Das Mauritshuis besitzt eine der wichtigsten Sammlungen an Gemälden von Rembrandt van Rijn der Welt. Nach jener des Rijksmuseums in Amsterdam ist sie die zweitgrößte in den Niederlanden (→ Rembrandt im Rijksmuseum). 2019 stellt das Museum in Den Haag alle 18 Gemälde aus, die einst als „Rembrandt“ erworben wurden. Elf davon gelten immer noch als authentische Werke des Barockmeisters oder wurden ihm neu zugeschrieben. Dazu gehören renommierte Werke wie „Die Anatomiestunde des Dr. Nicolaes Tulp“, „Saul und David“ und Rembrandts letztes Selbstporträt aus dem Jahr 1669. Die Ausstellung umfasst auch jene fünf Gemälde, die nicht mehr Rembrandt selbst zuzurechnen werden, und zwei Werke, deren Autorschaft noch nicht endgültig geklärt ist.
Niederlande | Den Haag: Mauritshuis
31.1. – 15.9.2019
Die 18 Gemälde im Mauritshuis sind der Ausgangspunkt für eine Ausstellung über die kontinuierliche Veränderung der Wahrnehmung von Rembrandts Werk im Laufe der Zeit. Gegen Ende seines Lebens geriet Rembrandts Malstil gänzlich aus der Mode, da eine kontrollierte, realistische und klassische Formensprache bevorzugt wurde (Barockklassizismus). Im 18. Jahrhundert wurden Rembrandts Werke bei königlichen Sammlern wie dem Stadthalter Fürst Willem V. wieder populär. Im Laufe des 19. Jahrhunderts begann man, Rembrandt allmählich als Nationalheld zu verehrt. Um 1900 sahen Künstler wie Kunsthistoriker Rembrandts Werk als Vorläufer des Impressionismus.
Dies führte zur Anerkennung seines heute so berühmten Spätwerks, das durch breite Pinselstriche charakterisiert ist (→ Der späte Rembrandt: Maltechnik, Radierungen und Bankrott). Zunehmend interessierte man sich für den „Mann“ hinter dem Maler. Zum Beispiel wurden Rembrandts „Tronies“ (Darstellungen von Köpfen) älterer Frauen und Männer häufig allzu optimistisch als Porträts seiner eigenen Familienmitglieder interpretiert. Im 20. Jahrhundert begannen Experten zu erforschen, welche Werke Rembrandt tatsächlich zugeschrieben werden sollten oder nicht. Heute setzt die Forschung zunehmend auf technologische Methoden - nicht nur zur Beantwortung der Frage „Ist es ein echter Rembrandt?“, sondern auch, um mehr über die genialen Maltechniken des Meisters zu erfahren.
Die Sammlung des Mauritshuis umfasst elf Gemälde, die unbestritten Werke des barocken Meisters sind. Dazu gehören einige seiner berühmtesten Werke sowie populäre Bilder, wie das letzte Selbstbildnis (1669), „Die Anatomiestunde von Dr. Nicolaes Tulp“ (1632), das „Porträt eines älteren Mannes“ (1667) und „Homer“ (1663).
Die Zuschreibungsgeschichte von „Saul und David“ (um 1651–1654/1655–1658) ist eine von Höhen und Tiefen. Das Gemälde war lange Zeit eines der renommiertesten Werke Rembrandts, bis 1969 die Zuschreibung an Rembrandt zurückgewiesen wurde. Ein siebenjähriges Forschungs- und Konservierungsprojekt führte dazu, dass die Arbeit 2015 erneut in den Pantheon der „echten Rembrandts“ aufgenommen wurde. Etwas weniger bekannt, aber sicherlich von seiner Hand, sind Gemälde wie „Der lachende Mann“ (um 1629/30), „Andromeda“ (um 1630), „Susanna“ (1636), die „Tronie eines Mannes mit gefiedertem Barett“ (um 1635–1640) und „Zwei afrikanische Männer“ (1661).
Während seines Direktorats erwarb Abraham Bredius (1889–1909) zwei Gemälde, die Rembrandt heute nicht mit Sicherheit zugeschrieben werden können. Es handelt sich um zwei Studien zu alten Männern, von denen in der Vergangenheit angenommen wurde, dass sie Rembrandts Vater und Bruder darstellen würden. Die „Tronie eines Mannes“ (um 1630/31) galt als Porträt von Rembrandts Vater, Harmen Gerritz van Rijn. Zweifellos weist das Porträt Ähnlichkeiten mit seinen anderen Bildnissen auf. Die „Studie eines alten Mannes“ von 1650 wurde lange als Porträt von Rembrandts Bruder Adriaen van Rijn angesehen. Heute sind nicht nur die Zuschreibungen an den Barockmaler, sondern auch die Identifikationen der Sitzenden unsicher. Wer sind Sie? Und sind sie von Rembrandt?
Fünf Gemälde wurden als Rembrandts in die Sammlung von Mauritshuis aufgenommen, gelten jedoch nicht mehr als dessen Schöpfungen. Erst 1999 wurde das außergewöhnliche „Selbstporträt des jungen Rembrandt“, das im 18. Jahrhundert von Stadthalter Prinz Wilhelm V. als Meisterstück von Rembrandt erworben worden war, als Atelier-Kopie eines weiteren Selbstporträts im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg erkannt. Im Jahr 1890 erwarb Direktor Bredius die „Studie einer alten Frau“ (auch bekannt als „Rembrandts Mutter“, um 1630–1635) für das Museum. Er war überzeugt, dass der Maler selbst es ausgeführt hätte. Kunsthistoriker glauben jetzt, dass es sich um eine Kopie eines verlorenen Originals handelt. Obwohl „Die betende Frau“ 1898 in einer Ausstellung zur Feier der Krönung von Königin Wilhelmina als authentisches Werk von Rembrandt präsentiert wurde, wurde dieses kleine Gemälde bald darauf dem Meister abgeschrieben. Als Bredius das Bild „Reisende auf der Rast“ 1894 erwarb, war es mit Rembrandt signiert. Diese Signatur erwies sich jedoch als falsch; das Bild wurde von einem Rembrandt-Nachahmer geschaffen. Schließlich zweifelten die Experten auch „Minerva“ (um 1635–1640) an, die Bredius 1899 in London erworben hatte. Wahrscheinlich wurde die griechische Göttin von einem Lehrling Rembrandts gemalt.
Zum ersten Mal präsentiert das Mauritshuis seine gesamte Sammlung an Werken Rembrandts in einer einzigen Ausstellung. Jedes Gemälde wird von einer faszinierenden Geschichte begleitet, wie es in die Sammlung des Museums gelangte. Wer hat das Gemälde entdeckt? Wurde es erworben oder gespendet? Wie haben die Menschen es im Laufe der Jahrhunderte gesehen? Wie wurde es recherchiert? Warum sind einige Werke irgendwann von ihrem Rembrandt-Sockel gefallen? Besucher werden aufgefordert, genau hinzusehen und zu vergleichen. Können Sie tatsächlich den Unterschied zwischen einem „Rembrandt“ und einem „Nicht-Rembrandt“ erkennen? Und was hat es mit Geschichte von den beiden Porträts auf sich, deren Authentizität in Zweifel gezogen wurde?
Quelle: Pressetext