0

Künstlerinnen und Künstler auf der 2017 POWER 100 von ArtReview

Künstler*innen auf der 2017 POWER 100

Künstler*innen auf der 2017 POWER 100

Die 2017 POWER 100 von ArtReview ist publiziert und wird heiß diskutiert. Auf den ersten Blick fällt auf, dass zwar die Plätze 1 und 2 von Künstler*innen – Hito Steyerl und Pierre Hughe – belegt werden, dass aber dahinter von Platz bis 10 Galerist*innen, Kurator*innen sowie Theoretiker*innen gelistet sind. Was passiert, wenn man nur Künstler*innen bestehen lässt? Wie viele und welche Künstler*innen habe es überhaupt auf die Liste der 100 bedeutendsten Menschen des Kunstbusiness (resp. Kunstmarkts) geschafft?

Knapp ein Viertel! 24 Namen, gelten als weltweit einflussreiche Künstler*innen – allesamt Träger*innen bedeutender Preise, teils populäre Biennale-Teilnehmer*innen, Giganten des Ausstellungsbetriebs.

Künstlerinnen und Künstler auf der POWER 100

    1. Hito Steyerl (1): In einem Interview mit The Guardian bekundete Hito Steyerl ihr Verständnis von Kunst und Macht: „Zeitgenössische Kunst wird ermöglicht durch das neoliberale Kapital, plus Internet, Biennalen, Kunstmessen, parallelen Pop-up Geschichten und wachsendem Einkommensungleichheit.“1
    2. Pierre Hughe (2): Nicht erst seit seiner Teilnahme an der vorletzten Documenta ist Pierre Hughe außerhalb der Kunstwelt bekannt. 2017 stellte er bei Louis Vuitton in Tokyo und Venedig aus, dazu gewann er den 2017 Nasher Prize ($ 100.000,-). Die Arbeit des 1962 in Paris geborenen Künstlers in Skulptur Projekte Münster kann als postapokalyptische Ekloge gedeutet werden. In einer stillgelegten Schlittschuhbahn stellte Huyghe ein zeitbasiertes biologisch-technisches System auf, in dem sich Zellwachstum im Inkubator mit Zellwachstum in der Augmented Reality gegenseitig beeinflussen. Unter dem aufgebrochenen Fußboden entwickelte Huygh eine Landschaft, die von Ameisen, Algen, Bakterien, Bienenstöcken und Pfauen bewohnt wurde.
    3. Wolfgang Tillmans (11): Einmal mehr sind es große Einzelausstellungen, die Wolfgang Tillmans auf den elften Platz der POWER 100 Liste brachten: Tate Modern, London, Beydeler Foundation, Kunstverein Hamburg. Der weitgereiste Fotograf ist allerdings in den letzten beiden Jahren auch für sein politisches Engagement aufgefallen: 2016 unterstützte der Turner-Preisträger die Kampagne für den Verbleib von Großbritannien in der EU; 2017 die Wahlbeteiligung junger Deutscher bei der Bundestagswahl (gegen die AfD). → Wolfgang Tillmans. Neue Welt
    4. Ai Weiwei (13): Politisches Engagement und weltweite Ausstellungen machen Ai Weiwei zu seinem populären Künstler. Dass sich bei dem in Berlin lebenden Konzeptkünstler alles um Erinnerung und Umgang mit Vorgefundenem dreht, hat er jüngst auch in seiner Soloshow im 21er Haus zeigen können. → Ai Weiwei ◊  → Ai Weiwei im 21er Haus ◊  → Ai Weiwei in der Royal AcademyDüsseldorf K20 / K21: Ai Weiwei
    5. Joan Jonas (14, Neueinstieg): Jonas erhält nächstes Jahr eine Retrospektive in der Tate Modern → Joan Jonas. Multimediakünstlerin aus New York
    6. David Hammons (19, Wiedereinstieg): Der Entschluss des Künstlers sich mehr in der Öffentlichkeit zu zeigen und eine Ausstellung zu Charles White († 1979) im MoMA zu kuratieren, eine Einladung der Stadt New York, in Manhattan eine Skulptur für den öffentlichen Raum zu entwerfen, führten zum Wiedereinstieg des Amerikaners.
    7. Theaster Gastes (23): Das Sprengel Museum in Hannover wird dem Kurt Schwitters-Preisträger ($ 25.000,-) 2018 eine Einzelausstellung ausrichten.
    8. Raqs Media Collective (39): Jeebesh Bagchi, Monica Narula & Shuddhabrata Sengupta (39) → Raqs Media CollectiveRaqs Media Collective in Düsseldorf
    9. Liam Gillick (52)
    10. Jeff Koons (54): Warum genau Jeff Koons auf der Liste auftaucht, kann auch der Autor von ArtReview nicht genau erklären. Ob es vielleicht etwas mit dem Engagement des New Yorker Künstlers mit Louis Vuitton zu tun hat (Handtaschen mit Rubens- und der Mona Lisa-Design …) oder seinem „Bouquet of Flowers“-Geschenk an die Stadt Paris – wer weiß? → Jeff Koons
    11. Yayoi Kusama (55): Die Präsenz der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama auf der POWER 100 Liste ist absolut nachvollziehbar, wenn man ihre tourende Ausstellung kennt! → Yayoi Kusama ◊ → Yayoi Kusama: Performance und Malerei
    12. Kara Walker (56, Neueinstieg): Walker beschäftigt sich mit den dunklen Seiten des Amerikanischen Traums – und hat nicht erst seit der Wahl von Donald Trump damit international Erfolg.
    13. William Kentridge (58): Zeichnungen, Druckgrafiken und vor allem filmischen Arbeiten, nicht zu vergessen die Bühnenbilder und Kostüme, des südafrikanischen Künstlers William Kentridge überzeugen mit ihrer schwarz-weißen Poesie.
    14. Philippe Perreno (60, Neueinstieg)
    15. Olafur Eliasson (63): Wissenschaft, Ökologie, soziale Verantwortung sind die Ingredienzien von Olafur Eliassons überraschenden Arbeiten. Immer wieder eine „Erleuchtung“, nicht nur sein seit 2012 laufendes Projekt „Little Sun“.
    16. Kerry James Marshall (68, Neueinstieg): Der afroamerikanische Künstler hatte die letzten eineinhalb Jahre eine höchst erfolgreiche Ausstellungstournee vom Museum of Contemporary Art Chicago, dem Met Breuer New York bis zum Museum of Contemporary Art, Los Angeles. Vor einigen Jahren war Kerry James Marshall in der Wiener Secession eingeladen und schuf eine erinnerungswürdige Installation seiner Gemälde. 2018 dürfen wir ihn in „Shape of Time“ im Kunsthistorischen Museum Im Dialog mit einem Alten Meister begrüßen. → Kerry James Marshall
    17. Kader Attia (75, Neueinstieg): Drei Biennale Teilnahmen (Venedig, Cuenca, Dakar) und eine Galerieausstellung, dazu der Joan Miró Prize ($ 82.000) im Oktober garantierten Kader Attia den ersten Einstieg auf die POWER 100 Liste. Der in Wien von Krinzinger vertretene Künstler ist schon lange kein Unbekannter, konnte er doch bereits 2016 im Leopold Museum mit seinen „Mirror Masks“ überzeugen. → Picasso war ein Afrikaner!
    18. Arthur Jafa (81, Neueinstieg): Der afroamerikanische Künstler und Filmemacher hat schon mit Walker, Kerry James Marshall und John Akomfrah zusammengearbeitet. Der Neuling in der Kunstszene (seit 2014/16) drehte für Spike Lee and Julie Dash und die Musikvideos für Solange, Beyoncé and Jay-Z. https://www.youtube.com/watch?v=XpJ5UMEeSXY
    19. Rirkrit Tiravanija (83): Derzeit in Wien in „Duett mit Künstler_in“ zu sehen → Partizipative Kunst im 21er Haus
    20. Riyas Komu & Bose Krishmanachari (84): Künstler-Gründer der Kochi-Murziris Biennale (84)
    21. Haegue Yang (85, Neueinstieg): Viele Ausstellungsbeteiligungen 2017 sicherten Heague Yang den ersten Einstieg auf die POWER 100 Liste, darunter eine Solo-Show im Kunsthaus Graz. Dass Yang 2018 zu einer Einzelausstellung im Museum Ludwig, Köln, eingeladen ist und sie im September den Wolfgang Hahn Preis gewonnen hat, bereitete ihren 85. Platz mit vor (→ Haegue Yang im Museum Ludwig, Köln: Wolfgang-Hahn-Preis 2018).
    22. Walid Raad (86): Als Künstler wie als Aktivist der Gulf Labor Artist Coalition lenkt Walid Raad mit seinen Arbeiten den Fokus auf den Libanon und den Mittleren Osten.
    23. Trevor Paglen (87): Trevor Paglen plant für den Sommer 2018 einen Satelliten in den Weltraum zu schicken, der von der Erde sichtbar sein wird. Überhaupt könnte es das Jahr des MacArthur Fellow (im Volksmund Genius Grant genannt) werden, denn er ist auf der Shortlist des Artes Mundi Prize.
    24. Marina Abramović (89): Die Position von Marina Abramović am Ende der Liste ist durchaus erstaunlich.

    Hier geht es zur ganzen Liste: Power 100

Weitere Beiträge zur zeitgenössischen Kunst

3. Dezember 2023
Kathrin Sonntag, Dinge im Hintergrund #4, 2022, Inkjet Print (© Kathrin Sonntag, Courtesy Kadel Willborn, Düsseldorf und die Künstlerin)

Düsseldorf | Kunstpalast: Size Matters. Größe in der Fotografie Bedeutungswandel durch Größenverschiebung | 2024/25

Vom Thumbnail zum Großbild: Werke vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart werfen Fragen nach den Konsequenzen von Größe für die Wahrnehmung und den Umgang mit fotografischen Bildern auf.
3. Dezember 2023
Tony Cragg, Migrant, 2015 Bronze (© VG Bild- Kunst, Bonn 2023 Foto: Charles Duprat)

Düsseldorf | Kunstpalast: Tony Cragg. Please touch! Skulpturen zum Angreifen | 2024

Erste umfangreiche Schau zu den taktilen Reize von Tony Craggs Skulpturen. Angreifen erwünscht!
29. November 2023
Robert Longo, Untitled (Phantomvessel), 2008

Wien | Albertina: Robert Longo Drama in Schwarz-Weiß | 2024

Robert Longo ist für seine monumentalen fotorealistischen Bilder bekannt: kraftvolle, dynamische Kohlezeichnungen, die einen durch die virtuose Technik und die Bildmächtigkeit des Motivs überzeugen.
21. November 2023
Sarah Morris, Adnoc [Abu Dhabi], 2016, Haushaltslack auf Leinwand, 214 x 214 cm (Privatbesitz © Sarah Morris)

Bern | ZPK: Sarah Morris

Umfangreichen Überblick über das Schaffen der Künstlerin Sarah Morris, darunter auch das filmische Werk.
10. November 2023
Edvard Munch, Das weinende Mädchen, Detail, 1909 (LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster © LWL/Neander)

Münster | LWL-Museum: Akte – Nudes Radikal nackt | 2023/24

Akte aus der Tate London und des LWL-Museums, präsentiert in thematischen Gruppen vom historischen Akt, von den privaten und modernen Aktdarstellungen sowie surrealen Körpern bis hin zu politisch aufgeladenen und fragilen Darstellungen des nackten Körpers.
3. November 2023

Biennale von Venedig 2024 | Goldene Löwen Goldener Löwe fürs Lebenswerk an Anna Maria Maiolino und Nil Yalter

Für Kurator Adriano Pedrosa ist diese Entscheidung angesichts des Titels und des Rahmens seiner Ausstellung besonders bedeutsam, da sie sich auf Künstler:innen konzentriert, die zwischen Nord und Süd, Europa und darüber hinaus und umgekehrt gereist und gewandert sind.
2. November 2023

Venedig | Biennale 2024

Adriano Pedrosa zum künstlerischen Leiter der „60. Biennale von Venedig 2024“ ernannt.
24. Oktober 2023
Gottfried Helnwein, Untitled, Detail, 2005, Mischtechnik (Öl und Acryl auf Leinwand), 192 x 249 cm

Wien | Albertina: Gottfried Helnwein Realität und Finktion: Hommage zum 75. Geburtstag | 2023/24

Der Maler kündigt für Herbst/Winter 2023/24 eine Einzelausstellung in der Albertina an.
22. Oktober 2023
Anselm Kiefer, Aus Herzen und Hirnen sprießen die Halme der Nacht, 2019-2020 (museum Voorlinden, Foto Thomas Lannes, courtesy Gagosian)

Wassenaar | Voorlinden: Anselm Kiefer Kunst ist Sehnsucht | 2023/24

Das Museum Voorlinden zeigt 2023/24 Werke v.a. aus den letzten 15 Jahren, darunter eine Winterlandschaft, Bleibücher und aktuelle Gemälde.
20. Oktober 2023

Basel | Kunstmuseum Basel: Paula Rego Machtspiele | 2024/25

Die umfassende Sonderausstellung im Kunstmuseum Basel ist die erste Präsentation ihres Œuvres in der Schweiz. Ihr Kosmos aus Gemälden, Puppen-Objekten und Grafiken wird vorgestellt in einer Folge von thematisch strukturierten Räumen – alles Orte von Machtkämpfen.
18. Oktober 2023

Hamburg | Bucerius Kunst Forum: Flowers Forever Schönheit – Bedeutung – Wachstum | 2024/25

Vom Statussymbol zum unverzichtbarer Bestandteil des weltweiten Ökosystems - das Bucerius Kunst Forum rückt Blumen in den Fokus. Objekte aus Kunst, Design, Mode und Naturwissenschaft bilden einen (ästhetisch) faszinierenden Rundgang durch die Welt der Flora.
14. Oktober 2023
John Akomfrah, Five Mumurations (Auge), 2021, Installationsansicht Lisson Gallery

Washington | Smithsonian NMAfA: John Akomfrah Five Murmurations | 2023

John Akomfrah verarbetet in "Five Murmurations" multiple Krisen von COVID-19-Pandemie, die Black Lives Matter Bewegung, den zunehmend spürbaren Klimawandel.
10. Oktober 2023
El Anatsui Behind the Red Moon, Installationsansicht Tate Modern, © Tate (Joe Humphrys)

London | Tate Modern: El Anatsui Installation des Ghanaischen Künstlers in der Turbinenhalle | 2023/24

El Anatsui: Behind the Red Moon ist der Titel der gigantischen, dreiteiligen Installation in der Turbinenhalle der Tate Modern: The Red Moon, The World und The Wall regen zum Nachdenken über Welt- und Sklavenhandel, Mensch und Natur an.
5. Oktober 2023
Pamela Singh, Chipko Tree Huggers of the Himalayas #4, 1994 © Pamela Singh Courtesy sepiaEYE

London | Barbican: RE/SISTERS Beziehung zwischen Geschlecht und Ökologie | 2023

„RE/SISTERS“ reflektiert eine Reihe von Themen, von der Rohstoffindustrie bis zur Politik der Fürsorge, und untersucht Umwelt- und Geschlechtergerechtigkeit als untrennbare Teile eines globalen Kampfes.
2. Oktober 2023
Jeff Wall, Milk, 1984, Detail

Riehen b. Basel | Fondation Beyeler: Jeff Wall Inszenierte Fotografie | 2024

Contemporary art is made possible by neoliberal capital, plus the internet, biennials, art fairs, parallel pop-up histories and growing income inequalities.
  1. Contemporary art is made possible by neoliberal capital, plus the internet, biennials, art fairs, parallel pop-up histories and growing income inequalities.
  2. Contemporary art is made possible by neoliberal capital, plus the internet, biennials, art fairs, parallel pop-up histories and growing income inequalities.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.