Vanessa Bell (1879–1961) war die Schwester der Schriftstellerin Virginia Woolf und selbst eine der führenden Künstlerinnen der Bloomsbury Group. Im Rahmen dieser avantgardistischen Gruppe von Künstler:innen, Schriftstellern und Philosophen leistete Bell zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Großbritannien Pionierarbeit für die literarische und künstlerische Moderne. Die Ausstellung zelebriert eine der innovativsten Künstlerinnen Londons vor 100 Jahren.
Großbritannien | London:
The Courtauld Gallery,
Project Space
25.5. – 6.10.2024
Diese Ausstellung im Projektraum des Courtauld zeigt erstmals die bedeutende Sammlung von Vanessa Bells Werken im Courtauld. Das Hauptwerk der Schau ist ihr Gemälde „A Conversation“ (1913–1916). Bell überarbeitete das Bild mehrere Jahre hinweg an verschiedenen Stellen; der originale Rahmen wurde ebenfalls von der Künstlerin bemalt. Sie verwendete kräftige Farben und vereinfachte Formen, um drei Frauen in einer intensiven Diskussion darzustellen. Die Anordnung der Figuren und die enge Gruppierung der Frauenköpfe verleihen der Versammlung eine dramatische, ja geradezu verschwörerische Atmosphäre. Der Maßstab des Gemäldes und die starke visuelle Wirkung lassen darauf schließen, dass das Gespräch von großer Bedeutung ist, obwohl es unserer Fantasie überlassen bleibt, was besprochen wird. Vielleicht würdigte die Künstlerin mit diesem Werk die Werte der Freundschaft und der aufgeklärten Debatte, die die Bloomsbury Group prägten.
Dazu kommen kühne, abstrakte Textildesigns, die sie für die Omega Workshops unter der Leitung des einflussreichen Künstlers und Kritikers Roger Fry (1866–1934) in London anfertigte. Im Jahr 1913 gründeten Fry und die Künstler:innen Duncan Grant und Vanessa Bell die Omega Workshops, eine Künstler- und Designerkooperative, deren Ziel es war, die Unterscheidung zwischen „schöner“ und „dekorativer“ Kunst aufzubrechen. Omega-Künstler:innen strebten danach, einen einheitlichen Gruppenstil zu entwickeln und signierten ihre Entwürfe nicht.
Omega-Möbel wurden zwar von kommerziellen Firmen hergestellt, aber von Künstler:innen dekoriert. Beispielhaft dafür steht ein Stuhl mit floraler Rückenlehne, der Roger Fryfür die Omega Workshops Ltd zugeschrieben wird. Die florale Stickerei führte entweder Winifred Gill (1891–1981) oder Vanessa Bell (1879–1961) im Jahr 1913 aus. Stickereien erschienen Anfang des 20. Jahrhunderts auf Sitzlehnen, Kissen und Kaminschirmen und wurden stets von Künstlerinnen angefertigt. Der Stil des Blumenstraußes erinnert daran, dass eine der wichtigsten Inspirationsquellen für Omega-Künstler:innen die kubistischen Gemälde von Pablo Picasso und Georges Braque waren, die sie gut kannten.
Etwa 100 thematisch geordnete Gemälde, Keramiken, Stoffe und Fotografien werden Vanessa Bells bahnbrechenden Werke in den Genres Porträt, Stillleben und Landschaft zeigen und ihre fließende Bewegung zwischen bildender und angewandter Kunst erkunden, wobei der Schwerpunkt auf ihrer markantesten Experimentierperiode in den 1970er Jahren liegt.
Quelle: The Courtauld Gallery