfolgekrieges (1710–1714) war. Er lernte den Kunsthändler Pierre Sirois (1665–1726) kennen, der von Watteau ein Gemälde mit Soldatenszenen erwarb und schuf für diesen ein weiteres Werk dieses Sujets.
1711/1712 Watteau kehrte nach Paris zurück und bewarb sich um die Aufnahme in die Akademie, indem er einige seiner Gemälde vorlegte. Darunter befand sich des Werk „Les Jaloux“, das nur mehr durch Stiche überliefert ist. Watteaus Kunst fand Interesse, er wurde als „Agrée“ aufgenommen und aufgefordert, ein Aufnahmestück („Morceau de Réception“) zu malen, dessen Thema er selbst wählen konnte.
1715 wurde Watteau von der Akademie aufgefordert, das Aufnahmestück einzureichen. Er wurde in seiner Wohnung am Quai de Conti von dem schwedischen Diplomaten Carl Gustav Graf Tessin (1695–1770) besucht und erhielt von ihm leihweise eine Zeichnung von Anthonis van Dyck, die er kopierte.
1715/1716 Watteau lernte den Bankier und Sammler Pierre Crozat (1661/65–1740) kennen und wurde von ihm mit Gemälden beauftragt. Crozat ermöglichte Watteau die Bekanntschaft mit dem venezianischen Maler Sebastiano Ricci (1659–1734), der zu dieser Zeit in Paris weilte.
1716 Watteau erhielt den Auftrag von Pierre Crozat, vier Gemälde mit den Jahreszeiten für sein Pariser Wohnhaus zu malen.
1717 Watteau wurde mit dem Gemälde „Die Pilgerfahrt zur Insel Kythera“ offiziell in die Akademie aufgenommen. Das Motiv des Gemäldes wurde von dem Sekretär im Protokoll als „Fête Galante“ bezeichnet. Watteau war im Haus von Pierre Crozat wohnhaft, später, 1718, wohnte er gemeinsam mit dem Maler Nicolas Vleughels (1668–1737).
1719 Watteau reiste nach London, der Grund dafür ist bislang nicht bekannt. Er erkrankte an Schwindsucht. Für den Londoner Arzt Dr. Richard Mead (1673–1754) schuf er zwei Gemälde, darunter die „Italienischen Komödianten“.
1720/1721 Watteau reiste nach Paris zurück und machte über Pierre Crozat die Bekanntschaft mit der venezianischen Malerin Rosalba Carriera (1675–1757), die bei diesem wohnte. Carriera fertigte ein Porträt von Watteau an. Für den Kunsthändler Edme-François Gersaint (1694–1750) schuf Watteau ein Firmenschild für seinen Verkaufsladen auf dem Pont Notre-Dame und nahm Logis bei ihm.
1721 Pierre Crozat beauftragte Watteau, Zeichnungen nach Gemälden in den Sammlungen des Regenten, Philippe II. Duc d´Orléans (1674–1723), anzufertigen.
Watteau zog im Frühling nach Nogent-sur-Marne bei Paris zurück und nahm Jean-Baptiste Pater (1695–1736) als Schüler auf. Am 18. Juli dieses Jahres verstarb Antoine Watteau im Alter von 37 Jahren.
1726/1728 Der Tuchfabrikant und Kunstsammler Jean de Julienne (1686–1766) gab zwei Bände der „Figure de différents caractères“ heraus. 350 Radierungen führten die Zeichenkunst von Watteau vor Augen, etwa 100 davon schuf François Boucher (1703–1770).
1735 Zwei weitere Bände des „Recueil Jullienne“ erschienen mit Reproduktionen nach 270 Gemälden von Watteau.