Fluxus

Was ist Fluxus?

Fluxus war eine internationale, interdisziplinäre aber lose Gemeinschaft von Künstler:innen, Komponist:innen, Designer:innen und Dichter:innen in den 1960er und 1970er Jahren. Sie beschäftigten sich mit experimentellen Kunstformen, die den künstlerischen Prozess (und nicht das fertige Werk) im Zentrum stellen. Fluxus ist bekannt für experimentelle Beiträge zu unterschiedlichen künstlerischen Medien und Disziplinen und für die Entwicklung neuer Kunstformen. Dazu gehörten Intermedialität, Konzeptkunst und Videokunst.

Die Künstler:innen waren nicht nur eine vielfältige Gemeinschaft, die sich gegenseitig beeinflussten, sie waren auch größtenteils Freund:innen. Gemeinsam teilten sie radikale Vorstellungen von Kunst und der Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Sie wollten sowohl das Galeriensystem unterlaufen als auch die Trennung zwischen Kunst, Öffentlichkeit und Leben aufheben. Die sich überschneidenden Gemeinschaften innerhalb von Fluxus und die Art und Weise, wie sich Fluxus in überlappenden Phasen entwickelte, führten dazu, dass die Beteiligten jeweils sehr unterschiedliche Vorstellungen davon hatten, was Fluxus wäre.

Der niederländische Galerist und Kunstkritiker Harry Ruhé beschrieb Fluxus als „die radikalste und experimentellste Kunstbewegung der sechziger Jahre“. Kunstschaffende arbeiteten mit Performance, inszenierten Partituren, schufen „Neo-Dada“-Noise-Musik und Videokunst sowie konkrete Poesie. Fluxus umfasst bildende Kunst, Stadtplanung, Architektur, Design, Literatur und Verlagswesen. Viele Fluxus-Künstler:innen teilten eine sensibilisierte Haltung gegen Kommerz und Kunst. Fluxus wird manchmal als „intermedial“ bezeichnet, wobei der Begriff Intermedialität vom Fluxus-Künstler Dick Higgins (1938–1998) geprägt wurde.

Vorläufer für Fluxus

Voraussetzungen für die Entwicklung von Fluxus waren die Werke zweier Kunstschaffenden: Marcel Duchamp und John Cage.

Einen bemerkenswerten Einfluss übten die Readymades von Marcel Duchamp (1887–1968) aus, die dieser zwischen 1916 und etwa 1922 geschaffen hatte (→ Dadaismus).

Ideen und Praktiken des Komponisten John Cage (1912–1992) beeinflussten Fluxus ebenso stark. Insbesondere Cages Vorstellungen, dass man sich auf ein Kunstwerk einlassen sollte, ohne eine Vorstellung von seinem Ende zu haben, und sein Verständnis des Werks als Ort der Interaktion zwischen Künstler und Publikum. Der Schaffensprozess wurde gegenüber dem fertigen Werk der Vorzug gegeben.

Bereits in Auseinandersetzung mit de Werk Cages hatten Allan Kaprow (1927–2006), Robert Rauschenberg (1925–2008), Claes Oldenburg (1929–2022) und Red Grooms (*1937) in New York das Happening als theatralische Kunstform entwickelt.

Henry Flynt (*1940) entwickelte die Konzeptkunst („concept art“, 1961) – seine Verbindung zu Fluxus ist jedoch strittig.

Geschichte von Fluxus

George Maciunas (1931–1978) gilt weithin als Begründer von Fluxus, prägte er doch im Sommer 1961 den Namen als Titel für eine geplante Zeitschrift. In einem Gespräch mit Yoko Ono erklärte er den Begriff mit einer Definition:

„FLUXUS
Reinigen. Flüssige Entladung, vor allem exzessive Entladung der Gedärme oder anderer Körperteile. Kontinuierliches Bewegen oder Vergehen wie etwa bei einem fließenden Strom, ein Strom; üppiger Fluss, die Strömung der ans Ufer rollenden Flut, Substanz oder Mixtur wie Silikate, Kalk oder Flußspat, die zur Verschmelzung vor allem von Metallen oder Mineralien verwendet werden.“1

Die Publikation scheiterte sowohl an seinem Konzept, das keine Musiker vorsah, als auch an den fehlenden finanziellen Mitteln. Maciunas veröffentlichte „Fluxus I“ (1964) und weitere Nummern bis 1975. Maciunas schlug ein „Fluxus-Manifest“ (Februar 1963) vor, aber nur wenige hielten Fluxus für eine echte Bewegung, weshalb es weitgehend abgelehnt wurde. Stattdessen führte eine Reihe von Festivals in Wiesbaden („Fluxus – Internationale Festspiele Neuester Musik“, September 1962), Kopenhagen (1962), Paris (1962), Stockholm, Amsterdam, London und New York zu einer lockeren, aber robusten Gemeinschaft mit vielen ähnlichen Überzeugungen. In Übereinstimmung mit dem Ruf, den sich Fluxus als Forum des Experimentierens erworben hat, kamen einige Fluxus-Künstler:innen dazu, Fluxus als Labor zu beschreiben. Fluxus spielte eine wichtige Rolle bei der Erweiterung dessen, was als Kunst gilt. So schufen Nam June Paik und Wolf Vostell als erste Videokunst (ab 1960).

Berühmte Künstler und Künstlerinnen von Fluxus

Viele Künstler der 1960er Jahre beteiligten sich an Fluxus-Aktivitäten, darunter:

  • George Maciunas (1931–1978),
  • Joseph Beuys (1921–1986),
  • George Brecht (1926–2008),
  • John Cage (1912–1992),
  • Robert Filliou (1926–1987),
  • Al Hansen (1927–1995),
  • Dick Higgins (1938–1998),
  • Bengt af Klintberg (*1938),
  • Alison Knowles (*1933),
  • Addi Køpcke (1928–1977),
  • Yoko Ono (*1933),
  • Nam June Paik (1932–2006),
  • Joseph Byrd (1933–2012),
  • Benjamin Patterson (1934–2016),
  • Daniel Spoerri (*1930),
  • Ken Friedman (*1949),
  • Wolf Vostell (1932–1998),
  • Hermann Nitsch (*1938),
  • Laurie Anderson (*1947) und
  • Robert Wilson (*1941)
  1. Zit. n. Jon Hendricks, Fluxus aufdecken – Fluxus entdecken, in: René Block, Gabriele Knapstein (Konzept), Eine lange Geschichte mit vielen Knoten. Fluxus in Deutschland. 1962–1994, Stuttgart 1995, S. 120.