Jörg Immendorff, Café Deutschland I, Detail, 1978, Öl auf Leinwand, 282 x 330 cm (© Estate of Jörg Immendorff, Courtesy Galerie Michael Werner Märkisch Wilmersdorf, Köln & New York)
Erst Ende der 1970er Jahre fasste Jörg Immendorff (1945–2007) den Entschluss, seine Dreifach-Existenz als politischer Aktivist, Lehrer und Maler ganz auf die Seite der Kunst zu verlagern. Dabei markiert das Jahr 1976 in mancher Hinsicht ein Schlüsselmoment: Immendorff beteiligte sich an der Biennale in Venedig mit einer Flugblattaktion, die die „Freiheitsberaubung“ in der DDR attackiert und internationale künstlerische Kooperation als Vehikel zu ihrer Überwindung fordert.
Deutschland / München: Haus der Kunst
14.9.2018 – 27.1.2019
Daran anschließend folgte 1978 der Einstieg in den „Café Deutschland“-Zyklus, angeregt durch Renato Guttusos „Caffè Greco“ (1976, Museum Ludwig, Köln), das Immendorff 1977 in einer Ausstellung des Künstlers in Köln gesehen hatte.
Mit der Arbeit am „Café Deutschland“-Zyklus gewinnt Immendorffs Malerei in Duktus und Farbigkeit an Expressivität, mit der er sich gleichzeitig von der ideologisch gefärbten Emblematik befreit. Der hier eingeleitete Veränderungsprozess mit seiner formalen und inhaltlichen Öffnung entwickelte sich in der letzten Werkphase zu einer bildsprachlichen „Lichtung“ im Sinne einer neuen malerischen Kraft und Leichtigkeit, die Immendorff selbst einmal als „Befreiungsschlag“ bezeichnet hat:
„Ich bin froh, dass sie auf Grund ihrer radikalen Konzentration nicht mehr selbstverständlich die Frage nach der Fabel provozieren. Ich habe in ihnen Schritt für Schritt das erzählende Lametta hinweggerafft, so dass die Faktur von Form und Farbe wie von selbst im Mittelpunkt steht.“
Die Retrospektive wird ca. 100 Werke zeigen und von Ulrich Wilmes kuratiert. Sie folgt keiner strengen Chronologie der Werke, vielmehr wird sie entscheidende Schwerpunkte der Werkentwickelung in Kapitel darstellen.