Elfriede Lohse-Wächtler (1899–1940) zählt zu den wichtigen künstlerischen Stimmen des frühen 20. Jahrhunderts. Ihre dynamische, von Empathie getragene Bildsprache ist in der Kunst der Neuen Sachlichkeit ohne Vergleich (→ Neue Sachlichkeit). Bereits mit sechzehn Jahren verließ Lohse-Wächtler ihr Elternhaus, und ab 1918 war sie als »Nikolaus Wächtler« in Dresdner Avantgardekreisen aktiv; zu den Freunden der eigensinnigen »Laus« gehörten die Maler Otto Dix, Conrad Felixmüller und Otto Griebel, der Dichter Rudolf Adrian Dietrich und der Dadaist Johannes Baader. Von 1925 bis 1931 erlebte Lohse-Wächtler in Hamburg eine persönlich belastende, künstlerisch jedoch höchst produktive Zeit.
Deutschland | Hamburg:
Barlach Haus
27.10.2024 – 9.2.2025
Elende Lebensumstände und eine gescheiterte Ehe führten zu psychischen Problemen und 1929 zu einem ersten Klinikaufenthalt. Ihrer labilen Verfassung trotzte die Künstlerin kraftvolle Werke ab. Selbstbewusst drang sie dabei auch in Männerwelten und Sperrbezirke vor, malte im Hafen und auf St. Pauli. In rascher Folge entstanden atmosphärisch dichte Bordell- und Kneipenszenen, unkonventionelle Typenporträts und eindringliche Selbstbildnisse. Elfriede Lohse-Wächtlers Geschichte der Selbstermächtigung endete mit Zwangshospitalisierung und staatlich legitimierter Auslöschung: 1940 wurde sie im Rahmen der nationalsozialistischen Krankenmorde (»Aktion T4«) getötet.
Das Barlach Haus Hamburg widmet der Ausnahmekünstlerin eine umfassende Retrospektive mit annähernd 100 Werken. Anlass für diese erste Hamburger Einzelausstellung seit 1999 ist ihr 125. Geburtstag am 4. Dezember 2024.