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Wiener Aktionismus Kunst und Aufbruch im Wien der 1960er Jahre

Veröffentlicht von Alexandra Matzner von 10. Oktober 2012
Wiener Aktionsmus (Verlag der Buchhandlung Walther König)

Wiener Aktionsmus (Verlag der Buchhandlung Walther König)

Eva Badura-Triska und Hubert Klocker fächern auf 416 Seiten die Geschichte des Wiener Aktionismus auf. Ohne Übertreibung muss man dieses Buch nicht mehr und nicht weniger als die „Bibel des Wiener Aktionismus“ bezeichnen. Mit 1400 Abbildungen, acht Haupttexten und einer Reihe von vertiefenden Artikeln ist es die materialreichste Hinführung zu einer der radikalsten künstlerischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts.

Wiener Aktionismus

Wiener Aktionismus – die Kunst von Brus, Muehl, Nitsch, Schwarzkogler

Auch wenn es sich mit dem Wiener Aktionismus eigentlich um keine homogene künstlerische Bewegung der 60er Jahre handelte, die Beteiligten – Brus, Muehl, Nitsch, Schwarzkogler – sich nicht zu einer Gruppen zusammengeschlossen und kein Manifest verfasst haben, so pflegten sie doch Freundschaften und intensiven Austausch über Inhalt und Form von Kunst. Verbindende Elemente ihrer Arbeiten sind ihr radikal tabufreier Umgang mit dem menschlichen Körper, ihre Beschäftigung mit der Psyche, die traumatischen persönlichen Schicksale und schwierigen Verhältnisse zu ihren Vätern. In der Kunst sahen sie eine Möglichkeit der seelischen Reinigung durch Überschreitung (Katharsis) und Destruktion (v.a. bei Muehl) sowie eine Prävention durch Ausleben verdrängter Triebe. Die als Grafiker oder Maler ausgebildeten Künstler überschritten die Grenzen des Mediums Malerei, eroberten sukzessive den Raum und wollten alle Sinne ansprechen. Strukturelle Ähnlichkeiten finden sich auch in der Form der Aktion, für die die Künstler jedoch ein breites Spektrum entwickelt haben (nicht alle vor Publikum, nicht alle allgemein zugänglich) und meist durch „inszenierte Fotografie“ oder Film dokumentiert bzw. für diese Medien gestellt wurden.

 

Wiener Aktionismus – ein Überblickswerk

Die acht Überblickstexte wurden von Eva Badura-Triska und Hubert Klocker verfasst, einzige Ausnahme ist die Abhandlung über den „Wiener Aktionismus und Film“ von Gabriele Jutz (S. 136-157). Die vertiefenden Artikel sind wie Blöcke im Text verteilt. Während sich Badura-Triska mit der ersten Hälfte der 60er Jahre beschäftigt, widmet sich Hubert Klocker dem Ausgang des Jahrzehnts. Besonders aufschlussreich und für weitere Forschung wohl unerlässlich ist der Abschluss des Buches mit einer „Chronologie der Aktionen 1960-1975“ (S. 273-360), in der auf 87 Seiten alle Aktionen bildreich dokumentiert werden. Biografien der Künstler sowie ein „Who`s who – Das Personenfeld“ machen das Buch zu einem gewichtigen Nachschlagewerk. Die Autor_innen fokussieren damit die Entwicklungsgeschichte des Wiener Aktionismus, erzählen ihn chronologisch in Wort und Bild nach. Mit den vertiefenden Artikeln schaffen sie es, gleichermaßen mehrere verschiedene Meinungen zu Wort kommen zu lassen und weiterführende Fragestellungen bzw. Themenkomplexe aufzugreifen. Zweifelsohne werden mit dieser Publikation Forschungsergebnisse und Bildmaterial beispielhaft zusammengeführt und ein „Benchmark“ festgeschrieben!

 

Wiener Aktionismus

Eva Badura-Triska & Hubert Klocker (Hg.)
Kunst und Aufbruch im Wien der 1960er Jahre
416 S. mit 1400 meist farb., teils ganzseit. Abb.
2012
Köln Verlag der Buchhandlung Walther König

Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.
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