Matthias Grünewald

Wer war Matthias Grünewald?

Matthias Grünewald (um 1480–um 1530) war ein bedeutender Maler und Grafiker der Spätgotik und der frühen Renaissance in Deutschland. Sein berühmtestes Werk ist der Isenheimer Altar (1512–1516).

Vielleicht ist Matthias Grünewald mit den Künstlern Mathis Gothart-Nithart oder Mathis Nithart-Gothart gleichzusetzen, zumindest war er ein Zeitgenosse. Im ersten Fall soll er um 1475/1480 in Würzburg geboren und am 31. August 1528 in Halle an der Saale gestorben sein; im zweiten vermutet man seinen Geburtsort in der Nähe von Aschaffenburg und nimmt 1531/32 als Todeszeitpunkt an.

Namensfindung

In den historischen Dokumenten, die aus Sicht der heutigen Forschung mit ihm in Verbindung gebracht werden können, finden sich äußerst knappe Angaben zu Matthias Grünewald. Meist ist nur von Mathis, Matheis, Mathes oder Mattheus die Rede, also modern von Matthias respektive Matthäus. Eher selten findet sich noch der Zusatz Maler, noch seltener von Aschaffenburg oder von Würzburg als Herkunftsangabe. Dabei zählen die genannten Vornamen in ihren Varianten zu den häufigsten ihrer Zeit an Mittel- und Oberrhein.

Bereits 1573 sprach der Straßburger Drucker und Verleger Bernhard Jobin von einem Mathis von Oschnaburg, zwischen 1570 und 1586 der Basler Sammler Basilius Amerbach von einem Mathis von Aschenburg und schließlich 1620 der Verleger Vincenz Steinmeyer in der Vorrede eines Holzschnittsammelwerks von einem Matthes von Aschaffenburgk.

Im Jahr 1641 sprach Matthäus Merian von einem Matheus Grün von Aschaffenburg und 1657/67 löste der Basler Remigius Faesch das Monogramm MG in Matheß Grün von Aschaffenburg auf.

Der heute geläufige Name Matthias Grünewald geht auf die Biografiensammlung des Kunstexperten Joachim von Sandrart zurück. Sandrart nahm Grünewald mit jeweils einem kurzen biographischen Abriss in sein 1675 und 1679 verlegtes, zweiteiliges kunsthistorisches Hauptwerk „Teutsche Academie der Edlen Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste“ auf. Wie für barocke Literatur nicht ungewöhnlich, und vielleicht eher Schriftsetzern und Druckern als Sandrart selbst zuzuschreiben, finden sich hier an verschiedenen Textstellen stark variierenden Schreibweisen des Künstlernamens, die von Matthias von Aschaffenburg bis xx reichen1

Erst im 17. Jahrhundert wurden die zeitgenössischen Bezeichnungen dann mit Grün respektive Grünewald attributiert und erweitert. Dabei muss Sandrart nicht zwangsläufig ihr Urheber gewesen sein: aus seiner teils autobiografischen Beschreibung von 1675 wird deutlich, dass er diese Bezeichnung bereits vor seiner Italienreise im Jahr 1629 gekannt haben muss und mit „Matthias von Aschaffenburg“ in Verbindung brachte.

Den Weg dieser Neubildung kann die Forschung bis heute nicht zweifelsfrei aufklären: Möglicherweise kam Sandrart über den Rückentitel APOCAL. GRVNE/WALT eines holländischen Grafiksammelbandes von 1637 zu „Grünewald“. Darin enthaltene Blätter des Künstlers Matthias Gerung tragen nämlich das Monogramm MG, das jedoch sowohl Faesch als auch Sandrart dem historischen „Grünewald“ zuschrieben.

Da Sandrart jedoch wohl schon vor 1637 den von ihm geprägten Beinamen verwendete, ist eine andere Möglichkeit die Vermischung der Biografie „Grünewalds“ mit der eines in Frankfurt am Main im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts lebenden Bildschnitzers, Bildhauers und Malers namens Mathis Grün. Dem folgen Vermutungen, dass Sandrart eigene urkundliche Forschungen anstellte und aufgrund der genannten Häufigkeit des Vornamens und seiner Varianten die Biografien mehrerer Personen miteinander vermischte.

Erkenntnisse der modernen Forschung

Die Namensüberlieferung des 17. Jahrhunderts wurde bis Anfang des 20. Jahrhunderts kaum in Frage gestellt. Dies stand in krassem Gegensatz zur Wiederentdeckung des „grünewaldischen“ Werkes ab Mitte des 19. Jahrhunderts sowie den Erfolgen der kunstgeschichtlichen Forschung, ihm über das Werksverzeichnis Sandrarts hinaus mehr und mehr erhaltene Bilder zuschreiben zu können. Das immerhin auf zweien seiner Werke dreiteilige Monogramm MGN wurde dabei gerne als Nürnberg gedeutet, die zwei anderen bekannten Monogramme MG deckten sich indes weiter mit der alten Namensüberlieferung.

Der historische Grünewald

Der Kunsthistoriker Walther Karl Zülch, der seit 1911 aufgrund der reichen Überlieferung des Frankfurter Stadtarchivs forschte, konnte den Konflikt um den Namen Grünewald auflösen. Dies stellte eine gewaltige Herausforderung vor allem deshalb dar, weil in zeitgenössischen Dokumenten der Zeit um 1500 meist nur von Meister Mathis (Mathes) oder Mathis (Mathes) Maler die Rede ist. Hinter diesen Namen verbergen sich wegen der bereits genannten Häufung des Namens zahllose historische Persönlichkeiten, weshalb vielleicht schon Sandrart auf Irrwege geraten war.

Tatsächlich publizierte Zülch aber 1917 erstmals Forschungsergebnisse, die den Künstler auf einen Mathis Nithart oder Gothart zurückführen konnten, 1938 erschien dann seine bis heute bedeutsame Monografie „Der historische Grünewald“. Obwohl diese in einigen Details aus Sicht der heutigen Forschung nicht mehr haltbar ist, da auch er trotz quellenkritischer Arbeit wohl die Lebensläufe einiger nicht mit dem historischen Grünewald identischer Künstler „beimischte“, hat sich in Bezug auf seine Erkenntnisse zum Namen seitdem nur noch wenig geändert.

Demnach nannte sich der Künstler Mathis (modern: Matthias) Gothart, obwohl er wohl ein geborener Nithart war. Der Vorname ist in einer Studie, der sogenannten Oxforder Zeichnung, handschriftlich überliefert. Die häufige „Verwechslung“ des Namens mit Varianten des Namens Matthäus, vor allem in zeitgenössischen Dokumenten, ist auf dialektale Verschleifungen und den Umstand zurückzuführen, dass es keine normierte Rechtschreibung gab.

Die genannte Kombination von Künstlernamen und Familiennamen ist die schlüssigste Erklärung für sämtliche bekannten Signaturen des Künstlers, obwohl die Doppelung nicht aufgeklärt werden konnte. Obwohl Gothart und Nithart schon 1516 respektive 1526 urkundlich nachweisbar sind, erscheinen sie beide im Inventar des Nachlasses des Künstlers 1528 zusammen mit Objekten, die sie mit dem rekonstruierbaren Lebenslauf und auch Werk des historischen „Grünewald“ in Verbindung bringen.

Schon in den 1960er Jahren wurden an der von Zülch skizzierten Biografie Grünewalds verschiedentlich Korrekturen vorgenommen, wenn durch neue Dokumente oder Bilder eine Korrektur notwendig wurde. So zwang z. B. Alfred Schädler mit seinen Forschungsergebnissen von 1962 die Kunsthistoriker in einem wesentlichen Punkt zum Umdenken. Er erbrachte den Nachweis, dass der Seligenstädter Bildschnitzer Mathis nicht mit Mathis Gothardt-Neithardt identisch sein kann.

Hans Jürgen Rieckenbergs Grünewald

Zu Beginn der 1970er Jahre sorgte dann der Historiker Hans Jürgen Rieckenberg für einiges Aufsehen in der Grünewaldforschung. In mehreren Veröffentlichungen legte er ausführlich seine Theorie zum Thema Grünewald dar und stellte damit die gesamte bisherige kunsthistorische Forschung in Frage. Es beschäftigten ihn vor allem die massiven Widersprüche zwischen dem aktuellen Forschungsstand über Grünewald und den Angaben von dessen erstem Biographen Joachim von Sandrart, die bereits mit dem Namen beginnen: Es bleibt doch unverständlich, weshalb Sandrart, dessen Bericht über den Maler wir so viele zutreffende und von keinem andern übermittelte Nachrichten verdanken, den Namen Grünewald gewählt haben sollte. Auffallend sei auch, dass der Name Mathis Gothart oder Nithart bis zu den Veröffentlichungen Zülchs niemals in Verbindung mit den anerkannten Werken Grünewalds erwähnt wurde, weder zu Lebzeiten des Künstlers noch nach dessen Tod. Außerdem stammen die beiden erhaltenen Monogramme MGN auf der Laurentiustafel des Helleraltars in Frankfurt (um 1510) und dem Maria-Schnee-Altar in Aschaffenburg (1519) aus einer Zeit, in der der Name Nithart nicht nachgewiesen werden kann; auch für den Namen Gothart sei nur ein Beleg von 1516 bekannt. Die Verbindung dieser beiden Namen tritt nur einmal auf, und zwar 1528 in der Verhandlung über den Nachlass des Malers vor dem Frankfurter Gericht: sein Name wird im Protokoll mit Nithart ader Gothart angegeben, also Mathis Nithart oder Mathis Gothart. Nichts deutet nach Rieckenberg darauf hin, dass Grünewald einen Doppelnamen hatte, wie dies Zülch vertrat. Außerdem gebe es mehrere Belege dafür, dass der Name Grünewald bereits vor Erscheinen des Aufsatzes von Sandrart in der „Teutschen Academie ...“ bekannt war und daher nicht einfach als dessen Erfindung abgetan werden könne: so tauchte der Name Matheus Grün von Aschaffenburg bereits im Jahre 1641 bei Matthias Merian d. Ä. auf; um 1660 notierte der Basler Sammler Remigius Fäsch in seinen Unterlagen zum Monogramm MG denselben Namen; und schließlich erschien in dem Straßburger Katalog der Kunstkammer des Seidenstickers und Sammlers B. L. Künast (1668 und 1673) der Name Matheus Grien, wobei die unter diesem Namen aufgeführten Werke nachweislich von Grünewald stammen. Darüber hinaus könne und müsse der Name Grün als die Kurzform von Grünewald angesehen werden, ebenso wie für den Namen Martin Schongauer häufig die Kurzform Schön anzutreffen sei, so u. a. bei Merian, Künast und Sandrart. Bezüglich des Monogramms MGN vermutet Rieckenberg, dass das N der Anfangsbuchstabe des Geburtsortes Grünewalds sein könnte, so wie dies durchaus den Gepflogenheiten der Zeit entsprach. Allerdings erscheint Schön in Gerichtsakten und anderen Dokumenten immer mit dem vollen Namen Schongauer.

Leben

Biografische Skizzen vor Rieckenberg – Mathis Gothardt-Neithardt

Bis zum Zeitpunkt der intensiven Recherchen des Historikers Rieckenberg konnte die Biografie des Künstlers weder vollständig noch eindeutig rekonstruiert werden. Im Anschluss an die Ausführungen Zülchs herrschte folgende Vermutung: Matthias Grünewald wurde um 1475/80 in Würzburg geboren. Wo und bei wem er die Malerei erlernte, ist nicht überliefert, sein Wirken lässt jedoch erkennen, dass er Bilder von Hans Holbein dem Älteren, Albrecht Dürer, Lucas Cranach der Ältere, Hans Burgkmair dem Älteren und Albrecht Altdorfer kannte sowie mit der niederländischen und italienischen Malerei vertraut war. Dies und die zwei frühesten Grünewald zugeschriebenen Werke deuten auf eine Anwesenheit im Nürnberg der Zeit um 1500, was jedoch nicht urkundlich nachweisbar ist.

Dagegen wird in den Mainzer Vikariatsakten am 30. November 1505 erstmals ein „meister Mathis“ mit einem „famulus“ (Gesellen) in Aschaffenburg bezeugt. Dabei geht es um Arbeiten am Epitaph für den am 13. September 1504 verstorbenen Vikar der Stiftskirche, Johannes Reitzmann. Tendenziell wird heute – vor allem aufgrund des zeitgenössisch häufigen Namenszusatzes von Aschaffenburg – angenommen, dass die damalige Mainzer Nebenresidenz spätestens seit dem genannten Jahr 1505 Grünewalds dauerhafter Wohnsitz war. Vermutlich diente Grünewald seitdem als Hofbeamter bei dem Mainzer Erzbischof Jakob von Liebenstein. Unter dessen Nachfolger, Uriel von Gemmingen, wurde er ab 1509 mit technischen Aufgaben betraut.

Wie bei vielen anderen Künstlern seiner Zeit umfasste das Berufsverständnis einen sehr weiten Bereich von Tätigkeiten. 1510 sollte er den Brunnen auf Burg Klopp bei Bingen am Rhein reparieren, er zählte daher zu den sogenannten Wasserkunstmachern (heute würde man wohl Wasserbauingenieur sagen). Als oberster Kunstbeamter bei Hofe hatte er aber auch Neubauten zu beaufsichtigen und leitete in dieser Funktion die Umbauarbeiten in der Aschaffenburger Burg, dem Vorgängerbau von Schloss Johannisburg. Seine dortige Tätigkeit wurde der Nachwelt wohl nur deshalb überliefert, weil die Arbeiten misslangen und es zu einem Prozess kam (Kemnatprozess 1514–16).

Die Prozessakte, die neben seinem Testament als eines der wichtigsten „Grünewalddokumente“ galt, jedoch im Zweiten Weltkrieg im Stadtarchiv Frankfurt verbrannte, ließ erkennen, dass der Künstler den Großteil der Zeit des Prozesses nicht selber anwesend war. Dies stimmt mit der überlieferten Entstehungszeit seines Hauptwerks, dem Isenheimer Altar, zusammen, den er wohl zwischen frühestens 1512 und spätestens 1516 schuf. Die jüngere Forschung hat ins Spiel gebracht, dass er in der genannten Zeitspanne nicht in Isenheim selbst, sondern der nächsten größeren Stadt, Straßburg, tätig war.

Danach, also etwa 1516, trat Grünewald als Hofmaler in den Dienst des neuen Erzbischofs von Mainz, Albrecht von Brandenburg. Für diesen war er erneut als oberster Kunstbeamter des erzbischöflichen Hofes in der Residenzstadt Halle an der Saale für die Überwachung von Bauvorhaben zuständig. In dieser Funktion wurde er beauftragt, als Wasserkunstmacher eine Wasserleitung von Haibach zur Stiftskirche in Aschaffenburg zu planen und deren Bau zu überwachen.

Um 1526 schied Grünewald aus dem Hofdienst und ließ sich in Frankfurt am Main nieder, was oft in Zusammenhang mit Sympathien für die rebellierenden Kräften des Bauernkrieges gesehen wird. In der freien Reichsstadt verdiente er seinen Lebensunterhalt als Seifenmacher; er wohnte in dem Haus Zum Einhorn bei dem Seidensticker Hans von Saarbrücken. Im Sommer 1527 übersiedelte er wieder an seine frühere Wirkungsstätte Halle, wo er eine Mühlenzeichnung für Magdeburg anfertigen sollte. Freunde des Künstlers teilten dem Magistrat der Stadt am 1. September 1528 mit, dass er verstorben sei. Deshalb wird häufig angenommen, dass der 31. August 1528 sein Todestag ist. Dass dieses Datum „urkundlich belegt“ ist, ist indes eine Einzelmeinung.

Nach den Forschungsergebnissen seines Biographen Joachim von Sandrart war Grünewald ein strenger, asketischer Mann, der neuen Ideen aufgeschlossen gegenüberstand. Ob er jemals verheiratet war, ist nicht bekannt. Er hatte jedoch einen Adoptivsohn Endreß (Andreas) Neidhart, der nun in einem jahrelangen Prozess bis 1540 um die Herausgabe seines väterlichen Erbes kämpfte.

Biografie nach Rieckenberg – Mathis Grün

In einem 1974 veröffentlichten, sehr umfangreichen Aufsatz ging der Historiker Hans Jürgen Rieckenberg (1915–2003) ausführlich auf Zülchs Mathis Gothardt-Neithardt-Theorie ein. In äußerst detaillierter Form deckt er dessen Ungereimtheiten und Lücken auf. Sodann stellt er die bekannten und belegbaren Fakten zu einer Biographie dieses Künstlers zusammen. Aufgrund seiner Forschungen kommt er zu folgender Darstellung der Biografie: Grünewald wurde um 1480 in einem Dorf in der Nähe von Aschaffenburg geboren, das wahrscheinlich mit dem Buchstaben N beginnt. Über seine Jugend ist nichts bekannt. Um 1500 tauchte er als Geselle des Malers Hans Fyoll in Frankfurt a. M. auf, ist aber auch wahrscheinlich ein Schüler Dürers gewesen. Im Jahre 1503 malte er in Nürnberg den Lindenhardter Altar; 1504 oder 1505 entstand im Auftrag Johann von Cronbergs die Münchner Verspottung als Memorientafel für dessen am 23. Dezember 1503 verstorbene Schwester. Cronberg war der Stellvertreter des Mainzer Erzbischofs in Aschaffenburg, so dass Grünewald mit diesem Auftrag zum ersten Mal mit dem Mainzer kurfürstlich-erzbischöflichen Hof in Berührung kam. Bereits im Jahre 1505 ist Grünewald im Dienst des Mainzer Erzbischofs Jakob von Liebenstein nachweisbar. In dieser Zeit sind außer der Basler Kreuzigung sowohl die verschollene Verklärung auf dem Berge Tabor als auch die Standflügel des Helleraltars für die Dominikanerkirche in Frankfurt entstanden.

Arbeiten im Auftrag seines Dienstherrn bzw. des Domkapitels waren unter anderem der (missglückte) Kaminbau im Aschaffenburger Schloss (1510/1511) sowie der Bau eines Brunnens auf der Burg zu Bingen (1510). Grünewalds Tätigkeit als Hofmaler endete spätestens mit dem Tod Uriel von Gemmingens am 9. Februar 1514, vielleicht aber auch schon 1512, als er den Auftrag erhielt, für das Antoniterkloster in Isenheim den Hochaltar zu malen.

Bis zu diesem Jahr 1512 verlief das Leben Grünewalds also im Wesentlichen so, wie Zülch und andere Kunsthistoriker es geschildert haben. Danach aber verfolgten diese die Dokumente des Mathis Gothart oder Mathis Nithart und nicht die Mathis Grüns. Dieser kam Ende des Jahres 1512 nach Frankfurt und heiratete eine 18-jährige Jüdin, die am 15. August desselben Jahres unter großer Anteilnahme der Geistlichkeit, der Orden und des Rates der Stadt im Frankfurter Dom auf den Namen Anna getauft worden war. Am 15. Dezember leistete Grünewald den Bürgereid und kaufte zwei Tage später das Haus zum Löwenstein in der Kannengießergasse am Dom. Die großen Bildtafeln des Altars für die Antoniter malte er jedoch in Isenheim selbst, obwohl er sich zwischendurch auch immer wieder in Frankfurt aufhielt. Im Jahre 1516 war der Altar vollendet und Grünewald bewarb sich in Frankfurt vergeblich um das städtische Holzmesser-Amt, da der neue Erzbischof Albrecht von Brandenburg (seit dem 9. März 1514 im Amt) Grünewald nicht als Hofmaler bestätigt, sondern diesen Posten stattdessen an Mathis Gothart vergeben hatte. Grünewald ist also nie offizieller Hofmaler Albrecht von Brandenburgs gewesen.

Im Jahre 1519 vollendete Grünewald im Auftrag des Stiftsherrn Heinrich Reitzmann den Maria-Schnee-Altar für eine Seitenkapelle der Stiftskirche in Aschaffenburg. Von diesem Altar sind nur der mit Monogramm versehene Rahmen für das Mittelbild und ein Flügelbild erhalten. Um 1520 entstand eine heute in Washington befindliche Tafel der „Kreuzigung“ als persönliches Andachtsbild für Albrecht von Brandenburg, die von Sandrart als „Kleinkruzifix“ bezeichnet worden war. In dieser Zeit hat Grünewald im Auftrag des Erzbischofs auch die drei nicht erhaltenen Mainzer Domaltäre sowie die Münchener Erasmustafel (1521/22), die ein Porträt Albrechts darstellt, gemalt. Aufgrund dieser zahlreichen Arbeiten für den Erzbischof erscheint es Rieckenberg wahrscheinlich, dass sich Grünewald auch nach seiner offiziellen Amtszeit als Hofmaler noch häufig am Hof in Mainz und Aschaffenburg aufgehalten hat. Doch trotz all dieser Aufträge und seines damit verbundenen Erfolges und Ansehens während der Frankfurter Zeit machten sich schon sehr bald erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bemerkbar. Nach 1516 bewarb er sich auch 1519 noch einmal vergeblich um zwei städtische Ämter, das Bau- und das Pförtner-Amt, die ihm geregelte Einnahmen garantiert hätten. Mehrfach wurde er vor dem Frankfurter Gericht wegen Schulden verklagt. Statt wie viele andere Künstler Porträts von Fürsten, Adeligen und Kaufleuten zu malen oder Holzschnitte und Kupferstiche anzufertigen, war Grünewalds Kunst einseitig auf religiöse Themen beschränkt. Dadurch war es ihm auch nicht möglich, einen größeren Kreis von Förderern um sich zu versammeln. Sein einziger großer und ständiger Mäzen war Kardinal Albrecht, der zwar ein großer Liebhaber der Kunst, aber auch ein säumiger Zahler seiner Schulden war. Die finanzielle Lage spitzte sich zu, als im Jahre 1523 die Frau Grünewalds dem Wahnsinn verfiel und ins Heilig-Geist-Spital eingewiesen werden musste. Es gelang ihm jedoch, mit seinen zahlreichen Gläubigern Zahlungsvereinbarungen zu treffen. Am 2. April 1527 verkaufte er schließlich sein Haus in Frankfurt, stellte seine Habe bei Hans Fyoll unter und verließ mit seinem kleinen Kind, über dessen Namen und Geschlecht nichts bekannt ist, die Stadt.

Zweieinhalb Jahre später, im September 1529, tauchte Grünewald im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Burg Reichenberg im Odenwald in den Diensten der Herren von Erbach wieder auf. In dieser letzten Schaffensphase des Malers entstanden die beiden Karlsruher Kreuzigungstafeln des sogenannten Tauberbischofsheimer Altars (nach 1528), die nur als Kopie erhaltene Magdalenenklage, das Erlanger Selbstbildnis (1529) sowie als letztes Werk die Aschaffenburger Beweinung (um 1530). Während die auf der Erlanger Zeichnung befindliche Datierung 1529 im Zusammenhang mit der Gothardt-Neithardt-Theorie angezweifelt wurde, da dieser ja bereits 1528 gestorben sein sollte, besteht innerhalb der Biographie Mathis Grüns kein Grund mehr, diese Datierung in Frage zu stellen.

Tod

Grünewald starb zwischen dem 23. März 1531 und dem 16. Oktober 1532, noch in den Diensten der Herren von Erbach. Die Todesursache ist nicht bekannt.

Sein Kind starb wahrscheinlich etwa um die gleiche Zeit. Seine Frau, die sich nach wie vor im Spital in Frankfurt befand, war nicht in der Lage, sich selbst um das Erbe zu kümmern. Sie überließ dies dem Verwalter des Spitals, Jakob Folcker, der in einem Brief vom 16. Oktober 1532 an die Herren von Erbach um die Zusendung des Nachlasses bat. Zu diesem Zeitpunkt muss also Grünewald bereits gestorben gewesen sein; der eigentliche Todestag kann aber wesentlich früher liegen. Durch seinen Fortgang aus Frankfurt scheint er schnell aus dem Blickfeld seiner Freunde und möglichen Verehrer seiner Kunst verschwunden zu sein. Sie haben seinen Tod nicht wahrgenommen. Auch Sandrart vermochte nichts über Grünewalds letzte Jahre bei den Herren von Erbach zu berichten.

Natürlich stießen die aufsehenerregenden Veröffentlichungen Rieckenbergs auf vehementen Protest der Kunsthistoriker, nicht zuletzt auch deshalb, weil ein Historiker ihr Terrain betreten hatte und es wagte, die gesamte bisherige Grünewaldforschung als verhängnisvollen Irrtum abzutun. Und doch bekam er knapp zehn Jahre später überraschend Unterstützung von dem Fotografen Wolf Lücking. Dieser hatte zunächst 1977 von den Nachlassverwaltern Wilhelm Fraengers den Auftrag erhalten, für die Neuauflage von dessen Grünewaldbiographie von 1936 das Gesamtwerk des Malers zu fotografieren. Bei dieser Arbeit geriet Lücking in die wissenschaftliche Auseinandersetzung um die Identität Grünewalds und begann mit den Recherchen für ein eigenes Buch. Im Verlauf seiner detaillierten Forschungsarbeit kam er wie Rieckenberg zu dem Ergebnis, dass nur der Maler Mathis Grün von Aschaffenburg der „wahre“ Grünewald sein kann.

Ein gewichtiges Indiz gegen Rieckenbergs These von Mathis Grün sind dagegen drei Zeichnungen, die in eine Bibel des Hans Plogk eingeklebt waren (jetzt in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett). Diese stammen unzweifelhaft von Grünewald. Plogk aber stand mit Meister Mathis Gothart in Verbindung und war einer der Zeugen von dessen Ableben in Halle.

  1. Matthias von Aschaffenburg, Grünwalt, Grünwald, Matthaei von Aschaffenburg, Matthaeus Grünenwald von Aschaffenburg / Mahler, Matthaeus Grünewald / sonst Matthaeus von Aschaffenburg genannt, Matthaei Grünwalt, Matthäus Grünwald von Aschaffenburg, M. Grünwald berühmter Mahler von Aschaffenburg.