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Roy Lichtenstein: Biografie

Nancy Lee Katz, Lichtenstein Roy, 1986, Silbergelatine (ALBERTINA, Wien - Schenkung Dr. Michael S. Sachs)

Nancy Lee Katz, Lichtenstein Roy, 1986, Silbergelatine (ALBERTINA, Wien - Schenkung Dr. Michael S. Sachs)

Roy Lichtenstein (New York 27.10.1923–20.9.1997 New York) war ein US-amerikanischer Maler, Objektkünstler und Grafiker der Pop Art. Stereotype Schönheiten aus Comics, stilllebenartige Arrangements von Golfbällen, Uhren, Badezimmereinrichtungen und anderen Waren aus der Werbung, vermittelt mit einem gehörigen Schuss Humor, gehören zu den wichtigsten Motiven des New Yorker Künstlers während der „Swinging Sitxies“. Lichtensteins Arbeiten wirken auf den ersten Blick plakativ, nutzte er doch scheinbar banale Motive und einfache formale Bildgestaltung.

„Mit dem, was man Abstract Expressionism nennen könnte, fing ich erst in den Fünfziger-, vielleicht sogar erst in den Sechzigerjahren an. Vorher war es eher eine Art Kubismus auf expressionistische Art. Viele meiner Arbeiten aus dieser Zeit beruhen auf Gemälden mit Themen aus der amerikanischen Geschichte, etwa Wild-West-Bildern. Sie waren ironisch gemeint. Manche benutzten Werke anderer Künstler als Vorlage oder sahen zumindest danach aus. Aber es gab auch viele echte Einflüsse, so von Picasso, Braque oder Klee, um nur einige zu nennen. […] Damals hatte ich begonnen Donald Duck und Mickey Mouse als Motive für meine im Stil des Abstract Expressionismus gemalten Bilder zu verwenden. Ein derart belangloses Sujet auszusuchen und dann daraus ein Kunstwerk zu machen hatte, etwas Absurdes, Ironisches an sich. Vorher war man in der Kunst viel ernsthafter gewesen.“1 (Roy Lichtenstein, 1991)

Kindheit und Schulbildung

Roy Fox Lichtenstein wurde am 27. Oktober 1923 als Sohn von Milton Lichtenstein (1893–1946) und seiner Ehefrau Beatrice (geb. Werner, 1896–1991) in Manhattan, New York, geboren. Seine Schwester Renee kam 1927 zur Welt.

Bereits in der Schule zeigte Roy Lichtenstein großes Interesse am Zeichnen und an den Naturwissenschaften. Er verbrachte viel Zeit damit, Flugzeugmodelle zu entwerfen. Roy Lichtenstein besuchte häufig das Museum of Natural History und das Planetarium. Zu seinen Lieblingssendungen im Radio gehörten „Flash Gordon“ und „Mandrake the Magician“. Als er 1936 die achte Klasse der Franklin School for Boys, einer privaten Schule an der Upper Westside von Manhattan, besuchte, belegte er Kurse in Naturwissenschaften, Latein, Französisch und der Mendelschen Vererbungslehre. Später erinnerte sich Lichtenstein, dass an der Schule keine Kunstkurse angeboten wurden.

Im Jahr 1937 schrieb sich Roy Lichtenstein an der New York School of Fine and Applied Art für einen Aquarellkurs ein, der immer Samstag vormittags stattfand. Dort malte Lichtenstein Stillleben und Blumensträuße, außerdem konnte er nach einem lebenden Modell arbeiten. Neben seinem Interesse für Kunst spielte er Klarinette und Jazzflöte, ging in Jazzclubs. Mit „The Men, the Movements, the Meaning“ (New York 1934) von Thomas Craven kaufte sich Roy Lichtenstein sein erstes Kunstbuch. Darin fand er u.a. eine Abbildung von Pablo Picassos „Mädchen vor einem Spiegel“ von 1932.

1939 besuchte Roy Lichtenstein zusammen mit seiner Schwester und seiner Mutter eine Ausstellung im Museum of Modern Art, in der für Spenden für spanische Flüchtlinge geworben wurde: Es war Picassos Monumentalgemälde „Guernica“ von 1937 ausgestellt (→ Picasso: Guernica). Noch im selben Jahr besuchte Roy Lichtenstein die Weltausstellung in Flushing Meadows im Stadtteil Quens, die unter dem Motto „Building the World of Tomorrow“ stand.

Ausbildung

Nachdem Roy Lichtenstein im Juni 1940 seinen Abschluss an der Franklin School for Boys gemacht hatte, besuchte er im Sommer einen Malkurs von Reginald Marsh an der Art Students League in New York. Auch wenn der Kurs zum größten Teil von einem Assistenten geleitet wurde, lernte Roy Lichtenstein doch nach einem lebenden Modell zu malen, er machte anatomische Zeichnungen und studierte Renaissance-Techniken wie das Lasieren und die Untermalung, wobei er die traditionsreichen Maltechniken auf Motive des modernen Lebens anwandte. Er wandte sich bewusst gegen die Kunst seines Lehrers, die er als „von sehr ordinärer, kommerzieller Qualität“ beschrieb. Da im Kurs den Fokus auf das Erlernen von Maltechniken gelegt wurde, und – nach Vorstellung Lichtensteins der Schaffensprozess zu kurz kam – war der angehende Kunststudent höchst unzufrieden.

Im September 1940 begann Roy Lichtenstein an der Ohio State University ein Studium im College of Education. Die Ausbildung zum Kunstlehrer hatten die Eltern für Lichtenstein gewählt, da sie von ihrem Sohn einen Hochschulabschluss erwarteten. Lichtensteins Werke aus dieser Zeit sind abstrakte Gemälde, die auf Landschaften, Stillleben und Figurenstudien beruhten.

1941 besuchte Roy Lichtenstein an der Ohio State University einen ersten Zeichenkurs bei Hoyt L. Sherman und erlernte kinästhetisches Zeichnen, das auf psychologischer Optik basiert. Er erzählte Freunden, dass die für ihn wichtigsten Kunstwerke Picassos „Guernica“ (→ Picasso: Guernica) und Honoré Daumiers Ölgemälde „Ein Waggon der dritten Klasse“ (um 1863–1865, Metropolitain Museum of Art) sowie der Teppich von Bayeux gehörten. Anfang des Jahres 1943 malte Lichtenstein das „Porträt eines Mannes“, das an Picassos „Bildnis Gertrude Stein“ von 1906 erinnert.

Kriegsdienst und Auseinandersetzung mit der europäischen Kunstgeschichte

Im Februar 1943 wurde Roy Lichtenstein zur U.S. Army eingezogen. Zu seinen künstlerischen Arbeiten aus dieser Zeit gehören Bilder mit schwarzer Aquarellfarbe und Kohle von der wilden Landschaft der Mississippisümpfe. Einer seiner Kriegskameraden nannte die dunklen Flächen „düstere Schatten“. 1944 wurde Lichtensteins Division nach England verschifft. Dort sah er Ausstellungen von Paul Cézanne und Henri de Toulouse-Lautrec. Lichtenstein kaufte sich ein Buch über chinesische Malerei, das er zusammen mit einer Sammlung von afrikanischen Masken in seinem Kleidersack nach Hause schickte. Wenn er mit Contékreide, schwarzer Tinte und Lavierungen zeichnete, hielt er Londoner Parks und ihre Bäume fest. 1945 erreichte er Frankreich, danach Belgien und Deutschland. Roy Lichtenstein diente in der 69. Division der 1. Armee und baute Straßen und Brücken. Daneben zeichnete er sehr viel.

Bei einem Fronturlaub in Paris kaufte er drei Mappen mit Reproduktionen von Kupferstichen Rembrandt van Rijns. Lichtenstein besuchte den Louvre und machte in seinen Briefen an die Familie Bemerkungen zu El Grecos „Christus am Kreuz mit zwei Stiftern“ (um 1590), Paul Cézannes „Kartenspieler“ (1890–1892) und Daumiers „Wäscherin“ (1863). Im Buchladen des Louvre erwarb Lichtenstein ein Buch über das Werk von Georges Rouault. In einem Brief an die Familie schrieb er über seine Bewunderung für Picasso, Rouault und Henri Matisse. Zudem kaufte er sich Bücher über Francisco de Goyas Stiche und Georges Seurats Gemälde, auch wenn er in den Briefen gleichzeitig schrieb, er würde nichts von Seurat halten (→ Georges Seurat, Erfinder des Pointillismus). Gegen Ende des Kriegs nahm Roy Lichtenstein Geschichts- und Französischunterricht an der Cité universitaire de Paris. Im Zuge von Ausflügen zu Kunstdenkmälern, organisiert von der Universität, besuchte er die Kathedrale von Chartres. In dieser Zeit spielte Roy Lichtenstein mit dem Gedanken bei Fernand Léger Unterricht zu nehmen. Er kam auch am Atelier Picassos in der Rue des Grands-Augustins vorbei. Allerdings entschloss er sich, nicht nach dem berühmten Maler zu fragen. Nachdem Roy Lichtenstein wieder in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt war, wurde er 1946 aus dem Wehrdienst entlassen.

Lehre und frühes Werk

Roy Lichtenstein kehrte an die Ohio State University zurück und machte dort seinen Abschluss als Bachelor of Fine Arts. Daraufhin wurde er eingeladen, als Lehrer an der School of Fine and Applied Art zu bleiben. In diesen Jahren schuf Lichtenstein Skulpturen aus Hydrocal (gießbarer Mörtel, der Stein ähnelt). Die Figuren erinnern an Pablo Picasso und wirken gleichzeitig präkolumbianisch. Gleichzeitig war der Künstler an der Graduate School of Fine and Applied Arts eingeschrieben.

Lichtenstein reiste öfter nach New York, wo er Galerien besuchte. Besonders die Charles Egan Gallery und die Betty Parsons Gallery in der 57th Street. Zudem besuchte er die Cedar Bar in der Tenth Street. Später erinnerte er sich, dass Willem de Kooning, Jackson Pollock, Herman Cherry und weitere New Yorker Künstler an die Ohio State University gekommen sind, um Vorträge zu halten. Lichtensteins eigene Gemälde zeigen in den späten 1940er Jahren knollenartige Figuren mit belebten Zügen. Er schuf Keramiken, deren Details Joan Mirós Stil nachempfunden sind. Gleichzeitig arbeitete er auch an Pastellbildern, Ölgemälden und Zeichnungen. Er wählte Musiker und Landschaften als Motive seiner Kunst. Daneben begann er sich mit Märchenmotiven zu beschäftigen, darunter Verweise auf „Die Schöne und das Biest“ und Lewis Carrolls „Alice’s Adventures in Wonderland [Alice im Wunderland]“.

1948 begegnete Roy Lichtenstein in der Ten-Thirty Gallery in Cleveland der Malerin und Galerieassistentin Isabel Wilson (1921–1980), in die er sich verliebte. Im Juni 1949 heiratete das Paar. 1954 wurde Lichtensteins erster Sohn David (9.10.) und 1956 sein zweiter Sohn Mitchell (10.3.) geboren.Seine Zulassungsarbeit für den Master of Fine Arts mit dem Titel „Paintings, Drawings, and Pastels“ begleitete eine Serie von selbst verfassten Gedichten als eine Hommage an „die wunderbaren Magier der Kunst“: Cézanne, Matisse, Picasso, Toulouse-Lautrec, Georges Braque, Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Paul Klee, Ma Yuan, Rembrandt van Rijn und Henri Rousseau.

Erste Ausstellungserfolge

Um 1950 bevölkern Riesenkäfer, Blumen und Vögel sowie mittelalterliche Motive Lichtensteins Bilder. Er stellte mehrere Mosaiktische her und wurde mit einer Auswahl seiner Werke bei New Yorker Galeristen vorstellig, darunter M. Knoedler und Sidney Hanis. Sein in diesem Jahr entstandener Holzschnitt „To Battle“ wurde mit Werken von über 200 weiteren Künstlern in der Ausstellung „The Fifth National Print Anual Exhibition“ gezeigt (ausgewählt von einer Jury des Brooklyn Museums, darunter Josef Albers): Seine Druckgrafik wurde neben 19 weiteren vom Brooklyn Museum Purchase Award ausgezeichnet und vom New Yorker Museum angekauft.

Im April 1951 organisierte die Carlebach Gallery in Manhattan Roy Lichtensteins erste Einzelausstellung! Der Künstler präsentierte 20 Ölgemälde bzw. Pastellzeichnungen, fünf Drucke in gedämpften Rosa-, Blau- und Violetttönen und vier Assemblagen aus Holz- und Metallfundstücken. Im Juli des gleichen Jahres wurde sein Vertrag an der Ohio State University nicht verlängert. Aber gegen Ende des Jahres hatte Lichtenstein bereits seine zweite Einzelausstellung in der John Heller Gallery in New York, in der er 16 Gemälde mit Themen aus der Eroberung des amerikanischen Westens und verschiedene Selbstporträts als Ritter zeigte. Hoyt L. Sherman schrieb eine kurze Einführung in einem Heft, das als Katalog erschien.

Im Jahr 1952 zogen Roy Lichtenstein und seine Frau nach Cleveland, wo er in den Art Colony Galleries eine Einzelausstellung mit Gemälden, Zeichnungen und Drucken hatte. Bereits ein Jahr später richtete die John Heller Gallery seine dritte Einzelausstellung aus (26.1.–7.2.1953): Lichtenstein zeigte Gemälde mit Themen aus der amerikanischen Folklore neben solchen mit Maschinenteilen, die auf Konstruktionsblaupausen beruhten. In einigen Arbeiten tauchen bereits Spielsachen auf, obwohl sein ältester Sohn David erst 1954 geboren wurde. Im folgenden Jahr beschäftigte sich Roy Lichtenstein mit an Wände montierten Assemblagen aus bemaltem Holz.
Während der 1950er Jahre verrichtete Roy Lichtenstein verschiedenen Gelegenheitsarbeiten in Cleveland, von denen jede nicht länger als sechs Monate währte: Lichtenstein unterrichtete Zeichnen an der Cooper School für Werbegrafik, entwarf Logos für Hydecker, ein Cateringunternehmen; er arbeitete als Konstruktionszeichner in der Produktions- und Verarbeitungsabteilung des Stahlkonzerns Republic Steel, dekorierte in Teilzeit Schaufenster und Verkaufsetagen für das Kaufhaus Halle Brothers am Shaker Square und zeichnete schwarz-weiße Beschriftungen für die Skalen von Volt- und Amperemessgeräten der Hickok Electrical Instrument Company. In diesen Jahren reiste Roy Lichtenstein häufig nach New York City und besuchte dort gelegentlich auch die Cedar Bar, in der Willem de KooningFranz Kline und Jackson Pollock zu den Stammgästen zählten. Allerdings war Lichtenstein zu zurückhalten, um sich ihnen vorzustellen.

Auf seiner vierten Einzelausstellung bei Heller im Jahr 1957 stellte er Gemälde mit Americana-Motiven vor. Die Kommentare der Kritiker waren vernichtend und reichten von „beißende Farben“, „glanzlos gestaltet“ zu „kunstgewerblich“ und „spontan gefühlte Bilder aus der Kinderwelt eines Erwachsenen“. Im September 1957 wurde Roy Lichtenstein als Assistant Professor of Art an der State University of New York in Oswego verpflichtet (1957–1960).

Er begann, den Stil des Abstrakten Expressionismus in seinen Gemälden zu verwenden, um Comicfiguren wie Mickey Mouse, Donald Duck oder Bugs Bunny wiederzugeben (→ Abstrakter Expressionismus | Informel). 1959 stellte die New Yorker Condon Riley Gallery zum ersten Mal abstrakte Gemälde von Lichtenstein in einer Einzelausstellung aus. Die Werke tragen keine Titel und zeigen größtenteils karge Spuren heller Farben auf unbehandeltem Untergrund, einige bestehen auch aus dicken Farbschichten.

Lichtenstein am Douglass College

Roy Lichtenstein erhielt eine Stelle als Assistant Professor of Art im Douglass College am Rutgers, The State University of New Jersey und verließ dafür die State University of New York. Er verlegte seinen Wohnsitz und sein Atelier nach Highland Park in New Jersey. Über Allan Kaprow, der auch zum Lehrerkollegium am Rutgers gehörte, lernte Lichtenstein die Künstler Claes Oldenburg, Lucas Samaras, George Segal und Robert Whitman kennen. Über Robert Watts, ebenfalls Lehrer am Institut, traf er mit George Brecht, Geoffrey Hendricks, Allison und Dick Higgins sowie George Maciunas zusammen. Alle diese Künstler gehörten später der Fluxus-Bewegung an. Roy Lichtenstein nahm an einigen von Kaprows informellen Happenings am Rutgers teil und an anderen auf der Hühnerfarm von George Segal in New Brunswick in New Jersey.

1961 stellte Roy Lichtenstein zwölf seiner abstrakten Bilder am College aus. Seine Ribbon-Style-Paintings entstanden, indem er drei oder vier Farben auf eine Glasscheibe auftrug, dann einen Lumpen oder ein zerrissenes Betttuch darauflegte. Sobald sich das Tuch mit Farbe vollgesogen hatte, zog Lichtenstein es über eine Bildfläche. Ein Werk malte er auf mehrere zusammengenagelte Stücke Sperrholz, die von der Transportverschalung eines Kühlschranks stammten.

Roy Lichtenstein, Pionier der Pop Art

Im Sommer 1961 malte Roy Lichtenstein das Bild „Look Mickey“, für das er ein Bild aus einem Heftchen seiner Kinder aus der Serie „Little Golden Book“ entnommen hatte. Mit diesem Werk begann Lichtenstein in der Benday-Dots-Technik mit gleichmäßigen Farbpunkten zu arbeiten, die er mit einer Schablone auf die Leinwand auftrug. Er schuf in der Folge erste Gemälde, die Werbebilder für Konsumprodukte wiedergeben, teilweise als Diptycha (zweiflügelige Werke), die durch Scharniere zusammengehalten werden.
Im Herbst 1961 vermittelte Allan Kaprow ein Treffen mit Ivan Karp, dem Leiter der Galerie von Leo Castelli. Karp war sofort von den neuen Werken Lichtensteins begeistert und bat den Künstler, einige Bilder Leo Castelli zeigen zu dürfen. Noch im gleichen Herbst stellte Castelli Lichtensteins aktuellstes Werk – „Girl with Ball“ – in einer Gruppenausstellung aus. Nach seiner Trennung von Isabel Wilson zog Lichtenstein für kurze Zeit wieder nach Manhattan, New York. Doch kehrte er 1962 wieder nach Highland Park zurück. Er malte nun Bilder nach Werken von Paul Cézanne und Piet Mondrian. Im Herbst stellte Lichtenstein seine Gemälde von Comicfiguren und Konsumgütern zum ersten Mal an der Westküste aus. Unter seinen Zeichnungen und Gemälden nach gefundenem Bildmaterial befinden sich nun auch solche mit vergrößerten Ausschnitten.

1963 malte Roy Lichtenstein für den New York State Pavillon auf der Weltausstellung von 1964/65 in Flushing Meadows in New York sein erstes Wandbild. In dieser Zeit trennte er sich neuerlich von Isabel Wilson (Scheidung 1967) und nahm sich eine Auszeit vom Douglass College, das er 1964 endgültig verließ. Seine Werke enthielten nun Bilder, die er in DC Comics, Fortsetzungsromanen, Liebesgeschichten, Kriegserzählungen und Science-Fiction-Texten fand. Um diese Bilder zu übertragen, nutzte Lichtenstein einen Overheadprojektor. Nach der endgültigen Trennung von seiner Frau zog Lichtenstein in die West 26th Street 36 in Manhattan. Im Juni 1963 stellte Lichtenstein in der Galerie Sonnabend in Paris zum ersten Mal in Europa aus. Er reiste zur Eröffnung nach Paris.

Im Januar 1964 veröffentlichte die Zeitschrift „Life“ einen Artikel über Lichtenstein mit der Frage: „Ist er der schlechteste Künstler Amerikas?“ Roy Lichtenstein begann mit größeren Benday-Dots zu arbeiten und keine Sprechblasen mehr einzusetzen. Er beschäftigte sich zudem mit einer Serie von Landschaften und stellte „Temple of Apollo“ bei Leo Castelli zusammen mit einigen Landschaften und Lackarbeiten aus. Lichtenstein experimentierte mit Landschaften im Collagestil und verwendete dabei Vinyl sowie ein Material aus Polycarbonat namens Rowlux: 1966 fügte er ihnen verborgene Motoren und Beleuchtungskörper hinzu. Im folgenden Jahr arbeitete er gemeinsam mit dem Töpfer Hui Ka Kwong, einem ehemaligen Kollegen vom Rutgers, an einer Serie von Köpfen aus Keramik und von aufeinandergestapelten Tassen und Untertassen. Im Herbst schuf er sein erstes Gemälde der Serie „Brushstrokes“, das von Pinselstrichen inspiriert ist, die er in einem Comic gesehen hatte.

Roy Lichtenstein zog in die Bowery 190, wo er im dritten Stock einer ehemaligen deutschen Bank von 1917 seine Wohnung und sein Atelier einrichtete. Zu seinen Nachbarn gehörte der Maler Adolph Gottlieb. Nachdem sich Lichtenstein 1967 von Isabel Wilson († 1980) scheiden hat lassen, heiratete er im November 1968 Dorothy Herzka, die er im Frühjahr 1964 in der Paul Bianchi Gallery kennengelernt hatte. Im Herbst 1968 ehrte das Solomon R. Guggenheim Museum Lichtenstein mit einer Retrospektive seiner Gemälde und Skulpturen. In diesem Jahr arbeitete Lichtenstein auch an ersten Grafik-Folgen mit Getreideschobern und der Kathedrale von Rouen nach Claude Monet und malte sein erstes Gemälde aus der Serie der „Mirrors“. Letztere waren inspiriert von Bilder in einem Verkaufskatalog, die mit dem Airbrush gefertigt worden waren. Zudem beschäftigte sich Lichtenstein in seiner Serie von Bildern mit den Pyramiden von Giseh.

„[Meine Richtung] ist ein industrieller Impressionismus (oder etwas in der Art) unter Verwendung einer quasimaschinellen Technik. Dennoch brauche ich wahrscheinlich zehnmal so lange dazu, eine Kathedrale von Rouen oder einen Heuhaufen zu malen, wie Monet für seine Bilder. […] Natürlich unterscheiden sich meinen von denen Monets. Trotzdem haben sie mit dem impressionistischen Klischee zu tun, ein Bild solle aus der Nähe nicht zu entziffern sein, sondern erst, wenn man sich von ihm ein Stück weit entfernt. In meiner Arbeit geht es nicht um Form, es geht ums Sehen.“2 (Roy Lichtenstein, 1963)

Roy Lichtenstein, der „Erfinder der Postmoderne“

Roy Lichtenstein war nicht nur ein Hauptvertreter der Pop Art, sondern wird auch als einer der Erfinder der Appropriation (Appropriation Art) genannt. Das heißt, er eignete sich Kunstwerke in seinem eigenen Stil an. Keinen Stil zu haben, Bilder aus Punkten, Linien und poppigen Farben ohne sichtbaren Pinselstrich aufzubauen, so „als wären sie mit der Maschine gemalt“, wurde zum markanten Personalstil Lichtensteins. Lichtenstein kommentierte mit seinen Bildern nach Kunstwerken von Claude Monet, Pablo Picasso, Henri Matisse, Vincent van Gogh, seinen „erstarrten Pinselstrichen“, seinen Stillleben und Landschaften (zuletzt wunderbar duftig nach asiatischen Vorlagen gestaltet) augenzwinkernd die Kunstwelt. Deshalb bezeichnete Robert Rosenblum den New Yorker Künstler 1991 als „Erfinder der Postmoderne“.

Roy Lichtenstein fand ein Haus in Southampton, das er 1971 zu seinem permanenten Wohnsitz mit Atelier umfunktionierte. Im Herbst 1971 schloss er die letzten Arbeiten an der Entwurfszeichnung für ein monumentales Wandgemälde in der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf ab, das sich mit einer Höhe von beinahe vier und einer Gesamtlänge von über 70 Metern über vier Wände hinzieht. Im selben Jahr schuf Lichtenstein eine Serie von „Entablatures“ in Schwarz-Weiß, für die er eigene Fotografien von klassizistischen Bauten in der Wall Street als Quelle benutzte. Im Jahr 1972 begann er die Arbeit an einer Serie von Stillleben, „Still Lifes“, und benutzte immer häufiger Diagonalen anstelle der Benday-Dots. In seinen Gemälden tauchen jetzt auch Zitate aus eigenen früheren Bildern auf. Motive von Henri Matisse nahmen in seinen Werken einen wichtigen Platz ein. So begann er 1973 eine Serie von Stillleben mit Trompe-l’oeil-Elementen oder im Stil des Kubismus, in die er auch erstmals Muster von Holzmaserungsimitaten übernahm. Im verlauf der folgenden Jahre benutzte Lichtenstein in seinen Werken stilistische Merkmale, die für die Stilrichtungen von De Stijl, vom russischen Konstruktivismus, dem italienischen Futurismus und dem Purismus charakteristisch sind.

Für eine weitere Serie von „Entablatures“ nutzte Roy Lichtenstein 1974 eine Mischung aus Sand und Farbe, um die Oberflächenstruktur hervorzuheben. Um 1976 konzentrierte er sich auf eine Serie von „Office Still Lifes“, die auf Illustrationen von Büromaterial und Firmenmobiliar in Zeitungen basierten. Im folgenden Jahr ließ er sich vom Surrealismus, vor allem vom Werk Salvador Dalís, Max Ernsts und Joan Mirós, sowie surrealistischen Werken Pablo Picassos inspirieren. Im April 1977 wurde Roy Lichtenstein die Skowheagan Medal für Painting verliehen und im Mai erhielt er den Doktortitel in Kunst des California Institute of the Arts in Valencia. Im Juni 1977 gab ihm BMW das Karosseriedesign des 3201er-Rennwagens in Auftrag, der später im Jahr bei Rennen von Le Mans an den Start ging. 1978 erschienen in seiner „Amerind“-Serie einmal mehr Motive der First Nations Noramerikas. Lichtenstein reiste zum ersten Mal nach Indien. Im Folgejahr ließ sich der Maler vom deutschen Expressionismus inspirieren, vor allem von Gemälden und Holzschnitten der Künstler Erich Heckel, Franz Marc oder Karl Schmidt-Rottluff. Im Mai wurde Lichtenstein in die American Academy of Arts and Sciences in New York aufgenommen. „The Mermaid”, Lichtensteins erster Auftrag für eine Freilichtskulptur, wurde am Miami Beach Theatre für the Performing Arts aufgestellt.

Im September 1980 starb nach langer Krankheit Lichtensteins erste Frau Isabel Wilson. Im Jahr darauf setzte er in seinen Gemälden einen für den Amerikanischen Abstrakten Expressionismus typischen Pinselstrich, der auf Willem de Koonings dritte Serie von „Women“ (späte 1950er) zurückging, in abgewandelter Form ein. 1982 reiste der Maler ein weiteres Mal nach Ägypten. Er kombinierte in seinen Werken nun lockere mit konstruierten Pinselstrichen im Stile des Abstrakten Expressionismus. Die Serien „Paintings“ und „Two Paintings“ entstanden, in denen zwei kontrastierende Bilder auf mehrdeutige Weise durch ein einziges oder ein doppeltes Rahmenmotiv miteinander verbunden sind.

Im Dezember 1983 malte Roy Lichtenstein in der Leo Castelli Gallery in der Greene Street ein über 27 Meter langes Wandbild, in dem er viele Motive aus seinen früheren Arbeiten nebeneinanderstellte: Skizzenbücher, Art Deco-Muster, Pyramiden, Spiegel, Stillleben und Figuren nach Pablo Picasso. Das Wandgemälde war bis Januar 1984 zu sehen und wurde dann zerstört. Noch im selben Jahr kehrte Lichtenstein zeitweilig nach New York zurück, um in einem Loft in der East 29th Street 105 zu wohnen und zu arbeiten. 1986 stellte er für das Equitable Center in New York ein Wandbild mit dem Titel „Mural with Brue Brushstroke“ fertig, wofür er fast sechs Wochen benötigte. Im folgenden Jahr begann er mit seinen „Perfect Paintings“ und „Imperfect Paintings“, Kompositionen in reiner geometrischer Abstraktion.

1988 folgten die „Reflections“, eine Serie mit Zitaten aus früher gemalten Comicstrips und auch einigen neuen; damit kehrte Roy Lichtenstein zu einer Motivik zurück, mit der er seit den 1960er Jahren nicht mehr gearbeitet hatte. Die Idee dazu kam ihm beim Versuch, einen verglasten Druck Robert Rauschenbergs zu fotografieren. Es entstand die „Plus-and-Minus“-Serie, die auf Werken Piet Mondrians basiert. Im Mai 1988 bezog er eine Wohnung und ein Atelier in einem 1912 errichteten Gebäude in der Washington Street 745 in Manhattan und teilte sich seine Zeit nun zwischen Southampton und Manhattan auf. 1989 wurde Lichtenstein als Artist-in-Residence an die American Academy in Rom eingeladen. Im April reiste er mit seinen Atelierassistenten nach Tel Aviv, um an einem 7 auf 16,5 Meter großen Wandgemälde in der Meshulam Riklis Hall, der Eingangshalle des Tel Aviv Museum of Art, zu arbeiten. Er stellte das Wandbild am 7. Mai 1989 fertig und signierte es. Im Sommer dieses Jahres nahm der Künstler die Arbeit an „Bauhaus Stairway; Large Version“ auf, einem Wandgemälde für ein von I. M. Pei für die Creative Artists Agency in Beverly Hills entworfenes Gebäude. Die Metropolitan Transportation Authority gab Lichtenstein den Auftrag, ein Wandbild für die U-Bahn-Station am Times Square in New York zu malen.  Er stellte sein 16 Meter langes Wandbild im Juni 1994 fertig, es wurde jedoch erst 2002 installiert.

„Dieses Gemälde [Bedroom at Arles, 1992] entstand nach einer Postkarte mit van Goghs „Das Zimmer des Künstlers in Arles“ von 1888/89. Ich habe sein Zimmer ein bisschen für ihn aufgeräumt. Er wird sich freuen, wenn er vom Krankenhaus nachhause kommt und feststellt, dass ich seine Hemden gebügelt und ein paar neue Möbel gekauft habe. Mein Bild ist ziemlich groß, seins ziemlich klein. Seins ist besser, aber meins ist viel größer. Natürlich geht es in meiner Arbeit auch um etwas ganz anderes. Es ist das einzige Interieur, das ich nach einer Vorlage gemalt habe. Ich finde, der Unterschied zwischen dem, was van Gogh wollte, und dem, was ich wollte, ist gewaltig und genau hierin liegt ein gewisse Ironie. Mein Hauptinteresse gilt dem Stilunterschied. Wo van Goghs Bild emotional, fiebrig und unmittelbar wirkt, ist meine Arbeit genau berechnet und sehr sorgfältig ausgeführt. Wenn man das Werk eines Künstlers in einen comicähnlichen Stil überträgt, hat das etwas zu bedeuten. Oberflächlich betrachtet setzt man das Kunstwerk herab, weil man es mit einer billigen Reproduktion in Verbindung bringt. Aber von meinem Standpunkt aus gesehen geht es darum, dass ich van Gogh in die Sprache meines Mailstils übersetzte, der darin besteht, billige Reproduktionsformen zu imitieren. Dieser Vorgang ist meiner Ansicht nach nicht sehr weit von Picassos Velázquez-Übersetzungen entfernt, die zu ihrer Entstehungszeit wie eine Herabwürdigung des großen Meisters gewirkt haben müssen.“3 (Roy Lichtenstein, 11.11.1995)

Roy Lichtenstein begann 1990 die Arbeit an einer Serie von „Interiors“; im Jahr 1992 entstand nach einer Postkarte mit Vincent van Goghs „Das Zimmer des Künstlers in Arles“ (1888/89) das Gemälde „Bedroom at Arles“. Einige der Bilder malte er mit Schwämmen. Im April wurde Lichtenstein der Creative Arts Award der Brandeis University verliehen. Im Juni 1992 ernannte man ihn zum Commandeur de l’Ordre des Arts et des Lettres der Französischen Republik. Im selben Sommer ließ sich Lichtenstein von den Arbeiten des katalanischen Künstlers Antoni Gaudí inspirieren und schuf „Barcelona Head“, eine über 19 Meter hohe Skulptur aus farbigen Keramikfliesen, als Auftragsarbeit für die Olympischen Spiele in Barcelona. Zudem entstand „Large Interior with Three Reflections“, ein Wandgemälde für die Revlon Corporation in New York, das aus einem mehr als neun Meter langen Triptychon und aus drei weiteren Tafeln besteht. Diese Werk zeigt erstmals einen weiblichen Akt. Das Solomon Guggenheim Museum präsentierte die zweite Retrospektive seiner Gemälde und Skulpturen (an mehreren Orten). Im Dezember wurde Lichtenstein von Barcelonas Bürgermeister der Preis Amici de Barcelona überreicht.

Im folgenden Jahr veröffentlichte „The New York Times“ den Artikel „At the Met with Roy Lichtenstein“. Er gehörte zu einer Serie von Interviews mit bedeutenden internationalen Künstlern über deren jeweiliges Lieblingswerk im Metropolitan Museum of Art in New York. Im Herbst erhielt Lichtenstein die National Medal of Arts sowie den Kyoto Prizevon der Inamori Foundation in Kioto. Inspiriert von Edgar Degas‘ Monotypien und Pastellen von Landschaften, die Lichtenstein im Metropolitan Museum of Art sah, schuf er eine umfangreiche Serie von „Landscapes in the Chinese Style“. 1996 malte Lichtenstein sein letztes Selbstporträt, das er „Coup de Chapeau“ nannte. Zudem entstand eine Serie von Skulpturen nach Pinselstrichen und Tropfen. Der Maler beschäftigte sich weiter mit dem Thema des Interieurs, einige daraus hervorgehende Bilder mit farbigen statt nur schwarzen Konturen nannte er „Virtual Paintings“. Er malte „Mickasso“, ein Spiel mit der Disneyfigur Mickey Mouse und Pablo Picassos Kubismus. Im Mai 1997 wurde in einem Yachthafen in Singapur die Freiluftskulptur „Singapore Brushstroke“ aus sechs großen Teilen installiert. Lichtenstein stellte verschiedene Skulpturen zum Thema des Hauses fertig.

Tod

Am 27. September 1997 starb Roy Lichtenstein am University Medical Center von Manhattan an den Komplikationen einer Lungenentzündung.

Ehefrauen

Roy Lichtenstein war zwei Mal verheiratet:

  • Isabel Wilson (1921–1980): 1. ⚭ Juni 1949; Malerin und Galerieassistentin in der Ten-Thirty Gallery in Cleveland. Die Ehe dauerte von1949 bis 1961, Trennung 1963, Scheidung 1967.
  • Dorothy (*): 2. ⚭ November 1968, Kunsthistorikerin und Galerieleiterin. Im Frühjahr 1964 lernte er anlässlich der Gruppenausstellung „The American Supermarket“ in der Paul Bianchini kennen.

Kinder

Roy Lichtenstein hat zwei Söhne mit Isabel Wilson:

  • David Hoyt Lichtenstein (*9.10.1954): ehem. Rockmusiker und Aufnahmeleiter
  • Mitchell Wilson Lichtenstein (*10.3.1956, Cleveland, Ohio): Produzent, Schauspieler, Autor, Regisseur

Weitere Berichte zu Roy Lichtenstein

Biografie von Roy Lichtenstein (1923–1997)

  • 27.10.1923

    Roy Fox Lichtenstein wurde am 27. Oktober 1923 als Sohn von Milton Lichtenstein (1893–1946) und seiner Ehefrau Beatrice (geb. Werner, 1896–1991) in Manhattan, New York, geboren.
  • 1927

    Geburt seiner Schwester Renee.
  • ab 1929

    Bereits in der Schule zeigte Roy Lichtenstein großes Interesse am Zeichnen und an den Naturwissenschaften. Er verbrachte viel Zeit damit, Flugzeugmodelle zu entwerfen. Roy Lichtenstein besuchte häufig das Museum of Natural History und das Planetarium. Zu seinen Lieblingssendungen im Radio gehörten „Flash Gordon“ und „Mandrake the Magician“.
  • 1936

    Als er die achte Klasse der Franklin School for Boys, einer privaten Schule an der Upper Westside von Manhattan, besuchte, belegte er Kurse in Naturwissenschaften, Latein, Französisch und der Mendelschen Vererbungslehre. Kunstkurse gab es nicht.
  • 1937

    Roy Lichtenstein schrieb sich an der New York School of Fine and Applied Art für einen Aquarellkurs ein, der immer Samstag vormittags stattfand. Dort malte Lichtenstein Stillleben und Blumensträuße, außerdem konnte er nach einem lebenden Modell arbeiten. Neben seinem Interesse für Kunst spielte er Klarinette und Jazzflöte, ging in Jazzclubs. Mit „The Men, the Movements, the Meaning“ (New York 1934) von Thomas Craven kaufte sich Roy Lichtenstein sein erstes Kunstbuch. Darin fand er u.a. eine Abbildung von Pablo Picassos „Mädchen vor einem Spiegel“ von 1932.
  • 1939

    Roy Lichtenstein besuchte zusammen mit seiner Schwester und seiner Mutter eine Ausstellung im Museum of Modern Art, in der für Spenden für spanische Flüchtlinge geworben wurde: Es war Picassos Monumentalgemälde „Guernica“ von 1937 ausgestellt. Noch im selben Jahr besuchte Roy Lichtenstein die Weltausstellung in Flushing Meadows im Stadtteil Queens, die unter dem Motto „Building the World of Tomorrow“ stand.
  • Juni 1940

    Roy Lichtenstein machte den Abschluss an der Franklin School for Boys. Im Sommer besuchte er einen Malkurs von Reginald Marsh an der Art Students League in New York. Auch wenn der Kurs zum größten Teil von einem Assistenten geleitet wurde, lernte Roy Lichtenstein doch nach einem lebenden Modell zu malen, er machte anatomische Zeichnungen und studierte Renaissance-Techniken wie das Lasieren und die Untermalung, wobei er die traditionsreichen Maltechniken auf Motive des modernen Lebens anwandte. Er wandte sich bewusst gegen die Kunst seines Lehrers, die er als „von sehr ordinärer, kommerzieller Qualität“ beschrieb. Da im Kurs den Fokus auf das Erlernen von Maltechniken gelegt wurde, und – nach Vorstellung Lichtensteins der Schaffensprozess zu kurz kam – war der angehende Kunststudent höchst unzufrieden.
  • September 1940

    Roy Lichtenstein begann an der Ohio State University ein Studium im College of Education. Die Ausbildung zum Kunstlehrer hatten die Eltern für Lichtenstein gewählt, da sie von ihrem Sohn einen Hochschulabschluss erwarteten. Lichtensteins Werke aus dieser Zeit sind abstrakte Gemälde, die auf Landschaften, Stillleben und Figurenstudien beruhten.
  • 1941

    Roy Lichtenstein besuchte an der Ohio State University einen ersten Zeichenkurs bei Hoyt L. Sherman und erlernte kinästhetisches Zeichnen, das auf psychologischer Optik basiert. Er erzählte Freunden, dass die für ihn wichtigsten Kunstwerke Picassos „Guernica“ und Honoré Daumiers Ölgemälde „Ein Waggon der dritten Klasse“ (um 1863–1865, Metropolitain Museum of Art) sowie der Teppich von Bayeux gehörten.
  • Anfang 1943

    Lichtenstein malte das „Porträt eines Mannes“, das an Picassos „Bildnis Gertrude Stein“ von 1906 erinnert.
  • Februar 1943

    Roy Lichtenstein wurde zur U.S. Army eingezogen. Zu seinen künstlerischen Arbeiten aus dieser Zeit gehören Bilder mit schwarzer Aquarellfarbe und Kohle von der wilden Landschaft der Mississippisümpfe. Einer seiner Kriegskameraden nannte die dunklen Flächen „düstere Schatten“.
  • 1944

    Lichtensteins Division wurde nach England verschifft. Dort sah er Ausstellungen von Paul Cézanne und Henri de Toulouse-Lautrec. Lichtenstein kaufte sich ein Buch über chinesische Malerei, das er zusammen mit einer Sammlung von afrikanischen Masken in seinem Kleidersack nach Hause schickte. Wenn er mit Contékreide, schwarzer Tinte und Lavierungen zeichnete, hielt er Londoner Parks und ihre Bäume fest.
  • 1945

    Der Soldat Lichtenstein erreichte Frankreich, danach Belgien und Deutschland. Roy Lichtenstein diente in der 69. Division der 1. Armee und baute Straßen und Brücken. Daneben zeichnete er sehr viel.
  • 1945 Louvre

    Bei einem Fronturlaub in Paris kaufte er drei Mappen mit Reproduktionen von Kupferstichen Rembrandts. Lichtenstein besuchte den Louvre und machte in seinen Briefen an die Familie Bemerkungen zu El Grecos „Christus am Kreuz mit zwei Stiftern“ (um 1590), Paul Cézannes „Kartenspieler“ (1890–1892) und Daumiers „Wäscherin“ (1863). Im Buchladen des Louvre erwarb Lichtenstein ein Buch über das Werk von Georges Rouault. In einem Brief an die Familie schrieb er über seine Bewunderung für Picasso, Rouault und Henri Matisse. Zudem kaufte er sich Bücher über Francisco de Goyas Stiche und Georges Seurats Gemälde, auch wenn er in den Briefen gleichzeitig schrieb, er würde nichts von Seurat halten. Gegen Ende des Kriegs nahm Roy Lichtenstein Geschichts- und Französischunterricht an der Cité universitaire de Paris. Im Zuge von Ausflügen zu Kunstdenkmälern, organisiert von der Universität, besuchte er die Kathedrale von Chartres. In dieser Zeit spielte Roy Lichtenstein mit dem Gedanken bei Fernand Léger Unterricht zu nehmen. Er kam auch am Atelier Picassos in der Rue des Grands-Augustins vorbei. Allerdings entschloss er sich, nicht nach dem berühmten Maler zu fragen.
  • 1946

    Nachdem Roy Lichtenstein wieder in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt war, wurde er 1946 aus dem Wehrdienst entlassen. Lichtenstein kehrte an die Ohio State University zurück und machte dort seinen Abschluss als Bachelor of Fine Arts. Daraufhin wurde er eingeladen, als Lehrer an der School of Fine and Applied Art zu bleiben.
  • ab 1946

    n diesen Jahren schuf Lichtenstein Skulpturen aus Hydrocal (gießbarer Mörtel, der Stein ähnelt). Die Figuren erinnern an Pablo Picasso und wirken gleichzeitig präkolumbianisch. Gleichzeitig war der Künstler an der Graduate School of Fine and Applied Arts eingeschrieben.
  • Späte 1940er

    Lichtenstein reiste öfter nach New York, wo er Galerien besuchte. Besonders die Charles Egan Gallery und die Betty Parsons Gallery in der 57th Street. Zudem besuchte er die Cedar Bar in der Tenth Street.
  • 1948

    Roy Lichtenstein begegnete in der Ten-Thirty Gallery in Cleveland der Malerin und Galerieassistentin Isabel Wilson (1921–1980), in die er sich verliebte.
  • Juni 1949

    Hochzeit von Roy Lichtenstein und Isabel Wilson.
  • um 1950

    Riesenkäfer, Blumen und Vögel sowie mittelalterliche Motive bevölkern Lichtensteins Bilder. Er stellte mehrere Mosaiktische her und wurde mit einer Auswahl seiner Werke bei New Yorker Galeristen vorstellig, darunter M. Knoedler und Sidney Hanis. Sein in diesem Jahr entstandener Holzschnitt „To Battle“ wurde mit Werken von über 200 weiteren Künstlern in der Ausstellung „The Fifth National Print Anual Exhibition“ gezeigt (ausgewählt von einer Jury des Brooklyn Museums, darunter Josef Albers): Seine Druckgrafik wurde neben 19 weiteren vom Brooklyn Museum Purchase Award ausgezeichnet und vom New Yorker Museum angekauft.
  • April 1951

    Die Carlebach Gallery in Manhattan organisierte Roy Lichtensteins erste Einzelausstellung! Der Künstler präsentierte 20 Ölgemälde bzw. Pastellzeichnungen, fünf Drucke in gedämpften Rosa-, Blau- und Violetttönen und vier Assemblagen aus Holz- und Metallfundstücken.
  • Juli 1951

    Lichtensteins Vertrag an der Ohio State University nicht verlängert.
  • Ende 1951

    Lichtenstein hatte bereits seine zweite Einzelausstellung in der John Heller Gallery in New York, in der er 16 Gemälde mit Themen aus der Eroberung des amerikanischen Westens und verschiedene Selbstporträts als Ritter zeigte. Hoyt L. Sherman schrieb eine kurze Einführung in einem Heft, das als Katalog erschien.
  • 1952

    Roy Lichtenstein und seine Frau zogen nach Cleveland, wo er in den Art Colony Galleries eine Einzelausstellung mit Gemälden, Zeichnungen und Drucken hatte.
  • 1953

    Die John Heller Gallery richtete Lichtensteins dritte Einzelausstellung aus (26.1.–7.2.1953): Der Maler zeigte Gemälde mit Themen aus der amerikanischen Folklore neben solchen mit Maschinenteilen, die auf Konstruktionsblaupausen beruhten. In einigen Arbeiten tauchen bereits Spielsachen auf, obwohl sein ältester Sohn David erst im folgenden Jahr geboren wurde.
  • 1954

    Geburt von Lichtensteins erster Sohn David (9.10.). Seine Zulassungsarbeit für den Master of Fine Arts mit dem Titel „Paintings, Drawings, and Pastels“ begleitete eine Serie von selbst verfassten Gedichten als eine Hommage an „die wunderbaren Magier der Kunst“: Cézanne, Matisse, Picasso, Toulouse-Lautrec, Georges Braque, Paul Gauguin, Vincent van Gogh, Paul Klee, Ma Yuan, Rembrandt van Rijn und Henri Rousseau. Roy Lichtenstein beschäftigte sich mit an Wände montierten Assemblagen aus bemaltem Holz.
  • 1956

    Geburt von Lichtensteins zweitem Sohn Mitchell (10.3.).
  • 1957

    Auf seiner vierten Einzelausstellung bei Heller im Jahr stellte Roy Lichtenstein Gemälde mit Americana-Motiven vor. Die Kommentare der Kritiker waren vernichtend und reichten von „beißende Farben“, „glanzlos gestaltet“ zu „kunstgewerblich“ und „spontan gefühlte Bilder aus der Kinderwelt eines Erwachsenen“.
  • September 1957

    Roy Lichtenstein wurde als Assistant Professor of Art an der State University of New York in Oswego verpflichtet (1957–1960). Er begann, den Stil des Abstrakten Expressionismus in seinen Gemälden zu verwenden, um Comicfiguren wie Mickey Mouse, Donald Duck oder Bugs Bunny wiederzugeben.
  • 1959

    Die New Yorker Condon Riley Gallery stellte zum ersten Mal abstrakte Gemälde von Lichtenstein in einer Einzelausstellung aus. Die Werke tragen keine Titel und zeigen größtenteils karge Spuren heller Farben auf unbehandeltem Untergrund, einige bestehen auch aus dicken Farbschichten.
  • 1959/60

    Roy Lichtenstein erhielt eine Stelle als Assistant Professor of Art im Douglass College am Rutgers, The State University of New Jersey und verließ dafür die State University of New York. Er verlegte seinen Wohnsitz und sein Atelier nach Highland Park in New Jersey. Über Allan Kaprow, der auch zum Lehrerkollegium am Rutgers gehörte, lernte Lichtenstein die Künstler Claes Oldenburg, Lucas Samaras, George Segal und Robert Whitman kennen. Robert Watts; ebenfalls Lehrer am Institut, traf er mit George Brecht, Geoffrey Hendricks, Allison und Dick Higgins sowie George Maciunas zusammen. Alle diese Künstler gehörten später der Fluxus-Bewegung an. Roy Lichtenstein nahm an einigen von Kaprows informellen Happenings am Rutgers teil und an anderen auf der Hühnerfarm von George Segal in New Brunswick in New Jersey.
  • 1961

    Roy Lichtenstein stellte zwölf seiner abstrakten Bilder am College aus. Seine Ribbon-Style-Paintings entstanden, indem er drei oder vier Farben auf eine Glasscheibe auftrug, dann einen Lumpen oder ein zerrissenes Betttuch darauflegte. Sobald sich das Tuch mit Farbe vollgesogen hatte, zog Lichtenstein es über eine Bildfläche. Ein Werk malte er auf mehrere zusammengenagelte Stücke Sperrholz, die von der Transportverschalung eines Kühlschranks stammten.
  • Sommer 1961

    Roy Lichtenstein malte das Bild „Look Mickey“, für das er ein Bild aus einem Heftchen seiner Kinder aus der Serie „Little Golden Book“ entnommen hatte. Mit diesem Werk begann Lichtenstein in der Benday-Dots-Technik mit gleichmäßigen Farbpunkten zu arbeiten, die er mit einer Schablone auf die Leinwand auftrug. Er schuf in der Folge erste Gemälde, die Werbebilder für Konsumprodukte wiedergeben, teilweise als Diptycha (zweiflügelige Werke), die durch Scharniere zusammengehalten werden.
  • Herbst 1961

    Allan Kaprow vermittelte ein Treffen mit Ivan Karp, dem Leiter der Galerie von Leo Castelli. Karp war sofort von den neuen Werken Lichtensteins begeistert und bat den Künstler, einige Bilder Leo Castelli zeigen zu dürfen. Kurz darauf stellte Castelli Lichtensteins aktuelles Werk – „Girl with Ball“ – in einer Gruppenausstellung aus. Nach seiner Trennung von Isabel Wilson zog Lichtenstein für kurze Zeit wieder nach Manhattan, New York.
  • 1962

    Lichtenstein kehrte wieder nach Highland Park zurück. Er malte nun Bilder nach Werken von Paul Cézanne und Piet Mondrian. Im Herbst stellte Lichtenstein seine Gemälde von Comicfiguren und Konsumgütern zum ersten Mal an der Westküste aus. Unter seinen Zeichnungen und Gemälden nach gefundenem Bildmaterial befinden sich nun auch solche mit vergrößerten Ausschnitten.
  • 1963

    Roy Lichtenstein malte für den New York State Pavillon auf der Weltausstellung von 1964/65 in Flushing Meadows in New York sein erstes Wandbild. In dieser Zeit trennte er sich neuerlich von Isabel Wilson (Scheidung 1967) und nahm sich eine Auszeit vom Douglass College, das er 1964 endgültig verließ. Seine Werke enthielten nun Bilder, die er in DC Comics, Fortsetzungsromanen, Liebesgeschichten, Kriegserzählungen und Science-Fiction-Texten fand. Um diese Bilder zu übertragen, nutzte Lichtenstein einen Overheadprojektor. Nach der endgültigen Trennung von seiner Frau zog Lichtenstein in die West 26th Street 36 in Manhattan.
  • Juni 1963

    Roy Lichtenstein stellte in der Galerie Sonnabend in Paris zum ersten Mal in Europa aus. Er reiste zur Eröffnung nach Paris.
  • Januar 1964

    Die Zeitschrift „Life“ veröffentlichte einen Artikel über Lichtenstein mit der Frage: „Ist er der schlechteste Künstler Amerikas?“ Roy Lichtenstein begann mit größeren Benday-Dots zu arbeiten und keine Sprechblasen mehr einzusetzen. Er beschäftigte sich zudem mit einer Serie von Landschaften und stellte „Temple of Apollo“ bei Leo Castelli zusammen mit einigen Landschaften und Lackarbeiten aus.
  • Frühjahr 1964

    Lichtenstein lernte Dorothy Herzka (*1939), Kunsthistorikerin und Leiterin der Paul Bianchi Gallery, in New York kennen, seine spätere zweite Ehefrau.
  • 1966

    Lichtenstein experimentierte mit Landschaften im Collagestil und verwendete dabei Vinyl sowie ein Material aus Polycarbonat namens Rowlux: 1966 fügte er ihnen verborgene Motoren und Beleuchtungskörper hinzu.
  • 1967

    Der Künstler arbeitete gemeinsam mit dem Töpfer Hui Ka Kwong, einem ehemaligen Kollegen vom Rutgers, an einer Serie von Köpfen aus Keramik und von aufeinandergestapelten Tassen und Untertassen.
  • Herbst 1967

    Lichtenstein schuf sein erstes Gemälde der Serie „Brushstrokes“, das von Pinselstrichen inspiriert ist, die er in einem Comic gesehen hatte. Scheidung von Isabel Wilson.
  • Roy Lichtenstein zog in die Bowery 190, wo er im dritten Stock einer ehemaligen deutschen Bank von 1917 seine Wohnung und sein Atelier einrichtete. Zu seinen Nachbarn gehörte der Maler Adolph Gottlieb.
  • November 1968

    Lichtenstein heiratete im Dorothy Herzka. Das Solomon R. Guggenheim Museum ehrte Lichtenstein mit einer Retrospektive seiner Gemälde und Skulpturen. In diesem Jahr arbeitete Lichtenstein auch an ersten Grafik-Folgen mit Getreideschobern und der Kathedrale von Rouen nach Claude Monet und malte sein erstes Gemälde aus der Serie der „Mirrors“. Letztere waren inspiriert von Bilder in einem Verkaufskatalog, die mit dem Airbrush gefertigt worden waren. Zudem beschäftigte sich Lichtenstein in seiner Serie von Bildern mit den Pyramiden von Giseh.
  • 1969

    Roy Lichtenstein fand ein Haus in Southampton, das er 1971 zu seinem permanenten Wohnsitz mit Atelier umfunktionierte.
  • Herbst 1971

    Der Künstler schloss die letzten Arbeiten an der Entwurfszeichnung für ein monumentales Wandgemälde in der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf ab, das sich mit einer Höhe von beinahe vier und einer Gesamtlänge von über 70 Metern über vier Wände hinzieht. Im selben Jahr schuf Lichtenstein eine Serie von „Entablatures“ in Schwarz-Weiß, für die er eigene Fotografien von klassizistischen Bauten in der Wall Street als Quelle benutzte.
  • 1972

    Lichtenstein begann die Arbeit an einer Serie von Stillleben, „Still Lifes“, und benutzte immer häufiger Diagonalen anstelle der Benday-Dots. In seinen Gemälden tauchen jetzt auch Zitate aus eigenen früheren Bildern auf. Motive von Henri Matisse nahmen in seinen Werken einen wichtigen Platz ein.
  • 1973

    Der Maler begann eine Serie von Stillleben mit Trompe-l’oeil-Elementen oder im Stil des Kubismus, in die er auch erstmals Muster von Holzmaserungsimitaten übernahm. Im Verlauf der folgenden Jahre benutzte Lichtenstein in seinen Werken stilistische Merkmale, die für die Stilrichtungen von De Stijl, vom russischen Konstruktivismus, dem italienischen Futurismus und dem Purismus charakteristisch sind.
  • 1974

    Für eine weitere Serie von „Entablatures“ nutzte Roy Lichtenstein eine Mischung aus Sand und Farbe, um die Oberflächenstruktur hervorzuheben
  • um 1976

    Lichtenstein konzentrierte sich auf eine Serie von „Office Still Lifes“, die auf Illustrationen von Büromaterial und Firmenmobiliar in Zeitungen basierten.
  • 1977

    Lichtenstein ließ sich vom Surrealismus, vor allem vom Werk Salvador Dalís, Max Ernsts und Joan Mirós, sowie surrealistischen Werken Pablo Picassos inspirieren. Roy Lichtenstein wurde die Skowheagan Medal für Painting verliehen (April) und erhielt den Doktortitel in Kunst des California Institute of the Arts in Valencia (Mai).
  • Juni 1977

    BMW gab Lichtenstein das Karosseriedesign des 3201er-Rennwagens in Auftrag, der später im Jahr bei Rennen von Le Mans an den Start ging.
  • 1978

    In seiner „Amerind“-Serie erschienen einmal mehr Motive der First Nations Noramerikas. Lichtenstein reiste zum ersten Mal nach Indien.
  • 1979

    Der Maler ließ sich vom deutschen Expressionismus inspirieren, vor allem von Gemälden und Holzschnitten der Künstler Erich Heckel, Franz Marc oder Karl Schmidt-Rottluff. Im Mai wurde Lichtenstein in die American Academy of Arts and Sciences in New York aufgenommen. „The Mermaid”, Lichtensteins erster Auftrag für eine Freilichtskulptur, wurde am Miami Beach Theatre für the Performing Arts aufgestellt.
  • September 1980

    Nach langer Krankheit starb Isabel Wilson, Lichtensteins Ex-Frau.
  • 1981

    Lichtenstein setzte in seinen Gemälden einen für den Amerikanischen Abstrakten Expressionismus typischen Pinselstrich in abgewandelter Form ein. Dieser geht auf Willem de Koonings dritte Serie von „Women“ (späte 1950er) zurück.
  • 1982

    Der Maler reiste ein weiteres Mal nach Ägypten. Er kombinierte in seinen Werken nun lockere mit konstruierten Pinselstrichen im Stile des Abstrakten Expressionismus. Die Serien „Paintings“ und „Two Paintings“ entstanden, in denen zwei kontrastierende Bilder auf mehrdeutige Weise durch ein einziges oder ein doppeltes Rahmenmotiv miteinander verbunden sind.
  • Dezember 1983

    Roy Lichtenstein malte in der Leo Castelli Gallery in der Greene Street ein über 27 Meter langes Wandbild, in dem er viele Motive aus seinen früheren Arbeiten nebeneinanderstellte: Skizzenbücher, Art Deco-Muster, Pyramiden, Spiegel, Stillleben und Figuren nach Pablo Picasso. Das Wandgemälde war bis Januar 1984 zu sehen und wurde dann zerstört. Noch im selben Jahr kehrte Lichtenstein zeitweilig nach New York zurück, um in einem Loft in der East 29th Street 105 zu wohnen und zu arbeiten.
  • 1986

    Lichtenstein stellte für das Equitable Center in New York ein Wandbild mit dem Titel „Mural with Brue Brushstroke“ fertig, wofür er fast sechs Wochen benötigte.
  • 1987

    Der Maler begann die „Perfect / Imperfect Paintings“, Kompositionen in reiner geometrischer Abstraktion.
  • 1988

    Es folgten die „Reflections“, eine Serie mit Zitaten aus früher gemalten Comicstrips und auch einigen neuen; damit kehrte Roy Lichtenstein zu einer Motivik zurück, mit der er seit den 1960er Jahren nicht mehr gearbeitet hatte. Die Idee dazu kam ihm beim Versuch, einen verglasten Druck Robert Rauschenbergs zu fotografieren. Es entstand die „Plus-and-Minus“-Serie, die auf Werken Piet Mondrians basiert.
  • Mai 1988

    Lichtenstein bezog eine Wohnung und ein Atelier in einem 1912 errichteten Gebäude in der Washington Street 745 in Manhattan und teilte sich seine Zeit nun zwischen Southampton und Manhattan auf.
  • 1989

    Lichtenstein wurde als Artist-in-Residence an die American Academy in Rom eingeladen.
  • April–Mai 1989 Tel Aviv

    Lichtenstein reiste mit seinen Atelierassistenten nach Tel Aviv, um an einem 7 auf 16,5 Meter großen Wandgemälde in der Meshulam Riklis Hall, der Eingangshalle des Tel Aviv Museum of Art, zu arbeiten. Er stellte das Wandbild am 7. Mai 1989 fertig und signierte es.
  • Sommer 1989

    Der Künstler nahm die Arbeit an „Bauhaus Stairway; Large Version“ auf, einem Wandgemälde für ein von I. M. Pei für die Creative Artists Agency in Beverly Hills entworfenes Gebäude. Die Metropolitan Transportation Authority gab Lichtenstein den Auftrag, ein Wandbild für die U-Bahn-Station am Times Square in New York zu malen.
  • 1990

    Roy Lichtenstein begann die Arbeit an einer Serie von „Interiors“.
  • Sommer 1992: „Barcelona Head“

    Lichtenstein ließ sich von den Arbeiten des katalanischen Künstlers Antoni Gaudí inspirieren und schuf „Barcelona Head“, eine über 19 Meter hohe Skulptur aus farbigen Keramikfliesen, als Auftragsarbeit für die Olympischen Spiele in Barcelona. Zudem entstand „Large Interior with Three Reflections“, ein Wandgemälde für die Revlon Corporation in New York, das aus einem mehr als neun Meter langen Triptychon und aus drei weiteren Tafeln besteht. Diese Werk zeigt erstmals einen weiblichen Akt. Das Solomon Guggenheim Museum präsentierte die zweite Retrospektive seiner Gemälde und Skulpturen (an mehreren Orten). Im Dezember wurde Lichtenstein von Barcelonas Bürgermeister der Preis Amici de Barcelona überreicht.
  • Juni 1994

    Lichtenstein stellte sein 16 Meter langes Wandbild für die U-Bahn-Station am Times Square fertigt, es wurde jedoch erst 2002 installiert.
  • 1995

    „The New York Times“ veröffentlichte den Artikel „At the Met with Roy Lichtenstein“. Er gehörte zu einer Serie von Interviews mit bedeutenden internationalen Künstlern über deren jeweiliges Lieblingswerk im Metropolitan Museum of Art in New York. Lichtenstein erhielt die National Medal of Arts sowie den Kyoto Prize von der Inamori Foundation in Kioto (Herbst). Inspiriert von Edgar Degas‘ Monotypien und Pastellen von Landschaften, die Lichtenstein im Metropolitan Museum of Art sah, schuf er eine umfangreiche Serie von „Landscapes in the Chinese Style“.
  • 1996

    Lichtenstein malte sein letztes Selbstporträt, das er „Coup de Chapeau“ nannte. Zudem entstand eine Serie von Skulpturen nach Pinselstrichen und Tropfen. Der Maler beschäftigte sich weiter mit dem Thema des Interieurs, einige daraus hervorgehende Bilder mit farbigen statt nur schwarzen Konturen nannte er „Virtual Paintings“. Er malte „Mickasso“, ein Spiel mit der Disneyfigur Mickey Mouse und Pablo Picassos Kubismus.
  • Mai 1997

    In einem Yachthafen in Singapur wurde die Freiluftskulptur „Singapore Brushstroke“ aus sechs großen Teilen installiert. Lichtenstein stellte verschiedene Skulpturen zum Thema des Hauses fertig.
  • 27.9.1997

    Am 27. September 1997 starb Roy Lichtenstein am University Medical Center von Manhattan an den Komplikationen einer Lungenentzündung.
  1. Ann Hindry, Conversation with Roy Lichtenstein, in: Artstudio, Nr. 20 (1991), Zitiert nach: Lichtenstein. Kunst als Motiv, hg. v. Gianni Mercurio (Ausst.-Kat. Museum Ludwig, Köln, 2.7.–3.10.2010), Köln 2010, S. 101.
  2. John Coplans, An Interview with Roy Lichtenstein, in: Artforum, Nr. 4 (Oktober 1963), Zitiert nach: Lichtenstein. Kunst als Motiv, hg. v. Gianni Mercurio (Ausst.-Kat. Museum Ludwig, Köln, 2.7.–3.10.2010), Köln 2010, S. 121.
  3. Roy Lichtenstein, A Review of My Work since 1961: A Lecture with Slide Presentation Delivered on November 11th, 1995, to Members oft he Inamori Foundation, on the Occasion of bBeing Awarded the Kyoto Prize, hg. v. Graham Bader, in: October Files, Nr. 7: Roy Lichtenstein, Cambridge / London 2009, Zitiert nach: Lichtenstein. Kunst als Motiv, hg. v. Gianni Mercurio (Ausst.-Kat. Museum Ludwig, Köln, 2.7.–3.10.2010), Köln 2010, S. 121.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.