Die Viennale Biennale 2017 thematisiert grenzenlose Kommunikation zwischen Menschheit, Internet, Dingen – und macht sich Gedanken, wie diese Entwicklung die Arbeit der Zukunft verändern wird. Von Robotik fernab „herumlaufender Blechbüchsen“ (Thun-Hohenstein) bis Zukunft der Arbeit, von Klimawandel bis zur Vernetzung, aber auch Balance zwischen eigenen Ansprüchen und jenen der Gesellschaft (Ressourcenverbrauch) legt die Vienna Biennale „den Finger offensiv auf jenen Bereich, der unsere Zukunft entscheidend verändern wird“ (Gerald Bast). Wenn man vom Aufstieg der Roboter spricht, so geht es für Christoph Thun-Hohenstein immer mehr auch um den „rise of he commons“, der Bedeutung der Gemeinschaft, die ständig neu hergestellt werden muss. Daher findet sich (zwischenmenschliche) Kommunikation im Programm der Vienna Biennale häufig wieder. Wie können Kreative, Menschen helfen, ihre Lebensqualität in der Stadt zu erhöhen, ist für den MAK- Direktor und Leiter der Vienna Biennale die wichtigste Frage der interdisziplinären Veranstaltung.
Österreich / Wien: MAK, Kunsthalle Wien Karlsplatz, AIL, Architekturzentrum Wien
21.6. – 1.10.2017
Das Ausstellungsmanifest setzt sich aus Antworten von des Vienna Biennale Circle zusammen. Eine APP bietet den Rahmen, sich ein eigenes, digitales Manifest daraus zusammenzustellen! Digitales Lernen, d.h. einen kritischen Umgang mit der Technologie zu entwickeln und die Möglichkeiten bzw. Grenzen der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten kennenzulernen, ist bereits jetzt groß zu schreiben. „Der positive Wandel der digitalen Moderne“, so Thun-Hohenstein, „muss mit Hilfe von Kunst, Design und Architektur gemeinsam bewältigt werden“.
Ausgehend von der Frage, was überhaupt ein Roboter sei, kuratierten Amelie Klein (Vitra Design Museum) und Marlies Wirth (MAK) für die Vienna Biennale 2017 eine Schau zur digitalen Gegenwart und Zukunft. Mehr als 200 Exponate erlauben einen Einblick in die historische und aktuelle Rezeption der Robotik. Schnell zeigt sich an den ausgewählten Filmbeispielen, wie Utopie und Dystopie, gemischt mit einem Schuss Euphorie, die Unsicherheit des Umgangs mit den intelligenten Maschinen prägen. Der umfassende Robotik-Begriff, der dem Projekt zugrunde liegt, versteht nicht nur mehr oder weniger menschenähnliche, mit einem Programm ausgestattete Blechkisten als Roboter, sondern jedes System, das Daten erfasst, sie verarbeitet und ein Ergebnis liefert. Das Internet der Dinge, so Thun-Hohenstein, verwandelt schlussendlich den gesamten Planeten in einen großen Roboter. All das ist bereits auf dem Weg und erfordert intensive Auseinandersetzung oder Folgen, Möglichkeiten aber auch Missbrauch. Vier Kapitel fassen die Ergebnisse der gemeinsamen Spurensuche zusammen: Science und Fiction, Programmiert auf Arbeit, Freund und Helfer sowie Eins werden zeichnet den Weg von einer filmischen Utopie in das Bio-Mimikry (Anouk Wipprechts „Spider Dress 2.0“, 2015), von der interaktiven Website der BBC „Will a robot take your job?“ zur Frage, wie wir mit den Robotern der Zukunft in Beziehung treten könnten (Tony Dunne & Fiona Raby in „Technological Dream Series, 2007).
Die Ausstellung „Hello, Robot. Design zwischen Mensch und Maschine“ ist eine Kooperation zwischen dem MA, dem Vitra Design Museum (11.2.–14.5.2017) und dem Design museum Gent (27.10.2017–15.4.2018). Sie wird im Anschluss noch im Gewerbemuseum Winterthur zu sehen sein (12.5.–4.11.2018).
Das Zeitalter der Singularität (Ray Kurzweil) kennt kein Vergessen, denn die Menschheit hat durch sich selbst optimierende künstliche Intelligenz die Unsterblichkeit erlangt. Welche menschlichen Emotionen und ethnischen Überlegungen werden in der digitalen Moderne gefördert, welche aber auch obsolet werden? Die Ausstellung möchte – mit der Prämisse dass die Utopie bereits gescheitert ist – das Potenzial der Dystopie nutzen.
Kuratiert von Marlies Wirth
Jean-Marie Appriou, Dora Budor, Mariechen Danz, Genghis Khan, Fabrication Co., Aleksandra Domanović, Cécile B. Evans, Daiga Grantina, Matt Mullican, Sean Raspet, Sarah Schönfeld, Jeremy Shaw, Kiki Smith, Clemens von Wedemeyer
Wie werden wir 2030 arbeiten? Im Angewandte Innovation Laboratory (AIL) denken zwanzig eingeladene Künstlerinnen und Designstudios über die Zukunft der Arbeit nach. Beginnend mit dem aktuellen Diskurs über die möglichen Formen, die sich vermutlich zwischen alternativer Ökonomie und Industrie 4.0 bewegen wird. Dystopie und Zukunftshoffnung prägen auch hier die Reaktionen, bricht doch in den nächsten 20 Jahren 50 % der heutigen „Arbeit“ weg. Soll man dieses Zukunftsszenario als Bedrohung empfinden oder als Aufforderung zu handeln? Künstlerische Positionen relativieren, brechen, rekontextualisieren diese Vorhersagen. „Designerinnen und Designer stellen aktuelle Themen und Diskussionsgrundlagen infrage, um der Gesellschaft Möglichkeiten des Handelns zu eröffnen“, so Gerald Bast.
Daher verlässt die Schau mit einem Call-To-Action die klassische Form der Ausstellung und führt die Besucherinnen und Besucher in ein „future thinking lab [Zukunftswerkstatt]“. Dort sind sie aufgefordert Kommentare zu hinterlassen. Was denken die Besucherinnen und Besucher über die Zukunft ihrer Arbeit? In Aktionen werden die Gedanken und Antworten in den Ausstellungsraum übertragen wetrden.
Kuratiert von Gerald Bast, Anab Jainm unterstützt durch Jake Charles Rees und Martina Schöggl
Die Kunsthalle Wien hat bereits im letzten Jahr mit der Ausstellung „The Promise of Total Automation“ für die Kooperation mit der Vienna Biennale 2017 vorgearbeitet. Darin untersucht Anne Faucheret, unterstützt durch Eva Meran, die Auswirkung der zunehmenden Digitalisierung auf Körper. Digitalisierung und Kontrollsysteme (Schule, Fabrik, Familie, Staat) ergänzen einander und führen zum sich selbst kontrollierenden Individuum. Was sind die Auswirkungen einer sich optimierenden Gesellschaft? Welche Deformationen (Prothesen) sind denkbar? Freiwillige Anpassung und Biopolitik greifen ineinander. Zehn künstlerische Positionen im Glaskubus des Kunsthalle Wien Karlsplatz zeigen teils neue Arbeiten, teils Reprisen der vergangenen Schau. Ein breites Begleitprogramm (Film, Performance, Vorträge) ergänzt die Gruppenausstellung.
Kuratiert von Anne Faucheret, unterstützt durch Eva Meran
Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler
Apparatus 22, Hannah Black, Danilo Correale, Juliette Goiffon / Charles Beauté, Louise Hervé / Chloé Maillet, Shawn Maximo, Sidsel Meineche Hansen, Toni Schmale, Romana Schmalisch / Robert Schlicht, Visible Solutions
Aus der Sicht von Architektur und Urbanismus ist die Digitale Moderne eine zu reparierende Zukunft, zeigt sich Angelika Fitz überzeugt. Gemeinsam mit Elke Krasny stellte sie die These auf, dass es nicht nur darum geht, Neues zu imaginieren, sondern (für) die Zukunft zu reparieren. Darunter verstehen sie ein Haushalten mit Ressourcen, den Umgang mit städtischen Entwicklungszonen. Wie können Architektur und Stadtentwicklung für Sorge tragen, dass gemeinschaftlich gearbeitet werden kann? Aus diesen Gründen wendet sich das Architekturzentrum dem Nordbahnhof als Experimentierfeld zu: Wie kann man so ein Stadtentwicklungsgebiet in real time begleiten, Gemeinschaftlichkeit herstellen, das Vergangene reparieren? Sechs internationale Architekturbüros sind eingeladen, gemeinsam mit Anrainerinnen und Anrainern Cair + Repair Prototypen zu entwickeln. Die Ausstellung in der Nordbahn-Halle Wasserturm (ehemalige Lagerhalle der ÖBB, wo ein dreijähriges Forschungsprojekt, gemeinsam mit Bauträgern und der TU Wien, läuft) ist gleichermaßen als öffentlicher Arbeitsraum wie als wachsende Ausstellung eingerichtet.
Kuratiert von Angelika Fitz, Elke Krasny
a-works - Cristian Stefanescu | Bergen, Gabu Heindl | Wien, Zissis Kotionis+Phoebe Giannisi | Volos, Rotor | Brüssel, Meike Schalk | Stockholm, Rosario Talevi | Berlin
Die StadtFabrik entwickelte für die Vienna Biennale 2017 drei neue Demonstratoren zu den Themen Neue kreative Arbeit, Neue soziale Arbeit und Neue nachhaltige Arbeit. Sinnvolle Arbeit, so der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann, wird auch in Zukunft nicht „ausgehen“. Der hier einsetzende Design-Begriff stellt Kooperation vor Konkurrenz, fördert offene Strukturen und Innovationen. So zeigen Andrés Jaque Architects (New York/Madrid) eine Weiterentwicklung des Wikihouse, EOOS Möbelentwürfe für Flüchtlinge und das Wiener Designstudio breadedEscalope die Kreislaufwirtschaft.
Kuratiert von Harald Gruendl, Ulrike Haele (IDRV – Institute of Design Research Vienna) / Demonstratoren; Martina Fineder, Harald Gruendl, Ulrike Haele (IDRV – Institute of Design Research Vienna) / Ausstellung
Andrés Jaque Architects, breadedEscalope, Caritas/EOOS, Thomas Lommée, Magdalena Reiterer, Jesko Fezer & Studio Experimentelles Design, Dirk Vander Kooij, The Post-Couture Collective (Martijn van Strien), Team Wien (Bika Rebek, Büro KLK, madame architects, Daniela Mehlich, most-likely, Irina Nalis, Anna Paul, Felix Steinhoff, Tzou Lubroth architects), Studio Dankl (Kathrina Dankl), Teresa van Dongen, WeMake u. a.
Brigit Jürgenssens Fotografie „ich weiß nicht“ (2001) steht stellvertretend für die zunehmend digitalisierte Beziehung zwischen Menschen und Dingen. Dieses neue Verhältnis untersuchen Künstlerinnen und Künstler mit unterschiedlichen Vorzeichen persönlicher Autonomie und Behauptung der Künstlerschaft.
Kuratiert von Janina Falkner, Sammlung Gegenwartskunst, und Marlies Wirth, Kuratorin Digitale Kultur, Kustodin Sammlung Design, MAK → Marlies Wirth: „Ohne Dinge sind wir quasi nackt“
Padhi Frieberger, Bruno Gironcoli, Sofia Goscinski, Nilbar Güreş, Lisa Holzer, Birgit Jürgenssen, Anita Leisz, Paul Leitner, Ute Müller, Julian Palacz, Signe Rose, Günther Selichar, Misha Stroj, Zin Taylor, Sofie Thorsen, Patrick Topitschnig, Kay Walkowiak
mischer’traxler studiokonzipierte die Installation „LeveL – the fragile balance of utopia“ (2016) für die Lodon Design Biennale 2016 und zeigt sie im Rahmen der Vienna Biennale 2017 erstmals in der MAK Galerie. Das Objekt changiert zwischen Möbel und Luster – reagiert aber auch auf die Bewegungen der Besucherinnen und Besucher im Raum.
Kuratiert von Thomas Geisler
Die Klasse von Anab Jain (Professorin für Industrial Design und Mitglied von Superflux) beschäftigt sich – wie auch Superflux – mit „der Übersetzung zukünftiger Unsicherheit in heutige Entscheidungen [Translating future uncertainity into present day choices]“. Jain zeigt Projekte ihrer Studierenden, unter dem Titel „Design for Agency. Handlungsmacht Gestalten“ technologische Innovationen hinterfragen. Was können neuartige Technologien? Welche Absichten und Motive von Produzenten stehen hinter ihnen? Studierende der Angewandten sezieren Programme und APPS und analysieren, was im Hintergrund der Anwendungen noch alles so abläuft! Meist bewegen wir uns ja nur an der Oberfläche von Innovationen, welche Daten im Hintergrund noch gesammelt werden, und was das für die Gesellschaft und für den Einzelnen bedeutet, wird so augenscheinlich.
Kuratiert von Anab Jain, Nikolas Heep, Peter Knobloch, Tamas Nyilanszky, Matthias Pfeffer, Justin Pickard, Bernhard Ranner, Stefan Zinell
Ali Kerem Atalay, Charlotte De Rafelis de Brovej, Elena Doncev, Sophie Falkeis, Lang Fei, Juliane Fink, Aleksandra Fischer, Sarah Franzl, Fabio Hofer, Lisa Hofer, Daniel Kloboucnik, Stephanie Kneissl, Ege Kökel, Maximilian Lackner, Felix Lenz, Philipp Loidolt, Mia Meusburger, Estelle Muller, Anna Neumerkel, Johanna Pichlbauer, Isabel Prade, Aleksandra Radlak, Ula Reutina, Paul Ring, Maximilian Scheidl, Florian Semlitsch, Jekaterina Shipilenko, Julia Schwarz, Ciril Trcek, Menqin Wang
Das Ausstellungsmanifest des Vienna Biennale Circle, dem Thinktank hinter der Vienna Biennale 2017, führt pointierte texte zusammen, aus denen sich die Besucherinnen und Besucher der „Vienna Biennale 2017. Roboter. Arbeit. Unsere Zukunft“ mit Hilfe einer APP ihr eigenes Manifest zusammenbauen können.