1705 publizierte Maria Sibylla Merian (1647–1717) ihr bahnbrechendes Buch über die Flora und Fauna von Surinam. Die Royal Collection besitzt eine Ausgabe von „Metamorphosis Insectorum Surinamensium [Die Metamorphose der Insekten aus Surinam]“, die teilweise auf Pergament gedruckt und teilweise handgemalt ist. König George III. (1738–1820) erwarb den Prachtband um 1810 für seine wissenschaftliche Bibliothek in Buckingham Palace.1
Großbritannien / London: The Queen's Gallery, Palace of Holyroodhouse
17.3. – 23.7.2017
Die Ausstellung zeigt 49 Aquarelle, in denen Flora und Fauna aus Surinam mit höchster wissenschaftlicher Korrektheit wiedergegeben werden. Maria Sibylla Merian war im Alter von 52 Jahren gemeinsam mit ihrer Tochter Dorothea nach Südamerika gereist. Um die Expedition zu finanzieren, verkaufte sie zuvor ihren gesamten Atelierbestand. In Surinam 1699 angekommen, arbeiteten die beiden Damen im heißen und feuchten Klima, unternahmen Exkursionen in den Urwald, sammelten Proben, zogen Raupen in Holzschachteln auf. Maria Sibylla Merian beobachtete die Metamorphose von der Raupe zur Verpuppung und zum Falter und beschrieb mit ihren Aquarellen erstmals die südamerikanische Fauna aus einer europäischen Perspektive. Um den natürlichen Lebensraum der Insekten anzudeuten, ergänzte die Künstlerin und Wissenschaftlerin jene Pflanzen, die die Tiere bevorzugen. Maria Sibylla Merian beobachtete nicht nur Raupen und Schmetterlinge, sondern beschreibt in begleitenden Texten auch, wie die diese auf Berührungen reagierten. So musste die Europäerin am eigenen Leib erfahren, dass die Raupe des Tabakschwärmers [Manduca sexta] giftig ist: Ihr Hand schwoll schmerzhaft an. Die Raupe der Eumorpha vitis zieht sich bei Gefahr zusammen, und ein Käfer ließ gleich seine sechs Beine fallen. Die in Südamerika entstandenen Aquarelle bildeten mit ihren Notizen die Basis für die 1705 finalisierte Publikation.
Die nach der Rückkehr der Merians entstandene Publikation „Metamorphosis Insectorum Surinamensium“ stellt dieses Wissen erstmals der europäischen Forschungsgemeinschaft vor. König George III. kaufte um 1810 eine besonders prächtige Ausgabe des Buches aus englischem Privatbesitz. Die in Kalbsleder gebundene, mit goldenem Letterndruck verzierte Ausgabe wurde auf Pergament gedruckt, die Abbildungen (ursprünglich wohl Probedrucke?) der Insekten händisch koloriert sowie um Pflanzen und Blüten erweitert. Maria Sibylla Merian versuchte die Farbigkeit und Muster so manches Schmetterlings – oder auch seiner Raupe – möglichst naturgetreu zu vermitteln. Darin scheint ein wichtiger Antrieb ihrer künstlerisch-wissenschaftlichen Arbeit gelegen zu sein. Das Glitzern der Flügel imitierte sie mit Hilfe von irisierender Farbe.
„Metamorphosis Insectorum Surinamensium“ ist nicht nur für die Erforschung von Faltern von größter Bedeutung, sondern auch für andere Tiergattungen und die Botanik des 18. Jahrhunderts. Neben Schmetterlingen und ihren Fresspflanzen (der Raupen) interessierte sich die Weitgereiste für Eidechsen, Krokodile und Schlangen Südamerikas. Diese Beobachtungen ergänzte sie durch Beschreibungen von Früchten wie der Ananas. Das von Merian geplant Buch über die Amphibien Südamerikas konnte sie nicht mehr realisieren, obwohl das auf eigene Kosten und eigenes Risiko herausgegeben Buch der Schmetterlinge populär wurde. „Die Metamorphose der Insekten aus Surinam“ wurde von den Naturkundlern Europas begierig aufgenommen und noch lange nach dem Tod der Künstlerin und Wissenschaftlerin Merian diskutiert. Wenn auch heute das Wissen über Schmetterlinge und ihre Entwicklung detaillierter und deutlich leichter zugänglich ist, als noch im frühen 18. Jahrhundert, so bestechen ihre Darstellungen außereuropäischer Arten durch die hohe künstlerische Qualität von Merians Auge und Hand.
Kuratiert von Kate Heard
Merken