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Hamburger Kunsthalle: Rembrandt. Meisterwerke aus der Sammlung Zwei Gemälde und rund 60 Radierungen

Rembrandt van Rijn, Selbstbildnis mit Mütze, den Mund geöffnet, Detail, 1630, Radierung, 5,1 x 4,6 cm (© Hamburger Kunsthalle / bpk, Foto: Christoph Irrgang)

Rembrandt van Rijn, Selbstbildnis mit Mütze, den Mund geöffnet, Detail, 1630, Radierung, 5,1 x 4,6 cm (© Hamburger Kunsthalle / bpk, Foto: Christoph Irrgang)

Am 4. Oktober 2019 jährt sich der Todestag von Rembrandt van Rijn (1606–1669) zum 350. Mal. Aus diesem Anlass – wie auch ihrem eigenen 150-jährigen Jubiläum – widmet die Hamburger Kunsthalle einem der bedeutendsten Künstler des niederländischen Goldenen Zeitalters eine Ausstellung im Harzen-Kabinett und der Sammlung Alte Meister.

Gezeigt werden eine Auswahl von rund 70 Radierungen sowie die beiden Gemälde Rembrandts aus dem Sammlungsbestand. Insgesamt besitzt die Hamburger Kunsthalle mehr als 300 Radierungen des niederländischen Barockkünstlers, wodurch es möglich ist, sämtliche Themenkreise abzubilden. Der Rundgang führt von frühen Selbstbildnissen zu Porträts, radierte Studien, Landschaftsdarstellungen und Arbeiten zu religiösen Themen.

Der zweite Teil der Ausstellung ist in der Sammlung Alte Meister zu sehen. Hier setzen die Kuratoren Sandra Pisot und Andreas Stolzenburg die beiden Gemälde Rembrandts in der Hamburger Kunsthalle in Dialog mit ausgewählten Radierungen. Mit „Simeon und Hanna im Tempel“ (1627) und „Maurits Huygens, Sekretär des Staatsrats in Den Haag“ (1632) werden zwei Frühwerke Rembrandts in Leiden und Amsterdam präsentiert. Ergänzt werden sie um das Gemälde „Die Verstoßung der Hagar“ (1612) von Pieter Lastman, in dessen Leidener Werkstatt sich Rembrandt um 1625 für etwa sechs Monate weiterbildete.

Rembrandt in der Hamburger Kunsthalle

Die Ausstellung zu den Rembrandt-Radierungen beginnt „klassisch“ mit den experimentellen, teils hintergründigen, teils humorvollen Selbstporträts des Künstlers. Dessen Selbstbeobachtung und Rollenspiele faszinieren bis zum heutigen Tag, brechen sie doch radikal mit der Vorstellung des repräsentativen Porträts – sowohl was ihre miniaturhafte Kleinheit wie auch den Zugang des Maler-Grafikers betrifft. Einmal blickt er mit erschrockenem Gesicht und weit aufgerissenen Augen aus dem Bild, ein anderes Mal versteckt er sich im Dunkel eines Schattens. Damit positionierte sich Rembrandt seit seiner Frühzeit als anti-klassischer Künstler, der sich von den Schönheitsidealen auch seiner Zeit absetzen wollte. Er betonte seine eigene rundliche Nase, zog Grimassen vor dem Spiegel. In anderen Blättern wiederum tritt er in herrschaftlicher Kleidung und mit aufrechter Haltung den Betrachtenden gegenüber. Damit stellt er in der kunstvollen Technik der Radierung, wie die Kuratoren betonen, auf überraschende Weise „Sehgewohnheiten in Frage“.

Seit Juni 1631 konnte Rembrandt van Rijn zunehmend einflussreiche Persönlichkeiten als Auftraggeber für Porträts gewinnen. Den Beginn machte eine Gruppe von Menoniten, zu der auch sein Kunsthändler Hendrik Uylenburgh gehörte. Quasi über Nacht wurde Rembrandt ab 1631 einer der gefragtesten Porträtmaler in Amsterdam. Zu den Qualitäten seiner Bildnisse gehören die detaillierte Schilderung der Interieurs, in denen sich die Geistlichen, Kaufleute und Gelehrte aufhalten. Rembrandt schildert sie beim Ausüben ihrer Tätigkeit, wobei er Geistliche und Prediger beim Lesen oder Nachdenken zeigt. Zentrales Element von Rembrandts Kompositionen ist das Licht, das er geschickt durch die Räume zu lenken verstand.

In die Arbeitspraxis des Druckgrafikers Rembrandt führen die seltenen radierten Studien und Aktdarstellungen ein. Ob sie der Amsterdamer zu Übungszwecken, als Vorlage für seine Mitarbeiter oder als Belege für den virtuosen Umgang mit der Radiernadel in einem Atelier anfertigte, kann nicht endgültig entschieden werden. Außergewöhnlich bleibt der Umstand, dass diese Werke ein Publikum fanden, wurde die Skizze (auch die Handzeichnung) im 17. Jahrhundert doch erst zum Sammlerobjekt erhoben. Desgleichen lässt sich auch über die Aktdarstellungen des Niederländers sagen. Diese changieren zwischen erotischer Mythologie und natürlicher Nacktheit – u. a. für die Darstellung von Adam und Eva im „Sündenfall“.

Den Hauptteil von Rembrandts (verkäuflicher) Produktion machen religiöse Darstellungen aus. Er setzte sowohl Geschichten des Alten wie auch des Neuen Testaments um, wobei die psychologische Durchdringung und die Schilderung von Affekten zu den herausragenden Charakteristika von Rembrandts Werk zählen. Mimik, Gestik, Lichtregie – alles dient der emotionalen Erzählung des biblischen Stoffs.

Den Abschluss der Ausstellung bildet ein Kapitel über die Landschaftsradierungen im Werk Rembrandts. Die größte und wohl auch berühmteste ist „Die drei Bäume“ zeigt deutlich, dass diese Arbeiten wohl nicht als topografisch genaue Schilderungen der Umgebung Amsterdams zu deuten sind. Wetterphänomene und Atmosphäre steigern das Naturmotiv zu einer symbolhaften Aussage über das Verhältnis von Menschheit und Welt. Darüber hinaus zählt Rembrandt zu den Meisterradierern der europäischen Kunstgeschichte. Wie schon seine frühen Selbstporträts erzählen die Blätter auch vom virtuosen Umgang des Künstlers mit seinen Mitteln.

Georg Ernst Harzens Rembrandt-Sammlung an die Stadt Hamburg

Das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle beherbergt mehr als 300 Radierungen Rembrandts. Alle stammen aus der Sammlung von Georg Ernst Harzen (1790–1863). 1862 vermachte Hamburger Kunsthändler und Sammler sie per Testament der Stadt Hamburg, damit diese die Gründung der Kunsthalle vorantreiben konnte. Diese Kollektion von internationalem Rang ermöglicht es, alle Facetten des druckgrafischen Schaffens Rembrandts zu präsentieren. Dies betrifft sowohl die thematische Vielfalt wie auch die kreative Weiterentwicklung der Drucke. „Rembrandt. Meisterwerke aus der Sammlung“ wird in einem Kabinett der Gemäldegalerie Alte Meister und im Harzen-Kabinett präsentiert.

Kuratiert von Dr. Sandra Pisot und Dr. Andreas Stolzenburg.

Hamburger Kunsthalle. Rembrandt. Meisterwerke aus der Sammlung: Bilder

  • Rembrandt van Rijn, Simeon und Hanna im Tempel, 1627, Öl auf Eichenholz, 55,5 x 44 cm (© Hamburger Kunsthalle / bpk)
  • Rembrandt van Rijn, Selbstbildnis mit Mütze, den Mund geöffnet, 1630, Radierung, 5,1 x 4,6 cm (© Hamburger Kunsthalle / bpk)
  • Rembrandt van Rijn, Selbstbildnis mit Mütze, den Mund geöffnet, Detail, 1630, Radierung, 5,1 x 4,6 cm (© Hamburger Kunsthalle)
  • Rembrandt van Rijn, Maurits Huygens, Sekretär des Staatsrats in Den Haag, 1632, Öl auf Eichenholz, 31,1 x 24,5 cm (© Hamburger Kunsthalle)

Beiträge zu Rembrandt van Rijn

2. März 2024
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Alexandra Matzner
Gründerin von ARTinWORDS * 1974 in Linz, Studium der Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik in Wien und Rom. Seit 1999 Kunstvermittlerin in Wien, seit 2004 Autorin für verschiedene Kunstzeitschriften. Jüngste Publiktionen entstanden für das Kunsthaus Zürich, Schirn Kunsthalle Frankfurt, Albertina und Belvedere in Wien.