In der Orangerie neben dem Unteren Belvedere trifft man auf ein lustvolles Experimentieren mit Stoff, die sog. sechs „Wiener Musterzimmer“. Gilbert Bretterbauer, Peter Kogler, Florian Pumhösl, Gerwald Rockenschaub, Lisa Ruyter und Esther Stocker zeigen, wie ihre Formensprache als Design wirkt. Edelbert Köb meint dazu im Vorwort des Katalogs: „Wiener Musterzimmer ist ein Kunstprojekt mit Designhintergrund.“ Backhausen, ein Wiener Traditionsunternehmen, war auf der Suche nach neuen Mustern – und fand mit Hilfe Köbs die oben genannten sechs Künstler. Da man sich wohl in der Rolle des Auftragskünstlers nicht wohlfühlte, ersann der Kurator eine Präsentation der Stoffe in Form von gestalteten Kojen. Also: Wie würde ein Esther-Stocker-Raum aussehen, oder einer von Gilbert Bretterbauer oder gar von Gerwald Rockenschaub?
Österreich | Wien: Belvedere, Orangerie
23.9.2009 – 24.1.2010
Rockenschaub hat sich der gestellten Aufgabe scheinbar gleich wieder entzogen, denn aus seinem Musterzimmer wurde ein hermetisch abgeschlossener Musterquader. Während alle anderen Künstler die Gelegenheit genutzt haben, die Raumschachteln mit einem Allover Design zu gestalten, hüllt Rockenschaub seinen Kubus einfach vollständig ein und stellt die passend bezogene Couch gleich davor. Esther Stocker setzt ihre bühnenartigen, schwarzweißen Installationen zweidimensional auf Stoff um und scheint zu fragen, ob die Funktionalität oder nicht doch eher das Einfügen der Objekte in ihre Ästhetik im Vordergrund stehen. Das Raumkonzept von Gilbert Bretterbauer hingegen ist ein poppig buntes Sammelsurium von Eigenem und Fremdem. Im Gegensatz zu den All-Over-Designs der anderen Künstler hat er Freunde eingeladen, Arbeiten für sein Zimmer beizusteuern. Er stellt damit die Frage nach dem Mythos des einheitlichen Gesamtkunstwerks, der Autorschaft und der Vereinbarkeit von Kunstwerken unterschiedlicher Herkunft.