Rachel Ruysch (1664–1750) war das erstes weibliches Mitglied der Akademie, Hofmalerin, Lotteriegewinnerin und Mutter von zehn Kindern – eine Ausnahmeerscheinung ihrer Zeit. Ihre prachtvollen, täuschend echt wirkenden Blumenstillleben mit exotischen Pflanzen und Früchten, Schmetterlingen und Insekten galten bereits zu Lebzeiten als gesuchte und kostspielige Sammlerstücke. Die Nachfrage war so groß, dass es sich die Amsterdamer Malerin leisten konnte, nur wenige Stücke im Jahr zu produzieren. Als Tochter des renommierten Professors für Anatomie und Botanik, Frederik Ruysch, wurde sie früh in das Studium der Pflanzen eingeführt. Auch ihre Schwester Anna widmete sich der Blumenmalerei.
Deutschland | München:
Alte Pinakothek, Erdgeschoss West
26.11.2024 – 16.3.2025
Im Alter von 15 Jahren studierte sie bei dem Stilllebenmaler Willem van Aelst. Vor diesem Hintergrund wissenschaftlicher und künstlerischer Studien lernte sie, das Wesen der Natur in ihren eigenen Blumenbildern festzuhalten. Ruysch, die berühmteste Malerin im Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst, genoss in ihrer fast sieben Jahrzehnte dauernden Karriere hohe internationale Reputation.
Rachel Ruysch komponierte ihre üppiges Blumenarrangements vor dunklem Hintergrund im Stil der Blumenmalerei aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die identifizierbaren, blühenden und verwelkenden Pflanzen blühen eigentlich nie gleichzeitig; die Bilder entstanden im Jahreslauf additiv. Unter den Blüten entdeckt man bei genauerem Hinsehen Raupen, die am Stängel einer Blume entlangkriechen, und braune Blätter, die von Löchern hungriger Insekten durchsetzt sind. Solche lebhaften Details betonen die Zerbrechlichkeit des Arrangements und spielen auf die Vergänglichkeit von Schönheit und Leben an.
In ihrer Arbeit und in der Art, wie sie ihre Blumen in brillanten Kompositionen arrangierte, gipfelt ein Jahrhundert europäischer Blumenmalerei. Charakteristisch ist etwa die S-Kurve und die Diagonale, in der Ruysch einzelne Blüten und Sträuße arrangierte. Die Malerin arbeitete bis weit in ihre Achtziger hinein als Hofmalerin des Kurfürsten Johann Wilhelm. Sie erhielt durchwegs hohe Preise für ihre Stillleben; ein Sammler zahlte Berichten zufolge 1500 Gulden für ein Paar ihrer Bilder. Nur wenige niederländische Maler erhielten routinemäßig so hohe Beträge.
Gemeinsam mit dem Toledo Museum of Art und dem Museum of Fine Arts in Boston widmet die Alte Pinakothek Rachel Ruysch die weltweit erste große monografische Ausstellung. Es gilt die wundersame Welt der Rachel Ruysch zwischen Kunst und Naturwissenschaft, perfektionierter Feinmalerei und künstlerischer Freiheit inmitten illustrer Auftraggeber in Amsterdam, Düsseldorf und Florenz zu entdecken.