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taliaYsebastian The Committee of Sleep

MAK-Ausstellungsansicht, 2012. ANGEWANDTE KUNST. HEUTE , taliaYsebastian. The Committee of Sleep, MAK-Studiensammlung Möbel, 3.10.2012–6.1.2013 The Committee of Sleep, 2012, Installation © MAK/Katrin Wißkirchen

MAK-Ausstellungsansicht, 2012. ANGEWANDTE KUNST. HEUTE , taliaYsebastian. The Committee of Sleep, MAK-Studiensammlung Möbel, 3.10.2012–6.1.2013 The Committee of Sleep, 2012, Installation © MAK/Katrin Wißkirchen

Was wäre, wenn man Bewegungsenergie, z.B. die eines sich in einem Raum befindenden Menschen, in elektrisches Licht verwandeln könnte? Energy Scanging (auch Energy Harvesting) bietet hierfür die zukunftsweisende, energieautarke Lösung – wie derzeit das österreichische Designduo taliaYsebastian im MAK zeigt. Mit seiner interaktiven Installation „The Committee of Sleep“, in der es organische Leuchtdioden in papierene Lampenschirme hüllt, präsentiert es eine ästhetisch ansprechende Umsetzung der Verbindung von neuer Technologie und alter Papierkunst.

„The Committee of Sleep“ oder „Schlaf` drüber!“

Die von John Steinbeck geprägte und von Deirdra Barrett als Buchtitel aufgegriffene Formulierung eines „Committee of Sleep“1 thematisiert die Bedeutung des Traumes für intuitive Problemlösungen in wissenschaftlichen, künstlerischen und sportlichen Bereichen. Das in Wien 2009 gegründete Industrial Designbüro von Talia Radford und Juan Sebastián Gómez sucht seinerseits nach Rezepten für nachhaltiges Gestalten mit Hilfe neuer Technologien. Ihre Installation aus ca. 20 kleinen Leuchten wurde entwickelt, um eine optisch ansprechende Präsentationsform für nichterneuerbare Energie aufzuzeigen.

Die kleinen Leuchten erhalten Energie über flache und papierdünne organische Leuchtdioden, sog. OLEDs. Als Kooperationspartner konnte die Firma OSRAM gewonnen werden, die seit Jahren auf die Entwicklung von LED setzt. Vorbild für die Konstruktion von OLEDs war der Schwamm Sea Orange, der mit Algen interagiert und lichterzeugende Eigenschaften aufweist. Wenn sich auch die Leuchtstärke dieser OLEDs im dunklen Untergeschoss des MAK nicht sehr stark ist, so eignen sie sich aufgrund ihrer geringen Wärmeabstrahlung für eine Umhüllung mit handtellergroßen Papierschirmen. Dafür entwickelte taliaYsebastian ein Faltmodul aus handgeschöpftem Papier mit lasergeschnittenen Strukturen, das in verschiedenen Varianten die flachen Leuchtdioden umgibt. Wenn man sich den Leuchten nähert, beginnen sie wirklich mehr Licht abzugeben. Da die Lichtquelle ein schönes, weißes Licht produziert und nicht blendet, ist es taliaYsebastian auch möglich, Teile der „Verpackung“ offen zu lassen, und den „Papierschirm“ sowohl hinterleuchtet wie auch als offene Struktur einzusetzen. So sprechen im Design einerseits Papier als Fläche, seine Faltstruktur und auch die verschiedenen geometrischen Formen wichtige Rollen. An den Wänden der Ausstellung zeigt das Designbüro exemplarisch den Weg von der Idee zum fertigen Produkt, von den Recherchen zu den verwendeten Materialien.

Speichermedien

Das Design von taliaYsebastian verfolgt aber auch einen sozialen Zweck, indem es auf eine zukunftsweisende Technologie reagiert und die Auseinandersetzung mit erneuerbaren Energiequellen einfordert. Wenn man vom Ansatz ausgeht, dass in gestalteten Dingen Wissen, Werte und Kultur gespeichert sind, dann kann man nur hoffen, dass in absehbarer Zukunft nicht nur Leuchtmittelproduzenten davon erhellt werden. Den Seinen gibt`s der Herr im Schlaf – die Konventionen zu ändern, verlangt meist mehr Arbeit. Die Rolle von Design, oder vielleicht besser gesagt Angewandter Kunst, mag hierbei die „Committees of sleep“ zur Verfügung stellen.

  1. John Steinbeck: “It is a common experience that a problem difficult at night is resolved in the morning after the committee of sleep has worked on it.” (Running Press, 1988, S. 88)
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.