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Paris | Louvre: Cimabue Die Ursprünge der modernen Malerei | 2025

Cimabue, Maestà, Detail, 1275/1300 (Musée du Louvre, Paris, Abteilung für Malerei, INV 254; MR 159)

Cimabue, Maestà, Detail, 1275/1300 (Musée du Louvre, Paris, Abteilung für Malerei, INV 254; MR 159)

Um 1280 malte Cimabue die „Maestà“ (Louvre) für die Kirche San Francesco in Pisa. Dieses Werk begründete einen Stil, dem später zahlreiche Künstler folgten, darunter Duccio di Buoninsegna in seiner „Rucellai-Madonna“ (die früher fälschlicherweise Cimabue zugeschrieben wurde) sowie Giotto di Buoninsegna. Darüber hinaus besitzt der Louvre die Tafel „Die Verspottung Christi“, 2019 in Frankreich wiederentdeckt, eine von drei erhaltene Tafeln (von acht) aus dem Diptychon von Andacht (um 1280).

Cimabue
Aux Origines De La Peinture Moderne En Occident
[Die Ursprünge der modernen Malerei im Westen]

Frankreich | Paris: Musée du Louvre
Denon-Flügel, 1. Stock, Salle Rosa (717)
22.1. – 12.5.2025

Cimabue im Louvre

Die Ursprünge der westlichen Tafelmalerei liegen in der Toskana: im künstlerischen Spannungsfeld zwischen dem starken Einfluss der konventionell-stilisierten byzantinischen Kunst und den neuen Realismen der Gotik. Interessanterweise tauchen die Veränderungen sowohl in der Malerei als auch der Skulptur auf (siehe das Werk von Nicola Pisano und seinem Sohn Giovanni Pisano). Die städtischen Zentren Pisa, Siena und Florenz boten den Nährboden für diese Entwicklung gegen Ende des 13. Jahrhunderts.

Cimabue war einer der ersten, der die westliche Malerei dem Naturalismus öffnete und versuchte, die Welt, die Gegenstände und die Körper so darzustellen, wie sie wirklich existierten. Mit ihm wichen die aus der byzantinischen Kunst übernommenen und bis zu dieser Zeit so hoch geschätzten Darstellungskonventionen einer erfinderischen Malkunst, die einen dreidimensionalen Raum, Körper in Volumen, die durch subtile Schattierungen, gegliederte Gliedmaßen, natürliche Körperhaltungen und menschliche Emotionen geformt wurden, hervorzurufen suchte.

Der zwischen 1272 und 1302 in Mittelitalien tätige Künstler Cenni di Pepi, besser bekannt unter seinem Spitznamen Cimabue („Ochsenkopf“), war neben den Sienesen Duccio di Buoninsegna der wichtigste Maler, Mosaizist und Freskant seiner Generation. Beide bereiteten das Werk Giotto di Bondones vor, was Kunstliteraten wie Giorgio Vasari zu einem Lehrer-Schüler-Verhältnis zwischen Cimabue und Giotto umdichteten.

 

Cimabue-Ausstellung 2025

Im Jahr 2024 wurden die „Maestà“ und die „Verspottung“, die erst 2019 wiedergefunden wurde, restauriert. Sie bilden den Ausgangspunkt dieser Ausstellung, die anhand von rund 40 Werken den außerordentlichen Reichtum und die unbestreitbare Innovation von Cimabues Kunst beleuchten soll.

 

 

Maestà

Cimabues „Maestà“ ist eine 427 x 280 cm große Tafel, eine Temperamalerei auf Pappelholz mit Goldgrundmalerei. Sie entstand für den Hochaltar der Kirche San Francesco in Pisa. Dort wird sie 1568 von Vasari unter der Autorschaft Cimabues erwähnt. Auch wenn die „Maestà“ innerhalb der Kirche umgesetzt worden ist, so wurde sie 1810 im Rahmen der militärischen Eroberung von dort entfernt und im Oktober 1812 in den Louvre gebracht, wo die monumentale Tafel mit der Nummer 254 inventarisiert worden ist. Die Erwerbung verdankt Frankreich Baron Vivant Denon, der sich für die damals als „primitiv“ angesehene italienische Schule des 13. Jahrhunderts interessierte. In Italien selbst galten die Werke als wenig bedeutend.

Die monumentale Louvre-Tafel ist der „Maestà“ Cimabues in den Uffizien sehr ähnlich. Die Madonna thront als Himmelskönigin zentral auf der Tafel, umgeben von sechs Engeln mit schillernden Flügeln in byzantinischer Hoftracht. Das Christuskind sitzt auf ihrem linken Oberschenkel und führt einen Segensgestus aus. Der kunstvoll gedrechselte Thron ist so hoch, dass die Madonna mithilfe einer Treppe den Stuhl besteigt und ihre Füße auf zwei verschieden hohe Stufen positionieren kann.

Der ursprüngliche Rahmen, der oben giebelförmig abschließt, besteht aus 26 bemalten Medaillons: im oberen Teil Christus und vier Engel, in den Ecken vier Evangelisten, auf den vertikalen Pfosten die zwölf Apostel und am unteren Rand fünf Heilige, darunter der heilige Franz von Assisi und der heilige Evangelist Johannes.

Das Gewand der Madonna, das die Figur eng umschließt, zeigt jenen flüssigen Faltenwurf, der den Übergang von der linearen Figurenauffassung zu den voluminösen Gestalten Giottos vorbereitet.

Nach einer Einführung in die Malerei der Toskana und insbesondere in Pisa in der Mitte des 13. Jahrhunderts konzentriert sich die Präsentation auf die „Maestà“ im Louvre. Die in diesem Gemälde sichtbaren Neuerungen haben einige Kunsthistoriker:innen dazu veranlasst, diese Madonnendarstellung als „Gründungswerk der abendländischen Malerei“ zu betrachten. Die Restaurierung hat nicht nur die Vielfalt und Subtilität der Farben wieder zum Vorschein gebracht, sondern auch zahlreiche Details, die durch frühere Übermalungen verdeckt worden waren. Die Tafel zeigt noch heute die Faszination, die der Orient, sowohl der byzantinische als auch der islamische, auf Cimabue und seine Mäzene ausübte.

Cimabue und Duccio

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts verkörperten Duccio und Giotto – beide stark beeinflusst von der Kunst des großen Cimabue, der 1302 starb – die neuen Möglichkeiten der Malerei. In welcher Beziehung standen nun Cimabue und Duccio?

Der Rundgang wird mit einem Abschnitt fortgesetzt, der Cimabues Diptychon mit acht Tafeln gewidmet ist, von dem der Louvre zum ersten Mal die einzigen drei heute bekannten Tafeln zusammengebracht hat. Die Lebendigkeit und erzählerische Freiheit, die Cimabue in diesem farbenfrohen Werk entfaltet, machen es zu einem wichtigen und bisher unbekannten Präzedenzfall für Duccios „Maestà“, einem Meisterwerk der sienesischen Malerei des 14. Jahrhunderts.

 

Giottos „Der heilige Franziskus empfängt die Wundmale“

Die Ausstellung endet mit der Präsentation von Giottos großem Gemälde „Der heilige Franziskus empfängt die Wundmale“, der einige Jahre später von dem talentierten jungen Schüler Cimabues gemalt wurde. Das Werk war für denselben Ort bestimmt wie die „Maestà“ des Louvre: den Tramezzo oder Lettner – die Trennwand zwischen Kirchenschiff und Chor – der Kirche San Francesco in Pisa.

Kuratiert von Thomas Bohl, conservateur au département des Peintures, musée du Louvre.

 

Bilder

  • Cimabue, Maestà, 1275/1300 (Musée du Louvre, Paris, Abteilung für Malerei, INV 254; MR 159)
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.