Der gewichtige Band „Karl Schmidt-Rottluff. DIE HOLZSTÖCKE“, vom Brücke Museum Berlin und seiner Direktorin Magdalena M. Moeller bei HIRMER herausgegeben, fasst auf ca. 500 Seiten mehrere Aspekte zu Karl Schmidt-Rottluff zusammen: Der Herausgeberin gelingt der Spagat zwischen einer interessanten Einführung in das Thema Schmidt-Rottluff und der Holzschnitt und einem klassischen Sammlungskatalog. Fach- wie Laienpublikum können in dieser Publikation für sie wichtigen Informationen finden.
Deutschland / Berlin: Brücke Museum
11.12.2011 - 22.4.2012
Deutschland / Buchheim: Buchheim Museum
8.7. - 7.10.2012
Zweifelsohne lieferten die Brücke-Künstler mit ihren Holzschnitten einen entscheidenden Beitrag zur Grafik der Moderne (→ Die Brücke ⁄ Farbenrausch. Meisterwerke des deutschen Expressionismus). Das Brücke-Museum besitzt durch eine Schenkung des Künstlers im Jahr 1975 207 Holzstöcke von Karl Schmidt-Rottluff und ist daher prädestiniert, ein Forschungszentrum für Schmidt-Rottluffs Umgang mit dieser Technik zu sein. In den Bildteilen werden demnach die restaurierten Holzstöcke in ganzseitigen Farbabbildungen den ebenso farbigen Originalabzügen bzw. den schwarz-weißen Nachdrucken gegenübergestellt.
Günther Gercken konstatiert in seinem Beitrag „Der Holzstock als Druckplatte und Skulptur“ (S. 8-13), dass die Platten selbst skulpturalen Charakter hätten. Ob der Autor mit dieser Einschätzung wirklich Recht hat, muss aufgrund fehlender Aussagen des Künstlers offen bleiben.
In „Zeichnen, Schneiden, Drucken“ widmet sich Christiane Remm (S. 14-24) sowohl den verschiedenen Techniken Schmidt-Rottluffs als auch den Gründen für die Wiederbelebung des Holzschnitts zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Brücke Künstler verstanden ihr Schaffen als unmittelbaren Ausdruck des Lebens, und der Holzschnitt ist vom Prinzip der Fertigung her dieser Idee völlig gegenläufig. Nur die Einfachheit der Formen durch die Reduktion auf Linie, Fläche und Struktur, die grobe, kantige Schnittführung, die sichtbare Holzmaserung, d.h. ein impulsives, großzügiges und möglichst spontanes Arbeiten ohne Vorzeichnung entsprachen der Sehnsucht nach Natürlich- und Ursprünglichkeit. Remms Text führt gut in die stilistische Entwicklung Schmidt-Rottluffs ein und ist der informativste im ganzen Katalog.
Den größten Platz nimmt in der Folge auch der Katalogteil ein, der chronologisch und thematisch geordnet sowie von kurzen, einführenden Texten von Magdalena Schlösser begleitet wird. Karl Schmidt-Rottluff gestaltete seine ersten Holzschnitte 1903 noch als Schüler, war um 1905 vom Jugendstil beeinflusst und entwickelte ab 1909 den expressionistischen Brücke-Holzschnitt-Stil mit. 1911 entstanden in Dangast die kühnsten Drucke, zwischen 1912 und 1914 haben sie zunehmend eine verzerrt-dynamische Wirkung. Während des Kriegs entstanden hauptsächlich religiöse Motive, während davor Landschaften und Porträts vorherrschten. In den 20ern werden Reisen nach Südeuropa zu Inspirationsquellen. 1929 endet das druckgraphische Werk Schmidt-Rottluffs und findet in den 30ern nur noch als Gebrauchsgrafik Einsatz.
Magdalena M. Moeller (Hg.)
mit Beiträgen von G. Gercken, Chr. Remm, M. Schlösser
Ca. 500 Seiten, 424 Abb., 24 x 28 cm, gebunden, 2011
45,- € [D] / 59,90 SFR [CH]
ISBN 978-3-7774-4191-7
HIRMER