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Rudolf von Alt, Der Stephansdom in Wien Meisterhafte Aquarelltechnik trifft auf Identifikationsbau Wiens

Rudolf von Alt, Der Stephansdom in Wien (klein)

Rudolf von Alt, Der Stephansdom in Wien (klein)

Rudolf von Alt (1812–1905) zählt zu den profiliertesten Aquarellisten und Landschaftsmalern des 19. Jahrhunderts in Österreich. „Der Stephansdom in Wien“ ist eines seiner bekanntesten Motive.

Rudolf von Alt war der Sohn des Vedutenmalers Jakob Alt und wurde schon vor seinem Akademiestudium von seinem Vater in der Aquarellmalerei ausgebildet. Mit 19 Jahren wandte er sich erstmals Motiven aus Wien zu. 1831, als dieses Aquarell entstand, bewarb sich der Landschaftsmaler für zwei Preise der Akademie, von denen er den Grundel’schen Preis auch gewann. Neben dem Preisgeld von acht Silbertalern war die Befreiung vom Militärdienst ein wichtiges Anliegen für den aufstrebenden Künstler. In den folgenden Jahren arbeitete er gemeinsam mit seinem Vater an Vedutenserien sowie den Guckkastenbildern für den Thronfolger Erzherzog Ferdinand. Dafür bereisten sie die österreichischen Erblande, allen voran aber das Salzkammergut, die Alpenregion, Italien, Böhmen und Mähren.

Das Aquarell „Der Stephansdom in Wien“ entstand im Zusammenhang mit der lithografierten Bilderserie „Wiens Plätze und Umgebungen nach der Natur gezeichnet“, die 1832 von den beiden Alt herausgegeben wurde. Vater und Sohn etablierten Anfang der 1830er Jahre eine fruchtbare Zusammenarbeit, wobei Rudolf von Alt die Vorlagen zeichnete und der Vater diese lithografierte. „Der Stephansdom in Wien“ ist ein frühes Hauptwerk Rudolf von Alts und zeigt erstmals das berühmte Motiv. Er stellt sich der romanisch-gotischen Kathedrale mit ihrer komplexen Architektur und nimmt sie vom Stock-im-Eisen-Platz bzw. Graben in Angriff. Vor allem der mächtige, gotische Südturm erstreckt sich über die gesamte Höhe des Blattes, während das romanische Riesentor nur schräg angeschnitten ist. Maria Luisa Sternath, ehem. Chefkuratorin der Albertina, vermutet, dass es sich hierbei um eines der ersten sogenannten Guckkastenbilder für den damaligen Kronprinzen Ferdinand handeln könnte.1 Diese Perspektive etablierte sich in den 1830er Jahren als die markante Ansicht – sowohl in der Malerei als auch auf Biedermeier-Gläsern.

Schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entdeckten Wiener Maler rund um Johann Christian Brand die Umgebung von Wien. Doch erst das Biedermeier – und hier führend Rudolf von Alt – machte aus dem Stephansdom den zentralen Identifikationsort für die Stadt. Rudolf von Alt trug mit diesem Bild vom solitär am Stephansplatz stehenden, alles überragenden Bau nicht unwesentlich zur Festschreibung eines charakteristischen Wienbildes bei. Der Dom wurde in der Bevölkerung nicht nur als Denkmal für die als Bauherren auftretenden Monarchen empfunden, sondern stand als Hauptpfarrkirche im Zentrum der bürgerlichen Stadt.2

Weiterführende Beiträge zum Wiener Biedermeier und der österreichischen Aquarellmalerei

Literatur

  • Klaus Albrecht Schröder, Maria Luise Sternath (Hg.), Jakob und Rudolf von Alt. Im Auftrag des Kaisers (Ausst.-Kat. Albertina, Wien, 10.2.–24.5.2010), Wien 2010.
  • Johann Josef Böker, Der Wiener Stephansdom. Architektur als Sinnbild für das Haus Österreich, Salzburg/Wien/München 2007.
  • Klaus Albrecht Schröder, Maria Luise Sternath (Hh.), Rudolf von Alt 1812–1905 (Ausst.-Kat. Albertina), Wien 2005.
  • Walter Öhlinger (Hg.), mit Stock und Hut. Aquarelle und Zeichnungen des Wiener Biedermeier (Ausst.-Kat. Wien Museum, 8.5.–14.9.2003), Wien 2003.

Rudolf von Alt, Der Stephansdom in Wien: Bild

  • Rudolf von Alt, Der Stephansdom in Wien, 1831, Aquarell, 28,2, x 36,1 cm (© Bundesmobilienverwaltung Sammlung: Bundesmobilienverwaltung Objektstandort: Hofmobiliendepot, Möbel Museum Wien Foto: Tina King)

Biografie von Rudolf von Alt (1812–1905)

  • 1812

    Am 28. August 1812 wurde Rudolf von Alt als ältester Sohn des aus Frankfurt am Main zugereisten Malers Jakob Alt (1789–1872) und dessen Frau Maria Anna in Wien, Alserstraße Nr. 8, geboren.
  • 1821

    Geburt seines Bruders Franz (16.8.), der ebenfalls Maler wurde und als Aquarellmaler großes Ansehen vor allem beim Adel genoss. Die künstlerische Meisterschaft seines Bruders konnte er jedoch nie erlangen.
  • 1825

    Besuch der Elementarschule an der Akademie der bildenden Künste zu St. Anna in Wien. Im gleichen Jahr erschien Jakob Alts Vedutenserie „Vorzüglichste Ansichten des k. k. Salzkammergutes und dessen Umgebungen in Oberösterreich“.
  • 1828

    Reise durch die Alpenlänger gemeinsam mit seinem Vater: Salzburg, Tirol, Oberitalien, Kärnten, Steiermark. Hier fertigte er bereits Studien für „Bilder aus den Alpen der österreichischen Monarchie“, das 1833 erschien.
  • 1829/30

    Nach vier Jahren im „figuralischen Fach“ wechselte Rudolf von Alt in die von Josef Mößmer geleitete Landschaftsklasse der Akademie. Erste Reise alleine über Linz, Ischl und Salzburg nach Gastein. Rudolf von Alt malte erste Wienmotive.
  • 1831

    Alt nahm an Wettbewerben der Akademie teil und gewann den „Gundel’schen Preis“. In dieses Jahr datieren die ersten Darstellungen des Stephansdoms.
  • 1832

    Es erschien die Lithografische Serie „Wiens Plätze und Umgebung“. Rudolf fertigt ab nun die Zeichnungen nach den Motiven, sein Vater Jakob spezialisiert sich auf Lithografien danach. Rudolf von Alt wanderte in der Umgebung von Wien und reiste in das Salzkammergut.
  • 1833

    „Bilder aus den Alpen der Österreichischen Monarchie“ nach Studien aus dem Jahr 1828 erschien. Jakob Alt erhielt den Auftrag, Aquarelle für den Guckkasten des Thronfolgers Erzherzog Ferdinand zu fertigen. In den folgenden 15 Jahren erhielten Vater und Sohn Alt ein festes Einkommen. Sie unternahmen eine erste Italienreise nach Verona, Piacenza und Venedig.
  • 1835

    Zweite Italienreise: Rom, Neapel, Capri. Sie sammelten Motive für die Guckkastenbilder.
  • 1837

    Donaureise mit dem Dampfschiff; Reise nach Oberitalien. Rudolf von Alt verlobte sich mit der 17-jährigen Hermine Oswald, einer Freundin seiner Schwester.
  • 1838

    Reisen ins Salzkammergut und nach Mähren.
  • 1839

    Reisen nach Böhmen (Prag) und Mähren. Der H. F. Müller-Verlag bezahlte Rudolf von Alt eine Reise nach Galizien. Trachtenstudien.
  • 1840

    Wanderungen in der Umgebung Wiens, Reisen bis nach Linz und Dalmatien im Spätherbst. Hier fand er Motive für Guckkastenbilder sowie die Publikation „Pittoreskes Österreich“ (im H. F. Müller Verlag, 1840–1843)
  • 1841

    Rudolf von Alt bezog eine eigene Wohnung in der Skodagasse 11. Hochzeit mit Hermine (9.8.). Aufträge in Wien und Reisen in die Umgebung Wiens und nach Mähren.
  • 1842

    Das erste Kind des Paares starb bei der Geburt. Rudolf hielt sich in Wien und der näheren Umgebung auf.
  • 1843

    Rudolf von Alt malte große Ansichten von Wien und Prag, die sehr berühmt wurden. Im November starben seine Ehefrau und das zweite Kind bei der Geburt.
  • 1844

    Auftrag von Graf Barjatinsky, Erinnerungen an Wien in Postkartenformat anzufertigen. Reisen nach Pest und Ofen, um Motive für die 1845 erscheinende Reise „Malerische Ansichten von Pesth und Ofen“ zu zeichnen. Aufträge für Interieurs, u. a. von der Familie Liechtenstein.
  • 1846

    Hochzeit mit Berta Maliczek (16.2.) in Troppau. Vermehrt Wien-Motive.
  • 1847

    Reisen nach Budapest und in das Salzkammergut
  • 1848

    Im Revolutionsjahr trat Rudolf von Alt der Bürgergarde bei und floh anschließend aus Wien. Die Belagerung der Stadt verhinderte weitere Reisen in den folgenden Jahren. Die Guckkastenserie fand mit der Abdankung Kaiser Ferdinands am 2. Dezember 1848 ihr Ende.
  • 1852–1858

    Donaureisen (Budapest bis Regensburg) und Aufenthalt in Nürnberg, Ansichten von Prag und Wien wie auch des Salzkammergutes. In diesen Jahren verdiente Rudolf von Alt vor allem mit der Dokumentation von Schlossinterieurs Geld: Longueval-Bouquoy, Auersperg, Schwarzenberg. Der Künstler fühlte sich davon aber künstlerisch nicht gefordert. Er stellte jedoch fest, dass seine Hand zu zittern begann.
  • 1859

    Geburt der Tochter Louise. Reisen an den Altaussee, Grundlsee, nach Grein an der Donau.
  • 1860–1862

    Weitere Salzkammergutreisen (besonders Traunsee), entlang der Donau und in die Steiermark.
  • 1861

    Aufenthalt im Schloss Hradek im Auftrag von Graf Harrach. Vermehrte Aufnahme von Motiven der neuen Ringstraße, die er als „Zerschönerung von Wien“ bezeichnete. Zum Ausschussmitglied der Genossenschaft bildender Künstler Wiens gewählt
  • 1863

    Russlandreise zu den Zarenschlössern auf der Krim.
  • 1864

    Reise nach Venedig
  • 1865/66

    Rudolf von Alt hielt sich in Tirol, Südtirol, Venedig, Rom auf; Reise über Graz nach Schloss Hollenegg, um im Auftrag von Fürst Alfred Liechtenstein Interieurs anzufertigen. Rudolf von Alt knüpfte während der 1860er Jahre wichtige Kontakte zu Nicolaus Dumba, zu Friedrich Jakob Gsell und dem Sammler Ludwig Lobmeyr.
  • 1867

    Rudolf von Alt lehnte eine Professur an der Wiener Akademie ab. Teilnahme an der Pariser Weltausstellung. Reiste über Graz nach Rom, Neapel und Sizilien. Rudolf erkrankte in Palermo schwer, hier brach die Cholera aus. Im November reiste er wieder genesen über Vaduz nach Wien.
  • 1868–1870

    Motive aus Wien und Prag, Reisen nach Salzburg und in das Salzkammergut, nach Nürnberg und Regensburg bis Luzern.
  • 1871

    Rudolf von Alt hielt sich in Venedig, Bologna, Orvieto und Siena auf. Diamantene Hochzeit seiner Eltern.
  • 1872

    Anlässlich seines 60. Geburtstags richtete ihm zu Ehren das Künstlerhaus eine Ausstellung aus. Tod der Eltern (August/September 1872).
  • 1873

    Im Frühjahr Reise nach Rom. Er schuf ein Wien-Panorama in Vogelschau für die Weltausstellung. Alt wurde zum Vorstand der Genossenschaft bildender Künstler gewählt.
  • 1874

    Ihm wurde der „Orden der Eisernen Krone“ verliehen, damit verbunden war die Berechtigung um ein Adelsprädikat anzusuchen (1897). Arbeiten für das Kultusministerium führten ihn nach Prag und Graz, von wo er nach Venedig aufbrach.
  • 1875

    Im Auftrag des Kultusministeriums Reise nach Trient, Taufers und Kärnten. Ein Rheumaleiden zwang Rudolf von Alt ab diesem Jahr zu Kuraufenthalten in Teplitz. Erhielt den „Reichel-Preis“ der Akademie für sein Lebenswerk.
  • 1876

    Kuraufenthalt in Teplitz. Für das Kultusministerium reiste er nach Eger und Krakau. Gewann eine Goldene Medaille der Weltausstellung in Philadelphia.
  • 1877

    Hielt die Eröffnung der Akademie der bildenden Künstle am Schillerplatz in einem Aquarell fest. Erhielt die Erzherzog Carl Ludwig Medaille. Kuraufenthalt in Teplitz. Schuf Aquarelle von Interieurs in Wien.
  • 1878

    Aufenthalte in Klosterneuburg und Budapest. Über München nach Schloss Possenhofen im Auftrag von Kronprinz Rudolf. Weitere Reisen nach Venedig und Pistoia. Erhielt den Professorentitel der Wiener Akademie.
  • 1879/80

    Rudolf von Alt arbeitete am Album für den Huldigungsfestzug. Aufenthalt in Admont und Liezen bei Nicolaus Dumba. Anschließend reiste er nach Kärnten und durch die Steiermark. Auftrag, für das „Kronprinzenalbum“ nach Brüssel zu reisen. Hielt sich für Karl Graf Lanckoronski in Nürnberg auf.
  • 1881

    Rudolf „korrigierte“ eine im Künstlerhaus ausgestellte Arbeit seines Bruders Franz. Erholungsreise nach St. Lorenzen im Pustertal und Cortina d’Ampezzo, gemeinsam mit der Tochter Hermine. Tod von Rudolfs zweiter Ehefrau Berta (15.9.).
  • 1882

    Für das Kultusministerium aquarellierte Rudolf von Alt Ansichten aus dem Savoyschen Damenstift und dem Oberen Belvedere. Ehrenbürger von Wien anlässlich seines 70. Geburtstags. Aufenthalt in Venedig.
  • 1883

    Dokumentierte den Verduner Altar in Klosterneuburg im Auftrag des Kultusministeriums. Tod der Tochter Hermine (23.11.). Motive aus Wien, Budapest und Salzburg.
  • 1884

    Interieurs von böhmischen Schlössern. Reise nach Salzburg. Louise begleitete ihren Vater aus dessen Reisen und wurde zunehmend Stütze Rudolfs.
  • 1885

    Reise nach Marburg und Graz, zurück über ruck und Admont. Wiener Motive wie das Makart Atelier.
  • 1886 bis 1889

    Rudolf von Alt verbrachte jeden Sommer in Gastein. Reisen nach Zell am See, Tirol und ins Pustatal.
  • 1887

    Längerer Aufenthalt in Salzburg.
  • 1888

    K. k. Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft. Über Friesach reiste er mit Luise weiter nach Gastein.
  • 1889

    Im Künstlerhaus ist die Sammlung von Ludwig Lobmeyr – 91 Aquarelle – ausgestellt.
  • 1890/91

    Arbeiten für die Kassette zur Vermählung von Erzherzog Franz Salvator von Toskana mit Marie Valerie. Ansichten von Gastein, zeichnete Motive aus Salzburg, Wien und der Umgebung von Wien.
  • 1893–1896

    Aufenthalte in Gastein.
  • 1895

    Rudolf von Alt erhielt das Ehrendiplom des Ministeriums für Kultus und Unterricht.
  • 1896

    Motive aus Innsbruck und Salzburg.
  • 1897

    Austritt aus der Genossenschaft der bildenden Künstler. Rudolf von Alt wurde Ehrenpräsident der Wiener Secession. Begegnung mit Adolf Menzel. Aufenthalte im Gesäuse und in Gastein.
  • 1898

    Teilnahme an der ersten und zweiten Ausstellung der Wiener Secession.
  • 1899

    Letzte Sommer in Gastein.
  • 1900–1904

    Sommerfrische in Bad Goisern. Die Secession feierte ihn anlässlich seines 90. Geburtstags mit einer Ausstellung 1902.
  • 1905

    Am 12. März 1905 starb Rudolf von Alt an einer bronchitischen Grippe in seiner Wiener Wohnung.
  1. Maria Luise Sternath, Guckkastenblätter oder „Aquarell-Gemälde“? Zur Verwendung der kaiserlichen Ansichtenfolge, in: Klaus Albrecht Schröder, Maria Luise Sternath (Hg.), Jakob und Rudolf von Alt. Im Auftrag des Kaisers (Ausst.-Kat. Albertina, Wien, 10.2.–24.5.2010), Wien 2010, S. 26–30, hier S. 29.
  2. Siehe: Johann Josef Böker, Der Wiener Stephansdom. Architektur als Sinnbild für das Haus Österreich, Salzburg/Wien/München 2007, S. 16.
Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.