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Gerda Wegener

Wer war Gerda Wegener?

Gerda Wegener (Hammelev 15.3.1886–28.7.1940 Frederiksberg) war eine dänische Illustratorin und Malerin des Jugendstils und des Art Déco. Wegener ist bekannt für ihre Modeillustrationen und später ihre Gemälde, die die Grenzen von Geschlecht und Liebe ihrer Zeit verschoben. Diese Werke wurden zeitweise als lesbische Erotik eingestuft und viele wurden von ihrer Partnerin, der Transgender-Frau Lili Elbe, inspiriert.

Kindheit

Gerda Marie Frederikke Gottlieb wurde am 15. März 1886 in Hammelev geboren. Gottlieb wuchs als Tochter des protestantischen Landgeistlichen hugenottischer Herkunft Emil Gottlieb und seiner Frau Justine (geb. Østerberg) im damals politisch zum Deutschen Reich gehörenden Nordschleswig auf. Die Künstlerin hatte drei Geschwister, die alle im Kindesalter verstarben. Bereits in jungen Jahren erfreute sich an Kunst und begann mit einer Ausbildung.

Ausbildung

Gerda Gottlieb ging mit ihrer Familie zuerst nach Hobro und danach nach Kopenhagen, um sich an der Königlich Dänischen Kunstakademie ausbilden zu lassen. Dort lernte sie den Landschaftsmaler Einar Wegener (28.12.1882–13.9.1931) kennen, den sie 1904 heiratete, und der sich später zur Künstlerin Lili Elbe wandelte.

Frühe Werke in Kopenhagen

Gerda Wegener Werk wurde 1904 in der Charlottenborg Art Gallery gezeigt, aber mit wenig Aufmerksamkeit bedacht. Ihre Karriere als Künstlerin begann erst nach ihrem Abschluss an der Akademie in den Jahren 1907 und 1908, als sie in der Zeitung „Politiken“ veröffentlichte. Wegener stand dann im Mittelpunkt einer Kontroverse namens Bauernmalerstreit, nachdem eines ihrer Werke von 1906, das „Porträt von Ellen von Kohl“, aufgrund des realistischen Stils aus den Ausstellungen von „Den frie Udstilling“ und Charlottenborg ausgeschlossen worden war. Das Gemälde löste Bedenken aus, ob es ein Plagiat eines italienischen Renaissance-Porträts oder der britischen Prae-Raphaeliten wäre. Die Meinungen, ob das Bildnis ein schwaches Individuum oder eine elegante, schöne Frau zeigt, gingen ebenso auseinander. Gerda Wegener mischte sich nie in diese Debatte ein. Das Porträt wurde von der Kunsthandlung Winkel und Magnussen ausgestellt und erhielt jene Aufmerksamkeit, die ihre Karriere als Künstlerin ankurbelte.

Wegener gewann in den folgenden Jahren zwei Wettbewerbe in der Zeitung „Politiken“: 1908 für „Frauen aus Kopenhangen“ und 1909 für „Die Figuren auf der Straße“. Diese Erfolge ermöglichten ihr, als Komikzeichnerin für „Politiken“ eine Anstellung zu finden. Gerda Wegener machte zeitlebens Illustrationen, Werbegrafiken und Porträts. Dadurch verband sie populäre Massenkultur mit Hochkunst, was in den vergangenen Jahrzehnten die Rezeption ihres künstlerischen Werks erschwerte.

Paris

Um ihren Wirkungskreis zu erweitern und ihre bisexuelle Orientierung freier ausleben zu können, zog Gerda Wegener 1912 mit Lili Elbe nach Paris, wo sie als Malerin und Illustratorin für Zeitschriften wie „Vogue“, „La Vie Parisienne“, „Fantasio“, „Le Rire“, „La Baïonnette“, „La Vie Parisienne“ und viele andere tätig war. Ihre Illustrationen wurden in einer Vielzahl von Publikationsorganen verwendet, von Werbung für Kosmetika bis hin zu politischen antideutschen Bildern während des Zweiten Weltkriegs in „Le Matin“ und „La Baïonnette“. Gerda Wegeners Erfolg erlaubte es ihr, auch regelmäßig in Kopenhagen in der Galerie Ole Haslund auszustellen. Ihre Karriere beruhte auf Talent und Fleiß, nicht zuletzt aber auch auf dem Aufsehen, das ihre ungewöhnliche Ehe erregte.

Wegener begann, mehr Möglichkeiten auszuschöpfen, indem sie provokativere Gemälde von Frauen in sexuellen Aktivitäten und verführerischen Positionen schuf. Sie malte sich oft mit Lili Elbe oder Lili allein, entweder als Mann oder als Frau dargestellt. Ihre Arbeit erregte Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, was ihr ermöglichte, reißende Partys zu geben und berühmt zu werden.

Gerda Wegener gewann auf der Weltausstellung 1925 in Paris zwei Goldmedaillen und eine Bronzemedaille. Ihre Werke wurden im „Salon des Humoristes“, im „Salon des Indépendants“ und im „Salon d’Automne“ ausgestellt. Die Malerin und Illustratorin freundete sich mit Ulla Poulsen (1905–2001) an, einer dänischen Ballerina, die ihr häufig für ihre Gemälde modellstand. Außerdem war sie auch eng mit dem Künstler Rudolph Tegner und seiner Frau Elna befreundet.

Gerda Wegener und Lili Elbe

Lili Elbe, die zunächst durchaus als die wichtigere von beiden Künstlerinnen galt, stellte ihre eigene Arbeit zurück, um sie Wegener ihren Bemühungen zu unterstützen. Sie posierte für Gerda in Frauenkleidern, nannte sich fortan Lili Elbe und wurde zu Gerdas bevorzugtem Modell. 1930 unterzog sich Lili einer geschlechtsangleichenden Operation, die als eine der ersten ihrer Art ungeheures Aufsehen erregte und Lili Elbe bekannt gemacht hat. Gerda Wegener unterstützte ihre intersexuelle Partnerin in der Übergangszeit nach besten Kräften. Im Oktober 1930 wurde ihre Ehe vom dänischen König Christian X. annulliert, nachdem er von der Operation gehört hatte und in Dänemark eine Ehe zwischen Frauen verboten war. 1931 publizierte Lili Elbe die Autobiografie „D’un homme à une femme“ in Dänemark. Sie spricht darin von sich selbst in der dritten Person. Die letzte der vier geschlechtsangleichenden Operationen kostete der Künstlerin am 12. September 1931 das Leben.

Gerda Wegener heiratete 1931 den elf Jahre jüngeren italienischen Offizier, Piloten und Diplomaten Major Fernando Porta, mit dem sie nach Marrakesch, dann nach Casablanca zog. Dort in Marokko erfuhr sie, dass Lili Elbe in der Dresdener Frauenklinik nach einer Uterustransplantation durch Kurt Warnekros gestorben war. 1936 ließ sich Gerda Wegener von Fernando Porta scheiden und kehrte nach Kopenhagen zurück. 1939 hatte sie ihre letzte Ausstellung, aber ihr Stil war aus der Mode gekommen.

Tod

Gerda Wegener starb am 28. Juli 1940 in Frederiksberg an einem Herzinfarkt, wenige Monate nach der Besetzung Dänemarks durch die Wehrmacht des Deutschen Reichs.