Monat der Fotografie 2012: distURBANces im MUSA vaggo casino bijoy 7 casino r777 casino login casino online betvisa casino glory casino apk download most play casino krikya online casino glory casino crazy time online casino bd mcw casino affiliate casino glory karika casino battery casino moree glory casino melbet casino mega casino download glory casino profile eb9 casino kariya casino maga casino glory online casino mag casino
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distURBANces Monat der Fotografie 2012

Dionisio Gonzalez, Comercial Santo Amaro, 160 x 450 cm, Installationsansicht, Foto: Alexandra Matzner

Dionisio Gonzalez, Comercial Santo Amaro, 160 x 450 cm, Installationsansicht, Foto: Alexandra Matzner

Gunda Achleitner, neben Berthold Ecker Ko-Kuratorin der Ausstellung „distURBANces“ im MUSA (→ Interview mit Ecker und Achleitner: Wo findet sich die Realität?), präsentiert die wichtigsten künstlerischen Positionen der Schau. Sie haben gemeinsam, dass sie das fotografische Bild nutzen, um Parallelwelten abzulichten. Entweder sind diese wie Funparks von Menschenhand bereits realisiert, (noch) virtuelle Welten in Form von Computerspielen oder Miniaturmodellen. Sie alle spiegeln das menschliche Bedürfnis wieder, die in die Realität einzugreifen, sie den eigenen Vorstellungen gemäß zu überformen. Wo läuft überhaupt die Grenze zwischen Realität und Fiktion?

Justine Blau (* 1977) hat ihr Objekt im Ausstellungsraum aus Styropor und Bildern aus dem Internet aufgebaut. Es entstand eine paradiesische Landschaft, deren Bestandteile aus der Tourismusindustrie kommen. Blau stellt die einfache Frage, warum Menschen reisen und beantwortet sie im gleichen Moment mit Begriffen wie Exotik, Authentizität und Originalität. Sie präsentiert Natur – und damit auch die Tourismusverantwortlichen – als unberührt durch den Menschen. Der Illusionismus des dreidimensionalen Objekts wird jedoch durch die Materialität der Fotografien gebrochen. Während es von Weitem wie ein Bild wirkt, wird diese Illusion aus der Nähe ent-täuscht und schlägt so zur Dystopie um.

 

 

Reiner Riedler (* 1968) fährt für „Fake Holidays“ weltweit in Vergnügungsparks und fotografiert die BesucherInnen in Aktion, wie sie auf der Wasserrutsche Spaß haben oder als Klingonen verkleidet ihr Mittagessen zu sich nehmen. Reiner Riedler sieht unsere Gesellschaft als eine „Inszenierungsgesellschaft“, die die Suche nach dem Glück in die Freizeit verschoben hat und deshalb künstliche Welten erschaffen muss. Menschen flüchten weltweit aus ihrer Alltagsrealität und erfüllen sich am Wochenende ihre Sehnsüchte. In Antalya an der türkischen Riviera befindet sich das Kremlin Palace Hotel mit einer Nachbildung des Roten Platzes. Russische Familien fliegen inzwischen hierhin auf Urlaub, auch um ihren Kindern das Wiedergeburtstor, die Basilius-Kathedrale, das Historische Museum und den Kreml zu zeigen, weil es billiger ist, als nach Moskau zu fahren. Die neun ausgestellten Fotografien wurden in Vergnügungsparks auf der ganzen Welt aufgenommen. Eine Besonderheit stellt dabei „Holy Land Experience“ in Florida (USA) dar, wo die Bibel für gläubige Christen in live inszeniert und zur persönlichen Erlebnisshow wird.

 

 

Die Arbeit von Josh Müller (*1973) wurde bereits in der Kunsthalle Wien gezeigt. Die riesige Videoprojektion präsentiert scheinbar eine nebelige, regungslose Flughafenlandschaft. Nicht nur die trübe Wetterstimmung lässt den Eindruck einer Krise aufkommen. Erst der Abspann gibt Aufklärung, dass es sich um ein Modell handelt.

Paul Horn (* 1966) & Lotte Lyon (* 1970) haben die Fotoserie „Neufundland“ gemacht, die sich bei genauer Betrachtung wieder als ein Fake, als eine Ersatzrealität zeigt, denn es handelt sich um Bastel-, Alltags- und Abfallmaterial.

 

 

Robert F. Hammerstiel (* 1957) zeigt Pflanzen, die gleichzeitig Fake und Realität sind. Es handelt sich um Plastikpflanzen, wie sie oft in Hotellobbies zu finden sind. Diese – übrigens sehr teuren – Pflanzen werden von ihm erworben, zusammengebaut und in Lebensgröße abfotografiert.
In seiner Acryl-Glas-Boxen- Serie „Waste Land“ beschäftigt er sich intensiv mit Second-Life. Man kann in diesem Spiel Landschaften wie z. B. Inseln kaufen und mit Palmen bepflanzen. Hammerstiel hält in seinen Kunstwerken den Moment fest, in dem der Rechner die bezahlten Güter auf das Profil „gutschreibt“ und die Symbole der Palmen auf die Landschaft herunterschweben. Es ist unglaublich, welche Möglichkeiten dieses Spiel an kommerziellen Möglichkeiten bietet. Zumindest in der Spielwelt wird dem eigenen Avatar Konsum (als Ersatz für das wirkliche Leben) ermöglicht.

 

 

Der Franzose Thibault Brunet (* 1982) geht in eine ähnliche Richtung, wenn er seinen Avatar mit Hilfe einer digitalen Kamera zum Landschaftsfotografen in den Spielwelten werden lässt. So zieht er die von den Spieler_innen wenig wahrgenommenen Hintergrundlandschaften heraus, während er die Spieler_innen selbst aus den Bildern entfernt.

Ilkka Halso (* 1965) inszeniert in „Museum of Nature“ unberührte Naturlandschaften, über die er ein von Menschenhand designtes Glaskonstrukt stülpt. Der Mensch schützt die Natur vor sich selbst; er baut Architektur, damit diese nicht verschmutzt und verunreinigt wird. Da das Wort „Museum“ bereits auf eine Kommerzialisierung hindeutet, schlängelt sich plötzlich eine Achterbahn durch die „unberührte“ Landschaft.

 

 

Der Hamburger Fotokünstler Peter Bialobrzeski (* 1961) hat in „Paradise Now“ (Oktober-März 2008) jene Zonen des urbanen Wachstums fotografiert, in denen asiatische Städte in die sie umgebende Natur einzudringen scheinen. Der fotografische Blick ist dabei nicht von der Stadt auf den Waldrand gerichtet, sondern von diesem auf die sich ausbreitenden Baustellen. Beleuchtete Kränen können so leicht zu UFOs werden und die Modernität von Hanoi, Jakarta, Singapur, Bangkok und Kuala Lumpur wird zu einer Umwelt verschlingenden Dekadenz.

diStruktura, ein Belgrader Künstlerduo, bestehend aus Milica Milićević (1979) und Milan Bosnić (1969), macht Bilder, die ein wenig an Kompositionen von Caspar David Friedrich erinnern: verloren wirkende Menschen in Rückenansicht vor Landschaften. Die Menschen in ihren Bildern strahlen jedoch tiefe Resignation aus. Berthold Ecker und ich haben eine Aufnahme ausgesucht, in der die Menschen in einem kräftig gelb leuchtenden Rapsfeld wie angewurzelt vor Kraftwerken stehen.

 

 

Der in Wien lebende Fotokünstler Aldo Gianotti (* 1977) ist u.a. mit der Videoarbeit „Rewinding Journey“ (2007) vertreten, in der er, als Astronaut verkleidet, „abgekapselt“ durch die Welt läuft – noch dazu im Rückwärtsgang. Er ist der verlorene Außenseiter, der nirgendwo andocken kann.

Der Spanier Dionisio González (* 1965) beschäftigt sich mit den desolaten Siedlungen der südamerikanischen Favelas, Shantytowns, Slums, also informellen Armensiedlungen. Aus diesen Aufnahmen „baut“ er digitale Landschaften, indem er beispielsweise drei Etagen von Slumsiedlungen übereinanderschichtet. Seine Fotografien sind inzwischen so bekannt, dass ArchitektenInnen bereits solche Ideen aufgreifen und entsprechende Grundrisse entwickeln. Es geht ihnen vor allem darum, diese Siedlungen in die Höhe zu bauen anstatt in die Fläche.

Niklas Goldbach (* 1973) ist mit der interessanten Video-Arbeit „Hochhaus“ (2006) vertreten. Diese basiert auf einem SIFI-Roman von J. G. Ballard mit dem Titel „High Rise“ (1975). Darin entwirft ein englischer Star-Architekt eine vertikale Stadt, ein Hochhaus mit 40 Etagen und Platz für 2.000 Menschen der oberen Mittelschicht, meist Akademiker-Jungfamilien. Alle sollen gleichberechtig sein, alles wird demokratisch entschieden. Es dauert ca. eine Woche, bis die ersten Probleme und Aufstände entstehen: Die oberen Etagen kämpfen gegen die unteren, die Familien mit Kindern gegen jene mit Hund etc. Das artet binnen kürzester Zeit derart aus, dass sämtliche soziale Regeln außer Acht gelassen werden und es nur mehr ums Überleben geht. Das Projekt endet in Mord, Totschlag und Kannibalismus. Ballard wollte damit zeigen, wie schnell das soziale Gerüst außer Kontrolle geraten kann, wenn die Hierarchie, das soziale Gefüge aufgelöst  wird und, zumindest theoretisch, alle gleich sind. Niklas Goldbach hat mit dem Hörspielmacher Paul Plamper ein Video-Hörspiel gemacht, bei dem der Text des Romans in drei Einheiten von bekannten Schauspieler_innen wie Birgit Minichmayr gesprochen wird. Dazu gibt es Goldbachs Slow-Motion-Film in drei Teilen à 55 Minuten; in der Ausstellung laufen die Teile auf drei Monitoren, am Abend des 29. November 2012 werden in Anwesenheit des Künstlers ab 19:00 werden alle Teile hintereinander gezeigt.

Daniel Leidenfrost (* 1979) ist mit dem Projekt „November“ (2010) vertreten. Alle drei Ebenen der Entstehung werden in der Ausstellung gezeigt: Entwurfszeichnungen, das Modell in einer Holzbox mit Fenster und die Aufnahmen davon. Das Modell bleibt gleichwertig neben den Ausgangs- und Endprodukten stehen. Der Innenraum der Box ist mit Nebel und einer kleinen Landschaft gefüllt. Leidenfrost geht von seinen Erinnerungen aus, sucht das Archetypische von urbanen Plätzen und Vororten einzufangen und zu destillieren. Es handelt sich z.B. um die Sporthalle von Vöcklabruck, die Unterführung  zum Bahnhof in Attnang-Puchheim, Graffiti, die er in Wien und während seines Studienaufenthalts in Paris gesehen hat. Die Fotografien lassen den Prozess ihrer Entstehung nicht ahnen, die Technik verschleiert die Realität.

 

 

Frankreich ist mit den beiden so unterschiedlich arbeitenden Fotokünstlern Frédéric Delangle (* 1965) und Cédric Delsaux vertreten. Delangle widmete sich im April 2006 der indischen Megacity „Ahmedabad No life last night“. Sie ist mit 5,6 Millionen Einwohnern die viertgrößte Stadt Indiens und war 1930 der Ausgangspunkt von Mahatma Gandis Salzmarsch. Delangle stellt sein Stativ in der Nacht auf, um die urbane Schönheit einer Stadt festzuhalten, die tagsüber von so vielen Menschen, so viel Verkehr und Chaos geprägt ist, dass die gebaute Stadt dahinter fast völlig verschwindet. Die Aufnahmen sind Langzeitbelichtungen von fünf bis zehn Minuten und sollen, so der Künstler, das architektonische Skelett beleuchten.

 

 

Cédric Delsaux (* 1974) transferiert in der Serie „Dark Lens“ (2007) die bekannten Charaktere von Star Wars auf die Erde und fügt sie in eindeutig urbane oder industrielle Umgebungen ein. Der Hyper-Realismus in den Fotografien des studierten Filmwissenschaftlers basiert auf der technischen Revolution DGI (Daylight Generated Imagery): Die Lichtstimmungen, -reflexionen und –richtungen der Landschaftsaufnahmen können auf das fotografierte Objekt – hier die Figuren aus Star Wars – übertragen werden. Beim Übereinanderlegen der Motive wirken dadurch die eingefügten Teile realistisch – morbide.

Die Schweizer Künstlergruppe collectif_fact (gegründet 2002 von: Annelore Schneider *1979, Claude Piguet *1977, Swann Thommen *1979; seit 2009 Annelore Schneider und Claude Piguet) fährt in ihrer Video-Arbeit mit der virtuellen Kamera ihre Heimatstadt Genf ab. Am Computer wird alles „Nebensächliche“ geschwärzt,  nur mehr Werbeflächen, Hinweistafeln, Stoppschilder und Ampeln bleiben in der Animation übrig. Die ganze Stadt erscheint somit auf eine schwarze Folie reduziert, Genf bekommt einen Allerweltscharakter, das Video könnte überall aufgenommen worden sein. Und dennoch erkennen Genfer ihre Stadt wieder.

 

Bilder

  • Dionisio Gonzalez, Comercial Santo Amaro, 160 x 450 cm, Installationsansicht, Foto: Alexandra Matzner
  • Installationsansicht "distURBANces", MUSA 2012 mit Justine Blau, Somewhere else I, 2008, 120 x 280 x 350 cm, Leihgabe der Künstlerin, Foto: Alexandra Matzner
  • Installationsansicht "distURBANces", MUSA 2012 mit Justine Blau, Somewhere else I, 2008, 120 x 280 x 350 cm, Leihgabe der Künstlerin, Foto: Alexandra Matzner
  • Justine Blau, The Circumference of the Cumanán Cactus, 2010, Durantrans Leuchtbox, 90 x 120 x 8,8 cm, © Justine Blau, Courtesy: Centre national de l’audiovisuel (CNA), Luxemburg
  • Reiner Riedler, Superman über dem Roten Platz, Topkapi Palace Hotel, Antalya, Türkei, aus der Serie 'Fake Holidays', 2006, C-Print, 65 x 80 cm, © Reiner Riedler
  • Paul Horn & Lotte Lyon, aus der Serie: Neufundland, á 90 x 115 cm, Lambdaprints/PVC
  • Paul Horn & Lotte Lyon, aus der Serie: Neufundland, á 90 x 115 cm, Lambdaprints/PVC
  • Robert F. Hammerstiel, Waste Land, 2011, C-Print auf Acrylglas in Acrylglasbox, 45 x 70 x 5 cm, © Robert F. Hammerstiel
  • Robert F. Hammerstiel, Waste Land, 2011, C-Print auf Acrylglas in Acrylglasbox, 45 x 70 x 5 cm, © Robert F. Hammerstiel
  • Installationsansicht distUBRANces im MUSA, Robert F Hammerstiel, Foto: Alexandra Matzner
  • Ilkka Halso, Kitka-River, aus der Serie “Museum of Nature” (Triptychon), 2004, C-Print, Diasec auf Dibond, 183 x 300 cm, © Ilkka Halso
  • Peter Bialobrzeski, Paradise Now, #18, 2009, C-Print, 60 x 75 cm, © Peter Bialobrzeski, Courtesy: L.A. Galerie – Lothar Albrecht, Frankfurt
  • diSTRUKTURA, Not so far away 1, aus der Serie “Face to Face”, Lambda-Print, 2007, 80 x 120 cm, © diSTRUKTURA
  • Aldo Giannotti, A Rewinding Journey, 2007, Videostill, 10:40 min, © Aldo Giannotti
  • Installationsansicht distUBRANces im MUSA, Blau und Leidenfrost, Foto: Alexandra Matzner
  • Daniel Leidenfrost, November, 2010, Modell, 180 x 240 x 140 cm, © Daniel Leidenfrost
  • Installationsansicht distUBRANces im MUSA, Foto: Alexandra Matzner
  • Cédric Delsaux, Dark Lens, Installationsansicht "distURBANces", MUSA 2012, Foto: Alexandra Matzner
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.