Der Haarlemer Maler Adriaen van Ostade (1610–1685) gilt gemeinhin als humorvoller Schilderer des Landlebens der einfachen, niederländischen Bevölkerung, der Bauern und Handwerker, ihrer Dorffeste und Jahrmärkte, ihrer Zechereien und geselligen Begegnungen auf der Dorfstraße.
Schweiz | Winterthur: Reinhart am Stadtgarten
30.5. – 8.11.2020
Insbesondere wegen des satirischen Charakters, der karikaturistischen Überzeichnung der Figuren und ihres moralisierenden Gehalts waren seine barocken Gemälde beim städtisch-bürgerlichen Publikum beliebt. Denn Bier und Weinkrüge, Pfeifen und Spielkarten waren geläufige Symbole für Unsitten und Laster. Damit sah manch zeitgenössischer Betrachter sein eigenes genussvolles Verhalten widergespiegelt und fand sich zur Mäßigung ermahnt. Gleichwohl erfreute man sich an den kurzweiligen Sujets und konnte über die „komischen“ Bauern lachen.
Waren für den jungen Van Ostade die lautstarken Bauernsatiren seines Malerfreundes Adriaen Brouwer (1610–1638) prägend, setzte Ende der 1640er Jahre ein grundlegender Wandel seines Stils ein. Unter dem Eindruck von Rembrandt van Rijn (1606/1607–1669) wandte er sich erstmals der Radierkunst zu. In den Radierungen entwickelte er eine neue, eigene Sichtweise auf das Landleben. An die Stelle ausgelassener Trinkgelage trat der gesittet geleerte Krug Bier oder Wein. Der satirische Blick wich einer neutraleren, geradezu intimen Alltagsbeobachtung. Van Ostade schilderte die Sitten und Verhaltensweisen, die Freuden und zwischenmenschlichen Beziehungen der einfachen Bevölkerung erstmals mit Empathie und feinem Humor.
In der Ausstellung „Adriaen van Ostade: The Simple Life“ mit zwei erstrangigen Gemälden aus dem Frühwerk und erlesenen Radierungen wird der besondere Charakter seines druckgrafischen Schaffens, sein Stilwandel zu einer einfühlsamen Handschrift nachvollziehbar. Mit Sensibilität und seiner Fähigkeit, menschliche Emotionen darzustellen, schuf der vielseitige Peintre-Graveur ein einzigartiges Œuvre, in dem das niederländische Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl seiner Zeit für uns heute lebendig wird.
Kuratiert von Andrea Lutz.
Quelle: Kunst Museum Winterthur