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London | National Gallery: Poussin und der Tanz Freudvolle Bilder des "ernsthaften" Barockmalers

Nicolas Poussin, Eine bacchanalische Feier vor einer Herme, Detail, 1632/33, Öl/Lw, 98 x 142.8 cm (© The National Gallery, London)

Nicolas Poussin, Eine bacchanalische Feier vor einer Herme, Detail, 1632/33, Öl/Lw, 98 x 142.8 cm (© The National Gallery, London)

Für Herbst 2021 plant die National Gallery of Art eine wegweisende Ausstellung zu Nicolas Poussin (1594–1665), einem der berühmtesten Maler des Barock. Erstmals konzentrieren sich die Kuratoren auf Bilder von Tänzer*innen und Feiernden. Damit soll Poussin weniger als Philosoph und Theoretiker präsentiert werden, sondern jener Bereich seiner künstlerischen Produktion in den Vordergrund rücken, der noch nie zuvor untersucht wurde: seine Darstellungen des Tanzes.

Nicolas Poussin ist ein bedeutender Künstler für Künstler. Seit Jahrhunderten sind seine Werke enorm einflussreich und inspirieren so unterschiedliche Künstler wie Jacques-Louis David und Paul CézannePablo Picasso und Francis Bacon. Dennoch wird Poussin manchmal von der Öffentlichkeit übersehen, da sie seine Bilder oft als kalt, schwierig oder übermäßig lehrreich empfindet.

Poussin und der Tanz in London

Die Ausstellung konzentriert sich auf Poussins frühe römische Karriere, von seiner Ankunft in der Stadt im Jahre 1624 bis etwa 1640, als er nach Frankreich zurückgerufen wurde, um als Erster Maler des Königs unter Ludwig XIII. zu dienen.

„Poussin und der Tanz“ in London wird wilde, rauhe und überraschend fröhliche Szenen präsentieren, die wirbelnde, umherziehende Figuren zeigen, die entweder halbnackt oder zu betrunken sind, um sich zu halten. Sie werden den französischen Künstler, der sonst für seine klassische Interpretation des Barock berühmt ist, in ein völlig neues Licht rücken. Seine Kompositionen zeigen, wie sich Poussin den Herausforderungen stellte, wie Bewegung darzustellen und das Ausdruckspotenzial des Körpers einzufangen sei.

Rund 20 Gemälde und Zeichnungen aus öffentlichen und privaten Sammlungen aus der ganzen Welt werden zum ersten Mal neben einigen der berühmten klassischen Exponate gezeigt, die sie inspirierten. Diese Arbeiten werden zum ersten Mal seit einer Generation gemeinsam ausgestellt und ermöglichen es den Besucher*innen, Poussins Inspirationsquellen und seine raffinierten Übersetzungen, die er zwischen Marmor, Ölfarbe und Papier gemacht hat, nachzuvollziehen.

Als junger Mann war Poussin verzweifelt bemüht, nach Rom reisen zu können. Schließlich kam er bei seinem dritten Versuch in die Ewige Stadt – nach zwei vereitelten Reisen bis nach Florenz und Lyon. Dort tauchte er in die klassische Welt ein und ließ sich von antiken Skulpturen und Reliefs sowie den Werken von Künstlern wie Tizian und Raffael inspirieren. Viele der berühmtesten Antiquitäten, die er kannte, stellten Tänzer dar. Bald stellte sich Poussin selbst der Herausforderung, Tanzende auf Papier, in Farbe und sogar in Ton einzufangen. Im Zuge der Arbeit an seinen Kompositionen schuf er Wachsfiguren, die er in einer Art Modelltheater arrangierte. Der Schlüssel, um Poussin und seine Arbeitsweise in der Ausstellung zum Leben zu erwecken, wird nicht nur die Gegenüberstellung von Antiken, Zeichnungen und Gemälden sein, sondern auch eine Rekonstruktion dieses ungewöhnlichen Atelierwerkzeugs, des Modelltheaters des Künstlers oder der „Grande Machine“.

Diese Ausstellung bietet dem Publikum die Möglichkeit, Nicolas Poussin in einem frischen, aufregenden Licht wiederzuentdecken. Dabei wird das Paradox spürbar zwischen seinem fleißigen Arbeitsprozess und seinen freudigen, unbeschwerten Szenen, mit denen er die Tänze und die wilden Bewegungen der antiken Welt zum Leben erweckte.

Ausstellung organisiert von der National Gallery, London und dem Getty Museum, Los Angeles.

Poussin in der Londoner National Gallery: Bilder

  • Nach Nicolas Poussin, Triumph des Silen, vielleicht um 1637, Öl/Lw, 142.9 x 120.5 cm (© The National Gallery, London)
  • Nicolas Poussin, Eine bacchanalische Feier vor einer Herme, 1632/33, Öl/Lw, 98 x 142.8 cm (© The National Gallery, London)
  • Nicolas Poussin, Die Anbetung des Goldenen Kalbs, 1633/34, Öl/Lw, 153.4 x 211.8 cm (© The National Gallery, London)
  • Nicolas Poussin, Der Triumph des Pan, 1636, Öl/Lw, 135.9 x 146 cm (© The National Gallery, London)
  • Nicolas Poussin, Sartyren tanzen auf einem Weinschlauch, um 1636, Grafit Unterzeichnung, Feder und braune Tinte, braune Lavierung, 24.7 x 31.8 cm (The Royal Collection / HM Queen Elizabeth II (RCIN 911992) © Royal Collection Trust / © Her Majesty Queen Elizabeth II 2021)
  • Nicolas Poussin, Der Triumph von Bacchus und Ariadne, um 1627, Feder und Tinte mit Lavierung über Rötel, 12.6 x 42.5 cm (The Royal Collection / HM Queen Elizabeth II (RCIN 911990) © Royal Collection Trust / © Her Majesty Queen Elizabeth II 2021)

Ausstellungen zur Kunst des Barock

21. August 2023
Angelika Kauffmann, Farbe – Colouring, ab 1778/vor Mai 1780, Öl/Lw, queroval, 130 x 149,5 cm (Royal Academy of Arts, London © Royal Academy of Arts, London/ Foto: John Hammond)

London | Tate Britain: Britische Künstlerinnen 1520–1920 Erfolgreiche Frauen im britischen Kunstbetrieb | 2024

Mit über 150 Werken räumt die Ausstellung mit Stereotypen über Künstlerinnen in der Kunstgeschichte auf und analysiert den steinigen Weg von Frauen in die Kunstwelt. Mit Werken von Mary Beale, Angelika Kauffmann, Elizabeth Butler und Laura Knight.
15. August 2023
Elizabeth Sparhawk-Jones, The Shoe Shop, Detail, um 1911, Öl auf Leinwand, 99,1 x 79,4 cm (The Art Institute of Chicago)

Madrid | Thyssen-Bornemisza: Künstlerinnen – Elisabetta Sirani bis Frida Kahlo Alte Meisterinnen und rebellische Moderne | 2023/24

Mit fast 100 Werken, darunter Gemälde, Skulpturen, Arbeiten auf Papier und Textilien, bietet die Ausstellung einen Überblick zu Künstlerinnen vom späten 16. Jahrhundert bis zu den frühen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Die Präsentation konzentriert sich auf Gruppen von Künstlerinnen, Mäzeninnen und Galeristinnen.
8. August 2023
Frans Hals, Malle Babbe, Detail, um 1640, Öl/Lw, 75 x 64 cm (Gemäldegalerie Berlin, SMB, Foto: Jörg P. Anders)

Berlin | Gemäldegalerie: Frans Hals Revolutionäre Porträts aus dem Goldenen Zeitalter | 2024

Die Gemäldegalerie organisiert eine umfassende monografische Ausstellung mit rund 70 Arbeiten, davon zehn aus eigenem Bestand wie die „Malle Babbe“, das „Porträt der Catharina Hooft mit ihrer Amme“ oder der „Singende Knabe mit Flöte“.

Aktuelle Ausstellungen

17. August 2023
Käthe Kollwitz, Die Pflüger. Blatt 1 aus dem Zyklus Bauernkrieg, 1907 (Kunsthaus Zürich)

Schweiz | Zürich: Kunsthaus: Käthe Kollwitz / Mona Hatoum Stellung beziehen! | 2023

16. August 2023
Dots Obsession, 2013, Installationsansicht Yayoi Kusama, You Me and the Balloons, in Manchester International Festival 2023, Foto: DavidLevene

Manchester | The Warehouse: Yayoi Kusama You, Me and the Balloons | 2023

Yayoi Kusama feiert mit der Installation drei Jahrzehnte aufblasbare Kunstwerke, die in dieser Ausstellung zum ersten Mal zusammengeführt werden. In Manchester stellt die japanische Künstlerin elf großformatige Werke aus, einige davon sind über 10 Meter hoch.
15. Juli 2023
Michael Rakowitz, The invisible enemy should not exist (Room F, section 1, panel 15, Northwest Palace of Kalhu), 2019. Middle Eastern food packaging and newspapers, glue, cardboard on wooden structures, 88.6 x 84.2 x 3.5 inches.

Gateshead | Baltic: Michael Rakowitz Hängender Garten | 2023/24

Ein Hängender Garten als weitläufiger, immersiver Wald aus Bäumen, Hecken, Kräutern und Heilpflanzen, bewohnt von Rakowitz’ Pappskulpturen und aktiviert durch ein intensives Programm.