Fidus, Lichtgebet, Detail, um 1910 © bpk / Deutsches Historisches Museum / Arne Psille
Frei sein! Von den Zwängen des bürgerlichen Lebens, vom Kapitalismus und der industriellen Gesellschaft. So sah der Traum vieler junger Menschen um 1900 aus – und sie schmiedeten Pläne für den Ausstieg. In Reformkolonien abseits der Städte begannen einige von ihnen ein alternatives Leben. Die Rückkehr zur Natur und das Leben in Frieden standen im Zentrum, aber auch Gesundheit, Körperkultur und Spiritualität: ein neues Lebensgefühl, das sich eine passende Ästhetik suchen sollte.
Deutschland | Bonn:
Bundeskunsthalle
11.4. – 10.8.2025
In Kunst und Gestaltung bildeten sich die Gedanken der Lebensreform sichtbar ab, wie etwa im Jugendstil und Expressionismus, dem emanzipatorischen Reformkleid oder im Ausdruckstanz. Die Lebensreform-Bewegung fand ihren Ausdruck auch in vielen Bereichen der Alltagskultur: vegetarischer Ernährung, Naturheilkunde, Ablehnung der bürgerlichen Ehe und alter Geschlechterrollen, Freikörperkultur, Fitness und nicht zuletzt in den neuen Bild- und Kommunikationsmedien, mit denen all dies propagiert werden konnte.
Die Ausstellung „PARA-MODERNE. Lebensreformen ab 1900“ verfolgt die Ideale der frühen Lebensreform-Bewegung weiter durch das 20. Jahrhundert. In acht Kapiteln werden Zeugnisse der unterschiedlichen Reformbewegungen aus den Bereichen Design, Lebenskultur und Kunst gezeigt. Der Blick auf die Wegbereiter:innen veranschaulicht frühe Denkmodelle, die sich in aktuellen Überlegungen zu Nachhaltigkeit, Gesundheit und Gemeinwohl wiederfinden. Die Ausstellung beleuchtet darüber hinaus Strömungen, deren esoterische Weltsicht sich zu Theorien von Überlegenheit bestimmter „Menschenrassen“ verstieg. Gemeinsam mit der Idealisierung des gesunden Körpers führte dies zu völkischen Heilslehren, die als wegbereitend für Eugenik, Antisemitismus und Rassismus gelten müssen.
Quelle: Bundeskunsthalle Bonn