Christtagmorgen im Jahr 1844 bei einer niederösterreichischen Bauernfamilie – gemalt von Ferdinand Georg Waldmüller. Dieser ist ein herausragender Vertreter der österreichischen Genremalerei des Biedermeier. Ferdinand Georg Waldmüller übertraf seine Vorläufer, indem er gleichzeitig rührselige Motive mit sozialkritischem Unterton verband.
Österreich / Wien: Belvedere
Vier Jahre vor der Revolution von 1848, die den Bauernstand wesentlich betraf1, schildert Waldmüller den freudvollen Morgen eines einfachen Haushalts. Die Kinder finden in ihren Schuhen Äpfel und Bänder. Voller Freude zeigen sie ihre Funde den Eltern, den Großeltern aber auch den Geschwistern. Ein Junge links hält einen leeren Schuh in der Hand und kratzt sich mit der anderen hinter dem Ohr. Warum er wohl keine Süßigkeit bekommen hat? Die Bewegungen wirken überzeugend, so dass die Figuren zu kleinen Gruppen zusammengefasst werden.
„„Das höchste, und zugleich das einzige Studium der Kunst ist die Gestalt des Menschen.“ 2 (Ferdinand Georg Waldmüller)
In der Ecke steht bereits ein Christbaum – noch mit wenigen Kerzen und Schleifen geschmückt. Der Brauch war 1812 von Fanny Arnstein aus Berlin nach Wien gebracht und zwei Jahre später vom Kaiserhaus aufgegriffen worden. Im ländlichen Bereich wurden noch bis ins frühe 20. Jahrhundert Krippen aufgestellt, die nur langsam vom Christbaum verdrängt wurden.
Erst wenige Jahre zuvor, 1841, hatte sich Ferdinand Georg Waldmüller der Genremalerei zugewandt.3 Der profilierte Porträtist und Landschaftsmaler sah in den Vertretern des Bauernstandes vorbildhaft agierende Personen, mit denen er sowohl Idyllen wie auch Gesellschaftskritik ausdrücken konnte. Zu den 1844 entstandenen Bildern zählt auch „Die Verehrung des heiligen Johannes“ (Wien Museum). Bürgerliche Tugenden wie Fleiß, Bescheidenheit, Rechtschaffenheit, Altenehrung, ein glückliches und zufriedenes Zusammenleben der Familien usw. zählen zu den bedeutendsten Mitteilungen des Wiener Malers.
„Es gibt keinen Styl in der Kunst, sondern nur eine Darstellung der Natur, die ewig wechselnd in ihren Erscheinungen, in allen Darstellungen derselben auch im Geiste der Unabhängigkeit allein richtig aufgefasst werden kann.“4 (Ferdinand Georg Waldmüller)