Viel Figuration - wenig Abstraktion - wobei die figurative Malerei zwischen Hyperrealismus und sensitiver Phantastik changieren.
Der Schweizer Maler Jean-Frédéric Schnyder (* 1945) verbindet in seinen Gemälden hyperrealistische Malerei mit Volkskunst und kunsthistorischen Verweisen. Bei „Madonna mit Kind“ (1986) mag man gleichermaßen an Botero wie Dante Gabriel Rossetti (1828-1882) denken, „Apocalypso“ (1976-78) vermengt den Totentanz mit Zirkusdarstellungen. Volkstümliches Bildrepertoire trifft hier auf Feinmalerei und eine manchmal exaltierte Farbgebung – das muss man mögen, um es gut zu finden!
Italien | Venedig: Giardini und Arsenale
1.6. - 24.11.2013
Die abstrakten Gemälde von der argentinischen Künstlerin Varda Caivano (* 1971) treffen auf engelsgleiche Figuren „Vittoria (Adolfo Wildt)“ von Diego Perrone (* 1970). Während sich der Italiener in den beiden Skulpturen mit der heimischen Tradition nach dem symbolistischen Bildhauer Adolfo Wildt (1868-1931) beschäftigte und so zu sehr eigenwilligen Formen gelangte, sind Caivanos unbetitelte Leinwände in der Geschichte der Abstraktion zu verorten, Emanationen des Selbst, meist aus größeren, nicht aufgespannten Bildschöpfungen ausgeschnitten, intuitiv entstanden.
Auch der pakistanische Künstler Imran Qureshi (* 1972) ist deutlich von der Tradition seiner Heimat geprägt, nutzt er doch die traditionelle Mogul-Miniaturmalerei, um u.a. aktuelle Menschenbilder umzusetzen: Motive, Symbole und die ornamentale Gestaltung entlehnt er dabei der islamischen Kunst, während die Aktivitäten und Kleidung zeitgenössisch sind. Die in der Biennale-Ausstellung gezeigten Werke aus der Serie „Moderate Enlightment“ sind bereits etwas älter (2006-2009), was wohl damit zu tun hat, dass Qureshi gerade eine Installation für den Dachgarten des Metropolitan Museum in New York abgeschlossen und eine Ausstellung in der Deutschen Bank in Berlin laufen hat. Letztere hat ihn zum „Künstler des Jahres 2013“ gekürt.
Die beiden jüngsten Malerinnen der Schau im Pavillon sind die Amerikanerin Ellen Altfest (* 1970) und die Britin Lynette Yiadom-Boakye (* 1977), beide beschäftigen sich mit dem Menschen als Motiv - wenn auch auf höchst unterschiedliche Weise. Altfest gestaltet seit 2006 kleinformatige Bilder mit hyperrealistischen Darstellungen anonymer, männlicher Akte, deren Körperfragmente das gesamte Bildfeld ausfüllen. Die behaarte Haut wird – ähnlich dem Seelenstriptease von Maria Lassnig – Pore für Pore dem voyeuristischen Blick freigegeben. Während Altfest ihre Modelle quasi dem sezierenden Betrachten freigibt, sind die dunkelhäutigen Protagonist_innen in den Gemälden von Yiadom-Boakyemit größerer malerischer Freizügigkeit gestaltet, der einige Rezensenten bereits an die Malweise Édouard Manets erinnerte. Entgegen des ersten Eindrucks, dass es sich hierbei um Porträts handeln könnte, entstehen die Bilder Yiadom-Boakyes aus der Vorstellungskraft und immer innerhalb eines Tages
55. Biennale, Il Palazzo Enciclopedico – Die "Goldenen Löwinnen": Maria Lassnig & Marisa Merz - Goldene Löwen 2013
55. Biennale, Teil 1: Il Palazzo Enciclopedico: Die historischen Wurzeln
55. Biennale, Il Palazzo Enciclopedico – Teil 2: Carl Gustav Jungs „Rotes Buch“ und seine Nachfolger
55. Biennale, Il Palazzo Enciclopedico – Teil 3: Mystiker, Outsider und anerkannte Künstler_innen
55. Biennale, Il Palazzo Enciclopedico – Teil 4: Kunst und Spiritualität, Mythen oder einfach nur private Obsessionen?
55. Biennale, Il Palazzo Enciclopedico – Teil 5: Der spielende, sammelnde und staunende Mensch
55. Biennale, Il Palazzo Enciclopedico – Teil 6: Imaginierte und organisierte Welten
55. Biennale, Il Palazzo Enciclopedico – Teil 8: Methoden des automatischen Schreibens, Assemblierens, die Aura des Geheimnisses und des Religiösen