Anlässlich der Schenkung Schünemann präsentiert die Kunsthalle Bremen ihren gesamten Bestand an niederländischer Barockmalerei. Dabei tritt die bislang gänzlich unbekannte Privatsammlung in Dialog mit den Sammlungsbeständen. Der Verleger Carl Schünemann baute im persönlichen Dialog mit Kunstexperten wie u.a. Walther Bernt, Ingvar Bergström, Laurens Bol und Horst Gerson in den vergangenen 50 Jahren diese Sammlung auf. Nur selten wurden einzelne Werke in Ausstellungen präsentiert. So ist zurzeit ein Hauptwerk der Sammlung, „Die Serenade“ von Jakob Ochtervelt, in der Ausstellung „Vermeer and the Masters of Genre Painting“ zu sehen.
Deutschland / Bremen: Kunsthalle Bremen
7.4. – 19.8.2018
Die Niederländer-Sammlung der Sammlung Schünemann umfasst Stillleben, Genrebilder, Landschaften und Seestücke. Viele Werke zeichnen sich durch künstlerische und kunsthistorische Besonderheiten aus, zum Beispiel das einzige signierte Gemälde von Jeronimus Sweerts oder das einzige Stillleben des ansonsten auf Genrebilder spezialisierten Künstlers Willem van Odekercken. Dazu kommen ungewöhnliche Motive wie das Tabakstillleben von Hubert van Ravesteyn mit einem Tabakpäckchen, auf dem zu Werbezwecken ein rauchender schwarzer Mann dargestellt ist.
Umfangreiche Werkgruppen geben einen Überblick über die Landschafts- und Marinemalerei in ihrer ganzen Vielfalt, die zu den charakteristischen Besonderheiten der niederländischen Malerei des Goldenen Zeitalters zählen (→ Die Geburt des Kunstmarktes). Die zierlichen Schlittschuhläufer von Adam van Breen, entstanden 1611, sind ein frühes Beispiel der niederländischen Landschaftskunst, ähnlich wie Jan van Goyens 1622 datierte Dorflandschaft. Winterlandschaften, eine Mondscheinstimmung von Aert van der Neer ( vgl. → Aert van der Neer: Große Winterlandschaft) oder Dünen an der Küste sind ebenso vertreten wie eine klassische niederländische Flusslandschaft mit Kühen und Windmühle, gemalt 1667 von Salomon van Ruysdael.
Besonderes Interesse und Fachkenntnis verbinden Schünemann, der selbst zur See fuhr, mit der Marinemalerei. Neun Seestücke veranschaulichen die Entwicklung dieser Gattung im 17. Jahrhundert, u.a. mit frühen Werken von Cornelis Claes van Wieringen, Hendrick Cornelisz. Vroom und Cornelis Verbeek, dessen fein gemalte Kupfertafel Schiffe mit donnernden Kanonen bei starkem Seegang zeigt, dramatisch zugespitzt durch einen auftauchenden Riesenfisch. Den Kontrast bildet die spiegelnde Wasseroberfläche bei Windstille in dem 1691 datierten Gemälde von Willem van de Velde dem Jüngeren.
Der Bremer Kaufmann Carl Schünemann schenkt dem Kunstverein in Bremen 35 Gemälde vor allem niederländischer Meister. Es ist die bedeutendste Schenkung dieser Art seit der Gründung des Vereins vor fast 200 Jahren. Den Kern bilden 32 Gemälde niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts. Ergänzt werden diese durch eine toskanische Madonnentafel aus der Zeit um 1400, eine Venedig-Ansicht aus dem 18. Jahrhundert von Michele Marieschi und ein eindrucksvolles Seestück des späten 19. Jahrhunderts von Hans Frederik Gude. Es ist die bedeutendste Gruppe von Werken Alter Meister, die der Kunstverein, bis heute privater Träger der Kunsthalle Bremen, seit seiner Gründung 1823 erhalten hat. Schünemann reiht sich damit ein in große Tradition hanseatischer Mäzene.
Die Schenkung Schünemann ergänzt auf hervorragende Weise die Sammlung niederländischer Malerei in der Kunsthalle Bremen. Die Neuzugänge verstärken vorhandene Bestände, zum Beispiel in der Marinemalerei, und sie schaffen besondere Schwerpunkte wie beim frühen Jan van Goyen und bei Art van der Neer. Vor allem aber schließt die Schenkung Lücken, insbesondere auf dem Gebiet der Blumenstillleben und der Genremalerei. Aber auch die italienischen Werke fügen sich in die Sammlung der Kunsthalle perfekt ein. Das gilt vor allem für die frühe italienische Madonnentafel: Sie wird zum neuen Gegenstück des bekannten Bremer Andachtsbildes von Masolino.
Kuratiert von Dr. Dorothee Hansen. Zur Ausstellung erscheint ein wissenschaftlicher Katalog des Gesamtbestandes der Sammlung niederländischer Barockmalerei in Bremen.
Quelle: Pressetext