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Eike Schmidt zum KHM-Generaldirektor bestellt Direktor der Uffizien tritt im Herbst 2019 in Wien an

Thomas Drozda und Eike Schmidt

Thomas Drozda und Eike Schmidt

Kulturminister Thomas Drozda gab heute die Berufung von Dr. Eike D. Schmidt als neuen Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums bekannt. Der deutsche Kunsthistoriker und Spezialist für Bildhauerei ist aktuell Direktor der Uffizien in Florenz. Ab Herbst 2019 übernimmt er von Dr. Sabine Haag das Haus am Ring, das Weltmuseum, das Theatermuseum, die Schatzkammer, die Hof- Jagd- und Rüstkammer, die Wagenburg in Schloss Schönbrunn sowie Schloss Ambras bei Innsbruck. Eike Schmidt hatte sich unter 15 internationalen Bewerberinnen und Bewerbern besonders profiliert und wurde von der Findungskommission1 als der geeignetste Kandidat im Dreiervorschlag favorisiert.

Elfenbeinspezialist folgt Elfenbeinspezialistin

Der 1968 in Freiburg im Breisgau geborene Kunsthistoriker studierte Moderne und Mittelalterliche Kunst an der Universität Heidelberg. Für seine Dissertation verbrachte er in den 1990ern mehrere Jahre in Bologna und Florenz, wo er zur Elfenbeinsammlung der Medici im 16. und 17. Jahrhundert forschte. Von 1994 bis 2001 wirkte er am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz. Danach arbeitete Eike Schmidt bis 2015 in amerikanischen Museen: 2001 bis 2006 an der National Gallery of Art in Washington, 2006 bis 2008 am Getty Museum in Los Angeles, 2009 bis 2015 im Minneapolis Institute of Arts. 2008/09 leitete Schmidt die Abteilung für europäische Plastik bei Sotheby’s, London. Seine Berufung als Leiter der Uffizien in Florenz hatte in den italienischen Medien bereits für Aufsehen gesorgt, war Schmidt doch der erste Nicht-Italiener auf dem Posten. In Wien wiederholte er das Kunststück, indem er einen konsequenten Weg der Digitalisierung und Vermittlung aufzeigte. Der „ausgeprägte Gestaltungswille“ war für Kulturminister Thomas Drozda der ausschlaggebende Grund für die Berufung. Daneben wird Schmidt auch für die neuerliche Steigerung der internationalen Reputation und Sichtbarkeit des KHM verantwortlich zeichnen.

Bei der heutigen Pressekonferenz wurde die Personenentscheidung präsentiert – wenig Konkretes war hingegen von Plänen des designierten Generaldirektors zu hören. Der hat ja auch noch seinen Vertrag mit dem italienischen Staat zu erfüllen, bevor er sich Mitte 2019 nach Wien wenden kann. Einen zukünftigen Leihgeber nicht zu vergraulen, ist sicher eine gute Entscheidung. Sich im Bereich Digitalisierungsstrategien nicht zu weit aus dem Fenster zu hängen, sicher auch. Wer weiß, ob Snapchat und Co. bis zu Schmidts Amtsantritt überhaupt noch eine Rolle spielen – oder nicht schon längst durch die nächste Social Media Revolution abgelöst wurde.

Im Gegensatz zu den Uffizien besitzt das KHM bereits eine neue Homepage und erzählt jüngst auch niederschwellig Geschichten aus den eigenen Beständen. Die Kunstvermittlung wurde auf ein zeitgenössisches Level gehoben und arbeitet sehr erfolgreich. Einzig spektakuläre Ausstellungen vom Zuschnitt der Velázquez-Ausstellung (→ Diego Velázquez. Portäts und Rokeby-Venus) fanden sich nicht im Bereich der Alten Meister, sondern eher im Bereich der zeitgenössischen Kunst, wo Lucian Freud (→ Lucian Freud. Malerei um ihrer selbst Willen) für internationalen Zustrom sorgte. Dass für nächstes Jahr Pieter Bruegel der Ältere und eine Ausstellung zum Thema Zeit mit modernen und zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern geplant sind, kommt für Haag zu spät. Sich während ihres fast zehnjährigen Direktorats einzig auf die Eröffnung der Kunstkammer und Kabinett-Ausstellungen aus der eigenen Sammlung zu konzentrieren, war – so lässt sich zwischen den Zeilen lesen – für eine zweite Verlängerung ihres Vertrags nicht genug.

  1. Die Jury setzte sich aus Marion Ackermann (Dresden), Chris Dercon (Berlin), Martin Roth (†, Dresden) und Rudolf Ertl (Kuratoriumsvorsitzender des Kunsthistorischen Museums) zusammen.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.