Die Kunsthalle Mannheim erwarb 1959 den vierten Guss seiner „Sirène [Sirene]“ (1945) und ehrte damit den fünf Jahre zuvor verstorbenen, berühmten französischen Bildhauer und Plastiker Henri Laurens (1885–1954). Henri Laurens gehörte zum Kreis der Kubisten um Georges Braque und Pablo Picasso. Zunächst als Steinmetz und Dekorbildhauer ausgebildet, schuf der häufig als zurückhaltend und bescheiden beschriebene Pariser Künstler ein ebenso opulentes wie vielgestaltiges Werk, dessen besonderer Charakter im Fokus der monografischen Ausstellung steht. Die Mannheimer Werkschau umfasst rund 60 Skulpturen aus allen Schaffensphasen Henri Laurens‘. Ergänzt werden sie durch zirka 50 Druckgrafiken, Zeichnungen und Künstlerbücher des Plastikers, die als wegweisende und stete Begleiter seines bildhauerischen Schaffens interessante Einblicke gewähren.
Deutschland / Bremen: Gerhard-Marcks-Haus
30.9.2018 – 13.1.2019
Deutschland / Mannheim: Kunsthalle Mannheim
1.3. – 16.6.2019
Die Ausstellung legt den Fokus auf Laurens‘ reifes Werk, dessen figurative Gestalten ab 1932 an Fülle und Volumen gewinnen. Sie sind charakterisiert durch fließende Linienführung und erstaunliche Raumpräsenz. Der Ausstellungstitel „Wellentöchter“ verweist auf Laurens‘ inhaltliche Neigung zum Sujet der Meereswesen und charakterisiert gleichzeitig seine innovative Position auf dem Weg zur abstrahierten Naturinterpretation in der Skulptur. Um die Mannheimer Bronze „Sirene“ (1945) versammeln sich ausgewählte, teils großformatige Skulpturen wie die „Undinen“, „Die Welle“ und „Sirenengruppe“, die ebenfalls dieser Werkreihe entstammen.
Der üppigen Formenvielfalt des reifen Werks steht das geometrisch anmutende und streng konstruierte Frühwerk gegenüber: Inspiriert durch den Kontakt zur Pariser Avantgarde und zum Kubismus überträgt Laurens die gewonnen Erkenntnisse der Malerei auf die Plastik und analysiert ihre Wechselwirkung mit dem umgebenden Raum. So bekannte er: „Die Skulptur atmet und braucht Luft zum Atmen. Der Raum, der sie umgibt, gehört ihr.“ Klingt das nicht wie eine Vorwegnahme von Alberto Giacomettis Raumkonzept? Das kostbare Mannheimer Frühwerk „Frau mit Fächer“ wird begleitet von diversen Figurendarstellungen und Stillleben, u.a. von einer seiner frühesten Kreationen, der fragilen Holzkonstruktion „Der Clown“.
Die Schau „Henri Laurens – Wellentöchter“ bildet den Auftakt des Ausstellungsjahres 2019, das ganz im Zeichen der französischen Moderne steht und mit der Herbstausstellung „Inspiration Matisse“ (27.09.2019 –19.01.2020) einen Höhepunkt feiert. Mit dem Frankreich-Schwerpunkt 2019 knüpft die Kunsthalle Mannheim bewusst an ihre Wurzeln an und reflektiert ihre historisch gewachsene Sammlung. Die geistige Nähe zu Frankreich prägt das Kunstmuseum seit seiner Gründung. Das bedeutendste Werk der Sammlung ist Edouard Manets „Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko“ (1868-69), welches bereits 1910 vom damaligen Direktor Fritz Wichert erworben wurde. Seit den 1950er Jahren wurde der Sammlungsschwerpunkt der französischen Plastik des 20. Jahrhunderts stetig ausgebaut. Die „Sirene“ und „Frau mit Fächer“ sind zwei Herzstücke der umfangreichen Skulpturensammlung und gleichzeitig herausragende Hauptwerke aus verschiedenen Schaffensphasen von Henri Laurens.
Quelle: Pressetext
Mit Beiträgen von Arie Hartog, Elisabeth Lebon, Christa Lichtenstern, Anne-Sophie Pieper und Veronika Wiegartz
146 Seiten, 130 farbige Abbildungen, gebunden
ISBN 978-3-86832-483-9
Wienand Verlag