Frans Hals

Wer war Frans Hals?

Frans Hals (Antwerpen 1582/83–26.2.1666 Haarlem) war ein gefeierter Porträtist und Genremaler des niederländischen Barock. Die außergewöhnliche Leistung des Haarlemer Malers war, in seinen – vor allem späten – Porträts, Persönlichkeit darzustellen, als Porträts zur Visualisierung des sozialen Status eingesetzt wurden. Frans Hals inszenierte und formulierte Individualität überzeugender als die meisten seiner Zeitgenossen – außer Rembrandt.  Zudem bediente sich Hals eines offenen Pinselstrichs, der zunehmend der Geschlossenheit der Form entgegenlief. Die Bewegung, die er dadurch in die Bilder bringen konnte, ist in der niederländischen Malerei des Goldenen Zeitalters einzigartig.

Neben Rembrandt van Rijn in Amsterdam und Jan Vermeer in Delft zählt Frans Hals zu den bedeutendsten Malern des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Hals in einigen Regionen der am meisten bewunderter Maler – vor allem Künstler in Paris priesen seine Virtuosität. Hals‘ bürgerliche Sujets und oft farbenfrohe Palette, besonders aber sein offener Pinselstrich wurde für Maler des Realismus wie des Impressionismus zur Inspiration.

Wie viele weniger bekannte niederländische Künstler stammte Frans Hals aus den Spanischen Niederlanden. Seine Eltern zogen mit dem 1582 oder 1583 geborenen Sohn vielleicht um 1586 von Antwerpen nach Haarlem. Sein Bruder, der Genremaler Dirck Hals (1591–1656) wurde jedenfalls schon in Haarlem geboren. Haarlem war seit den 1580er Jahren ein kosmopolitisches Künstlerzentrum, in dem so international bekannte Künstler lebten wie Karel van Mander, Cornelis Cornelisz van Haarlem (1562–1638) und vor allem der Zeichner und Druckgrafiker Hendrick Goltzius (1558–1617), der ab 1600 auch als Maler tätig war.

1610 trat Frans Hals der Malergilde in Haarlem bei und heiratete noch im gleichen Jahr. Im November 1616 waren Frans Hals‘ erste Ehefrau und zwei ihrer drei Kinder bereits verstorben. Im Februar 1617 heiratete der Maler ein zweites Mal eine Frau aus Haarlem, die neun Tage nach der Trauung eine Tochter gebar. Zehn weitere Kinder sind aus dieser Ehe bekannt.

Frans Hals verließ die Stadt selten; er war zwei Mal verheiratet und hatte vermutlich elf Kinder. Hals war respektiert und erfolgreich aber kein vermögender Mann. Zu seinen Kunden zählten eine große Anzahl von Bürgermeistern und wohlhabende Bürger wie die führenden Köpfe der lokalen Bierbrauereien und Kleidungsgewerbes. Einige Male, vor allem in seinen späten Jahren, hatte Frans Hals finanzielle Schwierigkeiten – hauptsächlich hervorgerufen durch die Größe seiner Familie und dem Umstand, dass nur wenige Porträtisten in den Niederlanden gut bezahlt waren. Frans Hals verstarb am 26. August 1666 in Haarlem.

Ausbildung

Nachweislich wurde Frans Hals im Atelier des manieristischen Malers und bedeutenden Kunstschriftstellers Karel van Mander I (1548–1606) ausgebildet. Vermutlich bewegte sich Hals zwischen 1600 und 1603 in dessen Umfeld. Die in Karel van Manders „Schilderboeck“ (Haarlem 1604) beschriebenen Kunstwerke der Stadt waren Ende des 16. Jahrhunderts konfisziert worden und unterstanden dem Rat der Stadt. In seinen Anfängen arbeitete Frans Hals für den Rat und restaurierte die katholischen Werke. 1625 entschied sich der Rat, welche Bilder davon in Haarlem verbleiben durften und verkaufte die als zu „römisch-katholisch“ eingestuften Werke. In diesem Klima der Ablehnung religiöser Kunst begann Frans Hals seine Karriere als Porträtist.

Porträts

Sicher ist, dass Frans Hals 1610 Mitglied der Malergilde in Haarlem wurde und etwa zur selben Zeit heiratete. Die frühesten bekannten Werke von Frans Hals zeigen ihn bereits als geübten Porträtisten. Schon 1612 bis 1614 führte er repräsentative Porträts aus, allerdings war der Künstler bereits über 30 Jahre alt.

Ein Stilwandel in der zweiten Hälfte der 1610er Jahre könnte ein Hinweis auf eine Studienreise des Malers nach Antwerpen sein, die von Anfang August bis Mitte November 1616 dauerte. Einige Übernahmen deuten auf das Werk von Peter Paul Rubens während der ersten Hälfte der 1610er und frühe Gemälde des jungen Malers Jacob Jordaens (1593–1678). In Antwerpen hätte Hals auch die Ölskizzen und die Historiengemälde des jugendlichen Anthonis van Dyck (1599–1641) sehen können.

Zu den Besonderheiten in Franz Hals‘ Stil zählen die breit hingesetzten, spontan wirkenden Höhungen, mit denen der Maler das Schimmern von Satinstoff oder den naturalistischen Effekt von Tageslicht, Atmosphäre und Bewegung in einem einfing. Zusätzlich scheint jeder Strich in der Figur – vor allem aber den Gesichtern – dem Modellieren von Raum und Körper zu dienen. Zeitgenössische Imitatoren und spätere Bewunderer haben das häufig missverstanden. Zu Hals' Bewunderinnen in den 1620er Jahren zählte die außergewöhnliche Malerin Judith Leyster (1609–1660).

Gruppenbildnisse

Zwischen 1612 und 1624 diente Frans Hals in der Schützengilde St. Georg von Haarlem; sein Gruppenporträt der Gildenoffiziere aus dem Jahr 1616 brachte Hals den Durchbruch. Es befindet sich im Frans Hals Museum in Haarlem. Da sich der Maler weigerte seine Heimatstadt zu verlassen, mussten alle Auftraggeber zu ihm nach Haarlem kommen. Haarlemer Archivbeständen zufolge ist ein „schutterstuk“, das Frans Hals in Amsterdam begonnen hatte, von Pieter Codde vollendet worden, weil sich der Maler weigerte, in Amsterdam zu bleiben. Die Gildenmitglieder sollten alle zu ihm nach Haarlem kommen, um für ihre Porträts zu sitzen. Aus diesem Grund kann man sicher sein, dass alle Porträtierten von Frans Hals aus Haarlem kamen oder zumindest auf der Durchreise waren.

Diesem ersten Gruppenbild folgten zehn große Gruppenporträts für öffentliche Institutionen. Die letzten beiden stellen die Regenten des Altmännerhospizes und Regentinnen des Altfrauenhospizes in Haarlem dar (beide 1664, Frans Hals Museum). Hals war bereits über 82 Jahre alt.

Frans Hals, ein Trinker?

Der Hinweis, dass Frans Hals‘ Schwierigkeiten mit Alkoholsucht und fehlender Disziplin zu tun gehabt hätte, wurde erstmals vom Biografen Arnold Houbraken 1718 in die Welt gesetzt. Dieses Bild on Hals ähnelt der Biografie von Jan Stehen und wurde einfach aus den Motiven von Hals‘ Genregemälden abgeleitet. Bis heute haben sich keine dokumentarischen Belege für übermäßigen Alkoholkonsum beider Künstler nachweisen lassen.

Hals' populäre Szenen des „Alltäglichen“, die hauptsächlich aus den 1620ern und 1630ern stammen, sind im Gegensatz zu dieser willkürlichen Behauptung hochkonventionelle Aussagen über zeitgenössische soziale Verhaltensformen und die menschliche Komödie im Allgemeinen. Als ein brillanter Porträtmaler war Hals in der Lage, seine Genrefiguren mit stark individuellen Charakteren und überzeugendem Ausdruck auszustatten. Leider haben sich keine Zeichnungen von Frans Hals erhalten. Vermutlich basieren aber viele Bilder – wie die Fischer Kinder – auf solchen Beobachtungen.

Dass Frans Hals seine Bilder in unglaublicher Schnelligkeit ausgeführt hätte, geht ebenfalls auf Houbraken (1718) zurück – und ist zurückzuweisen. Restauratoren bestätigen, dass der Eindruck, Frans Hals hätte das “Leben selbst“ gemalt, mit einer Vielzahl von virtuosen Strichen zusammenhängt. Genauso lassen sich sorgsam ausgeführte Partien beobachten. Vor allem Hals‘ Rücksicht auf eine angemessene Betrachterdistanz und die Lichtverhältnisse in einem Raum des 17. Jahrhunderts sind spektakulär.

Frans Hals, Reynolds und die Moderne

Frans Hals und die Moderne

Im Jahr 1774 erzählte Joshua Reynold, der die Kunst von Rubens, van Dyck und Rembrandt verehrte, seinen Studenten an der Royal Academy in London, dass Hals „Komposition des Gesichts“ – womit er zweifellos die Behandlung von Augen und Mund meinte – „den starken Charakter der individuellen Natur [hervorruft], der so bemerkenswert in seinen Porträts ist und in keinem ähnlichen Grad bei einem anderen Maler zu finden ist“. Diese Fähigkeit zeigt sich nicht in jedem Werk Hals‘. Seine Porträts entstanden in einer Zeit, als starke soziale Konventionen vorherrschten. Dass es ihm gelang, in seinen besten Gemälden dennoch eine Ahnung der individuellen Charaktere darzustellen, ist wahrlich bemerkenswert.

Der französische Kunstkritiker Théophile Thoré-Bürger (1807–1869) forschte erstmals in den 1860ern über Frans Hals – und machte ihn mit seinen Publikationen (u.a. Gazette des Beaux-Arts, 1868) über Nacht zu einem gefeierten Vorbild für die sich gerade herausbildenden Modernen. Maler des Realismus und des Impressionismus gleichermaßen zogen ihre Lehren aus den unkonventionell malenden Barockkünstlers. Maler wir Gustave Courbet, Edouard Manet, Claude Monet, Vincent van Gogh, John Singer Sargent, James McNeill Whistler und William Merrit Chase pilgerten nach Haarlem, um Hals‘ Werke im Original zu bewundern. Vor allem in Frankreich und Amerika – in Deutschland von Max LiebermannMax Slevogt und Lovis Corinth – fanden in Hals Wege zu ihren modernen Lösungen vorgeprägt. Die holländischen Realisten Jacobus van Looy und Isaac Israëls gehörten ebenfalls zu den „späten Schülern“ des Barockmalers. Der Vergleich mit den flatternden Effekten von Manet enthüllt die große Bewunderung für Hals (und Velázquez) und ein anderes Konzept von Repräsentation.

Frans Hals Museum

Das in Haarlem befindliche Frans Hals Museum geht auf eine Gründung im Jahr 1862 zurück. Die Stadtregierung eröffnete es im Prinsenhof hinter dem Rathaus, einem neu renovierten, ehemaligen Dominikanerkloster. Im Jahr 1913 übersiedelte es in das ehemalige städtische Waisenhaus; und 1950 wurde die Sammlung auf zwei Ausstellungsorte aufgeteilt: Museum De Hallen und Oude Mannenhuis in der Groot Heiligland. Jüngst wurde das Frans Hals Museum mit dem Museum De Hallen wiedervereint: Frans Hals Museum Hof ist in der Groot Heiligland und das Frans Hals Museum Hal liegt am Groote Markt. Hier befindet sich die berühmte Kollektion von Frans Hals Gemälden, nach dem das Museum benannt ist.

Die weltweit bedeutendste Frans Hals-Sammlung schließt auch jene Gemälde ein, um die sich der Maler zeitlebens als Restaurator gekümmert hat: die über 100 Kunstwerke, die in den 1580er Jahren aus katholischen Kirchen entfernt worden waren. Dazu finden sich auch Haarlemer Kunstwerke in der Sammlung, die aus Abrissen von Häusern seit dem 15. Jahrhundert gerettet werden konnten.

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