Gerwald Rockenschaubs Werk ist geprägt durch das Prinzip der Reduktion auf wenige, aber wesentliche Elemente, Strukturen und Farbkontraste. Die Arbeiten des radikalen Minimalisten sind einfach und präzis, aber komplex. Sie reichen von den geometrisch-abstrakten Ölbildern der frühen 1980er Jahre, die zur Neo-Geo-Bewegung gezählt werden, über industriell gefertigte Plexiglasplatten und riesige aufblasbare PVC-Objekte bis zu den jüngeren computergenerierten Animationen. Sparsame Eingriffe in die Architektur der jeweiligen Ausstellungsräume legen das Verhältnis von Betrachter:in, Kunstwerk und Raum offen und kehren es um.
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Für seine Ausstellung im Belvedere 21 hat Gerwald Rockenschaub eine gleichsam minimalistische wie komplexe und äußerst präzise inszenierte Reizüberflutung geschaffen. Bunte Flächen, Figuren und Formen flackern, rucken und zucken dynamisch, aber lautlos auf den Wänden! 24 digitale Animationen laufen im Loop auf 24 Monitoren, die gleichmäßig auf vier große dunkelgraue Wände verteilt sind. Sie zeigen kurze Sequenzen aus sich bewegenden geometrischen Figuren wie Kreisen, Halbkreisen, Dreiecken und Quadraten, Geflechten aus horizontalen und vertikalen Geraden, pulsierenden und flackernden Flächen. In den Loops sind auch Formen zu erkennen, die an reduzierte Silhouetten menschlicher Gesichter erinnern – so an den Kopf von Rockenschaub. Die hohe Dynamik der Animationen wird durch den Einsatz von zum Teil starken Farbkontrasten gesteigert. Die Screens hat der Künstler wie gerahmte Bilder in einer klassischen Malereiausstellung gehängt und drei knallbunte, zum Sitzen oder Anlehnen einladende Skulpturen geschaffen, die das Zentrum des Ausstellungsraums einfassen.
Im Inneren von circuit cruise / feasible memory/regulator werden die Betrachter:innen von allen Seiten mit einem rhythmischen Stakkato aus Mustern und Strukturen, Farben und Formen konfrontiert. Mit dieser ortsspezifischen Installation geht Rockenschaub auf die architektonischen Bedingungen des Glaspavillons von Karl Schwanzer ein und befragt mit sparsamen Eingriffen das Verhältnis von Betrachter:in, Kunstwerk und Raum.
Rockenschaub zählt mit seinem multimedialen Werk zu den herausragenden österreichischen Vertreter:innen der Gegenwartskunst. Seine Arbeiten entstehen seit Jahren am Computer und sind durchaus humorvoll – nicht zuletzt der Kunstgeschichte gegenüber. Bei ihrer Entwicklung ist Rockenschaub, der seit Ende der 1980er Jahre auch als DJ und Musiker aktiv ist, auf der Suche nach einem Rhythmus, einem Beat. Seine Animationen treiben nicht nur ein lustvolles und hintersinniges Spiel mit klassischen Genres der Malerei wie Abstraktion, Landschaft und (Selbst-)Porträt, sie funktionieren auch wie kurze visuelle Tracks – nur ohne Sound.
Gerwald Rockenschaub wurde 1952 in Linz geboren und studierte an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Seit 1999 lebt und arbeitet er in Berlin. Zahlreiche Ausstellungen im In- und Ausland, u.a. 1993 bei der „45. Biennale“ in Venedig, 2004 im mumok in Wien, 2007 bei der „documenta 12“ in Kassel, 2011 im Kunstmuseum Wolfsburg und 2017 in der Sammlung Goetz, München.
Kuratiert von Axel Köhne.
Quelle: Belvedere