Caterina Cantona

Wer war Caterina Cantona?

Caterina Cantona (um 1530–13.8. 1605 Mailand) war eine italienische Stickerin der späten Renaissance. Sie galt als die berühmteste Meisterin ihres Faches und erfand den doppelten Plattstich, durch den beide Seiten des Stoffes das gleiche Bild zeigen.
Auch ihre Tochter Barbara Cantoni war Stickerin, über sie ist leider überhaupt nichts bekannt.1

Leben

Caterina Leuca Cantoni wurde 1542 geboren.2 Sie war die älteste Tochter des berühmten Mailänder Goldschmieds Giovan Ambrogio Leuco und seiner Frau Anna da Ponte. 1560 wurde Leuco zum Abt der Scuola di Sant'Eligio, der mächtigen Mailänder Goldschmiedezunft, gewählt. Obwohl es an Informationen über Caterinas Ausbildung mangelt, wird sie sehr wahrscheinlich von den Privilegien profitiert haben, die dem Rang ihres Vaters zustanden.

Aufgrund des Drucks der Mitgiftkonkurrenz im frühneuzeitlichen Italien wurden junge Frauen von Rang, die nicht notwendigerweise adelig waren, wie Caterina, durch eine Art formale Bildung gefördert, um ihre Chancen auf eine passende Ehe zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden sie darin geschult, Anmut und elegante Umgangsformen beim Tanz, in der Konversation und bei vornehmsten Tätigkeiten wie der tugendhaften Kunst der Handarbeit an den Tag zu legen. Zu dieser Liste können Caterinas Lese- und Schreibfähigkeit und ihre Fähigkeit, mit Leichtigkeit durch Korrespondenz mit ihren illustren Gönnern Vincenzo I. Gonzaga und Philipp III. von Spanien zu verhandeln, hinzugefügt werden.

1559, im Alter von 17 Jahren, heiratete Caterina Leuca den Mailänder Adligen Bartolomeo Cantoni.3 Ihre Mitgift von 6.000 kaiserlichen Lire war eine beträchtliche Summe, vor allem für eine nicht-aristokratische Familie. Sie zeigt, dass ihr Vater ein gewisses Maß an Reichtum genoss. In den Volkszählungsunterlagen von 1576 wird die Familie Cantoni in dem an die Mailänder Münze angrenzenden Viertel in der Gemeinde San Mattia alla Moneta angeführt, wo sie zwei Bedienstete beschäftigten. Zu diesem Zeitpunkt waren Caterina 34 und ihr Mann 40 Jahre alt, das Paar hatte drei Söhne: Pietro, zehn Jahre alt; Francesco, sechs Jahre alt, und Ambrogio, ein Jahr alt. Später gebar Caterina zwei weitere Kinder, Michelangelo und Barbara.34

Werke

Caterina Cantona ist vor allem als Erfinderin des doppelten Plattstichs bekannt, einer Sticktechnik, die auf beiden Seiten des Stoffes ein identisches Bild erzeugt. Sie verwendete eine Reihe von bunten Seiden-, Silber- und Goldfäden, die sie auf einen mit einer Unterzeichnung vorbereiteten Leinenträger auftrug. Ihre Stiche variieren in der Länge und sind unregelmäßig angeordnet, um Hell-Dunkel-Effekte zu modulieren, die durch chromatische Passagen erzielt werden.

„das Lob der berühmten Catarina Cantona, Edeldame aus der Stadt Mailand, aber noch edler für ihr äußerst seltenes Talent und für die Vortrefflichkeit der Kunst der Stickerei auf Leinwand und Netz, in der sie nicht ihresgleichen hat, noch in vergangenen Zeiten hatte, was die Dichter ihrer Arachne fabulieren.“4

Im 16. Jahrhundert gehörten die Mailänder Luxuskünstler:innen zu den begehrtesten Produzent:innen kunsthandwerklichen Produkten in Europa: Waffenschmiede, Gießer, Goldschmiede, Kristallschnitzer und -graveure sowie Handschriftenillustratoren waren international als führend in Können, Qualität und Geschmack anerkannt. Zu diesen Handwerker:innen gehörten auch die Stickerinnen, deren Fähigkeiten mit denen der Nadelmalerei [dipinger con l'ago] verglichen wurden. Die professionellen Werkstätten in Mailand waren in erster Linie eine von Männern dominierte Sphäre, und Stickereien, die von Frauen ausgeführt wurden, wurden im Allgemeinen als tugendhaftes Dilettantentum abgetan.

Eine außergewöhnliche Ausnahme war Caterina Cantoni, die berühmte „Adelige mit der Nadel“, deren Fachwissen und Können zu königlichen Aufträgen führte.5 Obwohl wenig über ihr Leben bekannt ist, steht außer Streit, dass Caterina Cantoni als Künstlerin internationale Anerkennung erfuhr. Lomazzo besprach Caterinas Arbeit in der „Idea“ (1590), in der er ihre Technik und ihre unvergleichlichen Fähigkeiten lobte und erklärte, dass sie „nicht weniger schwierig oder edel und liberal als die Malerei“ sei.6

Als Beispiel für ihre hervorragende Arbeit nannte Lomazzo einen Fruttiero, eine bestickte Tischdecke, aus dem Jahr 1590, das nicht erhalten ist.7 Es handelte sich um eine Darstellung der Abdankung Karls V. und der Krönung seines Sohnes Philipp II.

Lomazzo beschrieb auch eine Stickerei, die den mythologischen Wettstreit zwischen Pallas und Arachne sowie Szenen über die Vorzüge und Schandtaten der Götter darstellte.8 Es ist nicht klar, welchem Zweck die Arachne-Stickerei diente. Solche Geschenke wurden an den europäischen Höfen bei offiziellen Besuchen und Zeremonien ausgetauscht. In Anbetracht ihres inhärenten Wertes - sowohl die Qualität und die Menge des verwendeten Goldfadens als auch die raffinierte ikonografische Thematik - muss sie keinen über die Zurschaustellung hinausgehenden praktischen Zweck erfüllen. Darüber hinaus legen die ästhetischen Kriterien der Symmetrie und die vollständige Bedeutung der Bilder nahe, dass es außer den beiden erwähnten Stickereien keine weiteren Fragmente gibt. Angeblich soll König Philipp II. „La Cortona“ nach Spanien geholt haben.9 Damit wäre sie neben Sofonisba Anguissola die zweite lombardische Künstlerin am spanischen Hof gewesen.

1994 identifizierte Maria Teresa Binaghi Olivari dieses Werk als jene Stickereien, die als „Die Liebe des Jupiter“10 (Museum Angewandte Kunst, Frankfurt) und „Die Liebe des Neptun“ (Museum für angewandte Kunst, Wien) bekannt sind. Hierbei handelt es sich um eine kunstvolle Leinenstickerei unter Verwendung von polychromer Seide und vergoldetem Metall. In den oberen fünf Bildfeldern der Frankfurter Stickerei sind jeweils eine Liebschaft des Zeus/Jupiter aus Arachnes erster Sequenz präsentiert (von links nach rechts Leda, Antiope, Danaë, Europa, Asterië und darunter Demeter/Ceres, Alkmene, Aigina, Mnemosyne).

Heute werden sie gemeinsam als Arachne-Stickerei bezeichnet.11 Eine weitere Stickerei, „Die vier Kontinente und die vier Elemente“, die um 1590 bis 1601 entstanden sein dürfte (Palazzo Madama, Turin), wurde ebenfalls kürzlich Caterina zugeschrieben.12 Dies und die Arachne-Stickerei sind die einzigen Werke, die ihr zugeschrieben werden konnten.13

Tod

Caterina Cantona starb am 14. August 1601 im Alter von 59 Jahren in Mailand.14 In ihrem Epitaph wird sie von ihrem Mann und ihren Söhnen Pietro und als eine „unvergleichliche Ehefrau und eine ausgezeichnete und hingebungsvolle Mutter“ beschrieben.

Literatur zu Catarina Cantona

  • Silvia Mausoli, ‘De la gran Cantona i chiari honori’: Caterina Cantoni, Lomazzo, and the Accademia della Val di Blenio, in: in L. Tantardini und R. Norris (Hg.), Lomazzo’s Aesthetic Principles Reflected in the Art of his Time, Brill 2020, S. 109–130.
  1. Siehe Saur, Bd. 16, 1997, S. 196.
  2. ASDMi, Sektion X, S. Sepolcro IV, Pfarrei S. Mattia alla Moneta, Nr. 6: Status animarum 1576.
  3. ASMi, Notarile, Ordner 13573, 15. Juni 1559.
  4. “le lodi della famosa Catarina Cantona, nobile donna della città di Milano, ma piú nobile per il suo rarissimo ingegno e per l’eccellenza dell’arte di ricamar sopra la tela et il rete; nella quale non è per aver mai alcun pari, né ha avuto a tempi avanti, che si favoleggino i poeti della sua Aragne.” Zitiert nach Lomazzo, Idea, S. 372.
  5. Morigia, La nobiltà di Milano, S. 299.
  6. “... non men difficile che nobile e liberale, della pittura. Lomazzo, Idea (1), S. 373.
  7. Der Begriff Fruttiero wurde ab dem späten 16. Jahrhundert für bestickte Tischdecken verwendet, die bei Banketten und königlichen Feiern gezeigt wurden. Covarrubias Orozco, Tesoro de la lengua castellana o español.
  8. „Contrasto tra Pallade et Aragne, e l'eccellenza e i vituperi dei Dei. Lomazzo, Idea (1), S. 372.
  9. Johann Dominik Fiorillo, Geschichte der Mahlerey, Göttingen 1748–1821, S. 91.
  10. Leinenstickerei, 61 x 91 cm (Frankfurt/M., Museum für Angewandte Kunst, Inv. St. 115).
  11. Binaghi Olivari, „I ricamatori milanesi“, S: 104–105; Lomazzo, Idea, S. 372.
  12. Bovenzi, 'Tovaglie o fruttiere?' 152-55; Mausoli, 'Caterina Cantoni e l'iconografia,' S. 18-35.
  13. Bovenzi, 'Non pur fiori e fogliami,' 114-19; Mausoli, 'Caterina Cantoni e l'iconografia,' 18-35.
  14. ASMi, Popolazione parte antica, Registri mortuari, Ordner 106, 14. August 1601. Ihr Tod wurde von einem Doktor Barbavario bescheinigt.