„L’Arc de Triomphe, Wrapped” in Paris ist Christos letztes Werk (→ Christo und Jeanne-Claude). Der Land Art Künstler hatte bereits 1962 in einer Fotomontage seine Vision des verhüllten Triumphbogens entwickelt. Doch erst 2017, während der Vorbereitungen zur Ausstellung „Christo et Jeanne-Claude, Paris!“ im Centre Pompidou, konnte er daran gehen, diesen Traum zu verwirklichen. Sein Tod am 31. Mai 2020 macht „L’Arc de Triomphe, Wrapped” zu seinem Vermächtnis: An drei Wochenenden wird die Place de l’Etoile zur Fußgängerzone; drei Wochen lange verwandelt sich der Pariser Triumphbogen in ein lebendiges Kunstwerk Christos.
Frankreich | Paris: Place Etoile
18.9. – 3.10.2021
#ChristoParis
Christo (1935–2020) übersiedelte im März 1958 aus Sofia nach Paris. Dort traf er seiner Frau Jeanne-Claude, mit der er ab 1961 gemeinsam und unter dem Künstlernamen Christo & Jeanne-Claude Kunstwerke im öffentlichen Raum zu erarbeiten begann. Der Künstler wohnte damals in einem kleinen Zimmer in der Nähe des Arc de Triomphe und fühlte sich bald von dem Denkmal angezogen. Bereits 1962 schuf er eine Fotomontage des verhüllten Triumphbogens, von der Avenue Foch gesehen.
Was macht den Arc de Triomphe so besonders? Der Arc de Triomphe de l’Étoile – so sein eigentlicher Name – ist ein Denkmal von nationaler Bedeutung. Er wurde auf Befehl von Kaiser Napoleon I. errichtet und feiert den Sieg der französischen Armeen. Der Architekt Jean-François-Thérèse Chalgrin (1739–1811) entwarf den Triumphbogen. Seine Konstruktion dauerte 30 Jahre – von 1806 bis 1836. Der Triumphbogen ist 49,54 Meter hoch, 44,82 Meter lang und 22,21 Meter breit. Im Jahr 1836 ergänzten die Bildhauer Antoine Étex, Jean-Pierre Cortot und François Rude das Gebäude um die Skulpturengruppen „Der Friede von 1815“ (Étex), „L'Apothéose de Napoléon Ier (Le Triomphe de Napoléon de 1810) [Die Apotheose Napoleons I. (Der Triumph Napoleons von 1810)]“ (1833, Cortot), „La Résistance de 1814 [Widerstand von 1814]“ (1836, Étex) und die berühmte „La Marseillaise“ oder „Le Départ des volontaires en 1792 [Der Abzug der Freiwilligen 1792]“ (1836, Rude). Mit heroischen Akten, antiken Waffen und bärtigen Gesichtern verbindet „La Marseillaise“ Erinnerungen an den Kampf der Gallier gegen die Römer mit dem Gründungsmythos der Französischen Republik. Formal besticht und überrascht das skulpturale Werk durch die expressive Kraft der Figuren.
Baron Hausmann verstand den Arc de Triomphe als Monument von historischer Tragweite und führte zwölf Avenuen auf ihn zu. Heute steht der Triumphbogen an den Grenzen des 8., 16. und 17. Bezirks an der Place de l’Étoile – Charles de Gaulle und bildet die historische Achse zwischen dem Louvre und La Défense. Seine aktuelle, nationale Bedeutung wird durch die Ewige Flamme für den Unbekannten Soldaten verdeutlicht, der am 28. Januar 1921 am Arc de Triomphe bestattet wurde.
Es sollten 55 Jahre vergehen, bis Christo die Gelegenheit bekam, auf die Idee des verhüllten Pariser Triumphbogens zurückzugreifen. Während er die Ausstellung „Christo et Jeanne-Claude, Paris!” im Centre Pompidou vorbereitete(→ Paris | Centre Pompidou: Christo und Jeanne-Claude), diskutierte er mit Serge Lasvignes und Bernard Blistène, Präsident und Direktor des Centre Pompidou, gleichzeitig ein Projekt im öffentlichen Raum zu organisieren. Da die Ausstellung sich auf die Pariser Jahre des seit 1964 in New York lebenden Künstlers konzentrierte, rückte die Idee des „L’Arc de Triomphe, Wrapped“ in den Bereich des Möglichen.
Für die Umsetzung einer monumentalen Verhüllungsaktion durch Christo bedurfte es eines langen Atems und einer Engelsgeduld, waren doch immer unzählige Behörden und öffentliche Stellen einzubinden. Zu den zentralen Persönlichkeiten beim Projekt „L’Arc de Triomphe, Wrapped“ zählt Philippe Bélaval, Präsident des Centre des monuments nationaux, die den Arc de Triomphe betreut. Im Oktober 2018 trafen Bélaval und Christo den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, um ihm das Konzept vorzustellen. Drei Monate später, im Januar 2019, gab Macron grünes Licht; das Centre des monuments nationaux stellte im April 2019 das interne Budget zur Verfügung. Damit war der Startschuss für das größte Projekt Christos in Paris seit „The Pont-Neuf Wrapped“ (1975–1985) gegeben.
Christo beauftragte im Februar 2019 Schlaich Bergermann Partner in Berlin mit den Planungen für die Verhüllung des Triumphbogens. Da es sich beim Arc de Triomphe um ein historisches Denkmal von nationaler Bedeutung handelt, musste sichergestellt sein, dass die tonnenschweren Stoffbahnen keine Schäden am Denkmal hinterlassen. Daher ließ Christo eine Stahlkonstruktion entwerfen, die den Formen – auch den Skulpturen – des Triumphbogens folgt und ihn auf diese Weise schützt.
Im nächsten Schritte führte Christo und sein Team einige Testläufe für „L'Arc de Triomphe, Wrapped“ durch. Erst in diesem Stadium legte sich der Künstler fest in Bezug auf Farbe und Art des Stoffes und der Seile. Zusätzlicher Stoff ermöglicht voluminöse Falten zu legen. Dies wiederum bedingt die Installationsmethode.
Im Februar 2020 begann Setex Textil im niederrheinischen Hamminkeln (D, NRW), den gewünschten Stoff herzustellen. Aus 12.000 Kilometern Garn entstanden 25.000 m² Stoff. Nach seiner Fertigstellung wurde der recycelbarer Stoff zu ROWO Coating in Herbolzheim (D, Baden-Württemberg) gebracht. Dort wurde das Gewebe mit einem Kilogramm Aluminiumpulver besprüht, um ihm eine silber-blaue Farbe zu geben.
Geo – die Luftwerker Lübeck (D, Schleswig-Holstein) nähten im April 2020 das eingefärbte Material zu großen Stoffbahnen, die auf Röhren gerollt wurden. Die größten Stoffbahnen messen acht Meter Breite und wiegen eine Tonne. Christo vertraute bereits für die Projekte „Big Air Package“ (2010–2013) im Gasometer Oberhausen sowie „The Floating Piers“ (2014–2016) am Iseo See in Italien auf die Arbeit der Lübecker Stoffspezialisten.
Nach drei Jahren Vorbereitungszeit hätte „L’Arc de Triomphe, Wrapped” bereits im April 2020 installiert werden sollen. Doch der Ausbruch der Corona-Pandemie und die Brutdauer der Turmfalken verhinderte dies. Als Christo am 31. Mai 2020 in New York starb, verfügte er, dass sein Team „L'Arc de Triomphe, Wrapped“ umsetzen sollte.
Auf Wunsch der Birds Protection League (LPO) wurde das Projekt von April auf den September 2020 verschoben – und dann ein weiteres Mal auf September 2021. Doch nun ist es so weit: Seit 15. Juli werden Stahlträger und Stoffbahnen aufgebaut. Zu den 25.000 m² Stoff kommen noch 3.000 Meter rotes, recycelbares Polypropylen-Seil.
Wie alle andere Projekte von Christo & Jeanne-Claude wird auch „L’Arc de Triomphe, Wrapped“ von der Christo Foundation finanziert, indem vorbereitende Studien, Zeichnungen, Collagen, Modelle und Lithografien des Projektes verkauft werden. Laut Auskunft des Estate of Christo V. Javacheff bewegt sich die Projektsumme bei etwa 14 Millionen EURO.
Vom 18. September bis zum 3. Oktober 2021 hat das Publikum 16 Tage die Möglichkeit bei freiem Eintritt Christos verhüllten Triumphbogen zu sehen. Zusätzlich stellt die Fotoausstellung „Christo and Jeanne-Claude: Realized Projects“ 20 der ikonischen Projekte des französisch-amerikanischen Künstlerpaars vor (3.9.–2.10.2021).
Damit die Besucher:innen den „Arc de Triomphe, Wrapped“ sicher und hautnah genießen können, wird die Place de l'Etoile an drei Wochenenden zur Fußgängerzone (in Zusammenarbeit mit der Ville de Paris und der Préfecture de Police). Die Avenue des Champs-Elysées wird am Sonntag, den 19. September für den autofreien Tag und am Sonntag, den 3. Oktober für den monatlichen Fußgängertag für den Verkehr gesperrt. Über 300 Guides vermitteln das Projekt an die Besucher:innen.
Das Innere des Triumphbogens und seine Panoramaterrasse können auch während der Laufzeit von „L’Arc Triomphe, Wrapped“ besichtigt werden; dafür ist ein Ticket nötig (16 €, Kinder unter 7 Jahren gratis; → Zeitfenster-Ticket für den Arc de Triomphe).