Karin Kneffel: deutsche Malerin der Gegenwart | ARTinWORDS

Karin Kneffel

Wer ist Karin Kneffel?

Karin Kneffel (* 13.1.1957 in Marl) ist eine deutsche Malerin der Gegenwart (→ Zeitgenössische Kunst). Kneffels Gemälde zeigen eine Welt zwischen Erinnerung, Traum und Realität; sie werden häufig mit den Schlagworten Neorealismus, Foto­ oder Hyperrealismus und Surrealismus versehen. Bekanntheit erlangte sie in ihrem Frühwerk mit der realistischen Darstellung von überdimensionierten Früchten und einer Werkserie von in Nahsicht abgebildeten Tierportraits. Lichtreflexe, Spiegelungen und beschlagene Fensterscheiben lenken den Blick auf Häuserfassaden und in Innenräume.

Karin Kneffel lebt und arbeitet in Düsseldorf und München, wo sie aktuell eine Professur innehat.

„Die Malerei ist für mich wie ein Haltegriff, der im Moment des Zugreifens wieder verschwindet.“1 (Karin Kneffel)

Ausbildung

Karin Kneffel studierte von 1977 bis 1981 Germanistik und Philosophie an der Westfälischen Wilhelms­Universität Münster und an der Gesamthochschule Duisburg. Von 1981 bis 1987 studierte sie an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Johannes Brus, Norbert Tadeusz (→ Münster | LWL-Museum: Norbert Tadeusz) und Gerhard Richter; Meisterschülerin bei Gerhard Richter.

1984/85 hielt sich Karin Kneffel für ein halbes Jahr zu einem Auslandsstipendium in der Cité Internationale des Arts, Paris, auf. In den frühen 1990er Jahren erhielt Karin Kneffel mehrere Stipendia: 1991 Karl Schmidt­Rottluff Stipendium sowie 1992 das Stipendium des Kunstfonds Bonn. Im Jahr 1996 konnte sie das Stipendium der Villa Massimo, Rom, in Anspruch nehmen.

Werke

Karin Kneffel gilt als virtuose Malerin der Gegenwart. Ihre Gemälde überzeugen durch eine fotorealistische bzw. realistische Wiedergabe, wobei Kneffel in ihrem Pinselduktus keine individuellen Spuren hinterlassen will.

In den 1990er Jahren erregte Kneffel mit kleinformatigen, humorvollen Tierporträts, Feuer­ und überdimensionierten Früchtebildern sowie doppelbödig inszenierten Interieur-Ansichten Aufsehen.

Seit 2008 setzt sich Karin Kneffel mit realen Räumen in moderner Architektur und deren historischen oder aktuellen Ausstattungen auseinander. Ausgangspunkt bilden die 1927/28 von Mies van der Rohe entworfenen Privathäuser für die Seidenindustriellen Hermann Lange und Dr. Josef Esters in Krefeld. Die Bilder wurden erstmals 2009 im Museum Haus Esters gezeigt. Für die Darstellungen der ursprünglichen Inneneinrichtungen in Krefeld orientierte sich Karin Kneffel an schwarz­weißen Archivfotografien der 1930er Jahre.
Karin Kneffel recherchiert zu den Häusern Lange und die ursprünglich dort präsentierten Gemälde und Plastiken. Sie begibt sich anhand einer Handvoll überlieferter Fotografien auf die Suche nach den von ihr darin identifizierten Werke etwa aus der Sammlung Lange, wie von Ernst Ludwig Kirchner, Marc ChagallAugust MackeOskar Kokoschka oder Wilhelm Lehmbruck. Dazu studiert sie diese an aktuellen Museumsstandorten im Original, zitiert sie in Bildern innerhalb neuer Ausstellungssituationen und betont sie farbig in den Krefelder Innenraumbildern.

Mittels eines gebrochenen Blicks durch eine Fensterscheibe eine dezente Farbigkeit verlieh. Auf der Scheibe verteilte die Malerin zahlreiche Wassertropfen in unterschiedlichen Größen, die durch bewegte kreisrunde Lichter im Raum hinterleuchtet werden. In einigen von ihnen spiegeln sich Häuser von der gegenüberliegenden Straßenseite wider. Die Betrachter sollen – so die Künstlerin – durch den Einbezug einer Scheibe auf Distanz gehalten werden und sich nicht in ihren Bildern verlieren, sondern sich mit ihnen beschäftigen. Zugleich führt sie auf diese Weise eine besondere Kommentarebene ein, integriert die Künstler hier Wischgesten, einzelne Worte oder auch zitierte Aussprüche oder groß gesetzte Smileys.

Eine weitere Serie setzt sich mit dem berühmten Restaurant Four Seasons im New Yorker Seagram Building auseinander – wiederum ein Entwurf von Mies van der Rohe 1958 gemeinsam mit Philip Johnson. Hier erreicht die verdichtete Kombination verschiedener Spiegelungen, Lichtreflexionen, Brechungen, Schlieren und zerfließender Formen einen Grad an Komplexität, die surreal anmutet.

Lehre

Im Jahr 1995 übernahm Karin Kneffel einen Lehrauftrag an der Sommerakademie Augsburg. 1998 wurde sie als Gastprofessorin an die Hochschule für Künste Bremen und 2000 an die Kunstakademie Islands in Reykjavík eingeladen. Von 2000 bis 2008 hatte sie eine Professur für Malerei an der Hochschule für Künste Bremen inne. Seit 2008 ist sie Professorin an der Akademie der bildenden Künste in München.

Kneffel war Mitglied im Deutschen Künstlerbund.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • 2019: Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste
  • 2016: Cologne-Fine-Art-Preis
  • 2011: Preis der Helmut-Kraft-Stiftung
  • 1995/96: Stipendium der Villa Massimo, Rom
  • 1994: Lingener Kunstpreis
  • 1992: Stiftung Kunstfonds Bonn
  • 1991: Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendium
  • 1984/85: Stipendium an der Cité Internationale des Arts, Paris

Literatur zu Karin Kneffel

  • Karin Kneffel – Im Augenblick / At the Moment, hg. v. Achim Sommer (Ausst.-Kat. Max Ernst Museum Brühl des LVR 1.5.–28.8.2022), Köln 2022.
  1. Zit. n. S. 14.