Im Jahr 1867 schuf Claude Monet eine Reihe von Gemälden, die eine neue künstlerische Perspektive auf die moderne Stadt eröffneten. Der Künstler besuchte den Louvre um vom Balkon des Gebäudes aus das pulsierende Leben auf den Straßen von Paris zu malen – und nicht, wie es üblich war, um die in den Sälen hängenden Werke der Alten Meister zu kopieren. Das Ergebnis sind drei bemerkenswerte Stadtansichten, die Ansichten von Saint Germain l'Auxerrois, vom Jardin de l'Infante und vom Quai du Louvre. Mit diesen Werken kehrte Monet der kunsthistorischen Tradition buchstäblich den Rücken und richtete seinen Blick auf die Gegenwart der wachsenden französischen Metropole.
Deutschland | Berlin:
Museumsinsel Berlin,
Alte Nationalgalerie
27.9.2024 – 26.1.2025
Am 27. April 1867 erbat Claude Monet für sich und Auguste Renoir beim kaiserlichen Kunstintendanten die Erlaubnis, ihre Staffeleien unter den Kolonnaden des Louvre aufstellen zu dürfen.1 Monet und Renoir wollten im Freien malen, wie schon 30 Jahre zuvor die Maler der Schule von Barbizon. Doch anstelle von stiller Natur, Waldwinkel oder rastendes Vieh wandten sich Monet und Renoir der Großstadt mit eilenden Menschen zu. Damit verfolgten sie das Ziel, die neue Geschwindigkeit des urbanen Lebens festzuhalten.
Monet malte in diesem Frühjahr 1867 drei Ansichten vom Louvre aus: „Le Quai du Louvre“ (Kunstmuseum, Den Haag), „Le Jardin de l’Infante [Der Garten der Infantin]“ (Allen Memorial Art Museum, Oberlin College, Ohio) und das in Berlin befindliche Bild der Kirche „Saint Germain l’Auxerrois“. Saint Germain l’Auxerrois war die ehemals königliche Pfarrkirche mit ihrer spätgotischen Fassade. In Spannung zu dem hauptsächlich spätgotischen Bau steht rechts im Vordergrund ein neues Mietshaus. Die Ausschnitthaftigkeit dieser Stadtansicht ähnelt jener der damals neu im Handel angebotenen Architekturfotografien. Dem erwarteten Interesse an der Architektur entspricht deren klare Erfassung und gute Erkennbarkeit. Das Irritierende an dem Bild war die nur flüchtig erfaßte, eilende Menschenmenge unter den blühenden Kastanien. Sie war es, die die Empörung der Kritiker und Betrachter erregte.
1869 sandte Monet die drei Ansichten von Paris zum jährlichen Salon ein, sie wurden erwartungsgemäß zurückgewiesen. So stellte er sie im Schaufenster des Farbenhändlers Latouche in der Rue Lafayette dem Publikum vor. Hier riefen sie in seinem Beisein den Protest Honoré Daumiers hervor, wie dieser später selbst notierte. Vermutlich haben auch Daumier die epigrammatisch, fleckenhaft dargestellten Figürchen erbost. Im Gegensatz dazu zeigte Émile Zola Verständnis für diese Bilder. 1868 notierte er über Monet:
„Er liebt die Ansichten unserer Städte, die grauweißen Flecken, die die Häuser vor dem hellen Himmel bilden; auf den Straßen liebt er die geschäftig in Paletots hin- und herlaufenden Menschen.“2
Die Alte Nationalgalerie präsentiert die drei frühesten Gemälde Monets von Paris, die als Beginn der impressionistischen Bewegung angesehen werden. Sie stehen im Mittelpunkt einer kleinen, konzentrierten Schau zum Bild der Stadt im Impressionismus, die rund 20 Werke der Malerei, Fotografie und Grafik umfasst.
Eine Sonderausstellung der Nationalgalerie - Staatliche Museen zu Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Den Haag und dem Allen Memorial Art Museum, Oberlin College.