Maria Katharina Prestel: dt. Druckgrafikerin des Rokoko | ARTinWORDS

Maria Katharina Prestel

Wer war Maria Katharina Prestel?

Maria Katharina Prestel (Nürnberg 22.7.1747–16.3.1794 London) war eine deutsche Pastell- und Aquarellmalerin, Kupferstecherin und Radiererin des Rokoko. Gemeinsam mit ihrem Ehemann entwickelte Prestel durckgrafische Techniken, um eine augentäuschende Nachahmung von Handzeichnungen berühmter Kabinette anzufertigen. Die in Mappenwerken zusammengefassten Kopien bestechen durch ihre Präzision und technische Umsetzung.

Kindheit & Ausbildung

Maria Katharina Prestel wurde als Maria Katharina Höll am 22. Juli 1747 in Nürnberg geboren. Sie war die älteste Tochter von Thomas und Maria Höll. Der Vater war Händler und die Familie gehörte zum Nürnberger Patriziat. In ihrer Jugend wurde Maria Katharina Höll im Zeichnen und Miniaturmalen unterrichtet, vermutlich vom Porträtmaler Leonhard Fischer, wobei nicht bekannt ist, wie lange der Unterricht dauerte oder wie gründlich er war. Hölls Interesse an der Kunst wurde von den Eltern nur geduldet.

Ab 1769 war Höll eine Schülerin ihres späteren Ehemanns Johann Gottlieb Prestel (1739–1808). Die Ausbildung bei ihm umfasste die gesamte künstlerische Bandbreite, wozu Kunsttheorie, Studium nach der Natur, zeichnerische Fertigkeiten, verschiedene Maltechniken und die Techniken der Druckgrafik gehörten.

Ehe

Höll und Prestel heirateten am 20. Juli 1772. 1773 wurde das erste von vier Kindern des Ehepaars geboren. Von diesen wurde später die einzige Tochter, die Malerin Ursula Magdalena Reinheimer (1777–1845), am bekanntesten.

Durch die Heirat eröffnete sich für Maria Katharina Prestel eine professionelle Laufbahn als Künstlerin.

Werke

Mit zunehmender Wertschätuing der Zeichnung als direktes Zeugnis einer Künstlerhand und Dokument des Werkprozesses wurde diese nicht nur zum Sammlungsgegenstand, sondern auch zur Vorlage für Reproduktionsstiche.1 Das Ehepaar Prestel gründete eine Werkstatt, in der es sich auf die augentäuschende Reproduktion von Handzeichnungen – Kreide-, Feder- bis Silberstiftzeichnungen – spezialisierte. Die Reproduktionen sollten den Anschein von Originalzeichnungen berühmter Künstler:innen erwecken. Zudem kopierten die Prestels auch Risse, schnitten die Druckränder weg, klebten die Blätter auf Untersatzkartons, signierten und beschrifteten auf den Rückseiten. Katharina Maria Prestel wollte den Anteil an der Arbeit bestmöglich verschleiern.

Vor allem ihre Fähigkeiten, Lavierungen, Höhungen, aber auch Papiertöne und Linien zu imitieren, machten ihre Produkte zu gefragten Sammlerstücken. Die Prestels verwendeten dafür vor allem die populäre Aquatintatechnik in Kombination mit verschiedenen Mischtechniken wie der Kaltnadeltechnik. Die Aquatintatechnik hatte den Vorzug, dass sie schnell zu lernen war, die Arbeitsweise dem Arbeiten bei Zeichnung oder Aquarell nahekam und die Erstellung im Vergleich zum Kupferstich zügig ging. Ihre experimentell entwickelten Methoden, die Rezepte für Ätzmittel und das mehrteilige Druckverfahren blieben gut geschützte Familiengeheimnisse.

Zwischen 1776 und 1785 gaben die Prestels gemeinsam drei epochale Mappenwerke heraus:

  • „Praunsches Kabinett“ (Nürnberg 1776–1780),
  • „Schmidtsches Kabinett“ (Nürnberg 1779–1782):
  • „Kleines Kabinett“ (Frankfurt 1782–1785): Maria Katharina Prestel war mit 21 Drucken federführend beteiligt. Enthalten sind reproduzierte Zeichungen der „besten Maler Italiens, Deutschlands und der Niederlande“ aus „acht berühmten Kabinetten“. Unter den Faksimiles befanden sich erstmals Werke von Martin Schongauer, Albrecht Dürer, Albrecht Altdorfer und der altniederländischen Meister. Für die Kopie nach Jacopo Ligozzis „Die Wahrheit triumphiert über den Neid“ aus dem Besitz von Paulus Praun II. (heute: Albertina) nutzte die Künstlerin Goldhöhung, was dem Blatt einen exklusiven Charakter verleiht.

Bei diesen Mappenwerken handelte es sich um Sammlungen von Reproduktionen aus Sammlungen von Originalen, die auf Subskriptionsbasis erstellt wurden. Solche Mappenwerke wurden im Barock und im 18. Jahrhundert populär, da sie dem Repräsentationsbedürfnis des Adels entgegenkamen und dem Großbürgertum den Aufbau einer Sammlung ermöglichten.2

Frankfurt

Trotz der künstlerischen Erfolge reichte der wirtschaftliche Erfolg der Prestel-Werkstatt nicht aus und die Prestels mussten Nürnberg verlassen. Maria Katharina Prestel ging als erste 1782 allein nach Frankfurt am Main. Bei diesem Wechsel wurde sie von Heinrich Sebastian Hüsgen, einem Freund der Familie, unterstützt. In Frankfurt wohnte sie bei dem Maler Christian Georg Schütz d. Ä. (1731–1791) und war als Kupferstecherin tätig. Ein Jahr später folgten Ehemann und Kinder mit der Werkstatt nach Frankfurt.

London

Johann Gottlieb Prestel war ein schwieriger Ehemann. Angeblich wegen seiner Launen und Ausschweifungen trennte sich Maria Katharina Prestel 1786 von ihrem Mann und ging nach London, das damals das Zentrum für Reproduktionsgraphik war. Dort arbeitete sie als Reproduktionsstecherin, u. a. für John Boydell (1719–1804) und das Verlagshaus Molteno & Colnaghi. Später folgten ihr die beiden jüngsten Kinder Ursula Magdalena und Michael Gottlieb (1779–1815) für einige Zeit. Der Londoner Teil der Familie unterstützte die in Frankfurt zurückgebliebenen Familienmitglieder finanziell.

Tod

Maria Katharina Prestel starb am 16. März 1794 in hohem Ansehen in London. Sie wurde nur 46 Jahre alt.

Literatur zu Maria Katharina Prestel

  • Claudia Schwaighofer, Prestel, Katharina (Maria Katharina), in: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 96, Berlin 2017, S. 534.
  • Alexandra Matzner, Die königliche Galleria degli Uffizi, Florenz 1778, und das Bürgerliche Kleine Kabinett, Frankfurt 1782–1785, in: Fürstenglanz. Die Macht der Pracht, hg. v. Agnes Husslein-Arco und Tobias G. Natter (Ausst.-Kat. Belvedere, Winterpalais, Wien, 18.3.–26.6.2016), Wien 2016, S. 195–197.
  • Kunst kommt von Prestel. Das Künstlerehepaar Johann Gottlieb und Maria Katharina Prestel. Frankfurt ǀ London, hg. v. Joseph Kiermeier-Debre und Fritz Franz Vogel (Ausst.-Katalog MEWO-Kunsthalle, Memmingen, 2008–2009), Köln 2008.
  • Claudia Schwaighofer, Das druckgraphische Werk der Maria Catharina Prestel (1747–1794) (Magisterarbeit, Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften, Ludwig-Maximilians-Universität), München 2003.
  • Prestel, Katharina (Maria Katharina), in: Hans Vollmer (Hg.), Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 27, Leipzig 1933, S. 382.
  1. Alexandra Matzner, Die königliche Galleria degli Uffizi, Florenz 1778, und das Bürgerliche Kleine Kabinett, Frankfurt 1782–1785, in: Fürstenglanz. Die Macht der Pracht, hg. v. Agnes Husslein-Arco und Tobias G. Natter (Ausst.-Kat. Belvedere, Winterpalais, Wien, 18.3.–26.6.2016), Wien 2016, S. 195–197, hier S. 195.
  2. Siehe: