Robin Christian Andersen: Wiener Maler zw. Expressionismus & Neue Sachlichkeit | AiW

Robin Christian Andersen

Wer war Robin Christian Andersen?

Robin Christian Andersen (Wien 17.7.1890–23.1.1969 Wien) war ein österreichischer Maler des Expressionismus, der in den 1920er Jahren auch Elemente der Neuen Sachlichkeit aufnahm (→ Neue Sachlichkeit). In seinem Werk finden sich überwiegend Landschaften und Stillleben. Andersen entwarf zudem Goblins, Fresken und Glasfenster.

Kindheit

Robin Christian Andersen wurde am 17. Juli 1890 in Wien als Sohn des aus Dänemark stammenden Christian Georgius Andersen geboren. Andersons Vater war in Moerkehus [Mammen] im dänischen Jütland, aufgewachsen und vermutlich gegen 1880 nach Wien übersiedelt, wo er eine Werkstätte für Dekorationsmalerei betrieb. Mutter Ida Franziska Camilla de Couvin stammte aus Ödenburg/ [Sopron]. Der Maler hatte drei Schwestern: Ida Wilhelmine (1886–1919), Christine und Josefine. Ida Wilhelmine heiratete 1913 den Maler Anton Faistauer. Die Familie Andersen hielt sich auch regelmäßig in Mönichkirchen im niederösterreichisch-steirischen Wechsel auf, wo sie ein Gartenhaus besaß. Vater Christian Georgius und seine Kinder behielten Zeit ihres Lebens die dänische Staatsbürgerschaft.

Ausbildung

Robin Christian Andersen war ein Schüler seines Vaters. Zwischen 1905 und 1907 besuchte Robin Christian Andersen die Malschule Robert Scheffer in Wien. Künstlerkollegen waren unter anderem Anton Faistauer (1887–1930), Gustav Schütt, Anton Peschka (1885–1940) und John Quincy Adams (1874–1933). 1907 trat Andersen zur Aufnahmeprüfung an der Akademie der bildenden Künste Wien an, er bestand die Prüfung jedoch nicht. Mitbewerber, der zum gleichen Termin die Aufnahmeprüfung an die Akademie ebenfalls nicht bestand, war Adolf Hitler.

Von 1907 bis 1908 besuchte Andersen die Malschule von Gustav Bauer (ehem. Heinrich Strehblow) in Wien. 1909 und 1910 unternahm Andersen mit seinem einstigen Mitschüler und späteren Schwager Anton Faistauer und dem Maler Gustav Schütt Studienreisen zum Monte Verità bei Ascona und nach Italien.

Neukunstgruppe – Hagenbund – Secession

Robin Christian Andersen nahm im Februar 1911 an der „Sonderausstellung Malerei und Plastik“ der „Neukunstgruppe“ in den Räumlichkeiten der Künstlergruppe Hagenbund teil. Ab diesem Zeitpunkt zählte der Maler zu den Mitgliedern der „Neukunstgruppe“ in Wien, der unter anderem auch Egon Schiele (1890–1918), Albert Paris Gütersloh (1887–1973), Anton Kolig (1886–1950 → Anton Kolig: Werk und Leben), Oskar Kokoschka (1886–1980) und Anton Faistauer angehörten. Am Beginn des Jahres 1913 erfolgte der Beitritt der meisten Mitglieder der Neukunstgruppe zum „Bund österreichischer Künstler – Kunstschau“.

Im Jahr 1914 heiratete Andersen Johanna Bruha, genannt Jenny. Das Paar hatte einen Sohn, der allerdings vermutlich 1917 im Kleinkindalter verstarb. Wohl aufgrund der dänischen Staatsangehörigkeit wurde Andersen nicht zum Kriegsdienst eingezogen.

Im März 1918 nahm Andersen an der legendären, von Egon Schiele organisierten „49. Secessionsausstellung“ teil. Ebenfalls im Frühjahr 1918 wurde Andersen Mitglied der von Egon Schiele initiierten „Neuen Secession Wien“, die sich aber bereits nach wenigen Monaten wieder auflöste. Im September 1918 war Andersen Mitbegründer des von Egon Schiele initiierten „Sonderbundes österreichischer Künstler Wien“, von 1919 bis 1921 übte er im „Sonderbund“ die Funktion des Sekretärs und Geschäftsführers aus. 1919 war Andersen Mitbegründer mit Anton Faistauer der Salzburger Künstlervereinigung „Der Wassermann“ (u.a. Felix Albrecht Harta, Anton Peschka); 1919 und 1920 nahm Andersen an den Ausstellungen des „Wassermann“ teil. Weiters war er Mitglied des „Bundes der geistig Werkstätigen“.

1920 wurde er Mitglied im Wiener „Hagenbund“, aus dem er jedoch spätestens 1923 wieder austrat. Im gleichen Jahr organisierte Robin Christian Andersen eine Ausstellung des „Sonderbundes österreichischer Künstler“ im Kunstverein Winterthur, die im Anschluss auch in Genf und Bern gezeigt wurde. Ab 1922 entwarf Andersen einige Gobelins für die 1921 gegründete Wiener Gobelinmanufaktur. Das Wiener Künstlerhaus widmete Andersen 1925 eine Kollektiv-Ausstellung.

Von 1931 bis 1933 war Andersen Mitglied der Kommission für Kunstankäufe der Gemeinde Wien sowie der Jury des Bundesministeriums für Unterricht für die Verleihung der staatlichen Ehrenpreise an bildende Künstler. Nach der 1932 erfolgten Selbstauflösung des „Bundes österreichischer Künstler – Kunstschau“ wurden Andersen sowie zahlreiche weitere ehemalige Mitglieder des Bundes österreichischer Künstler Mitglieder der Wiener „Secession“ (bis 1939 und erneut ab 1945). 1938 oder 1939 wurde Andersen der Titel Professor verliehen.

Werke

Robin Christian Andersen zählt zu den Vertretern der Figuration, mit der er eine Synthese von formaler Strenge und impulsivem Malgestus anstrebte. Andersens frühe, vor dem Ersten Weltkrieg entstandene Arbeiten zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit der Kunst von Paul Cézanne, die eine lebenslange Vorliebe des Künstlers für Stillleben und Landschaftsdarstellungen zur Folge hatte. In vielen Bildern lässt sich auch eine stilistische Nähe zu den Arbeiten seines Schwagers Anton Faistauer feststellen.

Während den 1920er Jahren näherte sich Andersen der Neuen Sachlichkeit an. In den 1930er Jahren nutzte er einen Stil, der als Synthese von malerisch-expressiven und neusachlichen Stilelementen beschrieben werden kann. In den Werken der 1940er und 1950er Jahre macht sich eine verstärkte geometrische Strenge, fallweise auch eine Annäherung an die gestische Abstraktion bemerkbar.

Lehre

Von 1919 bis 1945 betrieb Andersen in seinem Atelier in Wien 4., Margaretengürtel 96, eine private Malschule. Privatschülerinnen und -schüler waren unter anderem Franz Elsner und Lisl Engels. Engels trat mit 14 als jüngste Schülerin in sein Atelier ein und machte hier ihre ersten Schritte in Stillleben und Aktzeichnen. Aber auch der erfahrene Maler Carl Moll holte sich 1930 noch neue Impulse von Andersen.

Im Sommer 1945 wurde Robin Christian Andersen an die Akademie der bildenden Künste Wien berufen und mit der Leitung einer Meisterschule für Malerei betraut, die er bis zu seiner Emeritierung 1965 innehatte. Von 1946 bis 1948 bekleidete er zudem das Amt des Rektors der Akademie, von 1948 bis 1951 den Posten des Prorektors.

An seiner Meisterschule für Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien erteilte Andersen einen streng an dogmatische Lehrmethoden ausgerichteten Unterricht. Viele Studierende empfanden einen solchen Unterricht aber nicht mehr als zeitgemäß und als zu einschränkend. So traten etwa die späteren Hauptvertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, Arik Brauer, Ernst Fuchs, Wolfgang Hutter, Anton Lehmden, zunächst 1945/46 in Andersens Meisterschule, um diese jedoch bereits nach wenigen Monaten wieder zu verlassen und in die Klasse von Albert Paris Gütersloh zu wechseln. Auch Friedensreich Hundertwasser blieb 1949 nur wenige Monate in Andersens Klasse, um darauf die Akademie in Richtung Paris zu verlassen. Zu Andersens später bekannt gewordenen Studentinnen und Studenten zählen Kurt Absolon, Eduard Angeli, Joannis Avramidis, Liselott Beschorner, Johann Fruhmann, Leopold Ganzer, Franz Grabmayr, Giselbert Hoke und Alfred Kornberger.

Auszeichnungen

  • 1925: Goldene Ehrenmedaille des Wiener Künstlerhauses
  • 1925: Silberne Staatspreismedaille
  • 1933: Ehrenpreis der Julius Reich Künstlerstiftung
  • 1953: Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst
  • 1967 organisierte die Wiener „Secession“ eine umfangreiche Retrospektive Andersens, es war die erste und einzige Einzelausstellung zu Lebzeiten des Künstlers.

Tod und Nachruhm

Robin Christian Andersen starb am 23. Januar 1969 in Wien.

Die größte Zahl von Gemälden Andersens in institutioneller Hand besitzt heute das Leopold Museum, Wien, gefolgt von der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien. Größere Werkgruppen von Arbeiten auf Papier befinden sich in der Albertina, Wien, sowie im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien. Der überwiegende Teil des malerischen Werks des Künstlers befindet sich heute jedoch nach wie vor verstreut in Privatbesitz.