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Ernst Caramelle. Werke aus 45 Jahren mumok zieht „Ein Résumé“ voller Bildwitz, konzeptueller Tiefe und feinen Aquarellen

Ernst Caramelle, Anschnitt, 1984, Gesso, Aquarell auf Karton, 51 x 60 cm (© Ernst Caramelle)

Ernst Caramelle, Anschnitt, 1984, Gesso, Aquarell auf Karton, 51 x 60 cm (© Ernst Caramelle)

Ernst Caramelle (* 1952, Hall in Tirol) schafft seit 45 Jahren ein Werk, das konzeptuelles Denken, bildlicher Analyse von Ausstellungssituationen und abstrakte Aquarelle genauso kennt wie die Verschränkung von Text, Schrift und Bildwitz. Die Ausstellung im mumok präsentiert alle Werkphasen des österreichischen Künstlers von 1974 bis in die Gegenwart. Unterschiedlichen Medien und konzeptuelle Verfahrensweisen werden von Kuratorin Sabine Follie dramaturgisch miteinander verschränkt. Dabei ist dem Künstler wichtig, die Schau nicht chronologisch zu strukturieren, sondern die Verschränkung zwischen Werken und Medien aufzuzeigen. Zwei neue ortsspezifische Wandmalereien von Ernst Caramelle führen in sein konzeptuelles Denken ein, erweitern die Schau aus 350 Werken um aktuelle Arbeiten und verzahnen die Werke in unterschiedlichsten Medien.

Ernst Caramelle: Werke von 1974 bis 2018

Ernst Caramelle arbeitet in unterschiedlichsten Medien: Foto, Video, Reproduktion von medialen Bildern, Wandmalerei, sogenannte Gesso Pieces, Zeichnungen, Aquarelle, „Lichtarbeiten“ und Druckgrafik. Zum einen lässt sich das Werk Caramelles in der Tradition der abstrakten Malerei – allen voran Josef Albers und der 1960er bzw. 1970er Jahre – kontextualisieren, zum anderen ist er in den Siebzigern der Konzeptkunst und den Medien Fotografie und Video zugetan. So spielt er in „Video Ping-Pong“ (1974) unentwegt mit sich selbst oder steht in der Video-Installation „Landschaft“ leibhaftig aber trockenen Fußes im Wasser. Bereits 1976 zog der bei Oswald Oberhuber ausgebildete Künstler ein erstes „Resümee“, eine Box mit Zeichnungen, Collagen, Tonaufnahme, Flasche. Skripturale Arbeiten folgen auf Arabeske, „post-konzeptuell“ realistische Zeichnungen und Collagen auf abstrakte, Muster auf spiegelsymmetrische Raumabstraktionen. Diese erweiterte Ernst Caramelle zu Wandgemälden, in denen er auf illusionistische Weise den Raum weitet – und in manchen Konzeptionen die Erwartungshaltung gleich widerläuft und somit dekonstruiert.

Caramelles Themen

Inhaltlich werden künstlerische Produktivität, die Rolle des Künstlers, seine Verflechtung mit dem Markt und dem Museum sowie die Verhandlungen zwischen Institutionen und Kunstschaffenden ins Visier genommen – Bildwitz, Slapstick, diagrammatische Wendungen, pataphysische Strategien, comichafte Elemente kommen dabei ebenso ins Spiel wie sprachliche Quasiaphorismen mit nonsensischen Untertönen. Ein produktiver, referierender Eklektizismus mit Eigensinn ist am Werk, der „reine“ Formen der (abstrakten) Malerei oder der Zeichnung aus den Angeln hebt. Hintersinn, Ironie, das Paradoxe und eine akribische Untersuchung der Bedingungen unserer Wahrnehmung und der Repräsentation setzt der Künstler methodisch ein, en passant, ohne mit dem Finger darauf zu zeigen.

Kuratiert von Sabine Folie

Ernst Caramelle: Bilder (Auswahl der Ausstellung)

  • Ernst Caramelle, Aufführung einer Autobiographie, 1973, Leporello (ungefaltet, Innenseite) (Foto Markus Wörgötter/Wolfgang Günzel, © Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Video Ping-Pong, 1974, Installation, Maße variabel (Installationsansicht Studio MIT, Cambridge, 1975) (Foto Markus Wörgötter, Courtesy Sammlung Generali Foundation, Wien)
  • Ernst Caramelle, Aus der Serie: Video-Landschaften, 1974, Fotografie, Maße variabel (Foto Rainer Drexel © Archiv Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Resümee, 1976, Kartonbox (40,5 x 26 x 8 cm), 23 Zeichnungen/Collagen (je 21 x 29,7 cm), 12 Fotografien (je 30 x 24 cm), 1 Super-8-Film (3 min 57 s), 1 Tonband (30 min), 1 Objekt (Flasche) (© Archiv Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, schon Zuviel., 1976, Aquarell auf Papier, 21 x 15 cm (Foto: Rainer Drexel © Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Household, 1980, Bleistift, Aquarell auf Papier, 15 x 21 cm (Foto: Rainer Drexel © Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Untitled, 1980, Gesso, Bleistift, 3-D-Postkarte, Knetmasse auf Karton (4-teilig), je 46 × 51 cm (Foto: Rainer Drexel, Courtesy Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt)
  • Ernst Caramelle, LETZTE MELDUNG, 1981, Kohle, Aquarell, Gouache auf Papier, 30,5 x 27,6 cm (© Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, unidentified Realismus, 1983, Bleistift, Aquarell auf Papier, 26 x 18 cm (© Archiv Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Post-conceptual Realism, 1983, Offset, Bleistift, Tipp-Ex auf Papier, 27,5 x 19,5 cm (Foto Rainer Drexel © Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Anschnitt, 1984, Gesso, Aquarell auf Karton, 51 x 60 cm (© Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Ohne Titel, 1986, Sonne auf Papier, 61 x 45,5 cm (Courtesy Kunstmuseen Krefeld © Ernst Caramelle)
  • Ernst Carmelle, Ohne Titel, 1990, Sonne auf Papier, 39 x 29 cm (Foto Rainer Drexel © Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Ohne Titel, 1990, Sonne auf Papier, 61 x 45,5 cm (© Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Spiegelbild, 1991, 34 x 55 cm (Ausstellungsansicht / Exhibition view Bremer Kunstpreis, Kunsthalle Bremen, 1991 © Foto Stefan Wolf Lucks Courtesy Sammlung Michael Loulakis, Frankfurt)
  • Ernst Caramelle, Untitled, Installation View at the South London Gallery, 2010, Foto Andy Stagg, Courtesy the artist and Mary Mary, Glasgow)
  • Ernst Caramelle, Curator’s Choice, 2010, Aquarell auf Papier, 23 x 31 cm (© Foto Markus Wörgötter, Courtesy Sammlung Generali Foundation, Wien)
  • Ernst Caramelle, Untitled (Klimt), 2011, Mischtechnik auf Holz, 47 x 69,7 cm (Foto Mai 36 Galerie, Zürich, Courtesy Philip and Alexandra Burchard Collection, Frankfurt © Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, untitled, 2013, Gesso, Tinte, Aquarell, Acryl auf Holz, 35,5 x 27,8 cm (Courtesy Mai 36 Galerie, Zürich)
  • Ernst Caramelle, signature work, 2013, Aquarell auf Papier, 23 x 31 cm (Foto Markus Wörgötter, Courtesy Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Wien)
  • Ernst Caramelle, Untitled, 2016, Wasserfarbe auf Papier, 36 x 26 cm (Foto Nicholas Knight Studio, Courtesy the artist and Peter Freeman, Inc. New York/Paris)
  • Ernst Caramelles Studio, New York, 1980er-Jahre (© Archiv Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Eingang, 1984, Gesso, Bleistift auf Karton, 50,6 x 50,8 cm (Ausstellungsansicht Ernst Caramelle. Suzan Frecon, Kunsthalle Bern, 1986, Foto Balthasar Burkhard © Ernst Caramelle)
  • Ernst Caramelle, Ausstellungsansicht Ernst Caramelle. Suzan Frecon, Kunsthalle Bern, 1986, Ohne Titel, 1991, Sonne auf Papier, 61 x 45,5 cm (Foto Balthasar Burkhard  © Ernst Caramelle)

Beiträge zur Kunst der Gegenwart

29. Februar 2024
Zéh Palito, It was all a dream, 2022, Acryl auf Leinwand, 170 x 175 cm (Courtesy des Künstlers, Simões de Assis und Luce Gallery, © Zéh Palito)

Frankfurt | Schirn: Hip-Hop und zeitgenössische Kunst The Culture | 2024

Schon jetzt gilt die kulturhistorische Schau „The Culture“ als Ausstellung mit dem höchsten Coolnessfaktor im Frühjahr 2024! Anlässlich seines 50. Geburtstags widmet die Schirn Kunsthalle Frankfurt dem Hip-Hop und seinem tiefgreifenden Einfluss auf die aktuelle Kunst und Kultur unserer Gesellschaft eine große, interdisziplinäre Ausstellung.
29. Februar 2024
Aneta Grzeszykowska, Untitled Film Stills, 2006 (© 2024 Aneta Grzeszykowska / Courtesy of the artist and Raster Gallery, Warszawa)

Wien | Albertina: 20 Jahre SAMMLUNG VERBUND, Wien Feministische Kunst und Raumerforschungen | 2024

Die ALBERTINA präsentiert die Jubiläumsausstellung der renommierten SAMMLUNG VERBUND anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens: von Cindy Sherman bis Zanele Muholi.
26. Februar 2024
Martha Jungwirth, Ohne Titel (Maja III), 2022, Öl auf Papier auf Leinwand, 264,9 x 226,8 x 2,7 (Alkar Contemporary Collection (ACC), Bilbao)

Bilbao | Guggenheim Bilbao: Martha Jungwirth Retrospektive zu 60 Jahren Abstraktion | 2024

Martha Jungwirth wurde 1966 der Joan-Miró-Preis verliehen; seither hat sie nicht mehr in Spanien ausgestellt! Im Sommer 2024 kann man Jungwirths Werk in Spanien wiederentdecken.

Aktuelle Ausstellungen

19. März 2024
Leonhard Beck, Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen, Detail, um 1513/14, Öl/Fichtenholz, 136,7 cm × 116,2 cm (Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie)

Wien | KHM: Renaissance-Kunst im Zeitalter der Fugger Die Erste Renaissance im Norden – Holbein, Burgkmair und die Augsburger Kunst | 2024

Augsburg, Sitz reicher Kaufleute wie der Fugger und bevorzugter Aufenthaltsort Maximilians I., wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts wie kaum eine andere Atadt nördlich der Alpen von der Renaissance Italiens geprägt. Das Kunsthistorische Museum Wien stellt Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafiken sowie Plattnerarbeiten u.a. von Hans Holbein dem Älteren (um 1465–um 1524) und Hans Burgkmair dem Älteren (1473–1531) aus.
18. März 2024
Parmigianino, Madonna mit Kind und Heilige, 1526/27, Öl auf Pappel, 342.9 x 148.6cm (© The National Gallery, London)

London | The National Gallery of Art: Parmigianino: Die Vision des hl. Hieronymus Zeichnungen und Bild wiedervereint | 2024/25

Zum ersten Mal nach der Restaurierung, die zehn Jahre in Anspruch nahm, wird Parmigianinos „Madonna mit Kind und Heiligen“ (1526/27), auch bekannt als „Die Vision des Heiligen Hieronymus“ wieder zu sehen sein.
18. März 2024
Claude Monet, Tulpenfelder bei Den Haag, 1886, Öl auf Leinwand, 66 cm x 81,5 cm (Van Gogh Museum, Amsterdam)

Amsterdam | Van Gogh Museum: Vive l’impressionnisme! Französischer Impressionismus in den Niederlanden | 2024/25

Wann und wie gelangten diese Werke des französischen Impressionismus in die Niederlande? Und waren die Niederländer:innen überhaupt bereit, eine moderne Kunstbewegung aus Paris zu übernehmen? Welche Bilder ihren Weg in die Niederlande fanden, und welchen Weg sie kamen, klärt die Ausstellung in Amsterdam erstmals.