Die Moderne ist ohne den Beitrag von Künstlerinnen nicht zu denken. Neben bekannten Malerinnen und Bildhauerinnen wie Louise-Cathérine Breslau, Ottilie W. Roederstein und Marg Moll haben sich viele weitere erfolgreich im Kunstbetrieb der Zeit um 1900 behauptet. Sie heißen Erna Auerbach, Mathilde Battenberg, Ida Gerhardi, Annie Hopf, Elizabeth Nourse oder Louise Schmidt. Von Paris und Frankfurt aus knüpften sie internationale Netzwerke und unterstützten sich gegenseitig.
Deutschland | Frankfurt a. M.
Städel Museum, Ausstellungshaus
10.7. – 27.10.2024
Als einflussreiche Lehrerinnen und Kunstagentinnen prägten einige von ihnen auch die Geschichte des Städel Museums und der Städelschule. Es ist nun höchst an der Zeit, diesen Künstlerinnen erstmals eine große Ausstellung zu widmen und sie neu zu entdecken. Das Städel Museum präsentiert mehr als 75 Gemälde und Skulpturen von insgesamt 27 Künstlerinnen, u. a. von Eugenie Bandell, Marie Bertuch, Dora Hitz, Inge Dinand und Marie-Louise von Motesiczky. Darunter befinden sich wertvolle Kunstwerke aus renommierten US-amerikanischen und europäischen Museen sowie zahlreiche Arbeiten aus Privatbesitz, die zum ersten Mal ausgestellt werden. Ergänzt werden sie durch bislang unveröffentlichtes Archivmaterial. Fotografien und Briefe erzählen von internationalen Ateliergemeinschaften, von der strategischen Bedeutung professioneller Künstlerinnenverbände, von Erfolgen, aber auch vom andauernden Streben um Anerkennung.
Die Schau richtet den Blick auf Künstlerinnen, die mit großer Eigenständigkeit die Kunst als Beruf wählten und keine singulären Ausnahmeerscheinungen in einem durch männliche „Künstlergenies“ bestimmten Kulturbetrieb waren. Unter dem Blickwinkel der Netzwerke entsteht so ein komplexes Bild der Ausbildungs- und Arbeitssituation von Künstlerinnen in der Moderne: vom Kampf der Wegbereiterinnen im Paris der 1880er Jahre über die ersten Bildhauerinnen an der Kunstschule des Städel um 1900 bis hin zu einer jungen selbstbewussten Generation von Künstlerinnen im Neuen Frankfurt der 1920er und 1930er Jahre.
Die stilistisch sehr unterschiedlichen Arbeiten zeigen dabei die Vielfalt weiblicher Positionen und spiegeln die radikalen gesellschaftlichen und ästhetischen Umbrüche der Zeit. In ihren Werken setzen sich die Malerinnen und Bildhauerinnen mit Themen wie Professionalität und Freundschaft, der Darstellung des menschlichen Aktes oder überkommenen Geschlechterrollen auseinander und kommentieren so die eigene Situation. Dabei bedienen sie sich nicht nur der Malerei und Zeichnung, sondern eroberten zunehmend auch die Bildhauerei, die aufgrund der physischen Anstrengung sowie der technischen und materiellen Anforderungen als vermeintlich „männlichste“ Gattung der Kunst galt.
Die Ausstellung ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes, das an die Retrospektive über die Malerin Ottilie W. Roederstein (2022) anknüpft. Die wichtigsten Quellen aus dem Roederstein-Jughenn-Archiv des Städel Museums werden auch digital zugänglich gemacht.
Kuratiert von Städel Museum: Dr. Alexander Eiling (Sammlungsleiter Kunst der Moderne), Eva-Maria Höllerer (wissenschaftliche Mitarbeiterin, Sammlung Kunst der Moderne), Aude-Line Schamschula (wissenschaftliche Mitarbeiterin, Sammlung Kunst der Moderne)