Lenbachhaus, Der Blaue Reiter Gruppendynamik
„Das ganze Werk, Kunst genannt, kennt keine Grenzen und Völker, sondern die Menschheit.“
So formulierten es Franz Marc und Wassily Kandinsky für ihren Almanach „Der Blaue Reiter“ 1912. Das programmatische Jahrbuch etablierte den Blauen Reiter (ca. 1911–1914) als einen der ersten transnationalen Künstler*innenkreise. Und dieses Credo inspiriert das Lenbachhaus, das Werk der beteiligten Künstler*innen – unter ihnen Gabriele Münter, August Macke, Alfred Kubin, Maria Marc und Elisabeth Epstein – nicht nur ästhetisch und historisch, sondern in seinen geistigen, sozialen sowie politischen Zusammenhängen zu betrachten.
Deutschland | München: Lenbachhaus
23.3.2021 – 5.3.2023
Denn nicht nur mit Worten, sondern auch mit Bildern und Taten setzte sich der Kreis des Blauen Reiter für ein globales, gleichberechtigtes Kunstverständnis ein. Gefangen in der Zeit der kolonialen Weltordnung vor dem Ersten Weltkrieg gelang es allerdings auch dieser Gruppe nicht, eine emanzipatorische Praxis von Kunst jenseits nationaler Zugehörigkeit sowie tradierter Hierarchien und Gattungen umzusetzen.
Für die Ausstellung ist der im Almanach verfolgte Gedanke einer Gleichberechtigung jedweder Kulturproduktion grundlegend. Die praktische Umsetzung dieser Ideen finden wir in der Bildauswahl des Almanachs: Kunst aus unterschiedlichen Weltgegenden und Epochen steht weitgehend gleichberechtigt nebeneinander. Im Pluralismus der Formen und Ideen liegt das moderne Moment des Blauen Reiter, das bis heute aktuell ist. Für die Konzeption der Neupräsentation der Sammlung bedeutet dies, dass das Schaffen der Künstler*innen des Blauen Reiter in den Kontext einer möglichst weltumspannenden kunst- und kulturhistorischen Erzählung eingebettet wird. Erstmals werden die vielfältigen Verbindungen, die der Blaue Reiter etwa zu japanischen Holzschnitten, bayerischer und russischer Volkskunst, Kinderzeichnungen, zeitgenössischer Musik sowie Kunst aus Bali, Gabun, Polynesien, Neukaledonien, Sri Lanka und Mexiko zog, in ihrer Gesamtheit und mit präzise ausgewählten, hochkarätigen Leihgaben präsentiert. Darüber hinaus wird die auch am Lenbachhaus bislang geläufige Rezeption des Blauen Reiter, in der „Hauptfiguren“ wie Münter, Kandinsky, Macke und Marc weitere bedeutende Mitglieder der Gruppe (Elisabeth Epstein, Maria Marc und viele andere) überschatten, neu gedacht und erzählt.
Das Projekt wird im Rahmen des Programms „Museum Global. Sammlungen des 20. Jahrhunderts in globaler Perspektive“ von der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Der neuen Sammlungspräsentation des Blauen Reiter folgt vom 19. Oktober 2021 bis 24. April 2022 eine zweite Ausstellung „Gruppendynamik – Kollektive der Moderne“, die weltweit tätigen Künstler*innengruppen gewidmet ist: München | Lenbachhaus: Kollektive der Moderne. Gruppendynamik
Eine Ausstellung in Kooperation mit der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München
Quelle: Lenbachhaus München