Berenice Abbott

Wer war Berenice Abbott?

Berenice Abbott (17.7.1898–9.12.1991) ist eine US-amerikanische Fotografin. Abbott ist vor allem für ihre kraftvollen Schwarzweißfotografien von New York City in den 1930er Jahren bekannt. Ihre Bilder von Gebäuden, Häusern, Zügen, Lagern und Ladenfronten bieten eine eindrucksvolle Dokumentation von New York City in der Great Depression. Heute zählt Berenice Abbott zu den wichtigsten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts.

„Fotografie bringt dir nicht bei, wie du deine Gefühle ausdrückst, sie bringt dir bei zu sehen.“ (Berenice Abbott)

Kindheit und Ausbildung

Berenice Abbott wurde am 17. Juli 1898 in Springfield, Ohio, geboren. Sie studierte kurz Journalismus an der Ohio State University, bevor sie 1918 nach New York und 1921 nach Europa zog. In New York studierte Abbott Bildhauerei und gehörte zur New Yorker Bohème. Abbott teilte sich ein Appartement mit der Schriftstellerin Djuna Barnes und lernte die Dadaisten Marcel Duchamp und Man Ray kennen. Nach ihrem Umzug nach Paris im Jahr 1921 wurde an der Académie de la Grande Chaumière Antoine Bourdelle ihr Lehrer für Bildhauerei. Im Jahr 1923 ging Abott kurz nach Berlin, wo sie an der Staatlichen Kunstschule studierte. Noch im gleichen Jahr kehrte sie nach Paris zu.

Man Ray und Atget

Zwischen 1923 und 1925 arbeitete Berenice Abbott als Dunkelkammerassistentin für den amerikanischen Surrealisten Man Ray. Der amerikanische Fotograf wohnte am Montparnasse – wie auch Eugène Atget, von dem er etwa vierzig Aufnahmen erwarb. Vier davon veröffentlichte er 1926 in „La Révolution surréaliste“ und machte auch Berenice Abbott mit dessen Werk bekannt.

Noch während ihrer Arbeit für Man Ray wandte sich Berenice Abbott der Fotograf und dem Porträt zu. Mit finanzieller Hilfe von Peggy Guggenheim eröffnete Berenice Abbott 1926 ihr eigenes Fotoatelier in Paris. Sie spezialisierte sich dort auf Porträtfotografien berühmter Persönlichkeiten. Ihre erste Einzelausstellung wurde von der Galerie Le Sacre du Printemps in Paris (1926) organisiert und präsentierte Portraits der Pariser Avantgarde, darunter Porträtaufnahmen von James Joyce, Jean Cocteau, Marie Laurencin, Coco Chanel und Djuna Barnes, die Berenice Abbott rasch bekannt machten.

Nachdem Abbott 1925 die Stadt-Fotografien von Eugène Atget entdeckt hatte, begeisterte sie sich für die Dokumentation des urbanen Raums. Als Atget 1927 starb, erwarb Berenice Abbott mit der New Yorker Julien Levy Gallery dessen Nachlass, um sein Werk einem breiten Publikum bekannt zu machen. Etwa 1.500 Negative und 10.000 der im Atelier verbliebenen Abzüge kamen so in ihren Besitz. Auf der Suche nach einem Verleger für ein Buch über Atget kam sie nach New York zurück. Abbotto promotete das Werk von Eugène Atget und übte dadurch großen Einfluss auf amerikanische Fotografen aus, darunter Walker Evans oder Lee Friedlander. Im Jahr 1968 verkaufte Abbott das Konvolut geschlossen an das Museum of Modern Art.

Changing New York

Berenice Abbott kehrte 1929 nach New York zurück, wo sie anfangs als freie Bildreporterin tätig war. Kurz darauf begann sie ihr erstes Fotoprojekt, das sie der sich permanent verändernden Großstadt widmete. Sie orientierte sich an Atgets Parisbildern und dokumentierte die sich verändernde Metropole: Zum Bildthema werden Ruinen und Abbruchhäuser, die gleichberechtigt neben neuen Wolkenkratzern stehen, Werbeschriftzüge als Signatur der modernen Großstadt, aber auch Verfall und Armut. Abbott nutzte dabei die Bildsprache der Moderne. Sie bevorzugte einen einfachen, aber dynamischen Stil mit Drauf- und Untersichten, Ausschnitten, starken Kontrasten und dramatischen Kanten.

Ihre berühmtesten Aufnahmen stammend aus den Jahren von 1935 bis 1939, als sie für das Works Progress Administration Federal Art Project arbeitete. Diese Fotografien publizierte sie unter dem Titel „Changing New York“; „Greenwich Village today and yesterday“ veröffentlichte sie 1949. Insgesamt 27 Jahre fotografierte Berenice Abbott New York mit ihrem dokumentarischen Stil. Diesen gab sie an ihre Studentinnen und Studenten an der New School for Social Research weiter, wo Berenice Abbott von 1934 bis 1958 als Dozentin für Fotografie tätig war.

Physik im Bild – Abbott als Wissenschaftsfotografin

1939 begann Abbott mit ihrem ehrgeizigsten Projekt, dem Fotografieren physikalischer Phänomene. Mehr als zwanzig Jahre lang widmete sie sich diesem Thema, da sie daran glaubte, dass Wissenschaft ein gültiges Thema für eine künstlerische Aussagen sei. Ihrer Ansicht nach wäre die Fotografie das einzige Medium, mit dem Kunst mit Wissenschaft miteinander verbunden werden könnten. In dieser Zeit schoss Berenice Abbott Tausende von Fotografien, entwarf und patentierte wissenschaftliche Geräte, darunter zwei Kameras. 1958 wurden ihren Methoden vom Physical Science Study Committee of Education Services in Cambridge, Massachusetts, anerkannt. Daraufhin arbeitete Bernice Abbott drei Jahre lang am Massachusetts Institute of Technology (MIT), um ein Lehrbuch für Physik zu bebildern.

Späte Werke

Während ihrer Karriere nahm Abbott den amerikanischen Alltag auch in anderen Bundesstaaten wie Ohio, Pennsylvania und im tiefen Süden auf. 1953 fotografierte sie ihre Reise von Fort Kent, Maine, nach Key West, Florida und zurück und dokumentierte ein sich veränderndes Amerika entlang des Route One Highway.

Nach dem Tod ihrer langjährigen Lebensgefährtin, der Kunstkritikerin Elizabeth McCausland, zog Abbott 1965 nach Maine. Durch ihre Zusammenarbeit mit der New York Public Library, die 1989 eine große retrospektive Ausstellung ihrer Arbeiten organisierte, unterhielt sie eine Verbindung nach New York.

Tod

Berenice Abbott starb am 9. Dezember 1991 in Maine Alter von 93 Jahren.