Francesco Guardi

Wer war Francesco Guardi?

Francesco Guardi (Venedig 5.10.1712–1.1.1793 Venedig) war ein venezianischer Veduten- und Landschaftsmaler des Rokoko. Er gilt zusammen mit seinen Brüdern als einer der letzten Vertreter der klassischen venezianischen Malschule. Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er mit seinem älteren Bruder Gian Antonio an religiösen Gemälden zusammen. Nach dem Tod von Gian Antonio im Jahr 1760 konzentrierte sich Francesco auf Veduten. Die frühesten davon zeigen den Einfluss Canalettos, aber er nahm allmählich einen lockereren Stil an, der durch temperamentvolle Pinselstriche und frei erfundene Architektur gekennzeichnet war. Guardi ging es um subjektive Interpretation der Lagunenstadt.

Kindheit und Ausbildung

Francesco Lazzaro Guardi wurde am 5. Oktober 1712 als Sohn des Barockmalers Domenico Guardi (1678–1716) aus dem Trentino und der Maria Claudia Pichler in der venezianischen Kirche Santa Maria Formosa getauft. Beide Eltern gehörten dem kleinen Trentiner Adel von Mastellina im Val di Sole an. Seine Brüder waren Giovanni Antonio Guardi (1699–1760) und Nicolò Guardi, seine Schwester Cecilia Guardi heiratete am 21. November 1719 Giovanni Battista Tiepolo (1696–1770), der 1756 Vorsitzender der Akademie wurde. Francesco Guardi war dort seit dem 12. September 1747 Mitglied.

Am 15. Februar 1757 heiratete Francesco Guardi Maria Mattea Pagani, die Tochter des Malers Matteo Pagani. 1760 starb sein Bruder Gian Antonio und sein erster Sohn Vincenzo wurde geboren. Sein zweiter Sohn, Giacomo, kam am 13. April 1764 zur Welt. Am 14. Januar 1769 wurde Guardis dritter Sohn, Giovanni Battista, geboren, der drei Tage später starb; am 27. Januar starb auch seine Frau Maria Mathea an den Folgen dieser Geburt.

Guardis Bruder Gian Antonio erbte nach dem Tod des Vaters am 16. Oktober 1716 die Familienwerkstatt. Bis zum Tod seines Bruders Antonio 1760 arbeitete Francesco in der Malerwerkstatt der Familie, in der auch der jüngere Bruder Nicolò tätig war. Er malte zu Beginn seiner Karriere zunächst Altarbilder.

Die ersten Nachrichten über Francescos künstlerische Tätigkeit gehen auf den 15. Dezember 1731 zurück, als der venezianische Graf Giovanni Benedetto Giovannelli in seinem Testament Gemälde der Gebrüder Guardi anführt. Laut Morassi lernte Francesco in der Werkstatt seines Bruders „jene illusionistische Malerei, das heißt, alles in Rissen und fleckenartige Abreibung, die sich nicht dem Studium der Zeichnung im akademischen Sinne und genau definierten Volumina hingegeben hat, um ihr ihr ganzes Gewicht an Lichteffekten in einer äußerst abwechslungsreichen Atmosphäre anzuvertrauen“1.

Um 1735 dürfte Francesco Guardi in die Werkstatt von Michele Marieschi gewechselt sein, einem Maler von Ansichten und Capriccios, von Architektur und ein Quadraturist. In dessen Werkstatt blieb Guardi bis zum Tod des Meisters im Jahr 1743.

Werke

Francesco Guardis erste ihm zuschreibbare Gemälde stammen aus dem Jahr 1738 und waren für eine Pfarrei in Vigo d'Anuania im Trentino bestimmt. Die ersten positiven Nachrichten über Francesco Guardis Werk datieren vom 13. Oktober 1738, überliefert von Don Pietro Antonio Guardi, Pfarrer von Vigo d'Anaunia (Trient) und Onkel von Gianantonio und Francesco. Don Guardi bescheinigte die Lieferung von drei Lünetten an seine Pfarrei, die aus Venedig kamen und das Werk seiner beiden Neffen waren. In dieser Zeit arbeitete Guardi mit seinem älteren Bruder Gian Antonio zusammen. Das erste signierte Werk Francesco Guardis zeigt einen „Heiligen, der die Eucharistie anbetet“ (um 1739/40, Trento). Die Komposition folgt einem Vorbild von Federico Bencovich, des Altarbildes von 1739 auf der Piazzetta dei Santi Giacinto, Lorenzo und Bertrando in der Kirche der Gesuati. Nachweislich arbeitete Guardi 1763 in Murano in der Kirche San Pietro Martire (Kunsthistorisches Museum, Wien), für die er ein Wunder eines Dominikanerheiligen malte, das in seinem quasi expressionistischen Stil eindeutig von Alessandro Magnasco beeinflusst ist.

Erst 1747 lassen sich zwei Tafeln mit allegorischen Figuren datieren, „Caritas“ und „Hoffnung“ (Ringling Museum, Sarasota). Von 1750 bis 1752 malte Guardi sieben Gemälde auf der Brüstung des Chors der venezianischen Kirche des Erzengels Raffael, welche die Geschichten von Tobias darstellen. Diese außergewöhnlichen Meisterwerke, die lange Ludovico Dorigny und dann Gianantonio Guardi zugeschrieben wurden, wurden 1919 vom Kunsthistoriker Giuseppe Fiocco Francesco Guardi zugeschrieben. Heute hat sich diese Zuschreibung nicht durchgesetzt.

Als Nachfolger von Canaletto (Giovanni Antonio Canal) und Bernardo Bellotto, der 1747 die Stadt verlassen hatte, aber auch von Luca Carlevarijs konzentrierte sich Guardi auf Veduten. Er wählte zunächst die gleichen, höchst erfolgreichen Motive, vor allem venezianische Ansichten. Allerdings unterscheiden sich seine Bilder von denen des späten Canaletto durch meist lebhafte Licht- und Schatteneffekte, eine dramatisch gesteigerte, freier und impulsiv erscheinende Malweise mit teils pastosem Farbauftrag, der impressionistische Malerei – auch im Gefühl für Licht und Farbigkeit – vorwegzunehmen scheint. Guardi hielt sich, anders als Canaletto, zu Gunsten einer malerischen Wirkung weniger genau an topographische Gegebenheiten. Einige seiner Bilder sind Capriccios, malerische Zusammenstellung von sowohl existierenden als auch erfundenen Architekturen und Landschaften. Seine Bilder haben eine klare, gleichmäßige Beleuchtung und zeichnen sich durch ihre stimmungsvolle Atmosphäre aus. Sie sind in der Farbe kräftiger und reicher als die seines Lehrers, aber weniger detailliert in der Zeichnung.
Canaletto konzentrierte sich als Vedutist auf die glamouröse Stadtarchitektur, die von der Republik Venedig errichtet wurde; andererseits scheinen die Gebäude in Guardi oft zu schmelzen und in einer trüben Lagune zu versinken. Canalettos Gemälde haben oft komplizierte lineare und brillante Details und zeigen Venedig bei sonnigem Tageslicht. Guardi malt in der Abenddämmerung einen bewölkten Himmel über einer Stadt. Letztlich evozieren Guardis Bilder den Beginn der Auflösung der ehemals so mächtigen Republik. Francesco Guardi schuf treffende Darstellung des schnell untergehenden Imperiums, das nach Napoleons Einschätzung zu einem „Salon Europas“ verkommen war, der mit Casinos, Jahrmärkten und Kurtisanen bevölkert war.

Francesco Guardi erhielt Aufträge von privaten Mäzenen und durch die Republik Venedig, so den Zyklus der zwölf Zeremonien für den Dogen Alvise IV. Mocenigo, die 1763 zur Wahl des Dogen Alvise IV. Mocenigo abgehalten wurden. Im Jahr 1782 dokumentierte er für die venezianische Regierung in sie Gemälden den Besuch von Papst Pius VI. in Venedig. Anlässlich des Besuchs des russischen Großfürstenpaares in der Stadt malte er die Festlichkeiten in vier Darstellungen, die zu deren Ehren veranstaltet wurden. Zwei Gemälde davon sind erhalten. Guardis Historien sind wertvolle künstlerische Zeugnisse über Leben und Alltag aber auch Feste im Venedig des 18. Jahrhunderts.

Von Guardi gibt es außer den Veduten und den Bildern venezianischer Feste eine große Zahl von Genreszenen, wie den Sprechsaal der Nonnen von San Zaccaria, die ein lebhaftes und farbiges Bild der Moden, Sitten und Gebräuche der venezianischen Aristokratie überliefern. Eine stärkere Betonung der Farben findet sich in späten Werken wie dem „Konzert der 80 Waisenkinder“ (1782, München), in der „Schlossfassade mit Treppenhaus“ (Accademia Carrara, Bergamo).

Guardis Malstil

Francesco Guardis Malstil ist wegen seiner kleinen Punkte und temperamentvollen Pinselstriche als pittura di tocco [Malerei der Berührung] bekannt. Dieser lockerere Malstil wurde auch von Giovanni Piazzetta und Sebastiano Ricci verwendet und erinnert in einigen religiösen Themen an das süße Sfumato von Baroccis Bologneser Stil. Darin unterscheidet er sich von dem eher linearen und architektonisch akkuraten Malstil Canalettos. Dieser Stil würde Guardis Werke ein Jahrhundert später von den Maler:innen des französischen Impressionismus hochgeschätzt machen.

Tod

Francesco Guardi starb am 1. Januar 1793 im Alter von 80 Jahren in Campiello de la Madona in Cannaregio (Venedig). Der Maler litt ein Monat davor an Bettlegrigkeit aufgrund von Lungenerbrechen, mit anhaltendem Fieber und Schwellungen der unteren Gliedmaßen und des Bauches.

Giacomo Guardi führt das Geschäft seines Vaters fort, indem er die erfolgreichen Kompositionen nachahmte: 1829 verkauft er die gesamte Sammlung seiner Zeichnungen und die seines Vaters an Teodoro Correr, den Gründer des bekannten venezianischen Museums.

Guardi und der Impressionismus

Francesco Guardi interpretierte das Licht Venedigs räumlich. Das heißt, dass er es als grundlegende Prämisse nutzte, um Formen und Volumina zu definieren. Er nutzte das Licht, um Stimmungen zu evozieren und zu verstärken. Dennoch kann er, wie Rossi Bortolatto betonte, nicht als Vorläufer des Impressionismus angesehen werden, da die Maler:innen des 19. Jahrhunderts ein subjektives Farbempfinden noch weiter trieben.

  1. Originalzitat: „quella pittura illusionistica, cioè tutta a strappi e sfregature a macchie, la quale non indulgeva punto allo studio del disegno in senso accademico e dei volumi ben definiti, per affidare tutto il suo peso agli effetti luministici in un'atmosfera estremamente variata.“