Saar de Swart: nl. Bildhauerin der Moderne

Saar de Swart

Wer war Saar de Swart?

Saar de Swart (Arnheim 6.8.1861–12.8.1951 Anacapri) war eine Bildhauerin der Moderne (→ Klassische Moderne). Die niederländische Künstlerin förderte niederländische und französische Künstler und lebte Jahrzehnte auf Capri. Heute ist sie weniger für ihre künstlerische Arbeit als für ihren Musenstatus bekannt, sind doch nur drei Bronzeplastiken Swarts erhalten.

Kindheit und Ausbildung

Elizabeth Sara Clasina de Swart wurde am 6. August 1861 als Tochter des niederländischen Malers Corstianus Hendrikus de Swart (1818–1897) und seiner Frau Elisabeth Sara IJntema (1822–1884) in Arnheim, Niederlande, geboren. Saras frühes Leben war geprägt von einer unglücklichen Ehe zwischen ihren mennonitischen Eltern.

De Swart war nicht an der örtlichen Schule eingeschrieben, wurde jedoch von ihrer Mutter und ihrem Vater in ihren jeweiligen Berufen ausgebildet. Um 1887 modellierte sie für kurze Zeit an der Rijksnormaalschool voor Kunstnijverheid in Amsterdam, der Staatlichen Schule für Angewandte Kunst. Im Jahr 1888 verließ de Swart die Modellierklasse und studierte bei dem Bildhauer Lambertus Zijl (1866–1947), der unter anderem das Denkmal für Königin Emma errichtete. Finanziert wurde dies durch das Erbe, das sie nach dem Tod ihrer Mutter erhalten hatte.

Amsterdam

Nach ihrer Ausbildung lebte die wohlhabende Saar de Swart mit ihrer damaligen Freundin Anna Vis in einer Wohngemeinschaft im Oosterpark, Amsterdam. Das Haus gehörte Willem Witsen (1860–1923), der später ein berühmter niederländischer Maler wurde und sich auf Einflüsse der Haager Schule stützte. Wie de Swarts Partnerin war auch Witsen Maler und Zeichner.

Während dieser Zeit verkehrte de Swart unter ihren Tachtiger-Kolleg:innen, obwohl viele trotz ihrer finanziellen Unterstützung Einwände gegen ihren offen lesbischen Lebensstil erhoben. Der Schriftsteller Jan Engelman nannte die Bildhauerin deshalb „Die Muse der achtziger Jahre“. Lugné-Poe betont in seinen Memoiren die Bedeutung von Saar de Swart für die französische symbolistische Kunst und Literatur in den Niederlanden. Dadurch entstand der Eindruck, dass für De Swart selbst ihr Mäzenatentum mindestens genauso wichtig war wie ihr eigenes Werk.

George Hendrik Breitner und Jan Veth porträtierten die Bildhauerin. Willem Paap wurde von ihr inspiriert, und Esther Luzas, die Hauptfigur in „Vincent Haman“, basiert auf der Künstlerin. Der Maler Eduard Karsen und Willem Kloos waren in sie verliebt, aber er hatten aufgrund der Homosexualität der Künstlerin keine Chance.

Paris

Im September 1889 zog Saar de Swart mit Baukje van Mesdag (1853–?) für zwei Jahre nach Paris, wo sie Vincent van Gogh, Émile Bernard und Odilon Redon neben Auguste Rodin trafen. Auch wegen ihrer Fürsprache und Vermittlung widmete der Haagse Kunstkring 1894 Redon eine Ausstellung. Zusätzlich unterstützte das Künstlerinnenpaar auch die Autoren Maurice Maeterlinck und Aurélien Lugné-Poe. Sie gingen regelmäßig zu Café-Kabaretts im Chat Noir und im Mirliton.

Manchmal kehrte De Swart nach Amsterdam zurück, wo Eduard Karsen weiterhin an seiner Liebe zu ihr festhielt. Als er verstand, dass Sie lesbisch war, revanchierte sich der abgelehnte Karsen, indem er sie und ihre Freundinnen verleumdete. Am 12. Oktober 1891 war der Antrag eines Freundes Karsens im Café Suisse erfolglos.

Über Saar de Swart ist nur sehr wenig Arbeit bekannt. Einige niederländische Museen besitzen Bilder von ihr mit exotisch anmutenden Motiven. Saar de Swart Karriere als Bildhauerin begann im Jahr 1889, als sich der französische Bildhauer Auguste Rodin mit ihrem Werk auseinandersetzte. So überliefert Emilie van Kerckhoff, dass Rodin „ein paar Mal nach Paris kam, um sich ihre Arbeiten anzusehen, die ihn interessierten“1. Während dieser Zeit lebte und arbeitete de Swart in Paris. Hier besuchte sie Künstlercafés und unterstützte Installationen. Sie besaß Werke von Rodin und Vincent van Gogh, der sie am 6. Juli 1890 in Paris auch traf. In einem Brief meinte Van Gogh über sie: „J'ai trouvé bien du talent à cette dame hollandaise“2. Saar de Swart baute eine beeindruckende Kunstsammlung mit Gemälden und Skulpturen von Auguste Rodin, Odilon Redon, Émile Bernard, George Breitner, Isaac Israëls, Jan Toorop und vielen anderen auf.

Rotterdam & Laren

Von 1892 bis 1894 lebte Saar de Swart mit Ihrer Freundin Anna Vis in Rotterdam über einer Seemannsbar an der Stieltjeskade. Im Herbst 1894 zogen die Freunde in den Oosterpark in Amsterdam in ein Haus von Willem Witsen, wo die „Tachtiger [Achtziger]“ zusammenkamen. Die Bildhauerin und Anna kümmerten sich um den depressiven Alkoholiker Willem Kloos, zusammen mit ihrem Nachbarn im Erdgeschoss, dem Maler Isaac Israëls und der Feministin Annette Versluys-Poelman.

Saar de Swart zog 1898 mit ihrer Lebenspartnerin, der Aquarellistin und Nadelkünstlerin Emilie van Kerckhoff (1867–1960), in die kleine Villa De Hoeve in der Nähe von Laren, wo sie bis 1914 lebten. Die Bildhauerin wurde Mitglied des Hilversumsche Kunstkrings und fertigte zwischen 1900 und 1901 mehrere Lampenentwürfe für 't Binnenhuis, ein Kunsthandwerksgeschäft in Amsterdam. In De Hoeve empfingen De Swart und Van Kerckhoff prominente Persönlichkeiten aus der Kunstwelt, darunter Emile Bernard, Gustav Mahler (27.10.1903) und Lodewijk van Deyssel. Letzterer erwähnt in seinen Memoiren, dass De Swart in Laren eine schöne Kunst- und Antiquitätensammlung besaß. Über ihre Arbeitsweise und Haltung meinte er:

„Sie selbst hatte einige sehr bemerkenswerte Skulpturen geschaffen, oder vielmehr erste Skizzen in Gips für Skulpturen. […] Sie dachte, [...] dass man nur das geben sollte, in dem ein gewisses Maß an Inspiration zum Ausdruck kommt.“3

De Swart unternahm ab 1908 Reisen nach Indonesien, Japan, Indien und Ägypten. Entgegen Rodins Ausbildung schuf de Swart hauptsächlich kleine Bronzeskulpturen. Insgesamt sind nur drei Bronzeplastiken von Saar de Swart erhalten: „Indischer Büffel“ (Kröller-Müller Museum), „Balinesische Tänzerin“ (um 1912, Museum Arnhem) sowie „Knabe mit Schildkröte“ (Singer Museum, Laren).

Im Laufe ihres Lebens leistete sie sowohl finanzielle Unterstützung als auch künstlerische Beiträge zu einer Reihe von Ausstellungen, darunter „De Vrouw [Die Frau] 1813–1913“ (2.5.-1.10.1913) in Amsterdam.

Capri

Aufgrund finanzieller Probleme verkaufte sie den größten Teil ihrer Sammlung und ließ sich mit van Kerckhoff 1914 in Rom nieder. Dort trennte sich das Paar, allerdings sollte es bis zu seinem Lebensende gemeinsam leben. Sie zogen in das Dorf Anacapri auf Capri, 1927 in einem kleinen Atelierhaus in der Nähe von Casa Surya, das unter anderem von Henriette Roland Holst finanziert wurde. Saar de Swart hatte kein Geld mehr und verkaufte nur selten Tonplastiken.

Im Zweiten Weltkrieg lebten Emilie van Kerckhoff und Saar de Swart bei den deutschen Diakonissen in Rom. Nach dem Krieg kehrten Sie nach Capri zurück, wo der Dichter Jan Engelman sie zweimal besuchte.

Tod

Saar de Swart starb am 12. August 1951 im Alter von 90 Jahren auf Capri. Die Bildhauerin ist auf dem Friedhof von Anacapri begraben.

  1. Zitiert nach Jaap Versteegh, Fatale kunst. Leven en werk van Sara de Swart (1861–1951), Nijmegen 2016, S. 51.
  2. Brief vom ca. 10.7.1890.
  3. Zitiert nach Lodewijk van Deyssel, Gedenkschriften, deel 2, Den Haag 1924, S. 463.