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28 Jahre Startgalerie der Stadt Wien im MUSA Berthold Ecker im Gespräch mit Alexandra Matzner

MUSA

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Experimentierfeld für junge Kunst

In der Startgalerie im MUSA sind jährlich neun bis zehn Erstpräsentationen junger Künstlerinnen und Künstler zu sehen. Ein Gespräch mit Berthold Ecker, Leiter des Referats Bildende Kunst der Kulturabteilung der Stadt Wien und Leiter des MUSA, über Geschichte und Zukunft der Startgalerie.

Alexander Matzner: Seit wann gibt es die Startgalerie?

Berthold Ecker: Gegründet wurde sie 1987 in der Schönlaterngasse, wo der Kunstverein Alte Schmiede noch heute beheimatet ist. In diesem Zusammenhang war auch die älteste Artothek, eine Gründung von Helmut Zilk entstanden. Sie bietet allen in Wien lebenden Personen die Möglichkeit, Kunst für den eigenen Wohnbereich zu entlehnen.

Wie kam es dazu, junge Künstlerinnen und Künstler auf diese Weise zu fördern?

Berthold Ecker: Als Wolfgang Hilger 1985 zum Kunstreferenten bestellt wurde, hatte er die Idee, zusätzlich eine Galerie einzurichten. Während des ersten Jahres befand sie sich neben den Büros in der Schönlaterngasse und in der Künstlerhauspassage. In der Folge ging man dazu über, jenen Raum, in dem die Artothek ihre Leihbilder aufgehängt hatte, in eine „Förderungsgalerie Alte Schmiede“ umzufunktionieren. Ab 1988/89 wurde der reguläre Ausstellungsbetrieb für junge Wiener Künstler aufgenommen.

Wer hat sie ausgewählt?

Berthold Ecker: Die Kuratierung ist damals ausschließlich über Wolfgang Hilger gelaufen. Er nominierte junge Künstler, die er im Rahmen seiner Ankaufstätigkeit kennengelernt hatte. Hilger kannte die Szene in- und auswendig. Dadurch war es für ihn leicht, wichtige Positionen zu finden, die er über solche Ausstellungen fördern wollte.

 

Einzelausstellungen für junge Künstlerinnen und Künstler

Worauf liegt der Hauptaspekt der Förderung durch die Startgalerie?

Berthold Ecker: Die Förderung besteht darin, eine erste Einzelausstellung zu bekommen, die man selbst kuratieren darf. Das Konzept und das Setting sollen die Künstler selbst erarbeiten. Der gesamte Ablauf, der das Berufsbild der bildenden Kunst heute prägt, kann so durchgespielt werden. Dadurch ist einerseits die Abwicklung von acht bis neun Ausstellungen pro Jahr machbar, andererseits der Lernfaktor hoch. Der Gewinn aus einem eventuellen Verkauf verbleibt ohne Abzüge den Künstlerinnen und Künstlern.

Wie viele Ausstellungen der Startgalerie hat es schon gegeben?

Berthold Ecker: Die derzeitige Ausstellung von Iris Dittler ist die Nr. 245. Zu dieser Erstpräsentation junger Kunst gibt es in Österreich kein Pendant. Die Neue Galerie in Graz hat lange Zeit das „Studio“ betrieben, eine ähnliche Einrichtung, die aber heute leider nicht mehr existiert.

Hat der 21er Raum im 21er Haus eine ähnliche Stoßrichtung wie die Startgalerie?

Berthold Ecker: Ich würde meinen, dass das Programm des 21er Raums schon sehr auf die Institution selbst abzielt: Man sucht sich kuratorisch aus, wen man ausstellt, um das Haus als Ort der Avantgarde vorzustellen. Das ist bei uns nicht die primäre Zielsetzung! Wir wollen das gesamte Spektrum abdecken.

Kann man das heute noch?

Berthold Ecker: Das kann man höchstwahrscheinlich nie, aber es ist eine Frage der Haltung! Auch die Sammlung des MUSA ist so aufgestellt. Es gibt heute etwa 5.000 Künstlerinnen und Künstler in Wien, in der Sammlung sind 4.500 aus dem Zeitraum von 1945 bis jetzt vertreten. Fast alle künstlerischen Positionen, die für Wien relevant waren, schlagen sich über kurz oder lang in der Sammlung nieder. So ist es auch mit den Erstausstellungen, wie wir hoffen.

 

Kuratierung durch Jury

Wie hat sich die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler im Laufe der Zeit verändert?

Berthold Ecker: Wolfgang Hilger hat 1986 eine Ankaufsjury eingeführt, was für die Sammlung der Kulturabteilung ein großer Segen war. In dieser sieben- bis achtköpfigen Jury waren die Ausbildungsstätten, Museen, Wissenschaft, Kunstjournalismus, Künstlervertreter – Secession, Künstlerhaus, IG Bildende Kunst – vertreten. Von diesem nunmehrigen Beirat, der inzwischen fünf Mitglieder hat, werden seit 2003 die Kandidaten für das Folgejahr nominiert.

Wie funktioniert die Einreichung für die Startgalerie?

Berthold Ecker: Die Bewerbungsmöglichkeit für alle Förderaktivitäten im Bereich bildender Kunst läuft in den Monaten Jänner und Februar – das reicht von den Studienaufenthalten über Ankäufe und Atelierbefürwortungen bis hin zur Teilnahme an der Startgalerie. Für 2016 haben sich zirka 150 Personen beworben – im März fiel die Entscheidung.

 

Startgalerie im MUSA

Inzwischen ist die Startgalerie im MUSA direkt neben dem Rathaus untergebracht. Welche Veränderungen hat das mit sich gebracht?

Berthold Ecker: Durch die Übersiedlung ins MUSA hat sich die Situation grundlegend verändert. Die Startgalerie ist Teil eines Museums geworden, sie befindet sich im Umfeld einer musealen Ausstellung aus der Sammlung und der Artothek. Es ist eines der Geheimnisse für den Erfolg des MUSA, dass es diese drei Standbeine hat. 2014 wurde erstmals der MUSA-Preis für junge Kunst ausgelobt, um eine besonders gelungene Ausstellung auszuzeichnen. Er ist mit 5.000 Euro dotiert. Dies soll als zusätzliche Förderung für den herausragenden konzeptuellen Umgang mit Kunst verstanden werden und gleichzeitig eine umfassende Öffentlichkeit generieren. Auch der Medienkunstpreis wurde 2014 erstmals vergeben.

Wenn die Jury junge Künstler nominiert, die sich so kurz nach ihren Studien noch finden müssen: Wie groß ist die Überraschung, wenn sie ein Jahr später ihre Ausstellungen zeigen?

Berthold Ecker: Die Überraschung kann manchmal groß sein! Es kommt schon vor, dass eine Zeichnerin einreicht und dann etwa eine Installation für die Ausstellung erarbeitet wird. Dadurch dass die Künstlerinnen und Künstler am Anfang ihrer Karrieren stehen und noch viel ausprobieren, ist das leicht möglich. Wichtig ist uns, dass die Startgalerie ein Experimentierfeld ist, auf dem man auch scheitern kann. Dieses Risiko gehen wir bewusst ein. Ich habe aber das Gefühl, dass die Studierenden in ihrer Ausbildung schon sehr professionalisiert werden. Das hat sich im Vergleich zu den 1970er und 1980er Jahren sehr geändert!

 

Ankauf für die Stadt

Kauft die Kulturabteilung aus den Ausstellungen auch selbst an?

Berthold Ecker: Es gibt keine Verpflichtung dazu, aber es ist möglich. Mit der Nominierung zu einer Ausstellung in der Startgalerie ist eine Ankaufsempfehlung des Beirates verbunden. Das Werk muss auch nicht aus der Ausstellung stammen, manchmal finde ich im Atelier für die Sammlung passendere Werke.

Damit ist eine Ausstellung in der Startgalerie ein erster Schritt nicht nur in die Öffentlichkeit, sondern auch in die Sammlung der Stadt Wien!

Berthold Ecker: Das hilft beiden Seiten und ist eine Form der Anerkennung, da sich immerhin fünf bis sechs Experten dafür ausgesprochen haben. Ich möchte aber noch den Begriff der „jungen Kunst“ diskutieren: Selten, aber doch haben wir auch Künstlerinnen und Künstler, die spät zu studieren begonnen haben und folglich als ältere Menschen noch eine junge Position vertreten. Auch ihnen geben wir eine Chance, da wir kein Alterslimit haben.

Wie stellen Sie sich die Zukunft der Startgalerie vor?

Berthold Ecker: Die Entwicklung der Startgalerie hängt von jener des MUSA ab, das in seiner Bedeutung einer Wiener Landesgalerie entspricht. Als solche ist das MUSA für die städtische Szene, vor allem am Beginn einer internationalen Karriere, von zentraler Bedeutung. Die Startgalerie könnte vielleicht noch mehr Ausstellungen machen, die Produktion von kleinen Katalogen wäre ein weiterer Schritt.

Aus Ihrer Erinnerung: Welche Künstler aus der fast 30-jährigen Geschichte der Startgalerie haben heute einen klingenden Namen?

Berthold Ecker: Das ist schwer zu beantworten! Zu den erfolgreichsten zählen sicher Katharina Hinsberg, Ramesch Daha, Moussa Kone, Robert F. Hammerstiel, Michael Schneider, Ronald Kodritsch, Katrin Plavcak, Rita Vitorelli, Andrea Ressi, Fabian Seiz, Sula Zimmerberger, Robert Muntean, Kamen Stoyanov, Anja Manfredi … Da müssten wir eine lange Liste machen.

Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.