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Benvenuto Cellini: Saliera Goldenes Salzfass für Franz I. von Frankreich

Cellini, Salzfass (Saliera), 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)

Cellini, Salzfass (Saliera), 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)

Der Florentiner Goldschmied und Bildhauer Benvento Cellini (1500–1571) schuf das Salzfass in den Jahren 1540 bis 1543 während seines Aufenthaltes am Hof des französischen Königs Franz I. (1494–1547). Salzfässer waren luxuriöse Bestandteile fürstlicher Tafeln und dienten dem dekorativen Servieren von Salz und Pfeffer, die als teure und seltene Gewürze galten. Cellini hatte zuvor Ippolito d´Este (1509–1572), Kardinal von Ferrara, ein aus Wachs gearbeitetes Modell präsentiert. Da der Kardinal an der Möglichkeit der Ausführung des Gegenstandes in Gold zweifelte, sah Cellini den französischen König als einzig geeigneten Auftraggeber an. Dieser war auf die Arbeiten des Goldschmiedes aufmerksam geworden und berief ihn an seinen Hof. Bei der Saliera handelt sich um das einzig erhaltene, aus Gold gearbeitete und gesicherte Werk des Florentiner Künstlers.

Rollendes Salzfass

Cellini schildert den Entstehungsprozess des Tafelgerätes, das aus Goldblech getrieben wurde, ausführlich in seiner Autobiographie. Er bezeichnet die Figuren als Darstellungen der Erde, die Göttin Tellus, und des Meeres, Neptun mit dem Dreizack. Neptun gibt er ein Schiff für das Salz bei, Hippokampen und Fische begleiten ihn. Die Tiere des Landes – Elefant, Löwe und Hund – bilden die Gefolgschaft der Göttin, an ihrer Seite befindet sich eine filigrane, triumphbogenartige Architektur, die zur Aufbewahrung von Pfeffer diente. Der französische König wurde von Cellini durch mehrere Symbole zitiert: Der Feuersalamander war das persönliche Emblem Franz´ I., die Architektur ist durch das Wappen mit Lilien und die Initiale „F“ für François dekoriert.

Die Skulpturen aus getriebenem Gold wurden auf einem Ebenholzsockel montiert, in diesen brachte Cellini Elfenbeinkugeln ein, um die Beweglichkeit des Tafelgegenstandes zu ermöglichen. Dieser konnte auf dem Tisch gerollt werden, war zudem drehbar und so leicht von allen Seiten zu betrachten. Der Holzsockel ist mit acht Reliefs geschmückt: Darstellungen der vier Winde oder der vier Tageszeiten sowie der vier menschlichen Tätigkeiten Handel, Ackerbau, Seefahrt, Musik und Krieg.

Cellini beschreibt die Saliera

Benvenuto Cellini beschrieb sein Salzfass mehrere Male, darunter im einflussreichen „Traktat über die Goldschmiedekunst“:

„Es war von ovaler Form, ungefähr zwei Drittel Ellen lang. Der feste Sockel hatte vier Fingerdicken Höhe und war sehr reich verziert. In angenehmer, schöner Art wie es solche Kunst verlangt, teilte ich das Ganze ein: Ein Teil als Meer, das andere als Erde, und über dem Meerteil platzierte ich eine in Folg gefertigte Figur, mehr als eine halbe Elle groß, die aus einem Blech mit Hammer und Punzen in obenerwähnter Weise vollplastisch getrieben worden ist. Sie stellt Neptun, den Meeresgott, dar, sitzend in einer Muschel von der Art eines nautischen Triumphwagens mit seinen vier Meerespferden, vorn als Pferde, hinten mit Fischleibern vorgestellt. In des Neptuns rechter Hand hatte ich ihm seinen Dreizack gegeben, derweil ich ihn mit dem ganzen linken Arm auf ein reich mit kleinen kämpfenden Seeungeheuern verziertes Boot sich stützen ließ. Dieses Boot diente dem Salzgebrauch.
Dem Neptun gegenüber war eine Frauengestalt der gleichen Größe und auf dieselbe Weise vollplastisch wie die männliche si angebracht, dass sich die Beine des Mannes und der Frau in edler Grazie kreuzten, die einen gestreckt, die anderen gebogen, und auf solche Weise die Berge und die Ebenen der Erde darstellend. Neben die Frauenfigur stellte ich einen kleinen, verzierten Tempel jonischen Stils, um den Pfeffer aufzunehmen, und in die rechte Hand hatte ich ihr ein Füllhorn gegeben voller Blüten, Blumen und Obst.
Auf der Seite des Erdreichs zeigte ich verschiedene schöne Landtiere, auf der des Meeres ließ ich zwischen den Wellen schönste Fische auftauchen.
Auf dem ovalen Sockel machte ich eine Einteilung in acht Felder, worin ich Frühling, Sommer, Herbst und Winter und in weiteren vier Darstellungen den Sonnenuntergang, den Tag, die Dämmerung und die Nach beschrieb. Die Höhe des Sockels füllte ich ganz mit Ebenholz aus, welche nur als schmaler Rand zum Vorschein kam und so mit seinem Schwarz dem Gefäß viel schöne Grazie verlieh. Auch legte ich vier Elfenbeinkugeln passender Größe etwas über die Hälfte so in Ebenholz ein, dass das auf dem Tisch stehende Salzfass mit größter Leichtigkeit in jede beliebige Richtung bewegt werden konnte.
Einen beträchtlichen Teil dieses Werkes war emailliert, wie die Blätter, Blumen, Früchte, etliche Baumstümpfe und alles Wasser des Meeres, dazu noch mancherlei anderes, wie es in unserem Fach so üblich ist.“1 (Benvenuto Cellini über die Saliera, 1565)

Kostbares Hochzeitsgeschenk

Nachdem die Saliera Franz I. 1543 erstmals vorgeführt worden war, ließ der König das kostbare Stück wieder zurück in die Werkstatt Cellinis bringen. Er wollte sich noch überlegen, wo und wie er es einzusetzen gedachte. Der italienische Bildhauer verwendete das Salzfass daraufhin selbst – auf dem Tisch in seiner Werkstatt und mit „einigen seiner treuen Freunde“, wie er übrlieferte.

Im Inventar der französischen Könige von 1561 ist das Salzfass beschrieben und vermerkt, dass es 1570 als Geschenk für Erzherzog Ferdinand II. von Tirol (1529–1595) Verwendung fand. In diesem Jahr heiratete der französische König Karl IX. (1550–1574) die Erzherzogin Elisabeth (1554–1592), einer Tochter von Kaiser Maximilian II. (1527–1576). Elisabeth war die Nichte Ferdinands II., der den Bräutigam bei der Eheschließung in Speyer am 22. Oktober 1570 vertrat. Aus Dankbarkeit erhielt der Erzherzog eine Gruppe von Geschenken, unter denen sich die Saliera befand.

Mit dem Erwerb der Sammlung Ferdinands durch Kaiser Rudolf II. (1552–1612) gelangte das Kunstwerk 1605 in den Bestand des Hauses Habsburg. Als das k. k. Hofmuseum 1891 feierlich eröffnet wurde, präsentierte man das Salzfass in Saal XIX im Hochparterre unter dem Deckengemälde von Julius Victor Berger (1850–1902), das die wichtigsten Auftraggeber der Habsburger und die bedeutendsten Künstler, darunter Cellini mit seinem Meisterwerk, darstellte.

Biografie von Benvenuto Cellini (1500–1571)

1500 Am 3. November wurde Benvenuto Cellini in Florenz geboren.

1514 Lehre bei Michelangelo a Viviano

1515 Lehre bei Antonio di Sandro

1516 Rauferei und Verbannung, Lehre bei Francesco Castoro in Siena

1517 Cellini kehrte für kurze Zeit wieder nach Florenz zurück. Danach hielt er sich in Siena, Bologna und Pisa auf.

1518 Rückkehr nach Florenz. Zur Weiterbildung übersiedelte Benvenuto Cellini nach Rom.

1520 Cellini war wieder in Florenz nachweisbar.

1523 Erneut hatte Cellini Probleme wegen einer Rauferei. Er floh nach Rom und eröffnete eine eigene Werkstatt.

1524 Pest in Rom

1527 Während des Sacco di Roma diente Cellini als Kanonier auf der Engelsburg. Er tötete den Herzog von Bourbon, Prinz von Oranien.

1528 Rückkehr nach Florenz, dann Mantua.

1529 Benvenuto Cellini diente als Goldschmied am Hof des Herzogs von Mantua.

1530 Erneute Rückkehr nach Rom. Puvialschießen. Stempelschneider in der päpstlichen Münze. Cellinis Bruder wurde bei einer Rauferei getötet.

1531 Cellini bekleidete den Posten des Päpstlichen Leibtrabenten

1532 Augenleiden. Streit mit Papst Clemens VII. Nach einer Rauferei musste Cellini nach Neapel fliehen.

1534 Der neu gewählte Papst Paul III. rehabilitierte Benvenuto Cellini. Dieser fertigte neue Münzen für den Papst.

1535 Reise nach Venedig und Florenz. Cellini arbeitete auch für den Herzog.

1537 Cellini hielt sich wieder in Rom auf. Er schuf einen Bucheinband als Geschenk vom Papst an den Kaiser. Erhielt eine Einladung an den Pariser Hof von König Franz I., worauf Cellini nach Paris reiste.

1538 Kehrte krank nach Rom zurück und wurde auf der Engelsburg gefangen gehalten.

1539 Freilassung

1540 Zweite Reise nach Paris, wo er große Aufträge bei guter Bezahlung erfüllte, darunter das Salzfass, die sogenannte Saliera.

1541 Benvenuto Cellini berichtet von Intrigen der Madame d’Estamps, der einflussreichen Mätresse des Königs, gegen ihn.

1543 Fertigstellung der Saliera und des silbernen „Jupiter“.

1544 Differenzen mit dem König.

1545 Benvenuto Cellini kehrte nach Florenz zurück – auf Einladung von Cosimo de’Medicis.

1546 Cellini schuf verschiedene Plastiken aus Bronze und Stein für die Stadt Florenz.

1549 Guss des „Perseus“ für die Loggia dei Lanzi

1554 Im April 1554 wurde der „Perseus“ in der Loggia dei Lanzi aufgestellt.

1558 Benvenuto Cellini nahm die Tonsur. Er begann mit der Niederschrift seiner „Vita“.

1560 Benvenuto Cellini wurde von seinem Gelübde entbunden.

1562 Ende des Lebensberichts in der Vita

1565 Benvenuto Cellini publizierte den „Traktat über Goldschmiedekunst“, den er dem Herzog widmete. Er heiratete seine bisherige Haushälterin und wurde noch Vater von zwei Kindern.

1567 Cellini beendete seinen „Traktat über die Bildhauerkunst“.

1568 Die Traktate wurden erstmals veröffentlicht.

1569 Cellini klagte über finanzielle Probleme.

1571 Am 14. Februar verstarb Benvenuto Cellini in Florenz.

Benvenuto Cellini. Saliera: Bilder

  • Benvenuto Cellini (1500–1571), Salzfass, „Saliera“, 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)
  • Cellini, Salzfass (Saliera), 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)
  • Benvenuto Cellini, Saliera, Elefant, 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)
  • Benvenuto Cellini, Saliera, Kopf der Erde, 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)
  • Benvenuto Cellini, Saliera, Kopf des Neptun, 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)
  • Benvenuto Cellini, Saliera, Hippocampen, 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)
  • Benvenuto Cellini, Saliera, Detail, 1540–1543, Gold, Email, Ebenholz, Elfenbein, 28,5 cm × 21,5 cm × 26,3 cm (Kunsthistorisches Museum Wien)

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  1. Zit. nach Benvenuto Cellini. Traktate über die Goldschmiedekunst und die Bildhauerei, hg. von Erhard Brepohl, Köln/Weimar/Wien 2005, S. 96.
Dr. Birgit Schmidt
Dr. Birgit Schmidt, freischaffende Kunsthistorikerin in Wien, Spezialistin für Alte Meister, Künstlerinnen und die Wiener Schule der Kunstgeschichte