Meret Oppenheim: Biografie
Meret Oppenheim (Berlin 6.10.1913–15.11.1985 Basel) war eine Schweizer Künstlerin des Surrealismus - und darüber hinaus. Getreu ihrem Motto – „Die Freiheit wird einem nicht gegeben, man muss sie nehmen“ – bewegte sie sich fernab stilistischer Zuordnungen. Ihr höchst vielschichtiges Werk reicht von Malerei über Skulptur, (Schmuck)Design, Objekten und Lyrik zu Entwürfen für Mode, Mobiliar und Brunnen reicht. Obschon Oppenheims Werk oft mit dem Pariser Surrealismus in Verbindung gebracht wird, geht weit darüber hinaus. Metamorphosen und Verwandlungen, die unzähmbaren kreativen Kräfte der Natur und der Träume, des Magischen und des Wunderbaren sind zentrale Themen der Künstlerin. Ihr berühmtestes Werk ist die „Pelztasse“.
Die Künstlerin stand als Frau wie als Kreative außerhalb jeglicher Kategorie. Die Freiheit, die sie für sich als Person in den 30er Jahren durchsetzte, forderte sie auch für ihre Kunst. Ihrer schwierigen Rolle als Künstlerin und Muse im Zirkel der Surrealisten entzog sie sich durch ein Studium der Malerei und der Restaurierung.
Ehe und Beziehungen
- Max Ernst, Beziehung von Dezember 1933–1935
- Marcel Duchamp, 1935
- André Pieyre de Mandiargues, April 1938; André war der Geliebt der Künstlerfreundin Leonor Fini.
- Wolfgang La Roche (1909–1967), aus einer eingesessenen Basler Familie. Eheschließung 1949–Dezember 1967.
- Franz Meyer (1919–2007), 1951, Schweizer Kunsthistoriker und ab 1951 Leiter der Kunsthalle Bern und ab 1961 Direktor des Kunstmuseum Basel.
- Roland Bouvier, 1957.
Kinder
Meret Oppenheim hatte keine Kinder.
Lebenslauf von Meret Oppenheim (1913–1985)
19136.10.1913: Geburt
Meret Oppenheim wurde am 6. Oktober 1913 in Charlottenburg bei Berlin geboren. Ihre Eltern sind Eva und Dr. Erich Oppenheim.19141914
Umzug der Familie Oppenheim nach Steinen im Wiesental. Ab September lebte Eva Oppenheim mit Meret bei Lisa und Theo Wenger in Delsberg [Delémont].1915 1915: Christine
Geburt der Schwester Christine19191919 : Steinen
Rückkehr ins „Doktorhaus“ nach Steinen. Einschulung in die Volksschule. Geburt des Bruders Burkhard.19241924 : Basel
Lisa und Theo Wenger zogen nach Basel, Klingental 13.1926/271926/27: Kinderheim
Nach mehrfachem Schulwechseln hielt sich Meret Oppenheim im Kinderheim Dr. Bossard in Unterägeri im Kanton Zug.März 1928März 1928: Rückekehr nach Steinen
Meret Oppenheim kehrte nach Steinen zurück, wo die Konfirmation stattfand. Im April besuchte Meret das Zinzendorf-Mädcheninternat in Königsfeld im Schwarzwald. Im Juni starb Theo Wenger.Ostern 1930Ostern 1930: Gewerbeschule
Meret Oppenheim verließ zu Ostern 1930 Königsfeld. Umzug zu Lisa Wenger nach Basel, Klingental 13, um die Gewerbeschule zu besuchen. Nach Abbruch kurzer Besuch der Oberrealschuloe Lörrach in Baden-Württemberg. Beginn der Freundschaft mit Irène Zurkinden. Anschluss an Otto Abt, Walter Kurt Wiemken und Walter Bodmer.Mai 1932Mai 1932: erstmals in Paris
Meret Oppenheim hielt sich zum ersten Mal in Paris auf. Sie fuhr gemeinsam mit Irène Zurkinden hin. Sie verkehrten im Café du Dome, wo sie unter anderem Hans Arp, Alberto Giacometti, Kurt Seligmann, Oswald Petersen kennenlernten. Im Modeatelier von Ré Richter war sie sowohl von deren modernen Kreationen beeindruckt als auch von Ludwig Mies van der Rohes Stahlrohrmöbeln.Dezember 1933Dezember 1933: Beziehung mit Max Ernst
Meret Oppenheim und Max Ernst begannen im Dezember 1933 eine Beziehung.19341934: Modell von Man Ray
Man Ray fotografierte die nackte Meret Oppenheim in Paris an der Druckerpresse. Sommeraufenthalt mit Max Ernst in Comologno, danach Meret bei der Familie in Carona. Es entstand das Objekt „Tête de noyé, 3ème état“.19351935: Schmuckentwürfe
Meret Oppenheim wohnte im Hotel Odessa in Paris und entwarf Schmuck für Modeateliers, Pelzringe und -armbänder. Die junge Künstlerin trennte sich von Ernst. In diesem Jahr schuf sie „Le déjeuner en fourrure [Frühstück im Pelz]“, besser bekannt unter dem Titel „Die Pelztasse“. Oppenheim begann eine Beziehung mit Marcel Duchamp.19361936: internationaler Durchbruch
Meret Oppenheims Eltern emigrierten über Basel nach Carona. Die Künstlerin stellte in der Galerie von Marguerite Schulethess in Basel aus, ihre erste Einzelausstellung (18.4.–8.5.1936). Unter den 20 Bildern, Objekten und zahlreichen Zeichnungen war u.a. das Objekt „ma gouvernante – my nurse – mein Kindermädchen“ (1936/1967) zu sehen. Die Schau stieß in der Schweiz auf Unverständnis und wurde verrissen. Die eifersüchtige Marie-Berthe Oppenheim zerstörte das Original von „ma gouvernante“ und schenkte die Schuhe einer armen Frau. In der Galerie Ratton in Paris wurde „Le déjeuner en fourrure“ in der „Exposition Surréaliste d’Objets“ (Mai) gezeigt und später in einer Ausstellung in der „Galerie des Cahiers d’Art“. Alfred Barr erbat drei Leihgaben für seine Ausstellung „Fantastic Art, Dada, Surrealism“ (ab Dezember) im Museum of Modern Art in New York und kaufte „Le déjeuner en fourrure“ an. Für Oppenheim bedeutete dies den internationalen Durchbruch.19371937: Fotoatelier Pfempfert & Rückkehr nach basel
Oppenheim arbeitete im Fotoatelier von Franz Pfempfert in Paris; Pfempfert war zuvor der Chefredakteur von „Die Aktion“ in Berlin und aus Hitler-Deutschland geflohen. Meret Oppenheim lernte Leonor Fini und deren Liebhaber André Pieyre de Mandiargue kennen. Rückkehr nach Basel, Klingental 13, da sie chronisch unter Geldnot litt und sich ihre Depressionszustände verstetigten. Meret Oppenheim arbeitete eineinhalb Jahre nicht und besuchte deshalb die Kunstgewerbeschule, wo sie sich zur Restauratorin ausbilden ließ. 1937 schloss sie sich der „Gruppe 33“ an, wo sie erneut Otto Abt, Walter Bodmer und Walter Kurt Wiemken traf.April 1938April 1938: Beziehung mit André Pieyre de Mandiargues
Meret Oppenheim hielt sich bei André Pieyre de Mandiargues in Basel auf. Die beiden begannen eine Liebesbeziehung.August – November 1938August – November 1938: Reise nach Oberitalien
Reise mit Leonor Fini, Federico Veneziani und André durch Oberitalien. Im November reiste Oppenheim mit André, woraufhin sich ein Konflikt mit Leonor Fini entwickelte.19391939: Ausbruch des 2. Weltkriegs
Meret Oppenheim hielt sich zum letzten Mal in Paris auf, bei Leonor Fini. Oppenheim beteiligte sich mit Objekten, darunter ein Tisch mit Vogelfüßen, an der Ausstellung fantastischer Möbel in der Galerie von Leo Castelli und René Drouin. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 lebte und arbeitete Meret Oppenheim in Basel und Cafrona.19411941: Illustrationen für die Dissertation ihrer Schwester
Beteiligung an einer Ausstellung der Galerie Gasser in Zürich. Meret Oppenheim illustrierte die Dissertation ihrer Schwester Kristin. Treffen mit Marcel Duchamp in Genf.März 1942März 1942: Marcel Duchamp
Marcel Duchamp besuchte Oppenheim in Basel, kurz bevor er in die USA emigrierte.19421942: Kostüme
Meret Oppenheim entwarf Kostüme für das Ballett „Das Märchen vom Aschenbrödel“ im Stadttheater in Basel. Arbeitsbeginn an der Textvorlage für das Filmprojekt „Kaspar Hause oder Die goldene Feiheit“. Im Oktober starb ihre Großmutter Lisa Wenger. Anlässlich der Ausstellung von Leonor Fini in der Galerie Gasser in Zürich trafen die beiden Künstlerinnen einander wieder.19431943
Kristin Oppenheim heiratete den Ethnologen Alfred Bühler.19441944: Typhus
Meret Oppenheim wurde mit Verdacht auf Typhus ins Spital eingeliefert. Die Erkrankung löste eine lang andauernde Depression aus.19451945: Treffen mit Le Roche
Die Künstlerin lernte den Kaufmann Wolfgang La Roche und seine Ehefrau Meta Strasser kennen.19481948: Ré Soupault
1948 Ré Soupault (geschiedene Richter) zog nach Basel, die beiden Frauen frischten ihre Freundschaft wieder auf.19491949: Hochzeit mit Wolfgang La Roche
Meret Oppenheim heiratete Wolfgang La Roche und wurde Schweizer Bürgerin. Umzug nach Bern und Eröffnung eines Antiquitätengeschäftes in der Jungkerngasse 15.19501950: wieder in Paris
Erste Reise nach dem Zweiten Weltkrieg nach Paris, wo sie wieder Kontakt zu ihren Freund:innen der 1930er Jahre: u.a. André Breton. Weitere Aufenthalte in Frankreich folgten. Meret Oppenheim wurde Mitglied der Künstlergruppe um Arnold Rüdlinger in Bern.19511951: Beziehung mit Franz Meyer
Liebesbeziehung mit Franz Meyer, der 1952 Ida Chagall heiratete.19541954: Oberhofer
Umzug mit La Roche nach Oberhofer am Thunersee. Oppenheim bezog ein Atelier im Künstlerhaus in der Berner Postgasse. Nachdem sie ihre Depression überwunden hatte, setzte eine intensive Schaffenszeit ein.19561956: Oppenheim übersetzte Pablo Picasso
Meret Oppenheim übersetzte Pablo Picassos „le désir attrappé par la queue [Wie man Wünsche am Schwanz packt]“ für die Inszenierung Daniel Spoerris in Bern. Die Künstlerin schuf Kostüme und übernahm die Rolle einer „Gardine“. Sie zeigte ihr Objekt „Le couple [Das Paar]“ in der begleitenden Ausstellung. Oppenheim nahm an einer Ausstellung in der Galerie der Surrealisten „L’Etoile scellée“ in Paris teil.19571957: Roland Bouvier
Meret Oppenheims Beziehung zu Roland Bouvier führte zum Bruch mit Leonor Fini.19581958: Wiedersehen mit den Surrealist:innen
Die Künstlerin zog nach Langenthal bei Bern um. Sie begleitete die kranke Mutter nach Brissago am Lago Maggiore. Widersehen mit Max Ernst, Man Ray, Dorothea Tanning und anderen Künstler:innen in Paris.19591959: Frühlingsfest und internationale Surrealismus-Ausstellung
Erneuter Umzug nach Thun. Tod der Mutter Eva Oppenheim. Meret Oppenheim organisierte ein „Frühlingsfest“, bei dem das Essen auf den Körper einer nackten Frau angerichtet wurde. Wiederholung des „Festin“ Ende des Jahres in Paris anlässlich der „Exposition InteRnatiOnale du Surréalisme“ der Galerie Cordier.19601960: Einzelausstellung in Ascona
Ausstellung „Meret Oppenheim. Pitture – Sculture“ in der Galerie Casa Serodine in Ascona.19621962: Beitrag zu Spoerris Künstlerbuch
Beitrag zu Daniel Spoerris Künstlerbuch „Anekdoten zu einer Topographie des Zufalls“.19641964: Gemälde in einem Gymnasium
Umzug nach Hünibach am Thunersee. Meret Oppenheim gewann die Ausschreibung eines Wettbewerbs für ein Gemälde an einem Berner Gymnasium. Tod des Vaters Erich Oppenheim.19651965: Wandbehang der Bibliothek der Universität Bern
Oppenheim gewann den Wettbewerb für einen Wandbehang der Bibliothek der Universität Bern, der von Silvia Valentin in Luzern umgesetzt wurde. Oppenheim experimentierte kontrolliert mit der Droge Psilocybin-Cy.19661966: Hermesbrunnen
Wolfgang La Roche erkrankte an einer schweren Depression. Meret Oppenheim schuf einen ersten Entwurf für einen „Hermesbrunnen“.19671967: Ankauf von „Ma gouvernante – my nurse – mein Kindermädchen“
Teilnahme an der Präsentation von Schweizer Künstlern im Solothurner Kunstverein. Sie begann eine Zusammenarbeit mit André Kamber. Retrospektive im Moderna Museet, Stockholm, Ankauf von „Ma gouvernante – my nurse – mein Kindermädchen“. Im Dezember starb Wolfgang La Roche.19681968
Umzug nach Hünibach nach Bern, Zieglerstraße 30. Beginn der Restaurierung von Renovierung des Hauses in Carona unter Leitung von Meret Oppenheim, das sie mit ihren Geschwistern geerbt hatte. Im Winter reiste sie nach Brasilien.19691969: Ausstellung und Spoerri
Ausstellung in der Galerie „Der Spiegel“ in Köln. Oppenheim besuchte Daniel Spoerri in Düsseldorf.19701970: Begegnung mit Boetti und Lupo
Ausstellung in der Galerie „Il Fauno“ in Turin. Oppenheim lernte das Künstlerpaar Anna Boetti und Roberto Lupo kennen.19711971: Leihgaben für die Botschaft
Meret Oppenheim hielt sich in Paris und London auf. Christoph Bernoulli arrangierte Leihgaben Oppenheims für die Schweizer Botschaft der OECD in Paris.19721972: Surrealismus-Ausstellung in München und Paris
Oppenheim nahm an der Ausstellung „Der Surrealismus 1922–1942“ im Haus der Kunst in München (11.3.–7.5.1972) und im Musée des Arts Décoratifs in Paris (26.5.–23.7.1972) teil. Sie kaufte ein Atelier in der Avenue Jean Moulin und pendelte künftig zwischen Bern, Paris und Carona.19731973: Entwicklung neuer Formen de „Cadavre exquis“
Entwicklung neuer Formen de „Cadavre exquis“ mit Boetti und Lupo in Carona.19741974: erste Schweizer Retrospektive
Meret Oppenheim reiste nach Israel mit Boetti und Lupo. Erste Schweizer Retrospektive im Kunstmuseum Solothurn.19751975: Kunstpreis der Stadt Basel
Am 16. Januar 1975 bekam Oppenheim den Kunstpreis 1974 der Stadt Basel verliehen. Übernahme der Solothurner Ausstellung vom Kunstmuseum Winterthur und dem Wilhelm-Lehmbruck-Museum Duisburg. Oppenheim besuchte Oswald Peters in Düsseldorf.19771977
Ausstellung in der Galerie Gerhild Grolitsch, München.19781978: Gastdozentin in Hamburg
Meret Oppenheim arbeitete als Gastdozentin an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Ausstellungen in der Galerie Thomas Levy in Hamburg und Galerie Eugenia Cucalon in New York.19801980: Entdeckung der Surrealistinnen
Oppenheim nahm an der Gruppenausstellung von Lea Vergines „L’altra metà dell’Avanguardia“ in Mailand, Rom und Stockholm teil.19811981: Sansibar
„Sansibar“, Gedichte und Serigrafien, erschien in Basel19821982: Großer Kunstpreis der Stadt Berlin
Meret Oppenheim erhielt den Großen Kunstpreis der Stadt Berlin. Sie nahm an der „documenta“ in Kassel teil. Oppenheim reiste nach Südkorea und Japan. Bice Curiger gab gemeinsam mit Meret Oppenheim die Monografie „Meret Oppenheim – Spuren durchstandener Freiheit“ heraus.19831983: Meret-Oppenheim-Brunnen in Bern
Einweihung des Meret-Oppenheim-Brunnens auf dem Berner Waisenhausplatz. Wanderausstellung in Goethe-Instituts in Genua, Mailand, Turin, Neapel.19841984: Gedichte und Retrospektiven
Veröffentlichung von „Husch, husch, der schönste Vokal entleert sich. Gedichte“ im Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. Retrospektive in der Kunsthalle Bern, im ARC Musßee d’Art Moderne de la Ville de Paris sowie in Frankfurt, Berlin und München. Tod der Schwester Kristin Bühler-Oppenheim.15.11.198515.11.1985: Tod
Meret Oppenheim starb am 15. November 1985, dem Erscheinungstag ihres Gedichtbandes „Caroline“ in Basel. Sie ist im Familiengrab in Carona bestattet.
