Joan Jonas (*1936 in New York) wurde Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre als Pionierin der Video- und Performancekunst bekannt und ist eine der einflussreichsten Künstlerinnen der Gegenwart. Mit ihren experimentellen Installationen verfolgt sie einen originellen und interdisziplinären Ansatz. Sie vereint darin collageartig Film, Video, Musik, Fotografie, Zeichnung, Soundscapes, Objekte, Requisiten und Masken oder auch Schauspiel und Tanz. Im Zentrum ihrer Arbeit steht oft eine erzählende Komponente. Jonas findet ihre Inspiration u.a. in der Literatur, im No-Theater und in Ritualen, die sie auf zahlreichen Reisen über die Jahre miterlebt hat.
Großbritannien | London: Tate Modern
14.3. – 5.8.2018
VERSCHOBEN!
Deutschland | München: Haus der Kunst
9.9.2022 – 26.2.2023
Die in New York aufgewachsene Künstlerin, studierte zwischen 1954 und 1958 zuerst am Mount Holyoke College Kunstgeschichte. Joan Jonas erhielt an der Boston Museum School eine Ausbildung als Bildhauerin (1958–1961), gefolgt von einem Studium der Malerei an der New Yorker Columbia University (1961–1964), Ihre frühesten Werke, die Anfang der 1960er Jahre entstanden, waren von non-linearen Werken von John Cage und Claes Oldenburg beeinflusst. Sehr schnell wandte sich Joan Jonas der Performance, dem Video und Requisiten zu, nachdem sie die einflussreiche Choreografin Trisha Brown und Yvonne Rainer in den 1960ern getroffen hatte. Ihre revolutionäre frühe Praxis in New York Downtown inspirierte eine Generation von Künstlern und Denkern. Zeitgenossen wie Richard Serra und Peter Campus fotografierten sie, wodurch diese ephemeren Momente festgehalten wurden. Ergänzt wird das Dokumentationsmaterial durch Sammlungsgegenstände Masken, Kristallen und Dingen aus dem persönlichen Besitz der Künstlerin, die sie im Laufe der Jahre auf Reisen zusammengetragen hat. Sie inspirierten sie zu Werken oder wurden in ihnen wichtig.
„It’s the shamanistic idea—the performer goes through the actions so that the audience can experience them also. It takes you into a space that you wouldn’t otherwise be in.“ (Joan Jonas über „Mirror Check”)
Joan Jonas ist eine leidenschaftliche Erzählerin, was in Arbeiten wie „The Juniper Tree“ (1976/1994) zum Ausdruck kommt. Hierfür benutzte Jonas 29 Holzbälle, eine Leiter, einen Kimono und mehr, um ein Märchen der Brüder Grimm über eine böse Stiefmutter und deren Familie zu nachzuerzählen. Für die Installation, „Lines in the Sand“ (2002), die Jonas für die Documenta 11 entwickelte, arbeitete sie mit dem Mythos der Helena von Troja, um sich auf zeitgenössische politische Ereignisse zu beziehen.
Joan Jonas hat ihre Arbeit international und umfangreich ausgestellt und zur Aufführung gebracht. So nahm sie (zwischen 1972 und 2012) sechsmal an der documenta in Kassel teil und war im amerikanischen Pavillon der 56. Biennale von Venedig vertreten.
Über fünfzig Jahre künstlerisches Werk werden in den beiden Ausstellungsorten präsentiert. Für die Retrospektive konnten bedeutende Arbeiten aus allen Schaffensphasen als Leihgaben gewonnen werden. Diese korrespondieren im Ausstellungsraum, da Joan Jonas häufig zu ihren älteren Werken zurückkommt, so zu sehen in „Cones/May-Windows (After Mirage)“. Diese Installation entstand 1976 und wurde 2011 von der Künstlerin überarbeitet. Aus dem frühen Werk ist „Organic Honey’s Visual Telepathy“ (1972) ausgestellt. Hierin erforscht sie mit Hilfe eines sexualisierten Alter Ego weibliche Identität. Aktuellere Installationen schließen die Video-Sound-Installation „Reanimation“ (2010/13) sowie „Stream or River, Flight or Pattern“ (2016/17) mit ein. Die Themen reichen nun von Klimawandel zum Aussterben von Tierarten, die Joan Jonas aktuell sehr wichtig sind.
Die Ausstellung zeigt Installationen aus den 1970er Jahren sowie jüngere Arbeiten aus den letzten fünfzehn Jahren. In London wie auch in München wird Joan Jonas Live-Performances aufführen (in der Tate als BMW Tate Live Exhibition in den Tanks). Die Künstlerin plant einige ihrer bekanntesten Werke wiederaufzuführen wie „Mirror Pieces“ aus den Jahren 1968 bis 1971. Hinzu kommen ein umfangreiches Filmprogramm sowie ein Katalog mit mehreren Interviews mit der Künstlerin.
Kuratiert von Julienne Lorz, Kuratorin am Haus der Kunst München, und Andrea Lissoni, Leitender Kurator der Abteilung International Art (Film) der Tate Modern.